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Lumophon WD660
#1
Wer meine Beiträge in letzter Zeit verfolgt hat, könnte leicht zu der Ansicht kommen, daß ich nur noch
Plastikmodelle drucke und baue und ich gestehe, daß mir das einen Riesenspaß macht. Wer's mal gemacht hat,
der weiß, daß das eine richtige Herausforderung ist (und den Basteltrieb enorm befriedigt).

Außerdem spielt hier das Platzangebot eine bedeutende Rolle. Ich habe zwar eine großzügig bemessene Bastelhöhle,
aber auch noch andere Hobbys. Also beschränke ich mich auf kleine Geräte, da passt noch etwas rein.

Ausnahme ist nun mein einziges Großradio, ein "Lumophon WD 660". Es stammt aus einem Nachlass,
wurde ehemals von dem immer hilfsbereiten Dietmar abgeholt, perfekt verpackt und versendet. Alles Glas war
ausgebaut und besonders gesichert, dementsprechend kam es unversehrt hier an und wurde erst mal eingelagert.

Immer wieder kamen neue Notfälle herein, so daß Jahre vergingen, bis es endlich auf dem Werktisch landete. Es passte gerade so
drauf, aber es war recht sauber und die Schäden waren überschaubar. Hier erst mal die Daten und Bilder vom Urzustand.


Hersteller: Bruckner & Stark, Nürnberg
Typ: Tischradio, Superhet
Modell: Lumophon WD660
Baujahr: 1949
Röhrenbestückung: UCH42, UAF42, UAF42, UL41, UY41, UM4
Stromversorgung: Wechselstrom 110/220V; Spartrafo
Lautsprecher: 180 mm rund, permanentdyn.
Wellenbereiche: Langwelle, Mittelwelle, Kurzwelle
Bedienelemente: Zwei Drehknöpfe für Ein/Aus, linke Skala, rechte Skala; seitlich Stufenschalter für Wellenbereiche
Gehäuse: Holzgehäuse
Abmessungen: 510 x 343 x 243 mm
Besonderheiten: Zwei vertikale Skalen (1 x K, 1 x L, M)
Anschlussmöglichkeiten Rückseite: Antenne, TA, ext. Lautsprecher
Damaliger Neupreis: 434 DM (Anmerkung: Ein stattlicher Preis zu dieser Zeit)


   
Bild 1:  Der "Urzustand". Das Gehäuse ist in gutem Zustand, die Scheiben sind ausgebaut. Dietmar hat beim versandfertig machen
          festgestellt, daß eine Scheibe gebrochen und geflickt ist. Das kostete ihn Extraarbeit mit "Scheibe schienen" und das war
          auch erfolgreich


   
Bild 2:  Die Rückwand ist noch perfekt. Der Vorbesitzer hat rechts oben eine verlorene Halteklammer durch eine Kabelschelle ersetzt.
           Das bleibt so, das gefällt mir.


   
Bild 3:  Auch innen sehr sauber. Alle Röhren gezogen und separat verpackt


Trotz aller Sauberkeit bleibt doch immer etwas zu reparieren, also Schadensaufnahme:

-  Die Flickstelle der Scheibe gefällt mir nicht, ein leichter Druck und ich habe zwei Teile
-  Der dicke Eingangselko ist zu schwach und sollte formiert werden
-  Ein Skalenseil ist gerissen
-  Alle Seilrollen sitzen fest
-  Die Verspannung der Reflektoren ist ausgerissen

Der Rest sah gut aus, die Messung der Röhren ergab durchweg brauchbare Werte. Der Elko wurde ausgebaut und über Nacht
formiert. Am nächsten Tag hatte er wieder Kraft getankt, die Röhren einstecken und das Gerät über den Trennstelltrafo bei
Beobachtung der Stromaufnahme langsam hochfahren. Alles verlief im grünen Bereich und das Radio gab Lebenszeichen von sich.
Nach dem ich ihn etwas Antenne spendiert hatte fand ich noch einen deutlichen Mittelwellensender. Erleichterung, uffff...

Um die Reparaturen durchführen zu können, mußte das Chassis raus und hier gab's ein Problem.

Das Chassis ist mit zwei Schrauben an der Bodenplatte befestigt und hier staunte ich das erste Mal:


   
Bild 4:  Über der Schraube sitzt eine Kulisse, wie bei einer Kindersicherung ???

Nachdem ich das Staunen überwunden hatte, kam eine temporäre Ratlosigkeit, das Chassis wollte das Gehäuse nicht verlassen,
es saß fest, wie festgeklebt. Und das war es dann schließlich auch. Mein Vorbesitzer hatte das Chassis wie eine Wandfliese in einer
Kunststoffspachtelmasse - vermutlich aus Nivelierungsgründen - einzementiert.


   
Bild 5:  Abenteuerliche Radiotechnik

Was dieser Mann mühsam reingespachtelt hatte, mußte ich nun mühsam herauspopeln, nachdem das Chassis mit grobem Werkzeug
herausgehebelt war.


   
Bild 6:  Da fehlen mir die Worte


   
Bild 7:  Mühsam herausgelöste Spachtelmasse

Nachdem das Gehäuse nun gesäubert war, brachten zwei Überzüge Renuwell wieder neuen Glanz.

Bei der zerbrochenen Scheibe wurden die ehemaligen Klebestellen händisch von Klebstoffresten befreit, die Teile zusammengepasst
mit uv-härtendem Kleber verbunden.


   
Bild 8:  Der Unterboden des Chassis zeigt, daß bereits Kondensatoren gewechselt wurde. Leider stören diese bunten "Dominosteine"
           die harmonische Ansicht enorm. Das geht zwar, man kann es aber auch besser machen. Wenn ich mal viel Zeit habe, tausche
           ich hier nochmal


   
Bild 9:  Das gerissene Skalenseil und eine der festsitzenden Rollen. Hier konnte ich wieder meine "Lieblingsbeschäftigung...grrr...",
          Skalenseile einziehen frönen. Allerdings waren mir die Bilder des WD660 auf Jupp's (Saarfranzose) Homepage eine große Hilfe.
          Die Seilrollen wurden mit WD40 gangbar gemacht und bekamen einen Minitropfen harzfreies Öl.

Die Reflektoren waren im Laufe der Zeit derart brüchig geworden, daß sie rückseitig verstärkt werden mußten. Jetzt erfüllen sie wieder
ihre Aufgabe. Erstaunlich war auch, daß die Skalenbeleuchtung noch original und intakt war.


   
Bild 10:  Reflektoren für die Skalenbeleuchtung

Die Arbeiten sind getan, das Chassis läßt sich einwandfrei ohne Spachtelmasse im Gehäuse ausrichten und verschrauben. Die Rückwand
wurde wieder mit der Kabelschelle befestigt. Die Originalknöpfe wurden vorsichtig gereinigt, neue Filzscheiben untergelegt und verschraubt.
Fertig...



.jpg   Lu13.jpg (Größe: 212,65 KB / Downloads: 297)  
.jpg   Lu14.jpg (Größe: 249,56 KB / Downloads: 300)
Bilder 11 und 12:  Radioskalen haben immer wieder etwas faszinierendes - die große, weite Welt in einer Kiste...

Zum Ende noch zwei Bilder vom fertigen Gerät. Mein Dank gilt Dietmar und Jupp für ihre Hilfe, dieses schöne Radio zu erhalten.


   
Bild 13: Lumophon WD660, Perspektive


   
Bild 14:  Lumophon WD660, Frontalansicht


Vielen Dank für euer Interesse an diesem Beitrag


Gruß
Wilhelm
Niemandes Herr, Niemandes Knecht,
so ist es gut, so ist es recht

von Fallersleben
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#2
Hallo Wilhelm,

ja, das ist so ein Radio nach meinem Geschmack. Ich bin zwar nicht so ein Freund der Rimlockröhren. Aber genommen hätte ich das Radio wohl auch. Interessant ist ja immer wieder, wie Sammler sich zu helfen wissen. Unglaublich das mit der Chassisbefestigung. Also dann mal viel Spaß mit dem tollen Radio.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#3
Hallo Wilhelm,
ein Monster genau nach meinem Geschmack, welches mir noch nie vor die Augen gekommen ist.
---
Viele Grüße aus dem Ruhrgebiet...Dirk
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#4
Super schön und präzise gemacht, Wilhelm!
Wie alles was Du machst. Das Radio ist auch sehr nach meinem Geschmack mit den vertikalen Scalen.
Gruß,
Ivan
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#5
Das ist aber ein tolles Gerät mit zwei Skalen. Klasse Wilhelm, super Arbeit! Gut Ding will Weile haben :-)
Herzliche Grüße

Pitter
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#6
das ist ein ganz raffiniertes Radio, und steht auch bei mir in der Wohnung. Eine wirklich einzigartige Konstruktion!
Die "Kulisse" ist notwendig um die Chassisschrauben berührungssicher zu machen.
Gruß,
Jupp
-----------------------------

was du baust ist immer mit dir verbunden
(Lego)

Einsamkeit ist nur ein Mangel an Technologie
(@beetlebum)
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#7
Hi,

in Bild 4 das dürfte ein Betührungsschutz sein.
Das Radio hat keine Netztrennung und alle Metallteile können unter Netzspannung stehen. Da das Gerät ja nicht mehr unberührt ist könntest du prüfen ob alle Metallteile die mit dem Chassis in Berührung stehen wirklich abgedeckt sind.

Gruß
Oliver
P.s. Hups - Jupp hat schon ähnliches geschrieben.
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#8
Als Berührungsschutz ist das natürlich eine ziemlich aufwendige Lösung,
aber zumindest ist der Schutz dann unverlierbar und bei dem gehobenen
Preis für das Radio kam es sicherlich auf paar Pfennige mehr nicht an. Heute
wäre das bei den scharfen Vorgaben an die Konstrukteure nicht mehr möglich.

Gruß
Wilhelm
Niemandes Herr, Niemandes Knecht,
so ist es gut, so ist es recht

von Fallersleben
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#9
Hi,

ich habe das in groß nochmal angeschaut. Kann es sein, dass der Schraubendreherschlitz (in dem Plättchen auf der Schraube ) dort gar nicht hingehört ? Dann könnte es sich (gerade wenn nur eine Chassisschraube damit versehen ist) um eine Art Siegel handeln. Ich habe eine ähnliche Konstruktion mal gesehen da war der Schraubenschlitz nicht erreichbar ohne das Plätchen zu beschädigen. Somit konnte man sehen, wenn da mal jemand bei war und das Chassis mal demontiert wurde.

Gruß
Oliver
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#10
Hallo Oliver,

solches habe ich auch schon gesehen. Hier ist das aber kein durchgestochenes Siegel.
Dazu ist es zu gleichmäßig. Ich werde die Tage mal vom Chassis zu der Kulisse messen.
Da darf ja dann keine galvanische Verbindung bestehen, obwohl die Kulisse aus Blech
ist.

Gruß
Wilhelm
Niemandes Herr, Niemandes Knecht,
so ist es gut, so ist es recht

von Fallersleben
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