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Philips Capella 753
#1
Hallo,

da ich mal wieder ein schönes Radio für's Wohnzimmer brauchte habe ich mir über Weihnachten mal das Capella 753 vorgenommen, welches ich vor Jahren mal für 50 Euro auf dem Flohmarkt gekauft habe. Laut Verkäufer hatte das Gerät sein Vater damals gekauft und ist seitdem in Familienbesitz, funktionieren sollte es auch noch, angeblich. Bei diesem Gerät hat Philips damals 2 eisenlose Endstufe verbaut, eine für die Hochtöner und eine für den Bassbereich, bestehen aus je einer EL84/UL84 Kombination in einer sogenannten Kaskodenschaltung. Je eine EL und UL84 sind gleichstrommäßig in Reihe und wechselstrommäßig parallel geschaltet. Durch die fehlenden Verluste eines Ausgangstrafos ist die Leistung pro Kanal ähnlich einer Einzelendstufe mit EL84 obwohl die Anodenspannung pro Röhre deutlich niedriger ist. Die NF Spannung wird an der Kathode der UL84 über 8µF Elkos an die hochohmigen Lautsprecher ausgekoppelt. Die Elkos halten von den Lautsprechern den Gleichstromanteil fern. Sollten diese Elkos durchschlagen wären die Lautsprecher sofort durchgebrannt. Das Radio wäre dann unbrauchbar, da diese Typen kaum zu bekommen sind. Glücklicherweise waren bei meinem Gerät die Elkos noch Ordnung müssen aber zwingend getauscht werden.

Als weitere Besonderheit hat das Capella 753 6 frei belegbare, motorbetriebene Senderspeichertasten, nicht zu verwechseln mit einem echten Suchlauf, wie z.b. bei einigen Saba's. Über ein mechanisches Gestänge läßt sich, nur bei ausgebautem Chassis, festlegen welche Tasten für UKW,KW,MW oder LW vordefiniert sein sollen. Da ich kaum die AM Bereiche höre habe ich alle 6 Speichertasten für UKW festgelegt. Um einen Sender abzuspeichern wird eine entsprechende Taste gedrückt und mit dem herausgezogenen Abstimmknopf der Wunschsender eingestellt. Nach Loslassen ist der Sender der entsprechenden Taste zugeordnet.

Der Lack war noch recht gut erhalten. Leichtes überschleifen und polieren reichte vollkommen aus. Ein paar kleine Macken darf es bei mir haben. Bei Tageslicht sieht es etwas heller aus, das Furnier ist relativ schlicht ohne große Maserung.

           

Durch die vielen mechanischen Bauteile sieht es ziemlich wirr aus. Die Pappdeckel an den Seitenlautsprechern mussten neu verklebt werden.
Die Umbauanleitung für die Speichertasten ist seitlich aufgeklebt.

           

Das Chassis habe ich nur mit dem Pinsel und Staubsauger gereinigt eine richtige Wäsche würde ich hier nicht empfehlen. Die Seile der Klangversteller sind meist gerissen, da die ziemlich rechtwinkelig durch kleine Messingbuchsen geführt werden. Der Höhenregler muss zudem noch den AM Bandbreitenregler an einem ZF Filter mitnehmen.
Den Skalenhintergrund habe ich erneuert, da die alte Pappe kaum lichtdurchlässig und völlig vergilbt war.

           

Hier die Chassisunterseite, außer die üblichen Papierkondensatoren und einigen Vitrohmwiderständen gab es nix besonderes. Auf dem ersten Bild ganz rechts der Vorwiderstand für den Gleichrichter, die Selenzellen habe ich gegen Dioden getauscht weil die Spannung zu gering war.

           

Hier die Chassisoberseite. In der rechten Papierbanderole die neuen Ausgangselkos. Hierfür habe ich 10µF/450V von F&T verwendet. In der linken Papierbanderole die beiden Kathodenelkos für die beiden EL84. Mittig der ZF Filter für die Bandbreitenverstellung. Auf dem letzten Bild die Senderspeichereinheit und das induktiv abgestimmte UKW Teil.

           

Hier eine Seiten und Unteransicht von dem Antriebsmotor für den Senderlauf. Die Motorachse zieht sich unter Spannung mit dem Kegelrad gegen die große Scheibe mit dem Gummiring und treibt dann die ganze Verstelleinheit an, was nach gründlicher Reinigung, einwandfrei funktioniert.

       

Die Skala ist nur mit 2 Gummibuchsen an den Drehköpfen befestigt, etwas fummelig zu montieren, aber gut gelöst.

       

Hier nochmal die 4 Endröhren. Mit 100W Leistungsaufnahme nicht gerade A+++ aber absolut im Soll. Und die üblichen Verdächtigen...

           

Zum Schluss noch den Schaltplan, falls es interessiert und ein Bericht aus der Funkschau von 1955, wo auch die Funktion Speichereinheit erklärt wird.

   

       

       

Klanglich ist das Capella 753 schon absolute Oberklasse. Brillante Höhen und dezenter, weicher Bass, irgendwie ganz anders als ein "herkömmliches Röhrenradio". Die 3D Funktionstaste schaltet wahlweise den vorderen Höchtöner ab so das die Höhen nur über die Seitenlautsprecher abgegeben werden. Falls jemand so einen Boliden irgendwo stehen sieht unbedingt mitnehmen.
Volle Empfehlung.

Gruß
Frank
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#2
Wunderschönes Radio, gratuliere wie sauber es aussieht. Und mit vielen Tasten sieht dazu wie ein Orgel aus! Bin mir schon sicher, dass der Klang super ist. Und mit so viele Röhren der Empfang. Man findet relativ selten Gegentakt-Endstufe in Röhrenradios. Faszinierend die mechanische Abstimmung. Ich habe immer Respekt von solch mechanischen Dingen.
Gruß,
Ivan
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#3
Hallo, Frank,
Glückwunsch zu dem Gerät, in dem Zustand, und Danke für einen umfangreichen Bericht, der diesem besonderen Gerät absolut gerecht wird.

Ich stehe voll hinter Deinen Ausführungen über dieses Gerät.

Nur mit dem letzten Satz bin ich nicht einverstanden. Wer auch immer bei mir zu Besuch ist, dem sei gesagt, ich gebe meine Capella nicht her.

VG Henning
Schlau ist, wer weiß, wo er nachlesen kann, was er nicht weiß.
Nur Messungen liefern Fakten, alles andere ist Kaffeesatz.
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#4
Was für ein aufwändig gebautes Gerät! So etwas sieht man auch nicht alle Tage. Ich kann gut verstehen, dass Henning sein Gerät nicht mehr weggeben will Big Grin Danke für den schönen Bericht und fürs "Mund wässrig machen" Wink
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#5
Moin moin,
Der Super Klang dieser Eisenlosen Röhren Endstufen ist unbestreitbar, problematisch sind da nur die Lautsprecher weil sie für dieses Schaltungskonzept hochohmig (ca. 300 - 700 Ohm) gewickelt sind, das macht Sie empfindlich für etwaige DC durch Inkontinente Auskoppelelko.
Ein Ersatz des betreffenden Lsp,s ist dann schwierig, da die Anzahl verfügbare Altware leider am schrumfen ist.
Ein Pendant dieser Technik ist ein RFT Erfurt 4, eine "Diva" sozusagen. Den gabs auch in Allstromausführung !
M.f.G.
harry


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Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen.
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#6
Sehr schönes Gerät Frank, mit einem haben wollen Faktor. Die Bilder studieren macht schon Spass, das Instandsetzten hat bestimmt viel Freude gemacht. Mit dem Sendern speichern habe ich so auch noch nicht gesehen. Wenn einer diese Sender abspeichern will muß er das Chasis ausbauen, habe ich das richtig verstanden?? Dann mußte das ja der Servicetechniker machen.
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#7
Moin Dietmar,
also zum Sender abspeichern braucht nur eine Speichertaste gedrückt werden und mit gezogenen Abstimmknopf der gewünschte Sender eingestellt werden. Nach loslassen des Knopfs ist der Sender gespeichert. Das Chassis muss nur raus um festzulegen welche Speichertaste für welches Band (LW,MW,KW,UKW) sein soll. Da ich fast nur UKW höre habe ich alle für UKW voreingestellt.

Gruß Frank
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#8
Hallo, Dietmar,
Die Senderspeicherung funktioniert für alle Wellenbereiche, wobei rechts und links je 3 Drucktasten angeordnet sind.

Durch Drücken einer Taste wird auch gleichzeitig die zugehörige Wellenbereichstaste mitgenommen. Welche das ist, lässt sich nach Ausbau des Chassis ändern.

So kann z.B. Auch eine Taste für LW, 2 weitere für MW, und die restlichen 3 für UKW vorgesehen werden. Oder aber alle für UKW, das ist heutzutage sinnvoll.

Die Position des Senders auf der Skala lässt sich auf sehr einfache Weise programmieren: Senderwahltaste drücken, der Antrieb läuft zur derzeitig programmierten Position. Dann Senderwahlknopf herausziehen, die neue Position einstellen, und Knopf wieder eindrücken. Fertig.

VG Henning

Nachtrag: Frank war schneller...
Schlau ist, wer weiß, wo er nachlesen kann, was er nicht weiß.
Nur Messungen liefern Fakten, alles andere ist Kaffeesatz.
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#9
Danke ihr zwei, ich habs jetzt begriffen, dolle Sache das ganze. UKW höre ich ja nur. Irgendeinen Capella habe ich hier noch stehen....
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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