12.02.2016, 23:43
Neulich bei Jupp fiel mir in seinem Außenlager in einem Gerätestapel ein schwarzes Köfferchen in's Auge.
Flugs "ausgegraben", aufgeklappt und "Ohhhhhhh wie schön!".
Nett wie Jupp so ist, musste ich nicht lange bitten und konnte den Koffer, zusammen mit zwei kleinen Radios, für kleines Geld mitnehmen.
Eine schnelle Recherche im .ORG nach dem Hersteller hat mich dann zu allen benötigten Informationen zu dem Gerät geführt. Es handelt sich um das Rundfunk-Reparaturgerät von Thorwarth & Hielscher aus dem Jahr 1935.
Nach erster großer Freude kam gleich die Ernüchterung: Der Name ist irreführend, das Gerät kann nicht den Rundfunk reparieren. Auch die zarte Hoffnung, daß es dann vielleicht wenigstens selbständig Radios reparieren könnte, hat Jupp mir schnell genommen.
Aber nachdem ich die Funktion wieder hergestellt habe, kann es sehr wohl bei der Reparatur helfen und das sogar recht vielseitig! Eingebaut sind ein umschaltbares Ohm-/Voltmeter, ein Wattmeter, ein "Schauzeichen", das dem groben Kondensator- bzw. allgemeinen Durchgangstest dient und ein Bienenkorb, der auch kleine Leckströme noch sichtbar macht - als Isolations- und Kondensatortester. Kondensatoren werden wahlweise mit 20 oder 500V geprüft, wobei ich auf den 500V Klemmen nur 140V gefunden habe, da ist evtl etwas noch nicht in Ordnung oder der Trafo wurde mal getauscht. Außerdem befinden sich im Gerät noch vier Lastwiderstände und zwei Kondensatoren, die per Klemmen und Umschalter von außen "zugänglich" sind und dazu dienen, vermutet defekte im Radio zu überbrücken - nicht unpfiffig. Während der gesamten Überprüfung/Reparatur bleibt das Radio über das Reparaturgerät an den Strom angeschlossen. Dadurch ist erstens eine Netztrennung gewährt und zweitens zeigt ständig das "Wattmeter" die Leistungsaufnahme an.
Falls am Reparaturplatz nur eine Steckdose zur Verfügung stehen sollte, bietet das Gerät auch noch einen 220V Ausgang, wo beispielsweise ein Lötkolben angeschlossen werden kann. Ziemlich durchdacht das ganze, vielleicht ein erster "Servicekoffer" für den Techniker im Außeneinsatz? Zu diesem Zweck leistete es als "Universalgerät" sicher gute Dienste. Die "Kurzanleitung" befindet sich innen im Deckel des Geräts.
Der Aufbau des Geräts ist sehr "spannend": Alles ist auf ein Sperrholzbrettchen aufgebaut, mit Frontplatte aus ?Bakelit?. Auf das Brettchen wurde alles festgeschraubt, Trafo, Kondensatoren, Gleichrichter, Lampenfassung für den Bienenkorb. Die Frontplatte "hängt" daran, gehalten einzig durch die Verbindungsdrähte zu den Buchsen/Anzeigen. Auf der Grundplatte sind Lötösen festgeschraubt, über die die komplette Verkabelung erfolgt. Sieht alles sehr rustikal aus und noch gar nicht nach industrieller Fertigung.
Front- mit Grundplatte lassen sich nach dem Lösen von 8 Schrauben in Schubladen-Manier aus dem Gehäuse ziehen.
Genau passend zu diesem "rustikalen" Aufbau hat/haben mein(e) Vorgänger das Gerät schon "repariert": Der Sicherungshalter war innen gebrochen, das Problem wurde "gelöst" durch einen Draht, der mittels "Anknot-und Vertüdelungstechnik" (vom löten hielt der Kollege wenig) vom abgebrochenen Ende des Sicherungshalters zum Netzschalter ging. Aua.
Das war dann das erste, was ich wieder rückgängig gemacht habe.
Die fachmännische Zugentlastung *hust* habe ich mitsamt dem original (oder zumindest alt) aussehenden Netzkabel gelassen, das ebenfalls antike Kabel zur Lampenfassung habe ich getauscht, dessen Isolierung war nur noch Bröckchen und Brösel.
Als zweites habe ich die Gleichrichterröhre entfernt: Eine laut Funke noch gut brauchbare V430 (Pendant der RGN354) - die nehme ich doch lieber für einen VE! Für das Gerät habe ich nämlich noch eine "Spezialröhre" auf Lager: Eine G1064, bei der innen ein Anschluß abgebrochen ist, so daß nur noch ein System funktioniert. Die ist ja wie für diesen Zweck gemacht, hier habe ich viel weniger Angst als bei Einsatz im VE, daß der im Vergleich zur 354 höhere Heizstrom größere Schäden anrichten kann.
Das Entfernen des GL war übrigens auch noch spaßig, bedingt durch die eigenwillige Konstruktion der Röhrenfassung - im Bild gut zu sehen. Die "klebt" nämlich direkt auf der Sperrholzplatte, so daß die Stifte ÜBER der Fassung sitzen müssen, nach unten ist kein Platz. Die Anschlüsse sind direkt an der Fassung angelötet. Geschickterweise hat ein Spezialspezialist die Drähte offensichtlich angelötet, nachdem die Röhre schon gesteckt war - die war nämlich fein säuberlich mit festgelötet! Zum Glück ist mir das aufgefallen, bevor ich größere Gewalt angewendet habe und die Lötstelle war auch nur "an einem Bein", so habe ich die Röhre ohne größeren Kampf "auslöten" können.
Als letzte Kandidaten habe ich die Kondensatoren erneuert, auch wenn sie für den Betrieb des Geräts nicht benötigt werden - die alten waren natürlich zu nichts mehr zu gebrauchen. Leider hatte ich in der Größe (2/4µF) nur Elkos, weswegen bei einem Einsatz jetzt auf richtige Polung geachtet werden muß. Deswegen habe ich die alten "Blechkisten" drin gelassen und die Elkos frei fliegend, äquivalent zu den Widerständen, eingelötet. Hat jemand eine Idee, woher ich hinreichend spannungsfeste und bezahlbare Folienkondensatoren in dieser Größe bekommen kann?
Der anschließende Test des Gerätes hat gezeigt, daß die Umschaltung Spannungs- <--> Widerstandsmessung nicht funktioniert. Also den Schalter geöffnet, die versteinerten Kontakte blank gemacht und wieder eingebaut, jetzt klappt alles wie es soll. Ein sehr hübsches und praktisches Gerät für meine Meßgerätesammlung, das ich bestimmt hin und wieder auch zur Reparatur nutzen werde.
Vor allem die zugehörige Anleitung liefert einige pfiffige Ideen zur Fehlersuche, auf die man alleine kommen KANN, aber (als Ungelernter) nicht MUSS. Mir hat sie zumindest ein paar "hey, GAR NICHT blöd"-Gedanken beschert. Leider taugt sie nur bedingt als Reparaturanleitung für Anfänger - stellenweise ist sie "für Doofe" geschrieben, dann aber wieder so knapp bzw undeutlich, daß man schon wissen muss, was gemeint ist.
Flugs "ausgegraben", aufgeklappt und "Ohhhhhhh wie schön!".
Nett wie Jupp so ist, musste ich nicht lange bitten und konnte den Koffer, zusammen mit zwei kleinen Radios, für kleines Geld mitnehmen.
Eine schnelle Recherche im .ORG nach dem Hersteller hat mich dann zu allen benötigten Informationen zu dem Gerät geführt. Es handelt sich um das Rundfunk-Reparaturgerät von Thorwarth & Hielscher aus dem Jahr 1935.
Nach erster großer Freude kam gleich die Ernüchterung: Der Name ist irreführend, das Gerät kann nicht den Rundfunk reparieren. Auch die zarte Hoffnung, daß es dann vielleicht wenigstens selbständig Radios reparieren könnte, hat Jupp mir schnell genommen.
Aber nachdem ich die Funktion wieder hergestellt habe, kann es sehr wohl bei der Reparatur helfen und das sogar recht vielseitig! Eingebaut sind ein umschaltbares Ohm-/Voltmeter, ein Wattmeter, ein "Schauzeichen", das dem groben Kondensator- bzw. allgemeinen Durchgangstest dient und ein Bienenkorb, der auch kleine Leckströme noch sichtbar macht - als Isolations- und Kondensatortester. Kondensatoren werden wahlweise mit 20 oder 500V geprüft, wobei ich auf den 500V Klemmen nur 140V gefunden habe, da ist evtl etwas noch nicht in Ordnung oder der Trafo wurde mal getauscht. Außerdem befinden sich im Gerät noch vier Lastwiderstände und zwei Kondensatoren, die per Klemmen und Umschalter von außen "zugänglich" sind und dazu dienen, vermutet defekte im Radio zu überbrücken - nicht unpfiffig. Während der gesamten Überprüfung/Reparatur bleibt das Radio über das Reparaturgerät an den Strom angeschlossen. Dadurch ist erstens eine Netztrennung gewährt und zweitens zeigt ständig das "Wattmeter" die Leistungsaufnahme an.
Falls am Reparaturplatz nur eine Steckdose zur Verfügung stehen sollte, bietet das Gerät auch noch einen 220V Ausgang, wo beispielsweise ein Lötkolben angeschlossen werden kann. Ziemlich durchdacht das ganze, vielleicht ein erster "Servicekoffer" für den Techniker im Außeneinsatz? Zu diesem Zweck leistete es als "Universalgerät" sicher gute Dienste. Die "Kurzanleitung" befindet sich innen im Deckel des Geräts.
Der Aufbau des Geräts ist sehr "spannend": Alles ist auf ein Sperrholzbrettchen aufgebaut, mit Frontplatte aus ?Bakelit?. Auf das Brettchen wurde alles festgeschraubt, Trafo, Kondensatoren, Gleichrichter, Lampenfassung für den Bienenkorb. Die Frontplatte "hängt" daran, gehalten einzig durch die Verbindungsdrähte zu den Buchsen/Anzeigen. Auf der Grundplatte sind Lötösen festgeschraubt, über die die komplette Verkabelung erfolgt. Sieht alles sehr rustikal aus und noch gar nicht nach industrieller Fertigung.
Front- mit Grundplatte lassen sich nach dem Lösen von 8 Schrauben in Schubladen-Manier aus dem Gehäuse ziehen.
Genau passend zu diesem "rustikalen" Aufbau hat/haben mein(e) Vorgänger das Gerät schon "repariert": Der Sicherungshalter war innen gebrochen, das Problem wurde "gelöst" durch einen Draht, der mittels "Anknot-und Vertüdelungstechnik" (vom löten hielt der Kollege wenig) vom abgebrochenen Ende des Sicherungshalters zum Netzschalter ging. Aua.
Das war dann das erste, was ich wieder rückgängig gemacht habe.
Die fachmännische Zugentlastung *hust* habe ich mitsamt dem original (oder zumindest alt) aussehenden Netzkabel gelassen, das ebenfalls antike Kabel zur Lampenfassung habe ich getauscht, dessen Isolierung war nur noch Bröckchen und Brösel.
Als zweites habe ich die Gleichrichterröhre entfernt: Eine laut Funke noch gut brauchbare V430 (Pendant der RGN354) - die nehme ich doch lieber für einen VE! Für das Gerät habe ich nämlich noch eine "Spezialröhre" auf Lager: Eine G1064, bei der innen ein Anschluß abgebrochen ist, so daß nur noch ein System funktioniert. Die ist ja wie für diesen Zweck gemacht, hier habe ich viel weniger Angst als bei Einsatz im VE, daß der im Vergleich zur 354 höhere Heizstrom größere Schäden anrichten kann.
Das Entfernen des GL war übrigens auch noch spaßig, bedingt durch die eigenwillige Konstruktion der Röhrenfassung - im Bild gut zu sehen. Die "klebt" nämlich direkt auf der Sperrholzplatte, so daß die Stifte ÜBER der Fassung sitzen müssen, nach unten ist kein Platz. Die Anschlüsse sind direkt an der Fassung angelötet. Geschickterweise hat ein Spezialspezialist die Drähte offensichtlich angelötet, nachdem die Röhre schon gesteckt war - die war nämlich fein säuberlich mit festgelötet! Zum Glück ist mir das aufgefallen, bevor ich größere Gewalt angewendet habe und die Lötstelle war auch nur "an einem Bein", so habe ich die Röhre ohne größeren Kampf "auslöten" können.
Als letzte Kandidaten habe ich die Kondensatoren erneuert, auch wenn sie für den Betrieb des Geräts nicht benötigt werden - die alten waren natürlich zu nichts mehr zu gebrauchen. Leider hatte ich in der Größe (2/4µF) nur Elkos, weswegen bei einem Einsatz jetzt auf richtige Polung geachtet werden muß. Deswegen habe ich die alten "Blechkisten" drin gelassen und die Elkos frei fliegend, äquivalent zu den Widerständen, eingelötet. Hat jemand eine Idee, woher ich hinreichend spannungsfeste und bezahlbare Folienkondensatoren in dieser Größe bekommen kann?
Der anschließende Test des Gerätes hat gezeigt, daß die Umschaltung Spannungs- <--> Widerstandsmessung nicht funktioniert. Also den Schalter geöffnet, die versteinerten Kontakte blank gemacht und wieder eingebaut, jetzt klappt alles wie es soll. Ein sehr hübsches und praktisches Gerät für meine Meßgerätesammlung, das ich bestimmt hin und wieder auch zur Reparatur nutzen werde.
Vor allem die zugehörige Anleitung liefert einige pfiffige Ideen zur Fehlersuche, auf die man alleine kommen KANN, aber (als Ungelernter) nicht MUSS. Mir hat sie zumindest ein paar "hey, GAR NICHT blöd"-Gedanken beschert. Leider taugt sie nur bedingt als Reparaturanleitung für Anfänger - stellenweise ist sie "für Doofe" geschrieben, dann aber wieder so knapp bzw undeutlich, daß man schon wissen muss, was gemeint ist.
Gruß,
Uli
Uli