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RFT Zaunkönig: hübscher kleiner Vogel
#1
Hallo in die Runde.
Aus gegebenem Anlass möchte ich Euch spontan ein Gerät vorstellen, das sich schon länger in meinem Besitz befindet.


   

   


Der Kleine steht momentan auf der Werkbank und benötigt eine Wartung; da dachte ich, es lohnt sich, rasch ein paar Fotos zu schießen und ein paar Zeilen zu tippen.

Ein Kleinsuper aus Berliner Fertigung von 1954, hier die Daten:

Hersteller: RFT
Typ: Radio
Modell: Zaunkönig
Baujahr: 1954 / 55
Röhrenbestückung: UCH 11, UEL 51

Prinzip: Kleinsuperhet 
Anzahl Kreise: 4 Kreise AM  
Wellenbereiche: MW, KW, Umschaltung über Zugschalter am Senderknopf
Stromversorgung: Allstrom 220V
Gehäuse: Bakelit mit Glasskala
Anschlussmöglichkeiten Rückseite:  Drahtantenne,  Erde
Abmessungen (BHT): 28 x 23 x 12 cm
Bemerkung: Empfangsempfindlichkeit über Einstellschraube an der Chassisrückseite
Gewicht: 3 kg
Lautsprecher: 1 elektrodyn. Frontlautsprecher, 13 cm


Das Gerät ergänzt den Einkreiser "Kolibri" auf der Modellpalette nach oben und ist, so vermute ich, der Nachfolger zum bekannteren "Oberhof".
Man könnte ihn fast als "Nachkriegs-Volksempfänger" einstufen, denn auch hier wurde größter Wert auf Materialersparnis gelegt. Ich zeige es an einem Beispiel, dazu zunächst der Blick auf die Rückwand:


   


Die Rückwand ist mit 4 Schrauben befestigt, das Pertinax-Chassis ist dabei so geformt, dass die beiden unteren Rückwandschrauben zugleich das Chassis am Gehäuse festschrauben, clever gelöst:

   


Hier nun ein Blick von oben aufs ausgebaute Chassis, Metallersparnis stand im Vordergrund:


   


Konsequenterweise ist auch der Korb des elektrodyn. Lsp aus Kunststoff:


   


Im Bild links sieht man die etwas unorthodox anmutende Befestigung von Sieb- und Ladeelko. Wenngleich hier Neuteile zu je 30 uF ihren Dienst verrichten, so hingen ursprünglich doch die Elkos (z.T. sogar Becherelkos, je 16 uF) in dieser Drahtschelle an der Lautsprecherwand; an meinem Gerät fehlten beim Erwerb bereits die Originalelkos, Neubefüllung schied somit aus.
Auf oder unterm Chassis wäre kein Platz für die 2 Becherelkos.

Das Gerät ist ein so genannter "Kleinsuper", d.h. nur 4 Kreise. Die Verwirklichung mit nur 2 Röhren geht auf eine Telefunkenentwicklung im Krieg zurück. Nach dem Krieg wurden im Westen solche Geräte insbesondere von Schaub und Lorenz gefertigt, dort dann mit UEL71 und UCH71 (oder UCH 42).

Konsequenterweise wird hier ein Selengleichrichter eingesetzt; unser Exemplar verrät das Baujahr des Geräts:


   


In dieser Ecke des Radios geht's heiß her, wie oft bei Allströmern:

Die UEL 51 verbreitet Wärme, unmittelbar daneben sitzen der Vorwiderstand (hier schon durch mich ersetzt,  Originale haben zumeist nicht überlebt: 1kOhm, 11 Watt). Daran schließt sich der Urdox an, für die 18 Volt-Skalensofitte.

Die Produktionsnummer des Geräts liegt niedriger, als bei den meisten anderen Geräten, die im Netz dokumentiert sind. Das Radio hat daher noch den etwas klobig wirkenden hellgrünen Drehko der frühen Modelle; spätere Modelle haben einen silbernen, moderner gestylten Drehko:

   


Die im Bild gezeigte UCH11  ist aus dem nicht-sozialistischen Ausland. Das RFT-Glasmodell schwächelte arg bei der Prüfung der Triode auf dem RPG. Die hier gezeigte "Mohrenkopfausführung" war heftig angerostet, zeigt aber jungfräuliche Prüfwerte.



Was läßt sich über das Gerät sagen?

Ein hübscher Kleiner mit gutem Klang, wenngleich ein Klangregler natürlich fehlt. Die Optik spricht für sich, das Gerät wird mittlerweile recht teuer gehandelt.
Die Empfangseigenschaften sind vergleichbar den zitierten Geräten von Lorenz / Schaub, d.h. man benötigt einen starken Sender oder eine gute Antenne nebst Erdleitung.
Die UEL51 hätte durchaus "Wumms", man hat die Lautstärke aber auf ein für den kleinen 13 cm-Lsp erträgliches Maß reduziert.

Die winzige Glasskala ist indirekt beleuchtet, d.h. Klarglas mit grüner Bedruckung, die den eigentlichen Leuchteffekt darstellt.

Aufmerksamkeit verdient die Empfindlichkeitsschraube rückwärtig. Mit ihr regelt man die Empfangsempfindlichkeit bis kurz vor den Rückkopplungseinsatz des Geräts, aber Vorsicht: den entsprechenden Keramiktrimmer nicht zu scharf anziehen, sonst pfeift der Kleine, wenn mal die Netzspannung etwas höher ausfällt.


Das soll's zunächst gewesen sein, nun geht's dem Kleinen an die Technik. Der Brumm ist etwas zu hoch und die Leistung ließ zu wünschen übrig. Ein defekter Keramiktrimmer im Vorkreis konnte bereits ausgemacht werden.
Außerdem liegt mir mittlerweile ein Schaltbild vor, da kann man dann mal überprüfen, ob frühere Reparaturen 1:1 am Original blieben.


Gruß
k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#2
Big Grin
Hi Klaus,

das ist ja bloß ein Nachbau! Aber ein niedliches Gerätchen!

Hier ist das Original:


.jpeg   150707-nabu-zaunkoenig-marco-frank.jpeg (Größe: 67,68 KB / Downloads: 698)

Ich hoffe, Nabu ist mir nicht böse!
Viele Grüße aus Loccum, Wolfgang

Wer niemals fragt, bekommt nicht einmal ein Nein zur Antwort.

In Memorandum 2018
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#3
Ein Schmuckstück für die Sammlung.
Danke für's zeigen.

Gruß
Wilhelm
Niemandes Herr, Niemandes Knecht,
so ist es gut, so ist es recht

von Fallersleben
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#4
Hallo Klaus!

Sehr niedliches Radio und ein fantastische Vorstellung! Smile
Beste Grüsse

Thorsten


"Das Leben ist nichts weiter als das Proben für eine Vorstellung, die niemals stattfindet."

(Die fabelhafte Welt der Amelie)
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#5
So, der Kleine spielt wieder ganz ordentlich.

Fehlerbefund:
- der erwähnte Keramiktrimmer (Vorkreis) wurde abgeklemmt, aber im Gerät belassen, da genietet. Ein moderner wurde eingesetzt, damit klappt der Abgleich wieder.

- Spulenkerne wurden nachgeglichen, dazu unten mehr.

- 1 Widerling wurde ersetzt, da mehr als 20% über Soll.

- Der Plattengleichrichter war schon früher nicht mehr gut und wurde von mir durch eine 1N4005 ersetzt, die parallel zum C von 50 nF liegt. Ich habe nun einen 250 Ohm - Widerstand in den Zugang gesetzt, damit wurde der Brumm besser und die Spannungen stimmen.

- Der Empfindlichkeitsregler (s.o.) wurde mit einem 4,7p gebrückt. Er ist eingenietet und hat durch einen geschwärzten Silberbelag Kapazität verloren. Man kommt schlecht ran, daher die Brückenlösung.


Hier übrigens das Schaltbild:

http://www.gfgf.org/GFGF-Schaltplandiens...ig_sch.pdf

Nun zu den Spulenkernen, wie versprochen:
Die Dinger sitzen bombenfest. Der Lackklecks ist nicht das Problem, die Kerne meines Geräts waren beim Eindrehen im Werk (oder bei einer späteren Reparatur ?) mit irgendetwas eingelassen worden, das extrem pappt.

Hier half Geduld, und den Lötkolben direkt in den Schlitz des Kerns halten (!). Die Kerne sind hitzebeständig und halten das aus. Die Schraubenziehererwärmmethode fruchtete hier nicht.

Nun brüllt der Kleine wieder.

Foto von der Chassisunterseite habe ich hier ausgelassen, da bei mir seit vielen Jahren WIMA-Klötzchen verbaut sind. Gefällt nicht jedem.
Ersatzweise daher hier noch der link zu einer schön geschriebenen Restaurierung eines Zaunkönig-Fragments, inklusive Fotos.
http://martins-basteleien.de/Basteleien/Rft.pdf

Eine winzige Anmerkung zu diesem Bericht: das 17k-Poti ist nicht so wertekritisch. Meiner hat ein 10k Poti, das funktioniert ebenso und dürfte im Ersatzfall leichter zu beschaffen sein


p.s.: Wolfgang: Dein Foto zeigt den "Werk-Prototypen". Er wurde aber wieder verworfen, da man den Lautstärkeregler vergessen hatte. Tongue



Gruß
k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#6
Wirklich toller Bericht. Diese fehlt mir noch in meiner Sammlung.
Habe immer soviel Arbeit, dass ich mir eine aussuchen kann. Smile

Grüße Frank, der Moschti
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#7
Hallo Klaus,

ein schöner Bericht! Ein Super mit nur zwei Röhren ist interessant. Ich habe noch einen lesenwerten Artikel gefunden mit technischen und historischen Hintergründen, hier.

(05.04.2016, 14:15)klausw schrieb: - Der Plattengleichrichter war schon früher nicht mehr gut und wurde von mir durch eine 1N4005 ersetzt, die parallel zum C von 50 nF liegt. Ich habe nun einen 250 Ohm - Widerstand in den Zugang gesetzt, damit wurde der Brumm besser und die Spannungen stimmen.

Besser nicht! Die 1N4005 verträgt nur eine maximale Sperrspannung von 600V, das ist hier zu wenig!
Bei Einweggleichrichtung mit Gegenspannung (also Kondensator hinter dem Gleichrichter) muss der Gleichrichter die zweifache Scheitelspannung verkraften, also 230 * 2 * 1,41 = 650V. Kommen noch Überspannungen hinzu, wird es wirklich zu viel.
Besser eine Diode mit mindestens 1000V Sperrspannung verwenden, oder zwei Stück 1N4005 in Reihe schalten, das geht auch.

Gruß,
Eric
Gruß, Eric
(Avatar † 24.07.2018 17:15 --- R.I.P.)

Das Internet macht Kluge klüger und Dumme dümmer.
Ein Haus ohne Katze ist nur ein Haufen Steine.
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#8
Danke Eric, deinen Link zum Radio Kolibri, kannte ich noch nicht.
Habe immer soviel Arbeit, dass ich mir eine aussuchen kann. Smile

Grüße Frank, der Moschti
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#9
Hallo, Klaus,
das Radio ist schön, aber Du hast es auch mit Talent beschrieben! Sehr schönes Bericht. Und gut dazu, dass Details zu Reparatur gegeben sind, denn einer oder anderer kann die als Ratschläge nutzen, wenn gleiches Radio zu reparieren hat. Sehr schön!
Gruß,
Ivan
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#10
Ja Klaus, was soll man zu so einem Bericht sagen? Bravo! Ein sehr informativer Bericht, der die Lust auf dieses Gerät nur noch mehr steigert Wink Ich halte auch schon lange Ausschau nach diesem Zaunkönig, leider ist er mir bislang immer nur zu königlichen Preisen begegnet. Ein schönes und interessantes Gerät.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#11
Wie immer ein toller Bericht Klaus, Deine Berichte sind lesenswert.
Meiner Frau gefällt der Zaunkönig auch, sie findet die Form "lustig", die Preise aber nicht. Smile
Viele Grüße 
Philipp
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#12
Vielen Dank für das Interesse am Radio !

Zwei kleine, abschließende Anmerkungen:

1) Da ich den Eingangspost nicht mehr ändern kann, hier eine kleine Korrektur: Der Zaunkönig ist natürlich jünger als der "Oberhof" also der "Nachgänger".
2) @ Eric: vielen Dank für den Hinweis ! Das war mir so bislang nicht geläufig. Wieder was gelernt. Smiley20 
(Eine erneute Inaugenscheinnahme erbrachte, dass ich eine 1N4006 verbaut hatte).

Gruß
k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#13
(07.04.2016, 14:51)klausw schrieb: 1) Da ich den Eingangspost nicht mehr ändern kann, hier eine kleine Korrektur: Der Zaunkönig ist natürlich jünger als der "Oberhof" also der "Nachgänger".

Aber ich kann! Habe den Text im Bericht dahingegehend geändert.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#14
Super Arbeit,

da fiel mir auch gleich mein Gerät ein, das auch noch auf Restauration wartet. Das suche ich auch noch eine gute Skalenscheibe. Deine willst du sicherlich nicht ausbauen. Smiley58
Gruß Detlef
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#15
Hallo Klaus  Smile

Vielen Dank für Deinen wirklich schönen Bericht, den ich sehr gern mitgelesen habe.
Ein schönes Radio, ich wünsche Dir noch viel Freude damit  Thumbs_up

Beste Grüße aus MV, von Peter
~~~~~ DE - MV  /  Connected ~~~~~
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#16
Hallo Klaus  und Forumer,

nachdem ich deinen Bericht zum Gerät Zaunkönig gelesen habe, bitte ich um eine Aussage, ob mit diesem Radio Kurzwellenempfang möglich ist. Hintergrund meiner Frage ist, ob es sich lohnt, ein Fragment dieses Radios wieder in Betrieb zu nehmen. Da mich schon immer der Empfang auf Kurzwelle interessierte und entsprechend dem Schaltplan auch ein Trägerzusatz möglich ist, reizt mich eine Inbetriebnahme der Aufbauplatte. Diese habe ich, ohne Röhren aber mit Drehkondensator und sonst scheint sie komplett zu sein, in einer Trödelmarktkiste gefunden. Man kann noch viel alte Technik finden, man muss nur die Augen offen halten.

Mit freundlichem Gruß,  Wolfhard
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#17
Guten Tag Wolfhard,

der Zaunkönig ist Kurzwellentauglich, ich habe Ihn hier. Wenn Sie nur ein Teil des Radios haben reicht auch schon die UEL51 für sehr guten Kurzwellenempfang in Form eines Audions. Industriell wurde es so im RFT 1U11 umgesetzt welchen ich gebenfalls besitze und gerne einsetze.

Mit freundlichem Gruß
Bernhard.
Ansprechpartner für Umbau oder Modernisierung von Röhrenradios mittels SDR,DAB+,Internetradio,Firmwareentwicklung. 
Unser Open-Source Softwarebaukasten für Internetradios gibt es auf der Github-Seite! Projekt: BM45/iRadio (Google "github BM45/iRadio")
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#18
Hallo Bernhard,

für deinen Bericht bedanke ich mich. Möge dein RFT-Zaunkönig immer guten Empfang bieten.

Mit freundlichem Gruß, Wolfhard
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#19
(08.04.2016, 14:56)Radio Mann schrieb: Super Arbeit,

da fiel mir auch gleich mein Gerät ein, das auch noch auf Restauration wartet. Das suche ich auch noch eine gute Skalenscheibe. Deine willst du sicherlich nicht ausbauen. Smiley58

Hallo Detlef,
vor einigen Tagen habe ich auch einen "Zaunkönig" ergattert
und mal die Skalenscheibe abgescannt...

   

   

Gruß
Rolf
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#20
Auch von mir herzlichen Dank. Umso mehr als ich dieses Radio auch in meiner Sammlung unrestaurierter Geräte habe.
Der Bericht wird mir dabei helfen. Das Radio hat mir schon immer gefallen, sieht einfach bilddhübsch aus.

Gruß,
Achim
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