Themabewertung:
  • 2 Bewertung(en) - 5 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Was ist ein Blindrohr?
#1
Hallo,

in der "Abgleichvorschrift für UKW-HF" des Nordmende Rigoletto 58 steht der Satz:
"Punkt H dient zur Einstellung der Neutralisation mittels Blindrohrs."

Was ist ein Blindrohr?

Gruß, Frank
Zitieren
#2
Hallo Frank,

unter Blindrohr könnte ich mir in diesem Falle bzw. Zusammenhang vorstellen, dass die Anodenspannung der UKW Vorstufenröhre abgeschaltet wird und die Röhre dadurch inaktiv ist - also blind mitläuft.

Diese Vorgehensweise war auch bei Saba-UKW Tunern üblich und wurde in der Abgleichanleitung als Klartext beschrieben. Auf diese Weise wurden die Röhren Kapatitäten beim Neutralisations-Abgleich erfasst ohne dass die Röhre dabei eine aktive Verstärkung erbrachte.
Freundliche Grüße, Peter R.
Zitieren
#3
Hallo Peter,

danke, eine gute Erklärung! Thumbs_up

Möglicherweise wurde der englische Begriff "blind tube" nach "Blindrohr" übersetzt statt nach "Blindröhre" - was ja besser passen würde.

Gruß, Frank
Zitieren
#4
Hallo Frank,

Allgemein: Die Bezeichnung Blindröhre ist häufiger in einem anderen Zusammenhang üblich, nämlich bei der Reaktanzröhre. Hier ist es eher nachvollziehbar, weil die Röhre in diesem Fall als kapazitiver oder induktiver Blindwiderstand wirkt.

Die Reaktanzröhre wird (wurde) gerne zur automstischen Feinabstimmung eingesetzt. Diese Anwendung ist beispielsweise in einigen älteren AM-Spitzensupern zu finden. Sie umfasst einen zusätzlichen Frequenzdiskriminator und eben diese Blindröhre zur Oszillatornachstimmung. - Eine weitere gängige Anwendung ist (war) die Frequenzmodulation. (Mittlerweile alles Geschichte, aber damit befassen wir uns hier ja allgemein).

Speziell: Ich habe jetzt auch den entspechenden Textteil in der Abgleichanleitung gelesen - sie lassen sich da nicht näher aus, da das Verstellen der betroffenen Einstellorgane ohnehin streng verboten ist. Da braucht man sich auch nicht über die schleierhafte Bezeichnung "Blindrohr" zu wundern. Hier, in diesem speziellen Fall, wäre eine Unterbrechung der Verbindung zu R3 zur "Erblindung" der Röhre denkbar. - Nur was soll man dann tun??
Freundliche Grüße, Peter R.
Zitieren
#5
Hallo die Runde.

Der Begriff „Blindröhre“ ist oft etwas irreführend.


Was Peter am Anfang sagt, ist eine Röhre die als Blindwiderstand wirkt, also als gesteuerte Induktivität oder Kapazität, jenachdem die Röhre extern beschaltet wird.
Eine Röhre die als Blindwiderstand wirkt, bzw. als solcher anzusehen ist.

Im Falle des NORDMENDE UKW-Teiles, wo beim abgleichen in WERK, eine Röhre blind sein soll, war das eine Mittelwertsröhre mit typischem Cg-a bei der man einen Heizungstift verkürzt hat damit die nur mit Ihren Kapazitäten und denen der Fassung als Blindrohr wirkt.

Die Spule L5 bildet mit diesen Kapazitäten eine auf Bandmitte abgestimmten Parallel-Schwingkreis, der bekannterweise den Blindanteil der Kapazitäten aufhebt.

Im Servicefalle,  darf nicht abgeglichen werden. Pos. <H> wird nur deffiniert was es ist. Hm ?
Dieser Vorgang ist verbürgt (Nordmende Lehrgang) wenn auch lustig.
Warum man diese Version mit „Blindrohr“   gewählt  hat,  ist mir nicht bekannt.
Mit der ECC85 ginge das sowieso nicht. Ohne Heizung wäre auch der Oszillator tot.

Im Schaltbild der Erstanwendungen CARMEN 55 und RIGOLETTO 55, ist der R5 (Vorstufen-Vorwiderstand 5Kohm) nicht exakt zu orten, wo er sitzt, intern oder extern der BOX.  Bei meinem Muster, sitzt R5 aussen und kann abglötet werden. Damit käme man zu SABA-Lösung die Peter R. benannt hat.
Aber wegen der strengen Störstrahlungsbedingungen, hat das Abgleichen der Vorstufen-Neutralisation auch TELEFUNKEN  anfangs verboten.


links im Bild die SABA-Version, rechts die von Normende. Dass dort das Trenn-C Anode-G1 fehlt, stört grosse Geister nicht! Smiley43

[attachment=42903]



[attachment=42901]


[attachment=42902]
Zitieren
#6
Hier ein Nachschlag zur REAKTANZ-STUFE.

Die AFC-Nachstimmung  im SIEMENS  P48 UKW-Teil
mike  


[attachment=42911]
Zitieren
#7
Das Problem mit der "Neutralisierung" einer Trioden-Vorstufe wurde bereits in den '20er Jahren gelöst. Damals gab es nur Trioden und diese haben eine recht große Rückwirkung von der Anode auf das Gitter, die kompensiert werden mußte, um ein (wildes) Schwingen der Vorstufe zu verhindern.
Eine Triode mit abgestimmtem Gitter-Kreis und (auf die gleiche Frequenz) abgestimmtem Anodenkreis arbeitet als "Huth-Kühn-Sender" - wenn man nichts dagegen unternimmt.

Beispiel eines Siemens "Steilpult"-Empfängers RFE22 von 1928/29.
(Vorläufer davon RFE10 : 1925; bzw. RFE12 . 1926;  bzw. RFE18 : 1928; alle mit prinzipiell ähnlicher Schaltung)

   

Die HF-Stufe ist über den Trimmer "N" (damals auch "Neutroton" benannt) neutralisiert.

Die Vorschrift für dessen Abgleich lautet:
Man stimme auf einen starken Sender ab. Dann unterbreche man die Heizung der HF-Vorstufe (einseitig) und verstelle "N" so lange, bis der empfangene Sender maximal schwach noch "durchkommt".

Wenn aber die Vorstufen-Röhre nicht geheizt wird, wie hier verlangt, wirken nur noch deren Kapazitäten. Folglich wäre sie in diesem "Zustand" nach der Terminologie von Nordmende als "Blindröhre" zu bezeichnen. Eine solche Bezeichnung war in den '20er Jahren allerdings nicht geläufig.

MfG DR
Zitieren
#8
Hallo,

ich möchte mich bei allen Beteiligten für diesen sehr interessanten Beitrag bedanken. Frank fürs Fragen und allen Anderen für die fachliche Erklärung.

Gruß
Oliver
Zitieren
#9
Schließe mich an, vielen Dank!
Spannende Sache, die ich so noch nie gehört habe.
Gruß,
Uli
Zitieren
#10
(04.10.2017, 20:35)Uli schrieb: Spannende Sache, die ich so noch nie gehört habe.

Ich bin mit im Rennen. Das wusste ich auch noch nicht. Vielen Dank also!

Gruß... Hotte
Zitieren
#11
Auch von mir vielen Dank für die fundierten Antworten! Thumbs_up
Da habe ich einiges dazugelernt! Und zwar etwas, nach dem man im WWW sehr lange suchen muß - falls man es denn überhaupt findet.

Die direkte Antwort von Fachleuten und/oder alten Hasen ist schon viel wert.

Gruß, Frank
Zitieren


Gehe zu: