19.11.2019, 17:18
Im Jahr 2004/05 waren die Karten für Radiochiphersteller noch anders gemischt. Eine englische Firma mit Namen Radioscape stellte DAB Empfangsmodule für den weltweiten Markt her und kündigte an, ein erstes Multinormmodul für die digitale Kurzwelle (DRM), die analoge LW-KW (AM), UKW und DAB zu veröffentlichen. Dieses Modul war das RS 500.
[attachment=69431]
Zur IFA05 konnte man das Modul in Berlin begutachten, nach weiteren Verzögerungen wegen technischer Probleme sollten im Folgejahr großflächig Multinormradios mit DRM verfügbar sein. .... Daraus wurde nichts! Zwar gab es immer wieder Ankündigungen und Prototypvorstellungen verschiedener Radiohersteller, aber wirklich zu kaufen waren die Geräte (mit zum Teil langen Lieferzeiten) erst viel viel später. Andere Chip- und Modulhersteller (zum Beispiel Frontier Silicon) konnten Empfangsmodule dabei immer preiswerter herstellen und so stand die Firma Radiosape bald vor ernsthaften finanziellen Problemen. DRM, eigentlich schon gescheitert, hat in der Industrie in Europa niemanden mehr interessiert. Radioscape konnte mit einer Finanzspritze gerettet werden, konzentriert sich im Bereich Digitalrundfunk auf andere Produkte (https://www.factumradioscape.com/)
Dennoch war das RS500-Modul eine ganze Zeit lang wegweisend. Zu "Spitzenzeiten" war es in weit mehr als 75% aller am Markt irgendwie angekündigten und auch zu bekommenden Empfänger verbaut. Dem Morphy-Richards, den ganzen Himalaya-Geräten und natürlich auch in einem Gerät einer deutschen Firma, der ersten Version des Multyradio der Firma Technisat.
Schaut man sich das Kurzdatenblatt an, so bot das Modul seinerzeit auch dem normalen Bastler viel Potenzial zum Experimentieren :
http://www.ok1mjo.com/all/ostatni/t-dab_...asheet.pdf
Mit dem Leak der Softwarewerkzeuge für das Modul rund um die 10er Jahre, wurden die RS500-Empfänger nochmal "beliebt". Es gab einen Haufen Experimente dem Modul per Software das DAB plus, also den erweiterten DRM-Audiocodec mit größeren Bitraten beizubringen. Ein sehr schwieriges Unterfangen, da der DSP auf dem Modul doch rechentechnisch sehr schwach bestückt war. Erfolgreicher waren die Versionen mit Software- und(!) Hardwareumbau. Der für DAB+ genutzte Audiocodec lief dabei auf einem eigenen "Hilfs-DSP" und die Daten wurden vom Modul nur weitergereicht.
In einer losen Reihenfolgen sollen hier alle DRM-Radios dieser Zeit vorgestellt werden.
1. Technisat Multyradio
Im Jahr 2008 machte Technisat eine Ankündigung, ein Radio auf dem Markt zu werfen, bei dem weder der Frequenzbereich noch die Sendenorm eine Rolle spielen würde! Das Radio sucht sich einfach alle Sender die es gibt und legt diese in eine Senderliste ab. Der Nutzer braucht nur noch technologieneutral aus der Senderliste auswählen und hören. Eigentlich eine tolle Idee. Eingesetzt wurde natürlich das RS 500 Modul von Radioscape.
Hier die Werbung aus Q4/08 (mit Erlaubnis von Technisat)
[attachment=69438][attachment=69439][attachment=69440][attachment=69441][attachment=69442][attachment=69443][attachment=69444]
Der Preis lag anfangs bei ungefähr 450 Euro!
Dafür erhielt man einen schön anzusehenden Karton, wie diesen:
[attachment=69445]
Darin ein Aufstellständer aus Metall und ein wuchtiges im "Colani-Design" ? gehaltene Gerät:
[attachment=69446]
Ein schweres Netzteil, für den Empfang wichtig: kein Schaltnetzteil und zusätzlich abgesetzt.
[attachment=69447]
Hat man sich bei dem Netzteil auch wegen des Stromhungers des RS-500 noch Mühe gegeben, so sah dies bei der Antenne für UKW, DAB und Kurzwelle (Analog+DRM) schon anders aus!
[attachment=69448]
Ja mehr gab es für diese Bänder nicht! 150cm Draht mit Winkel-F-Stecker. Keine richtige Teleskopantenne oder ähnliches... nur eine Wurfantenne!
Für die LW und MW hat man sich wieder mehr Mühe gegeben, hier gab es eine abgestimmte und vom RS-500 angesteuerte abnehmbare Ferritantenne.
[attachment=69449]
Leider war dieses Antennenmodul mit einem relativ kurzem 20-30cm Kabel verbunden, kein Stecker an der Geräterückseite.
Dennoch brachte es dieses Antennenmodul, nach ein paar SW-Updates, später auf sehr guten Radioempfang.
Größter Murks war aber die Positionierung des RS-500 mit seinem F-Stecker! Das konnte man natürlich auch mit einem Softwareupdate nicht mehr fixen!
[attachment=69450][attachment=69451]
Hier eine richtige Antenne für KW anzubringen, so das das Radio auch noch in den Metallständer passt ist eine Geduldsprobe! Man hätte wenigstens die F-Buchse um 90°-gewinkelt anbringen können. Von einer Möglichkeit zwischen mehreren Antennen, für KW, UKW und DAB umschalten zu können, träumt man ohne Eingriff ins Gerät lange!
Blicken wir mal unter die Haube:
[attachment=69452]
Viel Kunststoff, zwei kleine Lautsprecher, das Herzstück das RS-500 mit nur wenig Außenbeschaltung!
[attachment=69453]
Obwohl "Made in Germany" auf der OVP steht, sieht alles sehr nach Referenzimplementierung von Radioscape aus. Das "Made in Germany" hätte man vielleicht eher in "Designstudie aus Germany" umbenennen sollen. Ein 7805 für eine Versorgungsspannung und ein TDA7297 (2x15W) dranzuklatschen ist wirklich keine Ingenieurskunst auf die man in Deutschland stolz sein müsste.
[attachment=69454] [attachment=69456]
Der Kaltstart zeigt,
[attachment=69455]
nichtmal bei der Software hatte Technisat noch großartig eine Arbeit geleistet.
Die Menüsprache ist in Deutsch verfügbar, das kann das RS 500 aber von sich aus.
[attachment=69457]
Die Sendersuche kann automatisch (über alle Bänder, über ein Band), genauso auch manuell erfolgen. In der frühen SW-Version sprang man bei jeder manuellen Sendersuche (im AM/DRM-Bereich) immer auf 150 kHz zurück und durfte bis zur Zielfrequenz hochkurbeln. Das "Schwungrad" hatte erst mit einer viel späteren SW-Version ein wirklich gut funktionierendes geschwindigkeitsabhängiges Tuning. In den späteren Softwareversionen war mit einmal Schwung ein Sprung von 150kHz bis auf das Ende der Kurzwelle möglich. So machte Abstimmung Spaß, leider viel zu spät für die vielen Testberichte, die wegen der "furchtbaren" Bedienung das Gerätes deshalb in der Luft zerreißen.
[attachment=69458]
Wie allen RS-500 Empfängern, so mangelte es dem Gerät bei den frühen SW-Versionen nicht nur in der Bedienung, auch der Empfindlichkeit ließ ziemlich zu wünschen übrig. So machten die Geräte allesamt in den Testberichten keine gute Figur bei DRM! Für potentielle Käufer noch mehr ein Grund DRM den Rücken zu kehren. Erst langsam und mit viel Kraft und Mühe auch aus dem Privatbereich wurden die RS-500 Module zu wirklich brauchbaren Weltempfängern, bei dem auch DRM stabil dekodiert werden kann. Wie oben schon erwähnt ist auch DAB+ heute kein unüberwindbarer Sendestandard mehr. Für die DRM-Sender, die DRM-Geräteindustrie und allgemein für die Kurzwelle ist das aber nicht mehr von Bedeutung! Trotz des vielen Kunststoffes und den beiden kleinen Lautsprechern kann das Radio einen halbwegs beachtlichen Klang entwickeln. Natürlich immer unter dem Hintergedanken das es sich um ein Kofferradio und keine HiFi-Anlage handelt.
Gruß Bernhard
... wird fortgesetzt...
[attachment=69431]
Zur IFA05 konnte man das Modul in Berlin begutachten, nach weiteren Verzögerungen wegen technischer Probleme sollten im Folgejahr großflächig Multinormradios mit DRM verfügbar sein. .... Daraus wurde nichts! Zwar gab es immer wieder Ankündigungen und Prototypvorstellungen verschiedener Radiohersteller, aber wirklich zu kaufen waren die Geräte (mit zum Teil langen Lieferzeiten) erst viel viel später. Andere Chip- und Modulhersteller (zum Beispiel Frontier Silicon) konnten Empfangsmodule dabei immer preiswerter herstellen und so stand die Firma Radiosape bald vor ernsthaften finanziellen Problemen. DRM, eigentlich schon gescheitert, hat in der Industrie in Europa niemanden mehr interessiert. Radioscape konnte mit einer Finanzspritze gerettet werden, konzentriert sich im Bereich Digitalrundfunk auf andere Produkte (https://www.factumradioscape.com/)
Dennoch war das RS500-Modul eine ganze Zeit lang wegweisend. Zu "Spitzenzeiten" war es in weit mehr als 75% aller am Markt irgendwie angekündigten und auch zu bekommenden Empfänger verbaut. Dem Morphy-Richards, den ganzen Himalaya-Geräten und natürlich auch in einem Gerät einer deutschen Firma, der ersten Version des Multyradio der Firma Technisat.
Schaut man sich das Kurzdatenblatt an, so bot das Modul seinerzeit auch dem normalen Bastler viel Potenzial zum Experimentieren :
http://www.ok1mjo.com/all/ostatni/t-dab_...asheet.pdf
Mit dem Leak der Softwarewerkzeuge für das Modul rund um die 10er Jahre, wurden die RS500-Empfänger nochmal "beliebt". Es gab einen Haufen Experimente dem Modul per Software das DAB plus, also den erweiterten DRM-Audiocodec mit größeren Bitraten beizubringen. Ein sehr schwieriges Unterfangen, da der DSP auf dem Modul doch rechentechnisch sehr schwach bestückt war. Erfolgreicher waren die Versionen mit Software- und(!) Hardwareumbau. Der für DAB+ genutzte Audiocodec lief dabei auf einem eigenen "Hilfs-DSP" und die Daten wurden vom Modul nur weitergereicht.
In einer losen Reihenfolgen sollen hier alle DRM-Radios dieser Zeit vorgestellt werden.
1. Technisat Multyradio
Im Jahr 2008 machte Technisat eine Ankündigung, ein Radio auf dem Markt zu werfen, bei dem weder der Frequenzbereich noch die Sendenorm eine Rolle spielen würde! Das Radio sucht sich einfach alle Sender die es gibt und legt diese in eine Senderliste ab. Der Nutzer braucht nur noch technologieneutral aus der Senderliste auswählen und hören. Eigentlich eine tolle Idee. Eingesetzt wurde natürlich das RS 500 Modul von Radioscape.
Hier die Werbung aus Q4/08 (mit Erlaubnis von Technisat)
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Der Preis lag anfangs bei ungefähr 450 Euro!
Dafür erhielt man einen schön anzusehenden Karton, wie diesen:
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Darin ein Aufstellständer aus Metall und ein wuchtiges im "Colani-Design" ? gehaltene Gerät:
[attachment=69446]
Ein schweres Netzteil, für den Empfang wichtig: kein Schaltnetzteil und zusätzlich abgesetzt.
[attachment=69447]
Hat man sich bei dem Netzteil auch wegen des Stromhungers des RS-500 noch Mühe gegeben, so sah dies bei der Antenne für UKW, DAB und Kurzwelle (Analog+DRM) schon anders aus!
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Ja mehr gab es für diese Bänder nicht! 150cm Draht mit Winkel-F-Stecker. Keine richtige Teleskopantenne oder ähnliches... nur eine Wurfantenne!
Für die LW und MW hat man sich wieder mehr Mühe gegeben, hier gab es eine abgestimmte und vom RS-500 angesteuerte abnehmbare Ferritantenne.
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Leider war dieses Antennenmodul mit einem relativ kurzem 20-30cm Kabel verbunden, kein Stecker an der Geräterückseite.
Dennoch brachte es dieses Antennenmodul, nach ein paar SW-Updates, später auf sehr guten Radioempfang.
Größter Murks war aber die Positionierung des RS-500 mit seinem F-Stecker! Das konnte man natürlich auch mit einem Softwareupdate nicht mehr fixen!
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Hier eine richtige Antenne für KW anzubringen, so das das Radio auch noch in den Metallständer passt ist eine Geduldsprobe! Man hätte wenigstens die F-Buchse um 90°-gewinkelt anbringen können. Von einer Möglichkeit zwischen mehreren Antennen, für KW, UKW und DAB umschalten zu können, träumt man ohne Eingriff ins Gerät lange!
Blicken wir mal unter die Haube:
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Viel Kunststoff, zwei kleine Lautsprecher, das Herzstück das RS-500 mit nur wenig Außenbeschaltung!
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Obwohl "Made in Germany" auf der OVP steht, sieht alles sehr nach Referenzimplementierung von Radioscape aus. Das "Made in Germany" hätte man vielleicht eher in "Designstudie aus Germany" umbenennen sollen. Ein 7805 für eine Versorgungsspannung und ein TDA7297 (2x15W) dranzuklatschen ist wirklich keine Ingenieurskunst auf die man in Deutschland stolz sein müsste.
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Der Kaltstart zeigt,
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nichtmal bei der Software hatte Technisat noch großartig eine Arbeit geleistet.
Die Menüsprache ist in Deutsch verfügbar, das kann das RS 500 aber von sich aus.
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Die Sendersuche kann automatisch (über alle Bänder, über ein Band), genauso auch manuell erfolgen. In der frühen SW-Version sprang man bei jeder manuellen Sendersuche (im AM/DRM-Bereich) immer auf 150 kHz zurück und durfte bis zur Zielfrequenz hochkurbeln. Das "Schwungrad" hatte erst mit einer viel späteren SW-Version ein wirklich gut funktionierendes geschwindigkeitsabhängiges Tuning. In den späteren Softwareversionen war mit einmal Schwung ein Sprung von 150kHz bis auf das Ende der Kurzwelle möglich. So machte Abstimmung Spaß, leider viel zu spät für die vielen Testberichte, die wegen der "furchtbaren" Bedienung das Gerätes deshalb in der Luft zerreißen.
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Wie allen RS-500 Empfängern, so mangelte es dem Gerät bei den frühen SW-Versionen nicht nur in der Bedienung, auch der Empfindlichkeit ließ ziemlich zu wünschen übrig. So machten die Geräte allesamt in den Testberichten keine gute Figur bei DRM! Für potentielle Käufer noch mehr ein Grund DRM den Rücken zu kehren. Erst langsam und mit viel Kraft und Mühe auch aus dem Privatbereich wurden die RS-500 Module zu wirklich brauchbaren Weltempfängern, bei dem auch DRM stabil dekodiert werden kann. Wie oben schon erwähnt ist auch DAB+ heute kein unüberwindbarer Sendestandard mehr. Für die DRM-Sender, die DRM-Geräteindustrie und allgemein für die Kurzwelle ist das aber nicht mehr von Bedeutung! Trotz des vielen Kunststoffes und den beiden kleinen Lautsprechern kann das Radio einen halbwegs beachtlichen Klang entwickeln. Natürlich immer unter dem Hintergedanken das es sich um ein Kofferradio und keine HiFi-Anlage handelt.
Gruß Bernhard
... wird fortgesetzt...