Radio-Bastler-Forum (RBF)

Normale Version: Nordmende Tannhäuser 57
Du siehst gerade eine vereinfachte Darstellung unserer Inhalte. Normale Ansicht mit richtiger Formatierung.
Hallo zusammen,

anfang des Jahres habe ich mich nun an das aufarbeiten meines Tannhäuser 57 gemacht und heute endlich fertiggestellt.
[attachment=79327]

So sah das Chassis vor der Aufarbeitung aus:
[attachment=79325]

Das Chassis war offensichtlich noch nie ausgebaut worden und mit einer dicken Staubschicht bedeckt.

Hier viele Wochen später, fertig zum Wiedereinbau:
[attachment=79326]

Was musste am Gerät gemacht werden?
Nun, eine ganze Menge.
In diesem Gerät wimmelt es nur so von ERO100 und Neokons, auch zwei oder drei Malzbonbons (WIMA Tropydur) waren darin.
Die Neokons habe ich stichprobenartig überprüft, die waren aber alle hinüber.
Ebenso wurden die Kleinelkos ersetzt.
Der Netzteilelko (3x 50µF) hatte bereits Kristallausblühungen am Überdruckventil, wurde also auch erneuert.

Die abgeschirmte Kondensator-Widerstandskombination wurde ebenfalls neu angefertigt.

Die dunkle EM34 habe ich durch eine 6E5S ersetzt.

Im Rahmen der Inbetriebnahme musste ich noch etliche Kontaktfehler an den Röhrenfassungen beheben.
Das Empfangsteil war auf allen Wellenbereichen still, Niederfrequenz arbeitete jedoch (Brummprobe).
Glücklicherweise haben diese Geräte eine Serviceleiste, an welche die wichtigsten Testpunkte herausgeführt sind.
Bei der ECH81 z.B. hatten sich Werte am G2 eingestellt, bei welchen man meinen konnte, dass die Röhre gar nicht in der Fassung steckt.

Daraufhin habe ich mit Teslanol und Interdentalbürstchen alle Fassungskontakte der Röhrenfassungen gereinigt, da kam einiges an Dreck heraus!
Sicherheitshalber noch mit Kontakt-WL nachgespült.
So extrem hatte ich das noch nie!

Nach zweitägigem ablüften dann heute Inbetriebnahme.
Auf UKW stellt sich bei guten Sendern mit dem Gehäusedipol eine Ratiospannung von knapp -30V ein, die Gitterspannung an der 6E5S beträgt dann knapp -19V.
Ein Austausch der schon ziemlich ausgelutschten ECC85 (45% Emission lt. µTracer) durch ein neuwertiges Exemplar erbrachte keine Verbesserung.
Selbst bei Tag waren auf Mittelwelle mit der eingebauten Ferritantenne zwei Sender schwach zu hören.

Das Gerät habe ich auf 240V eingestellt.
Dabei liegt die Heizspannung dann bei 6,2V, die Anodenspannungen nach dem Gleichrichter etwa 10V unter den Sollwerten, was aber meiner Ansicht nach toleriert werden kann.

Das Gerät hat ordentlich 'Bumms', die Bässe müssen für Radiomusik ziemlich herausgenommen werden.
Klangfilter in Schalterstellung 'Jazz' ergibt für meinen Geschmack das ausgewogenste Klangbild.
Ach ja, der Elektrostat funktioniert auch noch!

Damit am Tonbandeingang mit 'normalen' Klinkenadaptern gearbeitet werden kann, habe ich an dieser Stelle einen kleinen Umbau vorgenommen.
Die vorhandene 3-polige DIN-Buchse habe ich durch ein 5-poliges Exemplar ersetzt und daran mit 2 Widerständen je 4,7 Kiloohm die beiden Stereokanäle zusammengeführt.
Da manche Geräte für die Kopfhörerausgänge Lastwiderstände benötigen, wurden diese auch mit eingebaut, aber schaltbar ausgeführt.
So kann das ganze auch über Line-Ausgänge betrieben werden.
[attachment=79328]


Viele Grüße

Martin
[attachment=79329][attachment=79330][attachment=79331][attachment=79332]
Hallo Martin und alle "Mitleser"
Hier die Pläne und die seltene Teileliste:
Hallo Alfons,

vielen Dank für die ergänzenden Unterlagen!

Insbesondere der Seillaufplan ist willkommen, außer dem Schaltpkan habe ich noch keine weiteren Unterlagen zum Gerät.


Danke und viele Grüße

Martin
Mich würde ja mal interessieren, ob die Umstellung auf 220V eine deutliche.Verbesserung bringt.
(26.08.2020, 22:07)Radiobastler schrieb: [ -> ]....
Das Gerät hat ordentlich 'Bumms', die Bässe müssen für Radiomusik ziemlich herausgenommen werden.
Klangfilter in Schalterstellung 'Jazz' ergibt für meinen Geschmack das ausgewogenste Klangbild.

Hallo Martin,

Glückwunsch zum fertiggestellten Tannhäuser 57 !

Ich besitze diesen Gerätetyp ebenfalls und kann das, was Du zum Klang sagst, voll und ganz unterstreichen.
Ich stelle mir vor, dass dies zur Bauzeit des Geräts sehr viel ausgewogener klang und die Ingenieure damals, da der Tannhäuser ja das Spitzengerät der Serie ist, viel Gehirnschmalz investiert haben.
Heutzutage ist es mit Blick auf mein Gerät so, dass ich meinen 56er Othello als das klanglich ausgewogenere und besser klingende Gerät betrachte.

@Alfons: Die Ersatzteilliste finde ich sehr interessant, da sie eine Vorstellung Bauteilepreise vermittelt.
Hallo Martin, ich habe da ein Verständnis Problem. Du hast die ECC85 getauscht aber auf Mittelwelle keine nennenswerte Verbesserung? Die Röhre sitzt doch im UKW Tuner?
Hallo Enno,

die Verbesserung bezog sich auf UKW!
Mit einer besseren (neuwertigen) ECC85 hatte ich keine höhere Ratiospannung.

@KlausW:
Ich persönlich finde in der von mir beschriebenen Einstellung das Klangbild schon sehr ausgewogen und angenehm.
Durch die Gegentaktendstufe hat der Tannhäuser eben noch etwas Reserve, ich könnte mir vorstellen (und müsste das mal nachmessen) dass die in den anderen Geräten üblichen Eintaktendstufen da schon an die Grenzen kommen.
In vielen Geräten der damaligen Zeit wird ja die EL84 nicht mal voll ausgereizt, häufig läuft sie im Arbeitspunkt einer EL41.

@Ulli:
Heute abend habe ich mal den Test mit verschiedenen Eingangsspannungseinstellungen gemacht.
Zum Zeitpunkt des Tests hatten wir 236V im Netz.

Stellung 220V:
Messpunkt ++: 204,9V (Soll: 210 V)
Heizung: 6,8V (Soll 6,3V)

Stellung 240V:
Messpunkt ++: 192,6V (Soll: 210V)
Heizung: 6,2V (Soll: 6,3V)

Unterschiede der Einstellungen sind nicht hörbar.
Ich denke, dass der Gleichrichter schon ein wenig müde ist, obwohl sich dessen Erwärmung in Grenzen hält und ich ihn somit zumindest nicht erneuern werde.
Aufgrund der Tatsache, dass sich in Stellung 240V die Heizspannung näher am Sollwert befindet, werde ich es bei dieser Einstellung lassen.
Mit den knapp 20V weniger Anodenspannung kann ich leben.


Viele Grüße

Martin
Danke!

(27.08.2020, 21:41)Radiobastler schrieb: [ -> ]Aufgrund der Tatsache, dass sich in Stellung 240V die Heizspannung näher am Sollwert befindet,...

Das ist ja genau meine Idee: 90% meiner Röhren sind "Zupfware" und ich lutsche die Dinger richtig aus. Und die müden Kölbchen gehen bei 1/2V mehr Heizspannung deutlich besser.
6,9V wäre meine persönliche Schmerzgrenze für Dauerbetrieb, über 7V will ich nicht unbedingt haben.
Hallo Ulli,


Zitat:ich lutsche die Dinger richtig aus

nun, wie weit sich die Röhren 'auslutschen' lassen, hängt nach meinen Erfahrungen auch von der konstruktiven Auslegung des Gerätes ab!

Hier der Tannhäuser spielt mit einer ECC86 mit 45% Emission völlig problemlos, ich hatte aber auch schon Geräte auf der Werkbank, welche bei 60% Emission nicht mehr richtig wollten.

Aber wahrscheinlich bügelt beim Tannhäuser die dritte ZF-Verstärkerstufe in Gestalt der zweiten EF89 einiges aus.


Viele Grüße

Martin
ECC85 ist auch immer so ein Thema für sich.
Warum ein Gerät, trotzdem die 85 laut Funke "fragwürdig" oder gar "schlecht" ist, tadellos spielt, man dem Gerät etwas Gutes tun will und eine neuwertige einsetzt und dann geht nichts mehr, warum ein Gerät mit einer PCC88 als Ersatz besser spielt (zumindest gefühlt), ein anderes komplett streikt, das nächste Gerät spielt mit egal was - beliebiger ECC85 oder beliebiger PCC88 - beim UKW Tuner hab ich mir abgewöhnt, nach Meßwerten zu gehen. Wenn ich eine ECC85 ersetzen muss, dann versuche ich so lange andere Röhren, bis es funktioniert und hinterfrage nichts mehr. Zum Glück hab ich da noch ein bisschen Auswahl.
Zumindest macht man bei der PCC mit 7V Heizspannung nix verkehrt, EM80 zeigt dafür wieder ein bisschen heller an und die alte EL84 drückt auch wieder ein paar Elektrönchen mehr durch.
EIGENTLICH ist das "auslutschen" am ehesten bei den Anzeigeröhren - eine EL84 durch radiohören zu zerstören, ist erfahrungsgemäß ein sehr mühseliges und langwieriges Unterfangen - kann man sich höchstens erleichtern, indem man als Koppelkondensator ein altes Wimabonbon nimmt Wink