16.11.2020, 09:37
Hallo zusammen,
Vor kurzem erstand ich diesen Oszillografen, einen sogenannten Impuls-Oszillograf namens EO 1/77U. Er war auf dem Angebotsfoto ziemlich verdreckt und in diesem Zustand wurde er auch geliefert:
[attachment=81554]
Der Schmutz entpuppte sich glücklicherweise nicht als irgendeine Ölpampe öder Ähnliches. Der Oszillograf war lediglich mit einem pink- bzw. bräünlichfarbenen Pulver sowohl innen als auch außen, über und über eingestaubt. Da ich Herkunft und Art dieses Pulvers nicht zu deuten vermochte, habe ich ihn im Freien gereinigt, d.h. mit Druckluft ausgeblasen und ausgesaugt.
Sieht doch jetzt ganz gut aus, oder?
[attachment=81555]
Der EO 1/77U gesellt sich zu dem Erstgerät hinzu, welches ich schon habe und welches in inform eines kurzen Intermezzos hier schon gezeigt habe:
[attachment=81556]
Links seht Ihr das Erstgerät, ein Fabrikat vom TPW Thalheim. Der rechte Ostillograf stammt von der damaligen PGH Radio und Fernsehen Karl-Marx-Stadt und ist hinsichtlich seiner Seriennummer ein Gerät jüngeren Herstellungsdatums. Schaltungs- und gerätetechnisch ist er völlig baugleich zum TPW-Gerät. Beim TPW-Oszillograf ziert lediglich zusätzlich das Hersteller-Logo, sowie der RFT-Schriftzug die Frontplatte und es hat schwarze Bedienelemente, sowie eine gelbliche Rasterplatte. Rückseitig sind auf dem Gehäuse natürlich die unterschiedlichen Hersteller auf den Typenschildern vermerkt. Im Threadtitel möchte ich es beim TPW Thalheim belassen. Vermutlich wurde die PGH Karl-Marx-Stadt zusätzlich mit der Herstellung beauftragt oder das TPW musste die Herstellung abgeben?
Der TPW-Oszi hat ein defektes Helligkeitspoti - der Netzschalter ist kaputt, was man bei dieser Sorte Poti leider immer wieder vorfindet. Außerdem wurde an ihm bereits manipuliert, er hatte eine Dioden- bzw. DIN-Buchse eingebaut, die ich inzwischen zugunsten einer BNC-Buchse entfernt habe. Er funktioniert noch nicht richtig. Zwar zeigt er einen Leuchtpunkt, jedoch arbeitet das Kippgerät nicht.
Ganz zu 100% sind die beiden Oszillorafen doch nicht identisch. Im EO 1/77U aus dem damaligen Karl-Marx-Stadt ist ein anderes, besseres Poti verbaut, bei ihm funktioniert der Netzschalter problemlos. Als Y-Eingang ist hier die UHF-PL202/PL259-Buchse zu sehen. Man hat sie serienmäßig offensichtlich aus Platzgründen eingebaut, da sis im Gegensatz zu den ansonsten verwendeten HF-Buchsen nicht so tief ins Gehäuse hinein ragt. Zwar finde ich die zugehörigen PL259-Stecker recht groß, habe aber inzwischen gelernt, dass es hier einen sinnvollen Adapter PL auf BNC zu kaufen gibt, siehe zum Beispiel hier:
[attachment=81564] (Quelle: Amazon)
... so dass ich meine bisherigen Kabel mit den BNC-Steckern weiter verwenden kann, ohne, dass ich mir hier nun was neues bastle.
Zum Oszillograf gehört eine Bedienungsanleitung:
[attachment=81557]
Auch bei dieser Bedienungsanleitung ist es so, wie es bereits ein werter Forumskollege, Wolfgang, hier beschrieb: Das mentale Drama, welches sich einem auftut, will man die Bedienungsanleitung hinsichtlich der Funktionen aller Bedienelemente studieren. Auch wenn man noch nicht ganz so dußlig ist und sich eigentlich die Funktion der Regler und Umschalter von selbst erklärt, fällt es einem schwer, zu verstehen, warum auch diese Bedienungsanleitung dieses Oszillografen so seltsam verschlüsselt geschrieben wurde. Einfacher geht wirklich anders.
Hier dazu als Anekdote ein Bild, welches sich ein seinerzeit möglicherweise verzweifelter Users hinsichtlich der Bedienelemente anfertigte:
[attachment=81562] (Quelle: ebay-Kleinanzeigen)
Wie läuft dieser EO 1/77U?
Tja - ich bin völlig verblüfft. Nach dem Reinigen habe ich, da ich mit dem Erstgerät auch schon so verfahren habe, den Oszi einfach an den Trenntrafo angeschlossen und geschaut, was passiert. Bei beiden Oszillografen hört man ein relativ angestrengtes Brummen von Ihren Netztrafos, wenn sie mit 230 Volt versorgt werden. Das kenne ich so von den EO 1/71 und 1/71a nicht, ist aber anscheinend bei den 1/77U völlig normal.
Die vorsichtige Inbetriebnahme zeigte, dass der Oszillograf quasi aus dem Stand heraus nicht nur völlig problemlos läuft, sondern sich dazu auch in seinen Funktionen sowas wie mehr oder weniger selbst regeneriert und stabilisiert mit jeder Minute, die er läuft...
Um es mal salopp zusammenzufassen: das Ding ist einfach der Hammer. Eine ganz andere Liga als mein EO 1/71 oder der EO 1/71a.
Im Folgenden zeige ich Euch drei Fotos, dann sehr und wißt Ihr, was ich meine. Einen Sinus darstellen, wie ich das auch hier gemacht habe - ok, das können diese alten Oszillografen alle. Selbst auch das sehr einfach aufgebaute Picoskop schafft das i.d.R. ganz gut.
Nun kommt aber mal eine Rechteckspannung mit 100 kHz, erzeugt mit meinem Rechteckwellengenerator RWG2:
[attachment=81558]
Mein guter, alter EO 1/71, der in seinen verdienten Ruhestand in der Vitrine hat:
[attachment=81559]
Jetzt der EO 1/71a:
[attachment=81560]
und nun der EO 1/77U:
[attachment=81561]
Ich glaube, ich muss nicht mehr dazu schreiben. Vergleicht bitte mal die Schärfe der Anzeigen, die vollständige Darstellung der Kurve, das (markierte) Verschleifen der Ecken...
Auch alleine schon das Einstellen der Kurve... Beim EO 1/71 und 1/71a muss ich immer etwas regeln, bis das Bild "stand". Beim Sioskop genügt einfach ein Umschalten auf interne Synchronisation und zack - das Bild steht wie eine Eins.
Nochmal: Dieser Oszillograf ist nicht neu. Die Kiste kam so an. Keine Ahnung, wie lange er unbenutzt quasi im Dornröschenschlaf vor sich hin träumte. Keine Kondensatorkur, Bis auf einen defekten Stabi erfolgte von mir auch kein Bauelementeaustausch, nichts.
Solcherart "seelisch geläutert" kann ich jetzt nur noch nachdenklich feststellen, dass wohl nun auch mein EO 1/71a seinen Weg in die Vitrine antreten wird. Getreu dem Motto: "Das Bessere ist des Guten Feind".
Ich gebe es ja gern zu: Vielleicht habe ich bei den 1/71 und 1/71a doch noch nicht den einen oder anderen letzten, quasi versteckten, Fehler gefunden und die beiden Oszillografen sind ebenso gut wie der 1/77U. Oder ist das doch nur ein Wunschdenken? Ich denke - ja, es ist ein Wunschdenken. Im Vergleich zu seinen Kollegen EO 1/71 und EO 1/71a ist das Sioskop deutlich ein Qualitätssprung nach vorn. Weg von der reinen Werkstattanwendung, hin zu Labor und Entwicklung.
Der EO 1/77U katapultiert sich nicht in eine andere Liga - er ist es, alleine nur schon durch seinen schaltungstechnischen Aufwand bedingt. Sicherlich war das eine immense Anstrengung für die Volkswirtschaft der kleinen DDR, hier ein noch mit Röhren bestücktes Gerät zu stemmen, das wenigstens ansatzweise in die Richtung des ganz normalen Standards der Geräte "des Klassenfeindes" geht.
Ich kann mir dazu durchaus den damaligen Werbetext vorstellen: "... den Anschluß an das Weltniveauzu erreicht zu haben...".
Gruß Michael
Nachsatz: Alle Betreiber von HAMEG- oder Tektronix-Geräten werden sich möglicherweise verwundert oder achselzuckend oder grinsend fragen, warum ich so ein Bohei um diesen Oszillografen mache. Da bitte ich um Verständnis: Manches muß eben erst einfach "ankommen", um es kennen- und schätzen zu lernen.
Vor kurzem erstand ich diesen Oszillografen, einen sogenannten Impuls-Oszillograf namens EO 1/77U. Er war auf dem Angebotsfoto ziemlich verdreckt und in diesem Zustand wurde er auch geliefert:
[attachment=81554]
Der Schmutz entpuppte sich glücklicherweise nicht als irgendeine Ölpampe öder Ähnliches. Der Oszillograf war lediglich mit einem pink- bzw. bräünlichfarbenen Pulver sowohl innen als auch außen, über und über eingestaubt. Da ich Herkunft und Art dieses Pulvers nicht zu deuten vermochte, habe ich ihn im Freien gereinigt, d.h. mit Druckluft ausgeblasen und ausgesaugt.
Sieht doch jetzt ganz gut aus, oder?
[attachment=81555]
Der EO 1/77U gesellt sich zu dem Erstgerät hinzu, welches ich schon habe und welches in inform eines kurzen Intermezzos hier schon gezeigt habe:
[attachment=81556]
Links seht Ihr das Erstgerät, ein Fabrikat vom TPW Thalheim. Der rechte Ostillograf stammt von der damaligen PGH Radio und Fernsehen Karl-Marx-Stadt und ist hinsichtlich seiner Seriennummer ein Gerät jüngeren Herstellungsdatums. Schaltungs- und gerätetechnisch ist er völlig baugleich zum TPW-Gerät. Beim TPW-Oszillograf ziert lediglich zusätzlich das Hersteller-Logo, sowie der RFT-Schriftzug die Frontplatte und es hat schwarze Bedienelemente, sowie eine gelbliche Rasterplatte. Rückseitig sind auf dem Gehäuse natürlich die unterschiedlichen Hersteller auf den Typenschildern vermerkt. Im Threadtitel möchte ich es beim TPW Thalheim belassen. Vermutlich wurde die PGH Karl-Marx-Stadt zusätzlich mit der Herstellung beauftragt oder das TPW musste die Herstellung abgeben?
Der TPW-Oszi hat ein defektes Helligkeitspoti - der Netzschalter ist kaputt, was man bei dieser Sorte Poti leider immer wieder vorfindet. Außerdem wurde an ihm bereits manipuliert, er hatte eine Dioden- bzw. DIN-Buchse eingebaut, die ich inzwischen zugunsten einer BNC-Buchse entfernt habe. Er funktioniert noch nicht richtig. Zwar zeigt er einen Leuchtpunkt, jedoch arbeitet das Kippgerät nicht.
Ganz zu 100% sind die beiden Oszillorafen doch nicht identisch. Im EO 1/77U aus dem damaligen Karl-Marx-Stadt ist ein anderes, besseres Poti verbaut, bei ihm funktioniert der Netzschalter problemlos. Als Y-Eingang ist hier die UHF-PL202/PL259-Buchse zu sehen. Man hat sie serienmäßig offensichtlich aus Platzgründen eingebaut, da sis im Gegensatz zu den ansonsten verwendeten HF-Buchsen nicht so tief ins Gehäuse hinein ragt. Zwar finde ich die zugehörigen PL259-Stecker recht groß, habe aber inzwischen gelernt, dass es hier einen sinnvollen Adapter PL auf BNC zu kaufen gibt, siehe zum Beispiel hier:
[attachment=81564] (Quelle: Amazon)
... so dass ich meine bisherigen Kabel mit den BNC-Steckern weiter verwenden kann, ohne, dass ich mir hier nun was neues bastle.
Zum Oszillograf gehört eine Bedienungsanleitung:
[attachment=81557]
Auch bei dieser Bedienungsanleitung ist es so, wie es bereits ein werter Forumskollege, Wolfgang, hier beschrieb: Das mentale Drama, welches sich einem auftut, will man die Bedienungsanleitung hinsichtlich der Funktionen aller Bedienelemente studieren. Auch wenn man noch nicht ganz so dußlig ist und sich eigentlich die Funktion der Regler und Umschalter von selbst erklärt, fällt es einem schwer, zu verstehen, warum auch diese Bedienungsanleitung dieses Oszillografen so seltsam verschlüsselt geschrieben wurde. Einfacher geht wirklich anders.
Hier dazu als Anekdote ein Bild, welches sich ein seinerzeit möglicherweise verzweifelter Users hinsichtlich der Bedienelemente anfertigte:
[attachment=81562] (Quelle: ebay-Kleinanzeigen)
Wie läuft dieser EO 1/77U?
Tja - ich bin völlig verblüfft. Nach dem Reinigen habe ich, da ich mit dem Erstgerät auch schon so verfahren habe, den Oszi einfach an den Trenntrafo angeschlossen und geschaut, was passiert. Bei beiden Oszillografen hört man ein relativ angestrengtes Brummen von Ihren Netztrafos, wenn sie mit 230 Volt versorgt werden. Das kenne ich so von den EO 1/71 und 1/71a nicht, ist aber anscheinend bei den 1/77U völlig normal.
Die vorsichtige Inbetriebnahme zeigte, dass der Oszillograf quasi aus dem Stand heraus nicht nur völlig problemlos läuft, sondern sich dazu auch in seinen Funktionen sowas wie mehr oder weniger selbst regeneriert und stabilisiert mit jeder Minute, die er läuft...
Um es mal salopp zusammenzufassen: das Ding ist einfach der Hammer. Eine ganz andere Liga als mein EO 1/71 oder der EO 1/71a.
Im Folgenden zeige ich Euch drei Fotos, dann sehr und wißt Ihr, was ich meine. Einen Sinus darstellen, wie ich das auch hier gemacht habe - ok, das können diese alten Oszillografen alle. Selbst auch das sehr einfach aufgebaute Picoskop schafft das i.d.R. ganz gut.
Nun kommt aber mal eine Rechteckspannung mit 100 kHz, erzeugt mit meinem Rechteckwellengenerator RWG2:
[attachment=81558]
Mein guter, alter EO 1/71, der in seinen verdienten Ruhestand in der Vitrine hat:
[attachment=81559]
Jetzt der EO 1/71a:
[attachment=81560]
und nun der EO 1/77U:
[attachment=81561]
Ich glaube, ich muss nicht mehr dazu schreiben. Vergleicht bitte mal die Schärfe der Anzeigen, die vollständige Darstellung der Kurve, das (markierte) Verschleifen der Ecken...
Auch alleine schon das Einstellen der Kurve... Beim EO 1/71 und 1/71a muss ich immer etwas regeln, bis das Bild "stand". Beim Sioskop genügt einfach ein Umschalten auf interne Synchronisation und zack - das Bild steht wie eine Eins.
Nochmal: Dieser Oszillograf ist nicht neu. Die Kiste kam so an. Keine Ahnung, wie lange er unbenutzt quasi im Dornröschenschlaf vor sich hin träumte. Keine Kondensatorkur, Bis auf einen defekten Stabi erfolgte von mir auch kein Bauelementeaustausch, nichts.
Solcherart "seelisch geläutert" kann ich jetzt nur noch nachdenklich feststellen, dass wohl nun auch mein EO 1/71a seinen Weg in die Vitrine antreten wird. Getreu dem Motto: "Das Bessere ist des Guten Feind".
Ich gebe es ja gern zu: Vielleicht habe ich bei den 1/71 und 1/71a doch noch nicht den einen oder anderen letzten, quasi versteckten, Fehler gefunden und die beiden Oszillografen sind ebenso gut wie der 1/77U. Oder ist das doch nur ein Wunschdenken? Ich denke - ja, es ist ein Wunschdenken. Im Vergleich zu seinen Kollegen EO 1/71 und EO 1/71a ist das Sioskop deutlich ein Qualitätssprung nach vorn. Weg von der reinen Werkstattanwendung, hin zu Labor und Entwicklung.
Der EO 1/77U katapultiert sich nicht in eine andere Liga - er ist es, alleine nur schon durch seinen schaltungstechnischen Aufwand bedingt. Sicherlich war das eine immense Anstrengung für die Volkswirtschaft der kleinen DDR, hier ein noch mit Röhren bestücktes Gerät zu stemmen, das wenigstens ansatzweise in die Richtung des ganz normalen Standards der Geräte "des Klassenfeindes" geht.
Ich kann mir dazu durchaus den damaligen Werbetext vorstellen: "... den Anschluß an das Weltniveauzu erreicht zu haben...".
Gruß Michael
Nachsatz: Alle Betreiber von HAMEG- oder Tektronix-Geräten werden sich möglicherweise verwundert oder achselzuckend oder grinsend fragen, warum ich so ein Bohei um diesen Oszillografen mache. Da bitte ich um Verständnis: Manches muß eben erst einfach "ankommen", um es kennen- und schätzen zu lernen.