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Normale Version: V. I. P. - Hans Flesch - Der Arzt, der den Rundfunk leben lernte
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Hans Flesch -  Der Arzt, der den Rundfunk leben lernte


Die Ära der Weimarer Rundfunkpioniere mit Hans Bredow, Kurt Magnus und Alfred Braun wäre ohne den
Namen Hans Flesch um eine bedeutende Persönlichkeit ärmer. Der praktizierende Arzt hat für die Entwicklung
des deutschen Rundfunks wertvolle Pionierarbeit geleistet.

Johannes Julius Jacob Flesch, genannt Hans Flesch wurde am 18. Dezember 1896 als Sohn des Politikers
und Sozialreformers Karl Flesch in Frankfurt/M. geboren.

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Hans Flesch (1896 - 1945)


Im Kriegsjahr 1915 meldete er sich freiwillig zum Sanitätsdienst, wovon er schwerverwundet 1918 zurückkehrte.
Er studierte darauf in Heidelberg Medizin und besuchte zur Abwechslung die Schauspielschule von Carl Ebert in
Frankfurt/M.

Nach seiner Promotion als Arzt wurde er am 1. April 1924 zum künstlerischen Leiter der "Südwestdeutschen Rundfunk-
dienst AG" berufen. Dort schrieb er das legendäre erste deutsche Hörspiel "Zauberei auf dem Sender".

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Hans Flesch 1929 am Mikrophon


Dabei nahm er spielerisch die Montagetechnik des Tonbandes vorweg, welche zu dem Zeitpunkt technisch überhaupt
noch nicht möglich war. Seine innovativen und experimentellen Methoden machten ihn bald zum fortschrittlichsten
deutschen Rundfunkleiter. Für ihn und unter seiner Leitung arbeiteten Künstler wie Bertolt Brecht, Theodor Adorno
und Paul Hindemith.

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Bertolt Brecht, Schriftsteller und
Komponist (z.B. Dreigroschenoper)



1929 wurde Flesch Intendant der "Funk-Stunde Berlin". Dort konnte er eine Reihe von anerkannten Hörspielproduktionen
verwirklichen. Dabei setzte er anstelle des reinen Live-Hörspiels auf die Verwendung des Tonbandes.


5 Minuten sehenswerte Laudatio für Hans Flesch


1932 musste er seinen Posten auf Betreiben der Nationalsozialisten aufgeben und kurz nach der Ernennung Hitlers
zum Reichskanzler (31. Januar 1933) wurde er verhaftet und mit anderen Vertretern des Weimarer Rundfunks ins
Konzentrationslager Oranienburg eingeliefert.

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KZ Oranienburg, 2. von rechts Hans Flesch


Der "Reichs-Rundfunk-Prozess", bei dem die Spitzen des "Systemrundfunks" angeklagt wurden erbrachte trotz dubioser
juristischer Schachzüge nach 86 Prozesstagen nur geringfügige Haftstrafen für die Angeklagten. Die Strafen waren
überdies durch die Untersuchungshaft verbüßt. Hans Flesch wurde darüber hinaus als "Halbjude" mit einem Berufsverbot
als Künstler und als Arzt belegt.

1943 wurde Flesch zu Praxisvertretungen für Ärzte im Militärdienst zwangsverpflichtet. In Crossen an der Oder verwaltete
er zwei Arztpraxen. Im Januar 1945 wurde die Zivilbevölkerung von Crossen evakuiert, da die Rote Armee im Anmarsch
auf Berlin war.

Hans Flesch sah das Elend der zurück gebrachten verwundeten Soldaten und richtete in Crossen mit Unterstützung der
Wehrmacht ein Militärlazarett ein. Als "Zivilarzt in Wehrmachtsgefolge" leitete er dieses Lazarett und zog mit den zurück-
weichenden Truppen in Richtung Guben.

Im März 1945 wurde Flesch als Arzt an den "Volkssturm" überstellt. Den Volkssturm bildeten alle waffenfähigen Männer
im Alter zwischen 16 und 60 Jahren. Sie waren nur oberflächlich - oder gar nicht - ausgebildet und unzureichend bewaffnet.
Es war Hitlers letzte "Reserve".

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Ein Volkssturmmann


Hans Flesch schrieb am 1. April 1945 seinen letzten erhaltenen Brief, in dem er von einem bevorstehenden Fronteinsatz
berichtete und meldete sich auch  einige Tage später noch einmal telefonisch.

Seitdem gilt er als vermisst. Hans Flesch wurde am 31. Dezember 1945 für tot erklärt.



Wilhelm


Hier verwendete Bilder entstammen, soweit nicht anders gekennzeichnet, Wikipedia. Danke für die Bereitstellung.
Der Erfinder des Hörspiels möchte sich nochmal
in Erinnerung bringen...

Gruß
Wilhelm