Radio-Bastler-Forum (RBF)

Normale Version: SABA Lindau G Portrait
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Hersteller: SABA Villingen (Schwer und Söhne GmbH)

Schaltungsprinzip: 4-Wellen-Superhet, 9 (7) Kreise

Herstelljahr: 1971
 
Wellenbereiche: UKW 87,5 - 104 MHz, KW 5,9 - 6,25 MHz, MW 510 - 1630 kHz, LW 140 - 360 kHz

Ausstattung: Drucktasten, Tonregler, Phono-Ausgang, Ferritantenne, Faltdipol

Spannungsversorgung: Wechselstrom 220 Volt
 
Leistungsaufnahme: ca 7 Watt

Halbleiter: 2 x BF185 (BF255), 3 x BF237, BC239B, AC126, AC187 K, AC188 K 3 x AA119, OA90, BZX6.2

Abmessungen: (BxHxT) 57 x 15,5 x 16 cm , ca. 7 kg.

damaliger Preis: 228,-DM

ähnliche Typen: SABA Donau F (1969)

Das Lindau G und sein baugleiches Pendant Donau F ist in Sammlerkreisen heute eher wenig nachgefragt und wird gern als "Schüttgut" abqualifiziert, noch funktionierende Exemplare gibt es für wenig Geld. Warum es trotzdem vorgestellt wird, hat zumindest 3 Gründe:
  • viele kennen das in Massen über 5 Jahre hinweg produzierte Gerät, manch einer hängt an einem geerbten Teil und würde es gerne wiederbeleben, da zumindest noch der FM-Teil alltagstauglich ist.
  • es ist für Kenner der Röhrentechnik ein guter Einstieg in die AM/FM-Halbleitertechnik, da die Schaltung in vielen Merkmalen einer Röhrenschaltung ähnlich ist.
  • Der Einfachsuper ist noch komplett in diskreter Technik realisiert, Transistoren sind heute noch gut beschaffbar und das Chassis mit Printplatte ist bereits ab Werk gut dokumentiert.

Rundfunkjahr 1970/71

Fernsehen hatte das Radio überholt. Die Rundfunkindustrie bekommt nur mit dem Prädikat "High Fidelity" ein Bein in die Tür der anspruchsvollen Kunden. Der internationale Wettbewerb verschärft sich nach einer wirtschaftlichen Rezession in 1967/68, die auch an SABA nicht spurlos vorüberging. Deren Programm der Jahre 1969/70 unter Federführung der Konzernmutter GTE war stark dezimiert. Der aus Asien kommende Preisdruck zwang zu scharfer Kalulation der Endpreise für Massengeräte und zu rationeller Fertigung. Unter diesem Druck hatte SABA seine besten Jahre hinter sich, denen nun ein Niedergang bis in die 80er Jahre folgte.

Das G-Modell des Lindau stammt aus dieser Umbruchsphase. Nach dem Siegeszug des Transistors im Rundfunk sind die Empfangsgeräte kleiner, flacher und leichter geworden. Der erste Lindau war 1951 schon als Einstiegsgerät im Mittelformat mit oben liegendem Lautsprecher im dunklen Holz- oder Bakelitgehäuse erschienen, mit dem G-Modell wurde aus dem Lindau ein leichtes Regalradio im sog. skandinavischen Design von nur 15 cm Höhe, aber beträchtlicher Breite, entweder in naturhellem Nußbaum oder weiß lackiert. Es ist das letzte Gerät dieser Serie, das noch das Etikett Made in West Germany tragen kann. Das Auslaufmodell P aus den Achtzigern hatte bereits ein asiatisches Innenleben.

Das günstig herstellbare Gehäuse ist aus furnierter Spanplatte. Das Skalenglas ausgenommen, ist die Front komplett aus Kunststoff gepreßt, die Bedienknöpfe und Drucktasten mit Alu-Hülsen. Unter der Skala sind 5 Drucktasten für die Kanalwahl angeordnet. Mit dem rechten Drehknopf erfolgt die Senderwahl - leider zu klein, ohne Schwung nur mühsam zu drehen. Wie ein Hinweis auf das Spardiktat in der Geräteentwicklung wirken die bunten, verschiebbaren Plastikmarken, mit denen sich die Empfangsstellen schneller auffinden lassen sollen. Rückseitig gibt es nur einen DIN-Anschluss für Phonogeräte sowie Anschlüsse für externe Antennen. Eine Wechselspannungsumschaltung ist nicht vorgesehen. Auch einen Anschluß für einen externen Lautsprecher sucht man vergebens. Dagegen sind Faltdipol und fest montierte Ferritantenne vorhanden.

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Gehäuse

Die Gehäuse dieses über 50 Jahre alten Geräts befinden sich meist noch in einem guten Zustand. Häufig sind die Skalenreiter verlorengegangen, weil sie mit der Zeit ihren grip verloren haben. Ausgesprochen häufig ist eine verformte Skalenbeschriftung als Folge ungünstiger Lagerungsbedingungen festzustellen, so wie bei dem gezeigten Gerät.

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Diese Bauform mit separatem Abteil für den Lautsprecher war auch für die höherwertigen SABA Modelle des Rundfunkjahrs 1970/71 bestimmend.

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Chassis

Das Chassis bildet ein Metallrahmen aus Dünnblech, der die rechteckige Hauptplatine umfasst und an dem die Skala vorn und rückseitig die Ferritantenne montiert sind. Die UKW-Tunerbaugruppe ist links auf dem Drehko angebracht, der kleine Netztrafo seitlich rechts montiert. Auf der Hauptplatine ist ein Röhrensockel sichtbar. Hier fehlt keine Röhre, es handelt sich um die bei SABA übliche Meßbuchse für den FM-Abgleich (X,Y am Ratiodetektor).

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Wie man erkennen kann, stammen die Komponenten dieses Geräts noch aus westdeutscher Produktion. Die Transistoren für die HF-Baugruppen befinden sich übrigens unzugänglich, aber abgeschirmt unter den Filterhauben. Ein etwaiger Austausch der Transistoren iwird dadurch umständlich.

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Die robuste Printplatte ist mit Bauteilbestückung ebenfalls im Service Manual abgebildet. Originell gelöst ist die Platinenbefestigung  mittels angelöteter Stege, die die Platine an Massekontakten fixieren. Scheut man sich nicht, sie alle abzulöten, wird die Platine herausnehmbar, was den Austausch von Teilen erleichtert.

Schaltung

FM-Tuner

Die Tunerschaltung ist vor allem interessant wegen ihrer Ähnlichkeit mit Röhrentunern und soll deshalb etwas detaillierter beschrieben werden.

Das zweistufige UKW-Eingangsteil ist mit den um 1970 aktuellen Silizium-HF-Transistoren BF185 bestückt, die noch heute erhältlich sind. Als UKW-Verstärker bzw. Oszillator arbeitet dieser Transistor bei 100 MHz an seiner Grenzfrequenz. Der Nachfolgetyp BF255 ist wesentlich leistungsfähiger und am oberen UKW-Bandende noch nicht ausgereizt.

Sowohl der Eingangsverstärker als auch die selbstschwingende Mischstufe werden in Basisschaltung betrieben. Interessanterweise entspricht diese Transistorschaltung in vielen Merkmalen der Gitterbasisschaltung bei Röhrentunern mit Doppeltrioden. Auch im Transistorgerät hat die UKW-Vorstufe die bekannten Funktionen Vorselektion, Verstärkung, Verbesserung des Signal-Rauschverhältnisses und schließlich noch Minderung der Störstrahlung, die vom Oszillator an die Antenne gelangt.

Das dem asymmetrisch auf Gehäusemasse liegenden Dipol entnommene UKW-Signal wird breitbandig dem auf Mitte (94 MHz) abgestimmten Antennenvorkreis zugeführt und paßt die Dipol-Impedanz dem Eingangsverstärker an. Die Ankopplung an den Emitter der Vorstufe erfolgt über den kapazitiven Spannungsteiler C102, C103. Die Entdämpfung des Eingangskreises wird durch interne Transistorkapazität und im Fall des Oszillators durch eine zusätzliche externe Kapazität C12 bewirkt.

Die Abstimmung des FM-Tuners erfolgt mittels Zweifach-Drehko. Neben den AM-Paketen sind jeweils 2 separate Plattenpaare  für FM auf derselben Achse angeordnet.

Die Ankopplung der HF-Vorstufe an die Mischstufe erfolgt über eine kleine Koppelkapazität C112. Die Mischstufe arbeitet als selbstschwingender additiver Mischer ebenfalls in Basisschaltung. Parallel zum Abstimmdrehkondensator C108 befindet sich noch der Trimmer C121 und der Keramikkondensator C119. Dieser Kondensator wird analog zu Röhrengeräten zur Kompensation des Temperaturganges herangezogen. Weitere Schaltungsdetails (Oszillator, ZF) können hier nachgelesen werden.

Das Saba Service Manual enthält die folgende Abbildung der Tuner-Printplatte mit Bauteilnummern:

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(Quelle: Saba Service Organisation, Service Manual RF125)

Ebenfalls dort enthalten ist der Schaltplan mit Spannungs- und Stromangaben:

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(Schaltplan für Lindau G und Donau F - Quelle: Saba Service Organisation, Service Manual RF125)

Audioverstärker

Wie bei Geräten mit Germanium-Transistoren häufig, ist der positive Pol der Betriebsspannung an Gerätemasse geklemmt, mißt man also im Endverstärker gegen Gerätemasse, erhält man negative Werte angezeigt.

Die einfache NF-Endstufe ist mit 4 Transistoren als eisenloser Gegentaktverstärker mit npn-Vorstufe, pnp-Treiber und komplementären Germanium-Leistungstransistoren AC 187/188K  in der Endstufe konstruiert, d.h. die positive und negative Signalhalbwelle lässt die Endtransistoren abwechselnd leitend werden. Die Versorgung ist unsymmetrisch. Der Lautsprecher schwingt mit dem Signal auf Mittenspannung=halber Betriebsspannung (-7V-). Mit P403 ist der Ruhestrom an der Brücke am Kollektor T403 auf 5 mA einstellbar. Der NTC R450 senkt bei erhöhter Lufttemperatur die Vorspannung der Endstufe und damit Ruhestrom und Wärmeverluste. Durch seine lose Kopplung an das Kühlblech erfolgt eine träge Reaktion. Bei dem vorgestellten Modell muß man die Lautstärke nicht bis zur Hälfte aufdrehen, um dem Noname-Lautsprecher seine Grenzen aufzuzeigen. Für eine angenehm klingende Wiedergabe in Zimmerlautstärke ohne störenden Klirr reicht es, den Lautstärkeregler 30-40% aufzudrehen. Mehr ist zwar laut, aber nicht mehr wohlklingend.

Typische Fehler

Ist das Gerät starken Temperatur- und Feuchtigkeitswechseln ausgesetzt gewesen, können alle Elektrolytkondensatoren gelitten und Teile ihrer Kapazität verloren haben, auch niederohmige Exemplare sind anzutreffen.

In Foren gestellte Anfragen beziehen sich häufig auf die Themen Kein Empfang auf allen Wellen, kein Ton und Fehler in der Spannungsversorgung.  SABA lieferte zu dem Modell ein ausführliches Service Manual. Für die Fehlersuche bei fehlendem Empfang oder fehlendem Ton ist es ein guter Einstieg, die dort angegebenen Spannungswerte mit denen des Prüflings zu vergleichen. Fehlerursachen sind damit oft einfach zu erkennen und zu beheben.

Abschließende Bemerkung zur Betriebssicherheit

Man kann es mit dem Austausch definitiv defekter Teile belassen, wenn dadurch die Funktionalität wiederhergestellt werden kann. Soll das alltagstaugliche Gerät aber öfter genutzt werden, empfiehlt es sich, a l l e Elektrolyt-Kondensatoren des Geräts, gleich welchen Herstellers, auszutauschen, auch wenn aktuell noch brauchbare Werte gemessen werden. Insbesondere bei vorangegangenen ungünstigen Lagerungsbedingungen (Temperaturwechsel kalt - heiß und feucht) wächst die Gefahr des Ausfalls. Beläßt man die noch brauchbaren Originalteile, besteht immer das Risiko des kurzzeitigen Versagens, oft mit den beschriebenen Folgeschäden. Insbesondere die folgenden Ausfallkandidaten sollten deshalb vorbeugend ersetzt werden: C601 - C603, C403, C406, C408 - C409, C302, C14, C16, C392. Die eingebauten Folienkondensatoren sind noch alle in Ordnung.

Bei Interesse an weiteren Details und Problemlösungen verweise ich auf den Punkt Inbetriebnahme meiner Seite SABA Lindau G -Wartung-
Hallo lieber Karl-Heinz,

Du hast hier eine schöne Darstellung des Gerätes gebracht. Auch die Beschreibung der Fehlerquellen, in Verbindung mit den technischen Manuals, hast Du sehr gut gemacht. Das wird sicher manch einem Neueinsteiger eine gute Hilfe bei der Reparatur eines solchen Transistor-Gerätes sein.