Radio-Bastler-Forum (RBF)

Normale Version: Restaurierung eines Bändchenmikrofons
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vor einiger Zeit bekam ich Teile von einem Bändchenmikrofon aus den 30er Jahren.
Es handelt sich um das Siemens "SM3" das auch als Telefunken "Ela M25" vertrieben wurde.
Das Bändchenmikrofon ist ein dynamisches Mikrofon, bei dem sich ein elektrischer Leiter in Form eines hauchdünnen Aluminiumbändchens angeregt durch Schallwellen in einem Magnetspalt bewegt.
Dieses Aluminiumbändchen ist bei dem SM3 2mm breit, 55mm lang und ca. 15µm dick.
Im Gegensatz zu einem Tauchspulenmikrofon, bei dem sich viele Windungen im Magnetfeld bewegen, erzeugt dieses Bändchen trotz des starken Magnetfeldes eines riesigen Magneten einen etwa 1000 mal geringeren Ausgangspegel.
Für den interessierten Leser gibt es im Internet viele Informationen zu Geschichte, Vorteilen und Nachteilen des Bändchenmikrofones, weshalb ich hier mit dem Restaurationsbericht fortfahre.

Dies sind die Teile, wie sie mir im Urzustand angeboten wurden.

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Hier erst einmal ein historisches Katalogbild, dass mir als Vorlage für die weiteren Arbeiten diente.

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Und hier präsentiere ich schon einmal das Endergebnis.

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Das Mikrofon war wohl mal heruntergefallen, deshalb musste ich Einiges richten, die seitlichen Pertinaxstreifen nachfertigen und den Ausbruch an der Kabeltülle mit einem Gemisch aus Epoxydharz und Aluminiumpulver anmodellieren.

Dann habe ich an Hand des Katalogbildes und Fotos aus dem Internet Fuß, Haltebügel und Telefunken-Schriftzug mit einem CAD-System konstruiert. Fuß und Schriftzug habe ich von einem CNC-Dienstleister herstellen lassen.

Nun weiter zum Innenleben. Auf Grund des geringen Signalpegels befindet sich im Innenraum des Ringmagneten in Filz eingebettet ein 1:20 NF-Übertager mit einer Ausgangsimpedanz von 200Ohm. Die Primärwicklung liegt oben und besteht aus einer Lage von zwei parallel geschalteten Litzen mit je 0,75mm² Querschnitt.

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Ein frontseitiger Einsatz aus Aluminium trägt die Polschuhe, die einen ca. 3,5 bis 4mm breiten Luftspalt bilden und zwei nichtmagnetische Profile, die in einem schmalen Spalt zum filzgefüllten Innenraum enden und einen akustischen Hochpass bilden sollen.
Das Gehäuse hat auch noch weitere Kammern und Kanäle, die jeweils für einen bestimmten Frequenzbereich optimiert wurden, mit dem Ziel, den Gesamtfrequenzgang so weit wie möglich zu linearisieren. Nachlesen kann man die Details in der Siemens Patentschrift von 1930, aus der ich hier die Funktionsskizze zeige.

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Der schwierigste Teil war die Herstellung des Bändchens. Zum Glück waren noch Schnipsel vorhanden, von denen ich die Dicke mit einer Mikrometermessschraube abnehmen konnte. Das Alubändchen muss wie eine Zieharmonika geprägt und leicht gestrafft in die Halterung eingeklemmt werden.
Unter unseren Küchenutensilien befand sich eine Rolle Alufolie, die genau die erforderlichen 15µm Dicke hatte.
Mit der Papierschere habe ich davon 2mm breite Streifen geschnitten, mit drei Pattexpunkten an Anfang Mitte und Ende auf einen Papierstreifen fixiert und einen weiteren Papierstreifen aufgelegt.

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Dann habe ich eine Vorrichtung zum Fiedern (seitlichem Schlitzen) von Trafo-Isolierstreifen dahingehend umgerüstet, dass die zwei gezackten Räder übereinanderstanden. So konnte ich den, in Papierstreifen geschützten Alustreifen entsprechend prägen.

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Sehr viel Fingerspitzengefühl erforderte das Einlegen und Spannen des Bändchens in der Aufnahme. Bei den ersten Versuchen war das Bändchen nicht straff genug und führte bei tiefen Tönen zu starkem Blubbern. Nach mehreren Versuchen habe ich dann ein Optimum gefunden.

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Wichtig ist, das Bändchen möglichst mittig im Magnetspalt zu positionieren.

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Für die Funktionstests habe ich den original zugehörigen Mikrofonverstärker Ela V101/1 am Ausgang mit einem zusätzlichen 0,22µF Koppelkondensator versehen und an den Mikrofon-Eingang des PC angeschlossen. Mit der Freeware Audacity konnte ich dann Aufnahmen machen und die Signalqualität abschätzen.

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Gern würde ich den Röhrenverstärker mit Anoden- und Heizbatterie durch einen platzsparenden Vorverstärker mit Operationsverstärkern ersetzen. Für Bändchenmikrofone wird eine rauscharme Verstärkung von etwa 60dB benötigt. Ich habe einige OPA134 im Bestand, bisher allerdings noch keine passende Schaltung gefunden.
Hallo Gerald,

... erstklassige Arbeit und ein großartiger Bericht - Hut ab!!!

Gruß Horst
Tolle und filigrane Arbeit, meinen Respekt Smiley20
Das ist wieder eine sehr gelungene Arbeit von Dir und ganz hervorragend hier veranschaulicht. Vielen Dank dafür! Smiley20
Hallo, Gerald,
Was du nicht kannst! Respekt und Hut ab! Vielen Dank für den tollen Bericht über eine einmalige Arbeit!
Hallo Gerald,

was für eine tolle Arbeit! Wer Dich kennt, weiß was Du kannst. Das Mikrophon ist wirklich sehr schön geworden. Man kennt das ja von alten Aufnahmen. Dann noch funktionsfähig. Einfach toll!
Mikrofon-Vorverstärker mit OPV

Wie bereits oben geschrieben, wollte ich einen kleinen, handlichen Vorverstärker für das Bändchenmikrofon herstellen.
Zur Verfügung stand mir der relativ rauscharme OPA134. Da ich über keine Erfahrungen in der Dimensionierung von Mikrofonverstärkern verfüge, habe ich mich erst einmal im Internet belesen. Allerdings war ich hinterher genauso unwissend wie vorher.
So nutzte ich "MUP", die "Methode des unbekümmerten Probierens"
Heraus kam dann die nachfolgende Schaltung.

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Das vorgestellte Mikrofon besitzt mit dem eingebauten 1:20 Übertrager eine Ausgangsimpedanz von 200Ohm. Zur Verbindung mit dem Verstärker verwende ich ein 4m langes, hochwertiges, geschirmtes Mikrofonkabel.
Trotzdem fange ich mir ein relativ starkes 50Hz Brummen ein, das definitiv nicht von der Stromversorgung kommt.
Mehrfach habe ich gelesen, dass der Eingangswiderstand etwa 5 bis 10 mal größer als die Ausgangsimpedanz des dynamischen Mikrofons sein soll. Dies ist eigentlich durch den 2,2kOhm Widerstand am nichtinvertierenden Eingang des OPV gegeben. Nach Einfügung des 220Ohm Widerstandes parallel zum Eingang verringerte sich das Störgeräusch erheblich, war aber noch immer vorhanden.
Als ich dann das Mikrofon zufällig einen halben Meter auf dem Tisch verschoben und etwas verdreht habe, war nur noch ein leichtes Rauschen zu hören. Keine Ahnung was sich diese hochempfindliche Kombination aus Mikrofon und Verstärker da einfängt.
... Alle Heimelektronik aus, kein Standby, Beleuchtung aus, Computer im Nebenraum ...

Nachdem ich mit meinem Verstärker einigermaßen zufrieden war, bekam er ein kleines Stahlblechgehäuse.
Ausgangsbasis war ein Parallelportumschalter, den ich vor vielen Jahren vor der Verschrottung gerettet habe.

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Die Schlitze der 25-poligen Buchsen habe ich mit einem Blech abgedeckt und frontseitig Durchbrüche für XLR-Buchsen und Netzschalter eingebracht. Das Ganze dann mattschwarz lackiert.

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Die Drahtbrücke zwischen den Gehäusen der XLR-Buchsen auf dem Foto habe ich wieder entfernt, da die Buchsen bereits über das Blechgehäuse elektrisch verbunden sind.

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Der Mikrofonverstärker hatte ein seltsames Verhalten. Zu einem Restbrummen wärend des Besprechens des Mikrofones, kam es in den Pausen jeweils zu einem an- und abschwellenden stärkeren Brummton. Mit dem Oszilloskop stellte ich dan fest, dass der OPA134 fröhlich schwingt. Dies konnte ich ihm auch mit zusätzlichen Stützkondensatoren, Parallelkondensator im Gegenkopplungszweig und stärkerer Gegenkopplung nicht abgewöhnen.
Abhilfe schaffte dann ein anderer OPV vom Typ TL071.
Das verbliebene schwache Brummen konnte ich durch eine zusätzliche Stabilisierung der Betriebsspannung mit einer 24V Z-Diode und einem Tiefpass mit 1kOhm und 220µF in der Plusleitung weiter reduzieren.

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