09.09.2018, 23:21
Hallo liebe Radiofreunde,
unser Forumsmitglied Daniel (Siemens78) hat für mich einen U-Matic Player vor dem Bauhof gerettet - vielen Dank nochmal dafür! Das U-Matic Format war in den 70 Jahren verbreitet. Es verwendet 3/4" Bänder in Kassetten mit ca. 1h Spieldauer. Das Gerät in diesem Thread hatte in den 70er Jahren einen Preis von ca. $1600. Es handelt sich um ein Multinormgerät das Bänder mit 50Hz also PAL und SECAM abspielen kann aber auch solche mit 60Hz im NTSC Format.
Es handelt sich hier um ein sogenanntes "Low Band" Gerät des frühen U-Matic Standards. Später gab es dann noch die "High Band" Geräte die mehr Luminanzbandbreite hatten. High Band Kassetten können nicht auf Low Band Maschinen abgespielt werden.
U-Matic verwendet wie VHS das "Color Under" Verfahren. Die Luminanz (also das Schwarz/Weiß Bild) wird frequenzmoduliert im Bereich von ca. 1MHz-5MHz aufgezeichnet. Die Chrominanz also die Farbinformation wird durch Mischen mit einem Träger auf einen Frequenzbereich um 700kHz herunter gemischt. Dieses Farbsignal wird dann sozusagen unter den Frequenzen des Luminanzsignals aufgezeichnet, deshalb die Bezeichnung "Color under".
Kleiner sentimentaler Einschub...
Die Maschine hier wollte ich auch deshalb haben, weil es sich um ein JVC Gerät handelt. Mit diesem Unternehmen bei dem ich seit ca. 27 Jahren beschäftigt bin verbindet mich einiges. Mein erster Videorecorder den ich je repariert habe war ein JVC HR3300 VHS Gerät. Damals war ich 15 Jahre alt und wohnte im Irak - dort gab es niemanden der Videorecorder reparieren konnte. Eine Tante die bei einem Englischen Unternehmen dort arbeitete brachte mir das Gerät und fragte ob ich es instand setzen könnte. Ich verlangte ein Service Manual und studierte das zwei Wochen lang. Dann gelang mir die Reparatur der HR3300 in diesem Fall war lediglich die Lampe im Kassettenfach defekt - Kenner der Materie wissen was das bedeutet. Die nächste Maschine die ich von meiner Tante bekam war schon schwieriger bei dieser hatte jemand versucht die Videoköpfe mit einer Zahnbürste zu reinigen. Das Resultat war ein abgebrochener Kopf. Hier musste also eine neue Kopftrommel eingebaut werden. Diese wurde in England bestellt und auch diese Reparatur gelang mir. Danach folgten noch einige weitere Geräte...und mein "Taschengeld" wuchs und wuchs... All das war lange vor meinem Eintritt in das Unternehmen JVC - Vielleicht passieren manche Dinge im Leben halt doch nicht zufällig...
Aber zurück zur CP-5060. Das Gerät ist sehr servicefreundlich aufgebaut. Nachdem ich unten vier Schrauben gelöst hatte konnte das gesamte Chassis aus dem Gehäuse entnommen werden. Um besser an die Mechanik zu gelangen entfernte ich noch den Kassettenschacht durch lösen weiterer vier Schrauben die diesen mit dem Hauptchassis verbinden. Nun konnte ich an alle relevanten Stellen gelangen und die Maschine inspizieren.
Die Maschine verwendet eine U-Umschlingung um das Band zu laden. Damit der Mechanismus auch ohne Band arbeitet muss die Präsenz einer Kassette simuliert werden, dazu ist der Kassettenfach-Ladeschalter zu drücken und eine Lichtschranke im Bandlauf zu blockieren. Dann ist die Maschine der Meinung sie hätte eine Kassette im Fach und fädelt das nicht vorhandene Band ein. Solche Tests sind sehr empfehlenswert um die wertvollen U-Maticbänder nicht zu gefährden!
In meinem Fall weigerte sich die Maschine zunächst den Fädelmechanismus zu aktivieren. Nach ein paar manuellen "Anschüben" ging es dann doch. allerdings funktioniert es nicht immer, hier muss ich nochmal nachprüfen warum. Es könnte ein toter Punkt des Fädelmotors sein oder einfach verharztes Öl an den Zahnrädern.
Die Maschine war innen sehr gut erhalten und auch die Köpfe waren zumindest nach einer visuellen Begutachtung mit meinem USB Mikroskop intakt. Allerdings war eine Gummirolle am "Idler" -Das ist der mittig angeordnete Antrieb der Bandwickelteller- zu "Gummimatsch" geworden, weshalb die Maschine nicht richtig transportierte. Zum Glück konnte ich nach der Reinigung dieses Teils einen Neuen Gummi aus dem Sanitärbereich aufziehen der sehr gut funktionierte. Hier ein paar Bilder der Reparatur:
Hier das Bild von gereinigten Idler
und hier der selbe Idler mit neuen Gummis
Dann inspizierte ich das Laufwerk von unten. Mir fiel ein Rad auf dessen Gummibelag auch sehr mitgenommen schien. Leider war dieses hinter dem Capstan-Schwungrad montiert, so dass ich dieses erst einmal ausbauen musste:
Hier das Bild vom Laufwerk von unten
Es stellte sich heraus, dass das vermeintliche Rad ein Exzenter war dessen Aufgabe es ist die Andruckrolle nach dem Laden des Bandes zu fixieren. Er wird von einem Ritzel auf der Capstanwelle angetrieben. Der Gummibelag war in einem desolaten Zustand:
Hier ein Bild des Exzenters im Gerät
Zunächst reinigte ich den Exzenter indem ich den alten Belag mit einem Teppichmesser abschabte.
Excenter_Gereinigt.jpg (Größe: 77,91 KB / Downloads: 823)
Nach Abschaben des alten Gummibelags
Dann suchte ich nach einem passenden Gummiriemen. Ich fand einen der mit viel Kraft auf das Exzenter Rad aufgezogen werden konnte. Hier das Resultat:
Mit neu aufgezogenem Gummi
Ich setzte eine U-Matic Kassette ein (ja ich besitze sowas) und probierte "FF" "REW" Das Band fing an sich behäbig zu drehen und alles schien OK. Nun drückte ich "Play" und das Band fädelte wenn auch mit Mühe ein.
Laufwerk mit geladener Kassette
Zu meiner großen Freude zeigte der angeschlossene Monitor auch sogleich ein Bild. Aufgrund der großen Spurbreite und der hohen Relativgeschwindigkeit bedingt durch die riesige Kopftrommel ist das U-Matic Bild sehr sauber und für damalige Verhältnisse als exzellent zu bezeichnen. Hier ein paar Bilder die ich vom Monitor abphotographiert habe:
Testbild von U-Matic
Realbild von U-Matic Kassette
Beide Bilder geben nur annähernd die Qualität wieder, da das Photo Moire Strukturen aufweist und aufgrund der Bildwiederholrate flackerte. Real sieht es viel besser aus.
Was mich besonders freut ist, dass die Maschine nach über 40 Jahren noch elektronisch einwandfrei funktioniert und auch die Bänder noch abspielbar sind. Das ist keine Selbstverständlichkeit!
Ich werde nun noch prüfen warum der Fädelmechanismus ab und zu zickt und der Maschine noch einen Modulator einbauen. Sie hat dafür extra einen Schacht. Ich muss mal in meinen Beständen "wühlen" ich glaube mich zu erinnern einen passenden Modulator zu besitzen...
Fortsetzung folgt...
unser Forumsmitglied Daniel (Siemens78) hat für mich einen U-Matic Player vor dem Bauhof gerettet - vielen Dank nochmal dafür! Das U-Matic Format war in den 70 Jahren verbreitet. Es verwendet 3/4" Bänder in Kassetten mit ca. 1h Spieldauer. Das Gerät in diesem Thread hatte in den 70er Jahren einen Preis von ca. $1600. Es handelt sich um ein Multinormgerät das Bänder mit 50Hz also PAL und SECAM abspielen kann aber auch solche mit 60Hz im NTSC Format.
Es handelt sich hier um ein sogenanntes "Low Band" Gerät des frühen U-Matic Standards. Später gab es dann noch die "High Band" Geräte die mehr Luminanzbandbreite hatten. High Band Kassetten können nicht auf Low Band Maschinen abgespielt werden.
U-Matic verwendet wie VHS das "Color Under" Verfahren. Die Luminanz (also das Schwarz/Weiß Bild) wird frequenzmoduliert im Bereich von ca. 1MHz-5MHz aufgezeichnet. Die Chrominanz also die Farbinformation wird durch Mischen mit einem Träger auf einen Frequenzbereich um 700kHz herunter gemischt. Dieses Farbsignal wird dann sozusagen unter den Frequenzen des Luminanzsignals aufgezeichnet, deshalb die Bezeichnung "Color under".
Kleiner sentimentaler Einschub...
Die Maschine hier wollte ich auch deshalb haben, weil es sich um ein JVC Gerät handelt. Mit diesem Unternehmen bei dem ich seit ca. 27 Jahren beschäftigt bin verbindet mich einiges. Mein erster Videorecorder den ich je repariert habe war ein JVC HR3300 VHS Gerät. Damals war ich 15 Jahre alt und wohnte im Irak - dort gab es niemanden der Videorecorder reparieren konnte. Eine Tante die bei einem Englischen Unternehmen dort arbeitete brachte mir das Gerät und fragte ob ich es instand setzen könnte. Ich verlangte ein Service Manual und studierte das zwei Wochen lang. Dann gelang mir die Reparatur der HR3300 in diesem Fall war lediglich die Lampe im Kassettenfach defekt - Kenner der Materie wissen was das bedeutet. Die nächste Maschine die ich von meiner Tante bekam war schon schwieriger bei dieser hatte jemand versucht die Videoköpfe mit einer Zahnbürste zu reinigen. Das Resultat war ein abgebrochener Kopf. Hier musste also eine neue Kopftrommel eingebaut werden. Diese wurde in England bestellt und auch diese Reparatur gelang mir. Danach folgten noch einige weitere Geräte...und mein "Taschengeld" wuchs und wuchs... All das war lange vor meinem Eintritt in das Unternehmen JVC - Vielleicht passieren manche Dinge im Leben halt doch nicht zufällig...
Aber zurück zur CP-5060. Das Gerät ist sehr servicefreundlich aufgebaut. Nachdem ich unten vier Schrauben gelöst hatte konnte das gesamte Chassis aus dem Gehäuse entnommen werden. Um besser an die Mechanik zu gelangen entfernte ich noch den Kassettenschacht durch lösen weiterer vier Schrauben die diesen mit dem Hauptchassis verbinden. Nun konnte ich an alle relevanten Stellen gelangen und die Maschine inspizieren.
Die Maschine verwendet eine U-Umschlingung um das Band zu laden. Damit der Mechanismus auch ohne Band arbeitet muss die Präsenz einer Kassette simuliert werden, dazu ist der Kassettenfach-Ladeschalter zu drücken und eine Lichtschranke im Bandlauf zu blockieren. Dann ist die Maschine der Meinung sie hätte eine Kassette im Fach und fädelt das nicht vorhandene Band ein. Solche Tests sind sehr empfehlenswert um die wertvollen U-Maticbänder nicht zu gefährden!
In meinem Fall weigerte sich die Maschine zunächst den Fädelmechanismus zu aktivieren. Nach ein paar manuellen "Anschüben" ging es dann doch. allerdings funktioniert es nicht immer, hier muss ich nochmal nachprüfen warum. Es könnte ein toter Punkt des Fädelmotors sein oder einfach verharztes Öl an den Zahnrädern.
Die Maschine war innen sehr gut erhalten und auch die Köpfe waren zumindest nach einer visuellen Begutachtung mit meinem USB Mikroskop intakt. Allerdings war eine Gummirolle am "Idler" -Das ist der mittig angeordnete Antrieb der Bandwickelteller- zu "Gummimatsch" geworden, weshalb die Maschine nicht richtig transportierte. Zum Glück konnte ich nach der Reinigung dieses Teils einen Neuen Gummi aus dem Sanitärbereich aufziehen der sehr gut funktionierte. Hier ein paar Bilder der Reparatur:
Hier das Bild von gereinigten Idler
und hier der selbe Idler mit neuen Gummis
Dann inspizierte ich das Laufwerk von unten. Mir fiel ein Rad auf dessen Gummibelag auch sehr mitgenommen schien. Leider war dieses hinter dem Capstan-Schwungrad montiert, so dass ich dieses erst einmal ausbauen musste:
Hier das Bild vom Laufwerk von unten
Es stellte sich heraus, dass das vermeintliche Rad ein Exzenter war dessen Aufgabe es ist die Andruckrolle nach dem Laden des Bandes zu fixieren. Er wird von einem Ritzel auf der Capstanwelle angetrieben. Der Gummibelag war in einem desolaten Zustand:
Hier ein Bild des Exzenters im Gerät
Zunächst reinigte ich den Exzenter indem ich den alten Belag mit einem Teppichmesser abschabte.
Excenter_Gereinigt.jpg (Größe: 77,91 KB / Downloads: 823)
Nach Abschaben des alten Gummibelags
Dann suchte ich nach einem passenden Gummiriemen. Ich fand einen der mit viel Kraft auf das Exzenter Rad aufgezogen werden konnte. Hier das Resultat:
Mit neu aufgezogenem Gummi
Ich setzte eine U-Matic Kassette ein (ja ich besitze sowas) und probierte "FF" "REW" Das Band fing an sich behäbig zu drehen und alles schien OK. Nun drückte ich "Play" und das Band fädelte wenn auch mit Mühe ein.
Laufwerk mit geladener Kassette
Zu meiner großen Freude zeigte der angeschlossene Monitor auch sogleich ein Bild. Aufgrund der großen Spurbreite und der hohen Relativgeschwindigkeit bedingt durch die riesige Kopftrommel ist das U-Matic Bild sehr sauber und für damalige Verhältnisse als exzellent zu bezeichnen. Hier ein paar Bilder die ich vom Monitor abphotographiert habe:
Testbild von U-Matic
Realbild von U-Matic Kassette
Beide Bilder geben nur annähernd die Qualität wieder, da das Photo Moire Strukturen aufweist und aufgrund der Bildwiederholrate flackerte. Real sieht es viel besser aus.
Was mich besonders freut ist, dass die Maschine nach über 40 Jahren noch elektronisch einwandfrei funktioniert und auch die Bänder noch abspielbar sind. Das ist keine Selbstverständlichkeit!
Ich werde nun noch prüfen warum der Fädelmechanismus ab und zu zickt und der Maschine noch einen Modulator einbauen. Sie hat dafür extra einen Schacht. Ich muss mal in meinen Beständen "wühlen" ich glaube mich zu erinnern einen passenden Modulator zu besitzen...
Fortsetzung folgt...
Viele Grüße
Semir
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"Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer der wußte das nicht, und hat es gemacht."
(Prof. Hilbert Meyer, Uni Oldenburg)
Semir
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"Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer der wußte das nicht, und hat es gemacht."
(Prof. Hilbert Meyer, Uni Oldenburg)