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Siemens 82W - Mars
#1
Hallo Freunde,

mein guter Freund Michel (JoBa) setzte sich mit mir in Verbindung: "Ich habe da noch so einen Siemens-Mars, den werde ich wohl zerlegen müssen. Kannst Du den gebrauchen?"

Ja, an sich nicht. Wer schon mal hier bei uns war, wird das bestätigen. Es ist absolut kein Platz mehr vorhanden. Aber... zerlegen? Nein, das konnte ich nicht zu lassen. Also, ich brauchte das Radio! Michel schickte es an mich. Der erste Eindruck: Oh, was ein mit genommenes Gehäuse! Die Skala im linken Bereich unleserlich. Das Chassis hat Flugrost. Der Lautsprecher bedarf einer Überholung. Das größte Problem stellen die beiden gerissenen Rundungen unterhalb des Gehäuses dar.

Für eine Überholung des Gerätes entschied ich mich auch, weil ich hier mal wieder einige Tips für eine Restaurierung geben möchte.

Geräte dieser Bauform sind nicht gerade begehrt. Es sind die Standardsuper des 3. Reiches. Gut durchkonstruiert. Massenhaft hergestellt. Man kann fast sagen, es gibt noch zu viele davon. Obwohl von diesen Geräten bereits viele durch die Lautsprechermafia vernichtet wurden. Allerdings habe ich das Gefühl, dass dieser Trend auch nach läßt.

Dieses Gerät ist mit den nachfolgenden Röhren bestückt: 1 x ACH1, 1 x AF3, 1 x ABC1, 1 x AL4  und als Gleichrichterröhre wurde eine AZ1 verbaut.
Als ein Gerät des Baujahres 1938-1939 wird sich mancher wundern - sind da noch keine Stahlröhren verbaut? Nein! Die Geräte des Baujahrs
1938 wurden zwar mitunter in Stahlröhren-Bestückung geliefert. Allerdings trifft das nur auf die hochpreisigen Geräte, ab 250 RM,  zu. Später ist man dann nach und nach auf Stahlröhrenbestückung umgestiegen.

Mir sind diese Siemens-Geräte als leistungsfähig und, bedingt durch die Gehäusekonstruktion, mit einem schönen Klang bekannt.
Das Radio besitzt eine Bandbreitenreglung und auch der Lautsprecher, der übrigens bei Siemens, Telefunken und AEG anzutreffen ist, ist sehr leistungsfähig.

Natürlich wurde als Erstes mit dem Gehäusezustand experimentiert. Michel war sich im klaren darüber, dass das Gehäuse neu lackiert werden muss. Braucht es aber nicht. Nach der üblichen Reinigungsprozedur mit "Bref" sollte mal etwas Neues erfolgen. Das gesamte Gehäuse wurde reichlich mit Teaköl eingerieben. Diese Siemens Geräte besitzen einen etwas porigen Lack. Er ist also nicht hoch glänzend. Dadurch kann das Teaköl schön in die Holzporen eindringen. Das Holz wird gepflegt und die Poren gleichzeitig versiegelt.


Das Gehäuse hat auf der Oberfläche leider mehrere Schrammen und Striemen im Lack. Hierzu kommen wir dann später.

Die gerissenen Rundungen werden mit verdünntem Holzleim aus der Injektionsspritze versehen und werden dann mit Schraubzwingen verpreßt. Überstände werden mit feiner Stahlwolle entfernt. Ob man dann noch spachteln muss, zeigt sich. Die umlaufenden hellen Holzleisten sind angeschliffen. Sie werden nur mit Schellack-Politur bearbeitet.

Was macht man mit der Skala? Was hier fehlt, ist lediglich die weiße Schrift. Die Städtenamen sind hier abgeblättert. Die Buchstaben sind aber auf dem dunklen Hintergrund vorhanden. Nur eben transparent. Man benötigt also eine weiße Farbe, die den Skalenhintergrund   n i c h t   anlöst. Ich werde hier Kreidefarbe in weiß verwenden. So etwas hatte ich schon für die Bearbeitung meines Skalenrades vom DKE verwendet. Danach wird lösungsmittelfreier Klarlack von hinten auf die Skalenscheibe gesprüht, um den Druck haltbar zu machen.

Das Chassis wird nur gereinigt. Flugrost wird, so gut es geht, mit feiner Stahlwolle entfernt. Danach wird das Chassis mit Leinöl-Firness versiegelt. Man sieht im Inneren des Gerätes den Skalenhintergrund. Es handelt sich um steifes, etwas dickeres, beiges Papier. So etwas habe ich mir bestellt als "Bastelpapier". Aus so etwas werden Glückwunschkarten gebastelt.

Der Lautsprecher muss überprüft werden (Durchgang der Feldspule). Danach wird vorsichtig die Membrane entfernt. Der Rost muss pfleglich entfernt werden. Danach wird mit Zinkspray silber gearbeitet.

Das Radio bedarf einer gründlichen Revision. Der Lautstärkenregler schaltet nicht mehr, muss also folglich ersetzt werden. Der Seilantrieb des Drehkos ist gerissen. Auch der muss ersetzt werden.

Ihr seht, ganz schön viel Arbeit für solch ein Querformat-Radio - abfällig Brikett.

Ich hatte mich letzte Nacht der Technik angenommen. Nach dem Tausch sämtlicher alter Kondensatoren und dem Verbauen von neuen Netzelkos und dem Reinigen der Topffassungen spielt das Radio an einem Prüflautsprecher sehr schön. So, wie ich das erwartet hatte.

Ihr wollt Bilder sehen - bitte:

Schade, dass ich keine Bilder vom Urzustand des Gehäuses habe. Diese Bilder entstanden nach der Holzreinigung und der Anwendung des Teaköl. Aber Achtung, das Gehäuse hat keine Lackabblätterungen!

   

   

Hier mal die links abgeblätterte Skala. Es fehlt nur die weiße Schrift.

   

Sehr unschöne Sache: Einer der beiden Gehäuserisse an den Rundungen.

   

Die Innenansicht. Der leider sehr verrostete Lautsprecher. Das Chassis hat Flugrost.

   

Das Gerät besitzt tatsächlich noch die silbernen HF-Röhren als Original. Sie besitzen alle ein Y. Leider sind die ACH1 und die ABC1 schon recht schwach.

   

Ausschlaggebend für solch eine umfangreiche Restauration ist hier, ob die Rückwand vorhanden ist.

Also bitte:

   

Ich werde diesen Bericht hier immer sporadisch weiter fort setzen.

Bilder von der instand gesetzten Technik erfolgen in Kürze.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#2
Es gab auch "goldene" Röhren mit Stempel "Y" im Siemens "Mars". Und sogar die AL4 ist mit "Y" gestempelt

   

Kurz nach der "Wende" gab es einen "Polenmarkt" auf dem Potsdamer Platz, wo heute die U-Bahn fährt und die Einfahrt vom Tunnel ist. Dort war der "Mars" günstig zu erwerben.
Eigentlich war es nur notwendig, das Gehäuse von "speckigem" Schmutz zu säubern. Das geschah unter der Brause in der Badewanne!


.jpg   Siemens_82W_Mars_Rueckwand_600.jpg (Größe: 35,17 KB / Downloads: 222)

Muß den Mars bei Gelegenheit wieder mal in Betrieb nehmen.

Dietmar
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#3
Hallo Freunde,

auch mit dem siemens-Mars ging es wieder weiter. Der Lautstärkenregler konnte ersetzt werden. Ich entschloß mich doch, die  Roststellen auf dem Chassis oberhalb zu entfernen mit  Silban unsichtbar zu machen.

Die Papiekondensatoren unter dem Chassis wurden mit "Nostalgieware" vom Volker (Antikradio) ersetzt. Der Elko war bereits ein Doppelelko. Er wurde geöffnet (Nach Verfahren "Alex"). In den Becher kamen nach gründlicher Reinigung zwei neuzeitliche Elkos. Nun wollte ich anschließend hören, was das Gerät kann. Ja, es konnte schon Recht gut. Mit Ausnahme der LW. Allerdings war die Trennschärfe auf MW nicht ganz so gut.
Zunächst wollte ich mal wissen, warum die LW nicht funktionierte. Hier hatte ich mich angeschmiert. Für mich war klar, es hapert am Oszilator. Einmal mißt man nicht und schon wechselt man den falschen Kondensator. Ich hatte nämlich den Verkürzungskondensator der LW-Spule vermutet. Tja, leider Fehlanzeige. Der Fehler lag im Eingangsbandfilter. Ein Anschluß am Spulenkörper der Gitterkreisspule war ab. nach dem Löten ging die LW sehr gut.

Nun benötigte das Gerät einen Abgleich. Ich mußte also zunächst die Skala des Gerätes ausbessern. Der Hintergrund auf der Skala ist noch intakt. Nur links ist die Kreidefarbe durch Feuchtigkeit ausgewaschen. Hier kann man durchsehen. Bei der Gelegenheit wurde aus gleich der Skalenhintergrund ersetzt.

Ich habe die Sendernamen mit besagter Kreidefarbe bestrichen. Sehr schön sieht das wieder aus. Der Seilantrieb wurde ja bereits ersetzt. Der Skalenzeiger wurde nach Markierungen auf der Skala justiert.

Nun konnte der Abgleich nach den Siemens-Vorschriften erfolgen. man muss es sagen, das Gerät empfängt wirklich wie am 1. Tag.

Hier mal ein paar Bilder:

   

Der Skalenhintergrund wurde ersetzt. Der Metallrahmen wurde mit Zinkspray silber lackiert.

Hier der Poti-Ersatz. Beim neuen ist die Achse zu kurz. Also verlängern. Potis mit defektem Netzschalter werfe ich nicht weg. Ich entferne die Schaltvorrichtung und verwende die Potis als normale Regler.

   

Die Skala wurde von hinten mit Kreidefarbe bestrichen.

   

Hier wird nun abgeglichen:

   

Die Skala sieht wieder ordentlich aus. Von vorne fällt die Ausbesserung mit Kreidefarbe nicht auf.

   

Am Wochenende wird nun das Gehäuse zusammen mit Enno's Uhrengehäue verleimt. Dafür wird Holzleim verdünnt und mit einer Injektionsspritze in die Risse gebracht und verpreßt. So muss man das mit der Leimverdünnung nur einmal machen. Ich hoffe, alles klappt.

Man kann jetzt schon sagen, dass es sich hier um ein technisch recht wertvolles Gerät handelt. Wenn das Gehäuse wieder ansehnlich ist und der Lautsprecher überholt ist, hat man wieder ein sehr schönes Radio.

Wird fortgesetzt. ..
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#4
Hallo Andreas

Die ausgereiften Radios Ende der 30er Jahre sind ja leider nicht so begehrt, durch ihre schlichte Form. Da muß man sich wohl mit der Technik beschäftigen, um zu erkennen, was das für Empfänger ist. Auch andere Modelle sind ja nicht sehr beliebt, aber stellen vom Empfang her ihre Vorgänger in den Schatten. Lorenz 200W, Mende, Nora, um nur einige zu nennen. Wenn man den Platz hätte, könnte man sich mit diesen Modellen ja für wenig Geld eine Sammlung zusammenstellen.
Übrigens ein guter Tipp mit der Kreidefarbe.
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
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#5
Mars is cool.
Gruß,
Ivan
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