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Country Belle 556
#1
Zufällig fand ich bei ebay dieses schöne und ungewöhnliche Radio, das einem alten Wandtelefon nachempfunden ist. Tatsächlich sieht es täuschend echt aus, ist aber ein US-amerikanisches Röhrenradio aus den 50er Jahren.

Frontmikrofon und Hörer sind nur Fake, aber sehr gut gemacht und in schwerem Metall ausgeführt. Das Gehäuse selbst ist aus massivem Eichenholz gefertigt.
   

   

   

An der Oberseiteseite befinden sich Abzugslöcher für die Warmluft der Röhren, die bei einem Allstromgerät bekanntermaßen ziemlich heiß werden.
   

Auf der rechten Seite befinden sich die Bedienelemente und sich mit "Volume", "Tone" und "Station" beschriftet. Die Beschriftung ist allerdings schon sehr verblasst und schlecht zu erkennen.
   

An der Unterseite befinden sich Schlitze für den Schallaustritts des Lautsprechers.
   

Hersteller: Guild Radio und Television, Inglewood, Californien (USA)
Typ: Country Belle
Modell: 556
Baujahr: 1955
Röhrenbestückung: 12BE6, 12BA6, 12AV6, 50C5, 35W4
Stromversorgung: 115V Allstrom
Wellenbereiche: Nur Mittelwelle
Bedienelemente: Lautstärkepoti und Klangpoti als Drehregler, Kurbel für die Frequenzeinstellung, Hörergabel als Netschalter
Gehäuse: Echtholz massiv
Besonderheiten: Telefonoptik, Lautsprecher an der Unterseite, Ferritantenne mit gewickelten CU-Lackdraht, Belüftungsöffnungen an den Seiten und an der Oberseite.

Der Hersteller Guild hat dieses Gerät in verschiedenen Varianten gebaut, so auch Versionen mit UKW und auch in anderen Gehäusen. Mein Gerät hat zwar nur MW, aber eigentlich ist hier auch die Optik das Wesentliche und Besondere.

Beispiele bei Rm.org:
Country Belle 556
Country Belle 665
Country Belle 6407
Country Belle Transistor
Town Crier 380-T
Teakettle

Unglücklicherweise ist beim Versand die Gabel abgebrochen, die den Hörer trägt (in drei Teile, das Material ist vermutlich vernickelter Aluminiumdruckguss). Mit dieser Gabel wird gleichzeitig über eine Wippe der Netz(druck-)schalter betätigt. Hängt man den Hörer aus, wird eingeschaltet.

   

   

Die Senderskale erinnert an Jene, die im VE301 verbaut wurden und ist nur in einem kleinen, runden Ausschnitt im Gehäuse auf der rechten Seite zu sehen. Interessant ist der Aufdruck am linken Skalenende: "Police". Hier konnte offenbar Polizeifunk empfangen werden. Die Frequenzeinstellung erfolgt mit der kleinen Kurbel.

   

Das Chassis ist mit nur 2 Schrauben im Gehäuse befestigt. Die Bedienknöpfe und die Kurbel sind nur gesteckt und können leicht abgzogen werden. Danach kann man Chassis und Lautsprecher aus dem Gehäuse herausheben.

   

   

   

Blickt man auf die Chassisunterseite, gibt es nicht viel zu sehen. Sehr einfacher Aufbau, nur wenige Kondensatoren und Widerstände.
Das Gerät verfügt über eine Ferritantenne mit gewickeltem Kupferlackdraht, zusätzlich ist ein dünner Kuperdraht durch das Gehäuse gelegt und nach außen geführtl. Hier könnte man eine Langdrahtantenne anschließen. Dieser "Wurfantenne" ist ein Tantal-Kondensator vorgeschaltet. Dieser Antennendraht, wie auch die Lautsprecherkabel sind mit Klemmspangen angeschlossen, also nicht gelötet. Das ermöglicht eine schnelle Demontage, birgt aber natürlich auch die Gefahr von Kontaktproblemen bei Korrosion.

   

Auch die Modellbezeichnung an der Frontseite des Gehäuses ist nur noch schwach zu erkennen
   

Auch eine Skalenbeleuchtung hat das Radio. Bei meinem Gerät ist die Lampe jedoch defekt. Ich kann mit der darauf gedruckten Bezeichnung nichts anfangen. Kann jemand von Euch die Werte daraus ablesen (Volt, Ampere) ?
   

Das Radio spielt grundsätzlich. Ich konnte mit kurzer Hilfsantenne 2-3 Sender empfangen, jedoch sehr stark verrauscht. Bei Volker aus Italien habe ich mir einen Satz neuer Röhren bestellt. Damit werde ich mal testen, ob hier noch Verbesserungen erreicht werden können. Die Kondensatoren habe ich noch nicht gemessen. Sollten sie nicht enorm von den Sollwerten abweichen, belasse ich sie im Gerät. Es soll ja nur zu gelegentlicher Vorführung in Betrieb genommen werden. Auch muss ein neues Skalenseil aufgelegt werden und eine Lösung für die defekte Gabel her. Da ein Bruchteil der Gabel beim Versand durch ein Loch im Kartonboden verschwunden ist, kann man es auch nicht mehr kleben.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#2
Hi Anton,
drolliges Radio und dies ist die Lampe:

Bezeichnung:

GE#44
Spannung (U) 6,3 V (Volt)
Strom (I) 0,25 A (Ampere)
Leistung (P) 1,5 W (Watt)
Fassung BA 9s
Brenndauer (Durchschnitt) 3000 Std.
Viele Grüße aus Loccum, Wolfgang

Wer niemals fragt, bekommt nicht einmal ein Nein zur Antwort.

In Memorandum 2018
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#3
Lieber Anton

hier https://www.radiomuseum.org/forum/skalen...che_s.html

als No. 44 findest Du die Lampe
mike
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#4
Was es nicht alles gab, Anton! Sehr schönes Gerät!

Ich könnte mir einen Metalkleber vorstellen für das zerbrochene Teil, es gibt doch solche Metallmodeliermasse, oder nicht??
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#5
Perfekt! Danke Euch beiden für die Infos.
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#6
(30.07.2018, 21:01)Dietmar schrieb: Ich könnte mir einen Metalkleber vorstellen für das zerbrochene Teil, es gibt doch solche Metallmodeliermasse, oder nicht??

Leider fehlt ein wichtiges Teil, daher kann man es durch Kleben nicht wieder herstellen...
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#7
Ein sehr außergewöhnlicher eBay-Fund. Solche Geräte sind schon etwas Besonderes.

Anton, du kriegst das alles wieder hin!
Immer guten Empfang und viele Grüße - Uwe
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#8
Hallo Anton,
Glückwunsch zu diesem außergewöhnlichen Stück.
Das hätte mir auch gefallen. Passt das zu Deiner Kaminuhr?

Gruß
Wilhelm
Niemandes Herr, Niemandes Knecht,
so ist es gut, so ist es recht

von Fallersleben
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#9
(30.07.2018, 21:22)Wilhelm schrieb: Das hätte mir auch gefallen. Passt das zu Deiner Kaminuhr?

Ich würde sagen ja, wobei die Kaminuhr deutlich älter ist. Aber von der Zeit her passt es zu meiner Wurlitzer 1400 von 1952.
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#10
Servus,
Mach dir mal keine Sorgen Anton, ich habe dir zu den Röhren und Elkos schon eine GE-44 beigelegt!
Gruss, Volker
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#11
Das ist ja super Volker, vielen Dank!
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Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#12
...ein schönes und kurioses Stück Anton,
das gefällt mir auch...
Viele Grüße,
Rolf
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#13
so was originelles sieht man selten!
Gruß,
Jupp
-----------------------------

was du baust ist immer mit dir verbunden
(Lego)

Einsamkeit ist nur ein Mangel an Technologie
(@beetlebum)
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#14
Hi Anton,

Dietmar schrieb: "..es gibt doch solche Metallmodeliermasse..", die kann man sogar bohren und feilen.
Viele Grüße aus Loccum, Wolfgang

Wer niemals fragt, bekommt nicht einmal ein Nein zur Antwort.

In Memorandum 2018
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#15
Hallo Anton,
wenn Du mir die Gabel schickst, kann ich einen geschlitzten Ring fertigen und an den Stumpf der Gabel anbringen. dauert nur ein bischen.
Gruß Franz
ps natürlich ume
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#16
Servus Anton,
Anbei der Schaltplan vom Radio, wie üblich bei den Amerikanern ist das ein Allstromgerät, aber nicht sehr gefährlich, da kein Netzpol am Chassis liegt. Der Netzpol liegt über den Potischalter auf einem vom Chassis isoliertem Massebus, diese Massebus ist ein einziges Mal über ein 0,1uf mit dem Chassis verbunden und gibt dem Drehko darüber den Masseanschluss. Zu erkennen an dem von den Amis verwendeten Erdzeichen, das aber auf gar keinem Fall Masse bedeutet! Also schön aufpassen beim Löten, das du da nichts verwechselst. Die horizontale Linie im Schaltbild an die auch der Ein-Aus Schalter geht ist der Massebus. Den 0,1 uf solltest du in jedem Fall ersetzen, da reicht einer mit 630V, egal welcher Typ. Auch die anderen Kos ersetzze mal, das sind alles alte Wachskos wahrscheinlich.

   
Gruss, Volker
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#17
(31.07.2018, 10:21)Franz schrieb: Hallo Anton, wenn Du mir die Gabel schickst, kann ich einen geschlitzten Ring fertigen und an den Stumpf der Gabel anbringen. dauert nur ein bischen. Gruß Franz ps natürlich ume

Danke Franz, darauf komme ich gerne zurück und melde mich dann bei Dir.

(31.07.2018, 13:21)radio-volker schrieb: Servus Anton,
Anbei der Schaltplan vom Radio, wie üblich bei den Amerikanern ist das ein Allstromgerät, aber nicht sehr gefährlich, da kein Netzpol am Chassis liegt.

Danke für den Plan Volker und für die Ausführungen. Mich hat schon gewundert, wieso ich am Chassis keine Spannung feststellen konnte, obwohl ich wusste, dass es ein Allströmer ist.

Hier auch noch eine Kundeninformation und eine Patenschrift:

   

   
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#18
Hallo, Anton,
Was Du immer findest....eh. Smile
Gruß,
Ivan
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#19
Servus,
Der Netzpol am Chassis war in den USA bummelig ab Anfang der 30-iger verboten mit den neuen UL-Vorschriften, die Verbindung an das Chassis diente der evt. Eleminierung der Brummeinstreuung oder um die definierte HF-Entkopplung (Drehko und ggf. Rahmenantenne) an das Chassis.
In Europa kümmerte das Niemanden, wenn du eine geschossen bekamst, war das dein Problem, in den USA aber nicht, bei Unfällen riskierten die Hersteller die "class act" mit Forderungen in zig Millionenhöhe, also schlugen sie sich auf die sichere Seite.
Wie man sieht, es funktionierte, nur in Europa war das allen egal. Da lies man die Leute am Chassis schmurgeln bis heute.
Gruss, Volker
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#20
In "Hawes, R.: Radio Art, Atrium, 1992" gibt es ein Bild des Country Belle.

   

MfG DR
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