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Klasse A 25W Verstärker mit Amperex 838 Senderöhre, noch eine Geschichte
#1
Servus,
Ich hatte es ja schon angedeutet, nach klein kommt gross. Vorstellen möchte ich euch Röhren, speziell Eine davon, aber es gab eine ganze Röhrenserie davon, die mit POSITIVER GITTERVORSPANNUNG arbeiteten bzw immer noch arbeiten, z. B. bei mir zu Hause. Der rasante Fortschritt in der Röhrentechnik, speziell in der Sendertechnik, führte in den 30-iger Jahren zu Leistungstrioden in NF-Modulatoren und Sendeendstufen bei Frequenzen bis etwa auf 30 Mhz. Solche Trioden Gegentakt Endstufen erreichten klaglos auch zig Kilowatt an Leistung, bevor sie dann in den 40-iger Jahren durch Tetroden bzw. Pentoden wegen des besseren Wirkungsgrades abgelöst wurden. Doch verblieb ein grosser Vorteil der alten Trioden, nämlich ihr einfacher und sehr robuster Systemaufbau sowie ihre Langzeit Lebensdauer im Betrieb. Vorwiegend in Modulatoren wurden sie sogar noch bis weit in den 40-iger Jahren verwendet, bei Amateurfunkern, bei Rundfunksendern und natürlich klar: beim Militär, hauptsächlich in der US-Navy.
Diese Trioden, positive grid tubes genannt, benötigten nicht nur eine positive Gittervorspannung sondern auch eine Gitterleistung von bis zu 3-4 Watt- Spitze, in Dauerstrichleistung in etwa 5 Watt. Ihre Anodenverlustleistung liegt zwischen 90 Watt und 110 W, natürlich bei Anodenspannungen bis zu 1250 V. Mit 2 von diesen Trioden in Gegentakt standen dann schon mal bummelige 400 Watt zur Verfügung. Nun, dagegen ist eine heutige EL34 wirklich eine Peanut Röhre oder auf deutsch eine bessere Knallerbse. Ausser den o.ä. Verwendern und Istitutionen gibt es dann auch noch solche Verrückte wie mich, die mit solchen Exoten unbedingt etwas bauen wollen. Als ich noch jünger war, baute ich viele Verstärker, aber schon bald wurden diese Lösungen mit EL84, EL34 und EL156 einfach nur langweilig und waren einfach keine Herausforderung mehr. Ein gewisser Herr Shishido in Japan faszinierte mich mit seinen Ideen, er holte aus einer dieser Trioden in Klasse A Schaltung 25W beste NF-Leistung heraus. Von EL34 und EL156 und deren Anodenspannungen von 800V war der Sprung auf 1000V Anodenspannung auch keine Herausforderung mehr, alles eine Frage des Trafos und des Gleichrichters. Aber wie brachte man diese Trioden "aus dem Knick", will heissen, wie kitzelt man dort die Leistung heraus? Nach so einigen unbefriedigenden Lösungen wie EL34 als Kathodenfolger verblieb nur noch Eines: Trafokopplung mit Zwischenübertrager, gegenphasige Polung der Wicklungen um die magnetische Sättigung des Trafokernes zu vermeiden, Plus 24 V Gittervorspannung auf das  Steuergitter der Triode, 900V-1000V Anodenspannung auf die dicke Graphitanode und die "Wuchtbrumme" feuerte bei ca 30Hz Frequenz die ersten Membranen aus den Boxen.

ZEIT DAS GEHEIMNIS ZU LÜFTEN:

   

Ich rede davon, eine 838 Triode, Heizleistung 10V 3,25A sprich 32,5W, Anodenverlustleistung 100W. Es gibt eine Schwestertriode die 805, sie hat den Anodenanschluss oben. Bauhöhe ca. 20 cm, Kolbendurchmesser 6 cm, Graphitanode, aber selbst die fängt nach 1-2 Stunden Betriebszeit leicht an zu glühen, was sie aber auch darf.

   

Das Ergebnis sieht dann so aus, seit 15 Jahren verrichtet der Verstärker brav seinen Dienst und mehr als 25W pro Kanal braucht man im Wohnzimmer ja nun wirklich nicht. Er arbeitet mit relativ gezähmten Einstelldaten, Ua 900V bei 100mA Ia, ca.3W Gitterleistung bei 24,5V Ug1, also mit Pverlust von 93W pro Röhre, Vorstufe Doppeltriode 6EM7 in kondensatorloser Loftin White Kopplung, Zwischenübertrager Lundahl, Ausgangsübertrager EI130, Netztrafo EI150, HG-Gleichrichter 2x866 mit zweifacher Einschaltverzögerung der Ua u.a. mit thermodynamischen SR12 Schaltrelais und Omron Industrierelais unter dem Chassis, die 866 mögen keine dicken Elkos, also muss man die erst einmal langsam laden.
Ich bin nun mal leicht verrückt, aber ich mag den warmen Triodenklang.

   

Auszug:
Interessant sind die Einstelldiagramme dieser Röhren, an die Angaben, wieviel Milliampere Gitterstrom diese Röhren ziehen, muss man sich erst gewöhnen und gut einlesen.

Betriebsbilder:

   

Hier wird vorgeheizt

   

Dann schalten nach ca. 1 Minute die Queckies zu

   

Und bei 900V fühlen sich dann die Trioden richtig wohl

Wie ich weiter oben bereits anmerkte und auch im 2.Beitrag zur 215A schon andeutete, blieben diese Art Trioden auch im 2. Weltkrieg von grosser Bedeutung bei der US-Navy. Sie waren das wichtige Bindeglied zwischen der Radarerfassung, den Schiffssensoren (Rollen, Stampfen, Schlingern) und den Servo-Richtmotoren der schweren Turmgeschütze. Die Überlegenheit der US-Radartechnik war ab 1942 absolut, vor allem bei der Navy. Will man ein gegnerisches Schiff treffen, vor allem nachts oder bei schlechtem Wetter, muss das Radar exakte Daten liefern, über Entfernung, Seitenwinkel, gegnerische Fahrgeschwindigkeit und Kurs also  Vorhaltewinkel der eigenen Geschütze. Zudem muss es seine eigene Daten verarbeiten: Schlingern, Stampfen, Rollen in der See des eigenen Schiffes und diese Informationen ununterbrochen an die Servomotore der Richteinrichtungen der Turmgeschütze übermitteln. Dazu brauchte man Mehrton Modulatoren, die die eingehenden Signale verarbeiteten und verstärkten. Elektromechanische Lösungen waren dafür viel zu langsam, man benötigte elektronische Einrichtungen und verwendete diese äusserst robusten Trioden 838 oder 805 in gewaltigen Gegentakt Modulatoren, die direkt die Servomotoren der Richteinrichtungen steuerten. Selbst der Abschuss der Zwillings- oder Drillingstürme erfolgte automatisch in dem kurzen Moment, wenn der Rechner entschied: Jetzt!
Gegen diese Technik hatte die japanische Marine absolut keine Chance mehr, für die US-Navy war das schon eine Art Tontauben-Schiessen und erklärt demnach die hohen Verluste der kaiserlichen Marine.
Und so blieben diese alten Trioden noch lange im Dienst und wurden erst in den fünfziger Jahren nach und nach gegen neuere Technik ausgewechselt.
Bis sie dann von einigen Verrückten (dazu gehöre auch ich) wieder entdeckt wurden.
Gruss, Volker
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#2
Hi Volker, eine Heizung brauchst Du dann im Winter bestimmt nicht mehr!  Tongue
Du hast doch bestimmt ein eigenes Kraftwerk für diese Trümmer von Röhren?  Big Grin
Oder gehen dann bei Dir im Ort die Lichter beim Einschalten des Verstärkers aus?  Smiley58

(Heute bin ich mal richtig Smiliswütig!)
Viele Grüße aus Loccum, Wolfgang

Wer niemals fragt, bekommt nicht einmal ein Nein zur Antwort.

In Memorandum 2018
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#3
Servus,
Na ja, da der Verstärker ja stufenweise hochgefahren wird, halten sich die Stromstösse in Grenzen. Im Winter ist er aber schon eine gute Zusatzheizung.
Gruss, Volker
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#4
Lieber Volker,
lese doch mal unsere Regeln in Bezug auf Themenüberschriften.
Eine kleine Geschichte ist bestimmt keine passende Überschrift im Bereich
"Historische Radioempfänger bis 1945, Detektoren und Zubehör, hist. Antennentechnik"
Eine Lüge wird nicht zur Wahrheit, falsches wird nicht richtig und das Böse wird nicht gut, nur weil es von der Mehrheit akzeptiert wird.

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#5
(01.08.2018, 20:02)Opa.Wolle schrieb: Oder gehen dann bei Dir im Ort die Lichter beim Einschalten des Verstärkers aus?  Smiley58

Normalerweise nicht, allerdings kann es im Betrieb schon mal den einen oder anderen Spatz durch die Oberleitung saugen Smiley34
Gruß,
Uli
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#6
Hallo Volker,

ich habe mir mal erlaubt die Titel deiner zwei Beiträge über die exotischen Röhren so zu ändern, dass sie leichter gefunden werden können. Insbesondere den Verstärker mit 838 finde ich total abgefahren. Dieses Projekt könnte hier sicher auch Nachahmer finden, manchmal bekommt man ja diese Röhren noch.

Allerdings sollte der Hinweis nicht fehlen, dass eine solche Schaltung nur von sehr erfahrenen Bastlern angegangen werden sollte. Die Spannungen von 1kV bei mehreren 100mA möglicher Stromstärke können sehr schnell tödlich sein wenn man da einen Fehler macht. Ich weiß zumindest wie es sich anfühlt in einer Hand eine geerdete Lampe und in der anderen den Rahmen eines TV Chassis mit Brückengleichrichter zu halten...
Viele Grüße
Semir
---------------------------------
"Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer der wußte das nicht, und hat es gemacht."
(Prof. Hilbert Meyer, Uni Oldenburg)
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#7
Servus,
Danke!
Die komplette Beschreibung findet man auf Jogis Röhrenbude.
Gruss, Volker
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#8
Ich möchte mich dem Rat von Semir anschließen, 1000 Volt zu berühren sind nicht angenehm und sehr Lebensgefährlich. Ich habe in den 80er Jahren als Funkamateur mit Endstufen für 430 Mhz gebastelt (Topfkreise mit der Scheibentriode 2C39) und dabei auch mal Bekanntschaft mit knapp 1000 Volt Gleichspannung gemacht, das reißt einem tierisch im Arm und alles was man dabei in der Hand hat wird zwangsläufig zum Wurfgeschoss. Absolut nichts für Anfänger, wer sich nicht im klaren ist wie gefährlich elektrischer Strom für den Menschen sein kann und entsprechende Kenntnisse hat sollte unbedingt die Finger davon lassen !!!
Grüße aus Ingelheim am Rhein,
Norbert (DF8PI)
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#9
Servus,
Naaa jaaa, würde Brakelmann sagen, sind ja im Endeffekt nur 900V.
Klar ist so ein Teil kein Projekt für Anfänger sondern für Experten, wer sie noch braucht, ich habe noch genug 838 im Keller.
Gruss, Volker
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#10
Ist der Thread nicht besser in "Selbstbaugeräte - Gerätevorstellungen von fertiggestellten Geräten" aufgehoben? Bloß weil Volker "Old Fashion"- Röhren verwendet hat, ist das doch kein Historisches Radio vor 1945, oder? Bei späterem Interesse sucht doch kein Mensch unter diesem Forum!
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#11
Hallo Radiofreunde

Das hat zwar nichts mit dem Verstärker von Volker zu tun, aber die ungeheuren Spannungen, die in manchen Geräten zu finden sind, inspirierten mich, über dieses Gerätchen zu schreiben.
Es geht mit Anodenspannungen auch noch ein bischen höher. In meinem Skywood 1000 werkeln vier 6KD6 hier sollen laut Schaltplan 1200 Volt Anodenstrom fliessen. Bei letzter Inbetriebnahme habe ich dort 1370 Volt gemessen.
Da möchte ich allerdings auch nicht mit den Fingern in die Nähe kommen.

   
Er dient als Verstärker für einen Kenwood Amateurfunksender 1Kw Sendeleistung garantiert dieser Verstärker.

   
Nach abnehmen des oberen Servicedeckel sieht man die vier 6KD6 Strahlbündel Endröhren

   
Der Schaltplan des Skywood, sowie vier Reserve Röhren

   
Schaltplan Auszug mit der Spannungsangabe
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
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#12
Hi Detlef,

sowas hat man als Amateurfunker in der DDR mit PL500/504 ohne Bedenken selber gebastelt und die Anodenspannung auch noch ohne direkte Netzspannungstrennung mit einfachem Spannungsvervielfacher direkt aus den 220V erzeugt!!! Besser als die Zeilenendstufen-Röhren war aber die SRS461 (QE08/200 „Nachbau“) geeignet, die wir als Zweitewahl-Röhren direkt aus dem WF besorgen konnten.

Jeder, der mal an röhrenbestückten TVs rumgebastelt hat, hat seit dem keine Angst vor hohen Spannungen mehr und weiß, wie man damit umgehen kann und sich verhalten muss.

„Heiße“ Grüße

(Reflex-)Kalle
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