Themabewertung:
  • 1 Bewertung(en) - 5 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Reparatur Blaupunkt Uppsala
#1
Im Jahr 1969 brachte Blaupunkt das Tisch-Wand-Radio Uppsala auf den Markt. Verglichen mit den anderen Geräten, über die hier meisten geschrieben wird, handelt es sich hier um ein junges Exemplar, was aber nun auch schon fast 50 Jahre alt ist – daher „halbantik“.

Das war die Katalogseite im Prospekt „Das ist Blaupunkt“:


   


Interessant ist, dass es sich um ein Radio handelt, welches man auf dem Tisch betreiben oder aber auch an die Wand hängen kann – dazu sind im Gehäuseboden zwei Löcher vorgesehen.

Was das Gerät damals kostete, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Vielleicht kennt einer von euch eine entsprechende Quelle zum Nachschauen.
Das Gerät bekam ich mit dem Hinweis: Keine Funktion!

Also wurde es vor dem Einschalten zunächst geöffnet und der Staub entfernt.


   
   
   
   
   


Da augenscheinlich keine Bauteile als defekt zu entdecken waren, habe ich zunächst vorsichtshalber die Plusleitung der Netzteil-Ausgangsspannung abgelötet und die Netzteil-Ausgangsspannung gemessen: 0 V. Also ein Netzteilfehler. Das Netzteil ist mit einer Zweiweggleichrichtung (X301, X302) aufgebaut; dieser folgt eine konventionelle Längsstabilisierung mit Z-Diode ZD11 und Längstransistor (AD161). Die gemessenen Spannungen sind im folgenden Schaltbildausschnitt rot eingetragen. Die Spannung an der Z-Diode musste 11V betragen und war somit ok. Am Kollektor des AD161 waren 21V zu messen; am Emitter war keine Spannung feststellbar. Der Transistor hatte somit eine Unterbrechung der Kollektor-Emitter-Strecke. Mit einem neuen Transistor waren 11,3 V am Emitter zu messen; dies war ok.


   
.jpg   Netzteil.jpg (Größe: 36,1 KB / Downloads: 381)


Leider funktionierte das Gerät aber nicht. Eine Brummprobe am Lautstärkepoti zeigte ein funktionierendes NF-Teil.
Jetzt wurde ein moduliertes FM-Signal vom Messsender mit f = 10,7 MHz am Eingang des ZF-Teils (Punkt F) eingespeist. Da nichts zu hören war, musste der Fehler im ZF-Teil liegen. Der ZF-Verstärker ist dreistufig mit Transistoren aufgebaut. Das ZF-Signal wurde jetzt nacheinander jeweils auf den Basisanschluss der Transistoren gegeben. Da am Kollektor des zweiten ZF-Transistors (V202 = BF343) ein Signal im Lautsprecher zu hören war und beim Einspeisen des Signals an der Basis der Ton verschwand, sollte zumindest hier ein Fehler vorliegen. Die Gleichspannungen an diesem Transistor waren zu hoch, aber eine eindeutige Aussage bzgl. eines defekten Bauteils war dadurch nicht möglich. Der Transistor wurde erneuert und damit spielt mein Radio wieder. Da kein BF343 verfügbar war, habe ich ihn durch einen BF324 ersetzt.

Hier die beiden Übeltäter:


   


Die Gesamtschaltung des Gerätes zeigt das folgende Schaltbild.


   


Die einzelnen Stufen habe ich verschiedenfarbig eingerahmt:

Rot: Tuner
Blau: ZF-Teil
Grün: Demodulation (Ratiodetektor)
Dunkelbraun: NF-Teil
Hellbraun: Netzteil
Magenta: Oszillator zur Abstimmspannungserzeugung
Cyan: Abstimmpotis (Preomat)



   


Der Tuner ist mit einer abstimmbaren Vorstufe (V101) und einer selbstschwingenden Mischstufe (V102) aufgebaut. Das Gerät ist mit einer „Netz“-Antenne ausgestattet. Die Netzzuleitung wirkt als Antenne und liefert ihre Antennenspannung über C305 (47 pF) an den Eingangstransistor BF185. Dieser Transistor arbeitet in Basisschaltung. Bei dieser Grundschaltung ist die Schwingneigung am geringsten; außerdem wird die niedrige Eingangsimpedanz an die Mischstufe angepasst. Im Kollektorkreis liegt der abstimmbare Zwischenkreis (L103, C112 und X102). Die Abstimmspannung wird über R107 und R101 bzw. Anschluss B von den Abstimmpotis zugeführt.
Der Oszillatorschwingkreis besteht aus L104, C119 und X103. Die Abstimmspannung gelangt über R111 an die Varicap X103. C118 (2 pF) und C115 (47 pF) bilden einen Spannungsteiler, über den die Rückkopplung des Oszillators erfolgt. Die ZF-Spannung wird über den Trafo L105/L106 bzw. Anschluss F auf den ZF-Verstärker gegeben.

Der dreistufige ZF-Verstärker enthält die Transistoren V101 – V103. Jede dieser Transistorstufen arbeitet auf einen ZF-Schwingkreis. Nach dem dritten ZF-Transistor folgt ein Ratiodetektor zur Demodulation. Sein Ausgangssignal gelangt dann über C227 auf den Lautstärkeregler im NF-Teil.
Die Erzeugung der Abstimmspannung für die Kapazitätsdioden im Tuner ist evtl. noch erwähnenswert. Um die Dioden über einen weiten Bereich in ihrer Kapazität verändern zu können, benötigt man relativ hohe Gleichspannungen. Meistens liegen diese in der Größenordnung von ca. 2 …. 30 V. Der benötigte Strom ist sehr gering, da die Kapazitätsdioden ja in Sperrrichtung betrieben werden. Zur Erzeugung dieser Spannung wurde hier ein Oszillator (V206) gebaut. Er schwingt mit einer Frequenz von ca. 12 kHz (siehe nachfolgendes Oszillogramm). Das Oszillogramm wurde an der Kathode von X205 (roter Pfeil) aufgenommen. Diese 12-kHz-Wechselspannung wird dann mit X205 gleichgerichtet und mit der Siebkette C220/221 und R231 geglättet. Da die Frequenz relativ hoch ist, kommt man mit kleinen Kapazitäten (0,15 uF) aus. Aus diesem Wechselspannungsgenerator (=Oszillator) wird übrigens auch die Basisspannung für den Mischtransistor gewonnen. Die Gleichrichtung erfolgt mit X204.  



.jpg   oszillator.jpg (Größe: 54,51 KB / Downloads: 375)


   


Vielleicht ist diese Beschreibung dem einen oder anderen viel zu ausführlich und detalliert (es geht noch wesentlich genauer!). Mir erschien es sinnvoll, auch mal ein Transistorgerät vorzustellen ….. ganz besonders wenn es schon ein halbes Jahrhundert alt ist.
Grüße aus dem Odenwald,

Werner



Lesen gefährdet die Dummheit!
Zitieren
#2
(02.08.2018, 17:01)Werner schrieb: Vielleicht ist diese Beschreibung dem einen oder anderen viel zu ausführlich und detalliert (es geht noch wesentlich genauer!).

Nein! Auch wenn das Radio jetzt nicht meinem Radio-Schönheitsideal entspricht, ich hätte es sicher allein wegen des Namens schon behalten Smile
Aber das ist mal wieder so genial beschrieben, wie man es von Dir (wohl berufsbedingt) gewöhnt ist - so, daß es nämlich auch elektronische Halbdeppen wie ich verstehen können.
Vielen Dank!
Gruß,
Uli
Zitieren
#3
Das Uppsala .210 ist in der Taxliste für die Saison 69/70 mit 220,- DM angegeben. Ausführung Palisander plus 15 DM. Auch in der Folgesaison 70/71 war es noch im Programm, Typendung .220.

Bemerkenswert ist, dass die Abstimmspannung durch einen Oszillator erzeugt wird. Das ist in Batteriegeräten notwendig und üblich, z.B. im Bajazzo de luxe 201, im Saba Transall oder im Touring 80 Luxus. Im netzbetriebenen Uppsala hätte auch eine zweite Wicklung auf dem Netztrafo mit nachfolgender Stabilisierung gereicht.

Wer die schwedische Stadt nicht kennt, könnte meinen, der Entwickler wäre auf den Namen gekommen, als ihm das Gerät aus der Hand rutschte und auf den Boden knallte, oder? :-)

Gruß
Stefan
Zitieren
#4
Hallo, Zusammen,
Für mich sieht die Leiterplatte, und die Anordnung der Bauelemente mit freier Fläche mittig ( dort hätte ein Lautsprechermagnet Platz ), und die seitliche Anordnung der Anschlussbuchse ganz nach Kofferradio aus.
Das würde auch erklären, warum man einen Oszillator eingesetzt hat, um die Abstimmspannung zu erzeugen.

VG Henning
Schlau ist, wer weiß, wo er nachlesen kann, was er nicht weiß.
Nur Messungen liefern Fakten, alles andere ist Kaffeesatz.
Zitieren
#5
Vielen Dank für die Preisangabe .... das war ein stolzer Preis.

Die Kofferradio-Idee ist gar nicht so schlecht, obwohl ich nicht sicher bin, ob Blaupunkt zu dieser Zeit ein reines UKW-Kofferradio angeboten hat. Allerdings könnte ich mir auch vorstellen, dass der Oszillator mit BC108 billiger als ein Netztrafo mit weiterer Wicklung war.
Grüße aus dem Odenwald,

Werner



Lesen gefährdet die Dummheit!
Zitieren
#6
(03.08.2018, 13:52)hoeberlin schrieb: Hallo, Zusammen,
Für mich sieht die Leiterplatte, und die Anordnung der Bauelemente mit freier Fläche mittig ( dort hätte ein Lautsprechermagnet Platz ), und die seitliche Anordnung der Anschlussbuchse ganz nach Kofferradio aus.
Das würde auch erklären, warum man einen Oszillator eingesetzt hat, um die Abstimmspannung zu erzeugen.

VG Henning

Hallo Henning, 

die Platine sieht irgendwie nach einem neueren Derby von Blaupunkt aus. In der mittleren Fläche fand wohl tatsächlich ein Lautsprecher seinen Platz. Die Platinen der Derbys findet man auch in anderen Modellen von Blaupunkt, auch Hersteller wie Akkord wurden damit versorgt. Der UKW-Tuner ist aber ein anderer. Wahrscheinlich für eine elektronische Senderabstimmung, deshalb auch ein Generator zur Erzeugung einer Abstimmspannung.

Gruß Bernhard
Ansprechpartner für Umbau oder Modernisierung von Röhrenradios mittels SDR,DAB+,Internetradio,Firmwareentwicklung. 
Unser Open-Source Softwarebaukasten für Internetradios gibt es auf der Github-Seite! Projekt: BM45/iRadio (Google "github BM45/iRadio")
Zitieren
#7
Hallo,

und nein, ein Nur-UKW-Kofferradio gab es nicht. Und die Platine ist auch nicht vom derby. Die freie Fläche ist wohl einfach so beim Layouten entstanden.

@ Bernhard, "Wahrscheinlich für eine elektronische Senderabstimmung" - ja sicher, was denn sonst. Oder wie soll der Preomat funktionieren? :-)

Gruß
Stefan
Zitieren
#8
Stefan, es gibt einige Derbys die da ans Layout rankommen. So fiel mir als erstes die Platine vom Derby H 7.650.720 ein.

https://www.radiomuseum.org/images/radio...477477.jpg

Es gab noch einige Derbys vor diesem Gerät und auch einige danach, eventuell mit noch passenderen Layout.
Aufgrund der Leerfläche auf der Platine, die als Aussparung für einen Lautsprecher gedient hat - beim Uppsala aber völlig unnötig ist - gehe ich erstmal davon aus das man
für den Uppsala kein neues Layout entwickelt hat.
Ansprechpartner für Umbau oder Modernisierung von Röhrenradios mittels SDR,DAB+,Internetradio,Firmwareentwicklung. 
Unser Open-Source Softwarebaukasten für Internetradios gibt es auf der Github-Seite! Projekt: BM45/iRadio (Google "github BM45/iRadio")
Zitieren
#9
Danke, Werner,
Es war ein Genuss für mich diesen interessanten Artikel zu lesen.
Gruß,
Ivan
Zitieren
#10
Dieses Radio erinnert mich an mein Sonneberg Mascot 6030: https://radio-bastler.de/forum/showthrea...1#pid65811
Es ist aus dem gleichen Baujahr.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
Zitieren
#11
Ja, Anton, zwei Radios von hüben und drüben mit dem gleichen Konzept, einer flachen Konsole. Wie unterschiedlich dagegen der Blick ins Innere. Das Mascot-Chassis sieht aus wie ein Selbstbau eines geübten Bastlers.
Ab wann gab es eigentlich in der DDR Diodenabstimmung nach Art des Preomaten? Also in erster Linie natürlich für Fernsehgeräte?

Gruß
Stefan
Zitieren
#12
Moin moin in die Runde,
ich denke es waren die frühen 70 er das begann wohl mit dem Stern-Effekt und dem Stern Automtic: https://www.radiomuseum.org/r/stern_berl...matic.html
M.f.G.
harry


--------------------------------------------------------------------
Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen.
--------------------------------------------------------------------
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Reparatur Blaupunkt Supernova saarfranzose 3 276 20.03.2024, 08:01
Letzter Beitrag: berndw
  Reparatur Blaupunkt Granada Stereo 6.21.300 radio-volker 4 1.025 19.08.2022, 07:38
Letzter Beitrag: radio-volker
  Blaupunkt Frankfurt Blaupunkt Frankfurt 7.632.640 - 2 Geräte selber Fehler Gartetalbahn 18 13.268 08.02.2016, 18:12
Letzter Beitrag: Gartetalbahn

Gehe zu: