18.09.2018, 10:11
Hallo Freunde,
ja es muss nicht immer ein Radio aus der Vorkriegszeit sein. Vor Kurzem las ich mal wieder die Angebote in den ebay-Kleinanzeigen. Dort stand ein Philips-Capella 643 für einen vergleichsweise niedrigen Preis. Ich konnte sogar noch etwas handeln. Das Gerät stand nicht weit von uns, in Hildesheim. Also holen.
Genau dieses Radio bekam ich mal als 12-Jähriger von Bekannten geschenkt. Das Ding hatte leider einen kuriosen Fehler. Es brüllte einem förmlich die Ohren weg. Mir war in dem Alter schon klar, dass da irgendetwas nicht mit dem Lautstärkenregler stimmte. Das Gerät imponierte mir damals. Alleine die großen Lautsprecher waren ein Gedicht. Ich hatte damals auch noch keine Ahnung, wie man den Ersatz des Lautstärkenreglers bewerkstelligt. Schade, also wurde es zerlegt.
Im laufe der vielen Jahre kamen mir immer mal wieder diese Modelle unter. Meist aber recht teuer. Ich hätte mich doch gerne noch mal an einem identischen Gerät mit dem Lautstärkenregler befaßt.
Hier nun bekam ich die Möglichkeit. Die drehbare Ferritantenne heißt bei Philips "Ferroceptor". Diese Antenne wird über die Achse des Lautstärkenreglers mit bedient. D. h. die Bedienachse des Lautstärkenreglers geht durch das Poti hindurch. Am Schleifer des Potis befindet sich ein Zahnrad und gegenüber liegend befindet sich auf die Achse aufgeschoben eine Bedienvorrichtung für den Ferroceptor, ebenfalls mit Zahnrad. Ist der linke Knopf nach innen gedrückt, bedient man die Lautstärke. Nach außen gezogen kommt der Feroceptor ins Spiel. Nach erfolgreicher Peilung eines MW oder LW-Senders wird der Knopf wieder Richtung Skala eingeschoben.
Im Laufe dieses Berichtes gibt es mehr dazu.
Wenn man sich einmal dieses Radio ansieht, erkennt man unschwer, dass es 2 EL84 besitzt. Gegentakt möchte man denken.
So ist es aber nicht. Dieses Gerät verstärkt die NF zunächst wie bei einem normalen Radio. Dann werden die Tonfrequenzen getrennt. Die Bässe werden mit einer EL 84 verstärkt. Dann werden die hohen Töne separat mit der anderen EL84 verstärkt. Das Gerät hat gewissermaßen 2 Kanäle. Es ist kein Gegentakt und auch nicht NF-Stereo. Wenn man auf die Lautsprecher schaut, ist der große ovale für die tieferen Töne zuständig. Der kleinere, runde für die höheren. Man bedenke, der kleinere, runde war damals Standardbestückung.
Was mich bei dem Radio wunderte, schon beim vorführen durch den Verkäufer war der Ton 1 A. Später dann zu Hause schaute ich unter das Chassis. Hier waren sämtliche Wima-Tropfenkondensatoren bereits ersetzt. Hm, keine Arbeit für mich... Aber auch mal schön.
Das Radio war etwas empfangsschwach. Ich tippte zunächst auf die UKW-Röhre. Die hatte beste Werte. Der UKW-Tuner hat zwei Trimm-Spindeln. Einmal für den Oszllator und einmal für die Vorstufe. Die Vorstufen-Spindel war ganz weit heraus gedreht. Sie wackelte schon. Beim nach innen drehen wurde der Empfang unheimlich kräftig. Spannung am Ratio Elko: Teilweise über 30 Volt bei kräftigen UKW-Sendern.
Achtung: Wer solch ein Gerät mal anschaffen sollte. Die Bandfilterspulen im ZF-Teil sind hochempfindlich. Es sind Papphülsen. Ich habe da früher mane Philips-Radios ins Jenseits befördert. Also Vorsicht! Am Besten nicht daran drehen.
Als ich das Gerät wieder zu schrauben wollte, fiel mir ein leises Zischen bei der Wiedergabe auf. Mist, das ist immer der Schrecken bei diesen Radios. Die Fehlermöglichkeiten sind hier vielfältig. Man muss diesen Fehler möglichst weit eingrenzen. Ist das Zischeln Lautstärkeabhängig? Wenn nein, dann sollte man die beiden Steuergitter der EL84 kurz schließen. Ist es weg, dann zunächst einen Kurzschluß beseitigen. Ist es jetzt da, diese Stufe überprüfen. Evtl. dann den anderen Kanal. Das aber nur kurz. Bei vorliegendem Fehler kann man noch mal auf diese Sache zurück kommen.
Bei meinem Radio war der Fehler Lautstärke-Abhängig. Ich ermittelte einen Gitterableitwiderstand an einem System der ECC83.
Diese Widerstände sind hier Kohlestäbchen mit je einer Anschlußkappe. Wenn eine Kappe keinen einwandfreien Kontakt gibt, kann es zu solchen Störungen kommen. Es kann auch sein, dass wochenlang kein zischeln auftritt. Dann aber umso heftiger.
So, der letzte Fehler war beseitigt.
Nun wollte ich die rissigen weißen Bedienknöpfe ersetzen. Ich fand noch 2 gute schwarze in meiner Bastelkiste. Allerdings ohne die großen mittelkappen. Die gewann ich von den brüchigen weißen Knöpfen.
Und da, beim Abbau des linken Knopfes fiel mir auf, dass das Lautstärkenpoti an diesem Gerät ersetzt wurde. Hier wurde einfach ein normales verwendet und der oben erwähnte mechanische Trieb Ferroceptor-Lautstärkenregler ausgebaut. Tja, so kann man das auch lösen. Der Ferritstab im Radio läßt sich von außen nicht mehr verdrehen. Die beiden Seilzüge liegen tot im Chassis.
Ich hätte wahrscheinlich den Ersatz des Potis auch so ähnlich erledigt. Zumal die Mechanik Philips-spezifisch ist. Solche Potis wird man nirgends bekommen. Gut, aber damit kann ich leben. Auf alle Fälle war bewiesen, auch hier gab es Poti-Probleme. Meine Diagnose damals war also richtig.
Vielleicht hat einer von Euch solch ein- oder ein ähnliches Radio von Philips und kann uns mal im Original zeigen, wie die Mechanik hier aussieht.
So, nun möchte ich Euch mal die Bilder von dem wirklich sehr schönen Radio zeigen.
Hier mal die Frontansicht
die Innenansicht
Chassis-Unterseite
Hier die gerissenen weißen Knöpfe. Die sahen sehr unschön aus.
Die schwarzen Knöpfe aus meiner Bastelkiste. Die Kappen müssen von den weißen übernommen werden.
Beim Knopftausch fiel es mir sofort auf. Die Achse vom Poti ist gekürzt. Wurde also auch ersetzt.
Gewißheit bringt der Blick ins Innere. Es ist keine Mechanik vom Ferroceptor mehr vorhanden.
Die Züge von der drehbaren Antenne liegen nur lose auf dem Chassis.
Der ersetzte Widerstand. Es ist kein Rauschen oder Rascheln mehr vernehmbar. Ich vermute, eine Kappe hatte keinen einwandfreien Kontakt mehr.
Zum Schluß noch eine unangenehme Sache: Ausgeführt durch den Vorbesitzer.
Es ist manchmal schon zu einer Unart geworden, Gehäuse die schon etwas gelitten haben großflächig mit Leinöl-Firnis zu bestreichen. Bei diesen glatten Hochglanzlacken kann das Zeug nicht ins Furnier einziehen. Es verklebt nur auf der Oberfläche. Faßt man über das Gehäuse hat man eine leicht klebrige und raue Oberfläche. Sehr unschön! Da hilft nur, das Ganze mit Autopolitur und viel, viel Kraft wieder ab zu polieren. Auch hier an dem Radio bekam ich nach viel Mühe wieder den Hochglanz zurück.
ja es muss nicht immer ein Radio aus der Vorkriegszeit sein. Vor Kurzem las ich mal wieder die Angebote in den ebay-Kleinanzeigen. Dort stand ein Philips-Capella 643 für einen vergleichsweise niedrigen Preis. Ich konnte sogar noch etwas handeln. Das Gerät stand nicht weit von uns, in Hildesheim. Also holen.
Genau dieses Radio bekam ich mal als 12-Jähriger von Bekannten geschenkt. Das Ding hatte leider einen kuriosen Fehler. Es brüllte einem förmlich die Ohren weg. Mir war in dem Alter schon klar, dass da irgendetwas nicht mit dem Lautstärkenregler stimmte. Das Gerät imponierte mir damals. Alleine die großen Lautsprecher waren ein Gedicht. Ich hatte damals auch noch keine Ahnung, wie man den Ersatz des Lautstärkenreglers bewerkstelligt. Schade, also wurde es zerlegt.
Im laufe der vielen Jahre kamen mir immer mal wieder diese Modelle unter. Meist aber recht teuer. Ich hätte mich doch gerne noch mal an einem identischen Gerät mit dem Lautstärkenregler befaßt.
Hier nun bekam ich die Möglichkeit. Die drehbare Ferritantenne heißt bei Philips "Ferroceptor". Diese Antenne wird über die Achse des Lautstärkenreglers mit bedient. D. h. die Bedienachse des Lautstärkenreglers geht durch das Poti hindurch. Am Schleifer des Potis befindet sich ein Zahnrad und gegenüber liegend befindet sich auf die Achse aufgeschoben eine Bedienvorrichtung für den Ferroceptor, ebenfalls mit Zahnrad. Ist der linke Knopf nach innen gedrückt, bedient man die Lautstärke. Nach außen gezogen kommt der Feroceptor ins Spiel. Nach erfolgreicher Peilung eines MW oder LW-Senders wird der Knopf wieder Richtung Skala eingeschoben.
Im Laufe dieses Berichtes gibt es mehr dazu.
Wenn man sich einmal dieses Radio ansieht, erkennt man unschwer, dass es 2 EL84 besitzt. Gegentakt möchte man denken.
So ist es aber nicht. Dieses Gerät verstärkt die NF zunächst wie bei einem normalen Radio. Dann werden die Tonfrequenzen getrennt. Die Bässe werden mit einer EL 84 verstärkt. Dann werden die hohen Töne separat mit der anderen EL84 verstärkt. Das Gerät hat gewissermaßen 2 Kanäle. Es ist kein Gegentakt und auch nicht NF-Stereo. Wenn man auf die Lautsprecher schaut, ist der große ovale für die tieferen Töne zuständig. Der kleinere, runde für die höheren. Man bedenke, der kleinere, runde war damals Standardbestückung.
Was mich bei dem Radio wunderte, schon beim vorführen durch den Verkäufer war der Ton 1 A. Später dann zu Hause schaute ich unter das Chassis. Hier waren sämtliche Wima-Tropfenkondensatoren bereits ersetzt. Hm, keine Arbeit für mich... Aber auch mal schön.
Das Radio war etwas empfangsschwach. Ich tippte zunächst auf die UKW-Röhre. Die hatte beste Werte. Der UKW-Tuner hat zwei Trimm-Spindeln. Einmal für den Oszllator und einmal für die Vorstufe. Die Vorstufen-Spindel war ganz weit heraus gedreht. Sie wackelte schon. Beim nach innen drehen wurde der Empfang unheimlich kräftig. Spannung am Ratio Elko: Teilweise über 30 Volt bei kräftigen UKW-Sendern.
Achtung: Wer solch ein Gerät mal anschaffen sollte. Die Bandfilterspulen im ZF-Teil sind hochempfindlich. Es sind Papphülsen. Ich habe da früher mane Philips-Radios ins Jenseits befördert. Also Vorsicht! Am Besten nicht daran drehen.
Als ich das Gerät wieder zu schrauben wollte, fiel mir ein leises Zischen bei der Wiedergabe auf. Mist, das ist immer der Schrecken bei diesen Radios. Die Fehlermöglichkeiten sind hier vielfältig. Man muss diesen Fehler möglichst weit eingrenzen. Ist das Zischeln Lautstärkeabhängig? Wenn nein, dann sollte man die beiden Steuergitter der EL84 kurz schließen. Ist es weg, dann zunächst einen Kurzschluß beseitigen. Ist es jetzt da, diese Stufe überprüfen. Evtl. dann den anderen Kanal. Das aber nur kurz. Bei vorliegendem Fehler kann man noch mal auf diese Sache zurück kommen.
Bei meinem Radio war der Fehler Lautstärke-Abhängig. Ich ermittelte einen Gitterableitwiderstand an einem System der ECC83.
Diese Widerstände sind hier Kohlestäbchen mit je einer Anschlußkappe. Wenn eine Kappe keinen einwandfreien Kontakt gibt, kann es zu solchen Störungen kommen. Es kann auch sein, dass wochenlang kein zischeln auftritt. Dann aber umso heftiger.
So, der letzte Fehler war beseitigt.
Nun wollte ich die rissigen weißen Bedienknöpfe ersetzen. Ich fand noch 2 gute schwarze in meiner Bastelkiste. Allerdings ohne die großen mittelkappen. Die gewann ich von den brüchigen weißen Knöpfen.
Und da, beim Abbau des linken Knopfes fiel mir auf, dass das Lautstärkenpoti an diesem Gerät ersetzt wurde. Hier wurde einfach ein normales verwendet und der oben erwähnte mechanische Trieb Ferroceptor-Lautstärkenregler ausgebaut. Tja, so kann man das auch lösen. Der Ferritstab im Radio läßt sich von außen nicht mehr verdrehen. Die beiden Seilzüge liegen tot im Chassis.
Ich hätte wahrscheinlich den Ersatz des Potis auch so ähnlich erledigt. Zumal die Mechanik Philips-spezifisch ist. Solche Potis wird man nirgends bekommen. Gut, aber damit kann ich leben. Auf alle Fälle war bewiesen, auch hier gab es Poti-Probleme. Meine Diagnose damals war also richtig.
Vielleicht hat einer von Euch solch ein- oder ein ähnliches Radio von Philips und kann uns mal im Original zeigen, wie die Mechanik hier aussieht.
So, nun möchte ich Euch mal die Bilder von dem wirklich sehr schönen Radio zeigen.
Hier mal die Frontansicht
die Innenansicht
Chassis-Unterseite
Hier die gerissenen weißen Knöpfe. Die sahen sehr unschön aus.
Die schwarzen Knöpfe aus meiner Bastelkiste. Die Kappen müssen von den weißen übernommen werden.
Beim Knopftausch fiel es mir sofort auf. Die Achse vom Poti ist gekürzt. Wurde also auch ersetzt.
Gewißheit bringt der Blick ins Innere. Es ist keine Mechanik vom Ferroceptor mehr vorhanden.
Die Züge von der drehbaren Antenne liegen nur lose auf dem Chassis.
Der ersetzte Widerstand. Es ist kein Rauschen oder Rascheln mehr vernehmbar. Ich vermute, eine Kappe hatte keinen einwandfreien Kontakt mehr.
Zum Schluß noch eine unangenehme Sache: Ausgeführt durch den Vorbesitzer.
Es ist manchmal schon zu einer Unart geworden, Gehäuse die schon etwas gelitten haben großflächig mit Leinöl-Firnis zu bestreichen. Bei diesen glatten Hochglanzlacken kann das Zeug nicht ins Furnier einziehen. Es verklebt nur auf der Oberfläche. Faßt man über das Gehäuse hat man eine leicht klebrige und raue Oberfläche. Sehr unschön! Da hilft nur, das Ganze mit Autopolitur und viel, viel Kraft wieder ab zu polieren. Auch hier an dem Radio bekam ich nach viel Mühe wieder den Hochglanz zurück.
Es grüßt Euch aus Peine
Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.