20.05.2019, 20:05
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 21.05.2019, 17:04 von wolfer1952.)
Grundig 87A
Meine Schwägerin kam mit diesem kleinen Radio, es stammt aus 1961, ihrem Geburtsjahr, weshalb Sie mich bat, dieses „süße kleine Gerät doch bitte wieder zum Spielen zu bringen“.
Schaltplan: https://nvhrbiblio.nl/schema/Grundig_87a.pdf
Nun bin ich nicht der ausgewiesene Fachmann, aber generell traute ich mir das zu.
Die Besondere an der Reflexschaltung wird nachfolgend sehr ausführlich beschrieben:
Das Gerät, hier schon mehrfach behandelt, wies die üblichen Fehler auf:
Ero-Teer-Papierkondensatoren mit völlig überhöhten Werten (alle getauscht, die sonstigen sind noch OK).
Die Tonblende saß derart fest, dass kein Benzin, Caramba oder WD40 über Nacht etwas bewirkten. Aus meiner Erfahrung mit festsitzenden Drehkos an Transistor-Telefunken-Bajazzos wusste ich um die Wirkung von Wärme.
Das wird auch hier im RBF von Norbert sehr gut beschrieben und führte zum Erfolg.
Zum Aufweichen der Verharzungen verwende ich, nachdem sich die Welle bewegen lässt, mehrfach Feuerzeugbenzin (verdunstet wieder), falls es danach wieder schwergängiger wird, harzfreies und relativ dünnflüssiges ÖL.
--
Die wahrscheinliche Ursache des völlig fehlenden UKW-Empfangs (nicht einmal ein Rauschen) wird im RM.org sehr gut beschrieben und von mir entsprechend durch reinigen und leichtes verbiegen der Kontakte wieder hergestellt.
Vorher habe ich das Arbeiten des FM-Oszillators mit einem Kleinradio überprüft.
FM-Zwischenfrequenz.jpg (Größe: 95,94 KB / Downloads: 525)
--
Dass es sich um einen Spartrafo handelt, habe ich anhand des Schaltbildes erkannt.
Grundsätzlich arbeite ich an jedem Radio erst einmal an einem Regeltrenntrafo (Kondensatortest usw.), später auch direkt am Netz. Aber erst, wenn am Stecker eindeutig markiert ist, welcher Stift Durchgang zum Chassis hat. Selbstverständlich sind auch die Steckdosen nach Phase und Null gekennzeichnet.
Jetzt zu meinen Arbeiten:
Auf der Rückseite des Geräts befand sich ein Umschalter von Radio auf TA, an den ein dreipoliger DIN-Stecker angelötet war. Der hat auch prima funktioniert, denn nachdem ich auf FM NICHTS, nicht einmal ein Rauschen, erhielt, habe ich an den TA ein Fremdsignal eingespeist: Guter Empfang = NF-Teil ist in Ordnung.
Erst später habe ich entdeckt, dass dieser Umschalter beim 87A nicht vorgesehen ist. Da ich bei anderen Kleinradios von Grundig schon einen derartigen TA-Schalter auf der Rückseite sah, habe ich nicht so genau hingesehen. Es hätte mir aber sofort anhand des Schaltplans auffallen müssen, dass dieser Umschalter nicht original ist.
Warum es mir auffiel? Es ist ein Spar-Radio, auf günstigen Preis getrimmt, und beim Schalter handelt es sich um einen mit vier Kontakten auf jeder Seite. Das hat mich misstrauisch gemacht, da auf jeder Seite nur zwei Kontakte gebraucht wurden. Bei einem Sparradio hätte Grundig nie einen Schalter mit mehr Kontakten als notwendig eingebaut.
Im Vergleich mit anderen Bildern des 87A konnte ich diesen Schalter an der Rückwand nicht finden … alles andere ergab sich von allein. Schalter ist entfernt.
Zumal er direkt mit dem Chassis verbunden war und sogar der Schalthebel (aus Metall!!) je nach Steckrichtung unter Spannung stand!
Derjenige, der diesen Schalter anbrachte, hat so oder so nicht bedacht, dass es sich hier um ein Radio mit Spartrafo handelt! Also beim Einstecken des Netzschalters am Chassis die volle Netzspannung anliegen kann. Der Schalter war zum Chassis nicht isoliert.
--
Was mich jetzt beschäftigt, ist die Sicherheit!
Ich habe absichtlich den Netzstecker so eingesteckt, dass die Netzspannung am Chassis liegt.Danach habe ich mit einem Phasenprüfer überprüft, wo Spannung anliegt.
- Beim entfernten TA-Umschalter – soweit also erledigt, da entfernt !!
- Bei beiden AM-Antenneneingängen (Erdung und Antenne !!)
- FM-Antenneneingänge sind spannungsfrei!
Ich habe Kondensatoren der Klasse Y2 bestellt!
Fragen:
Welche Kondensatoren muss ich gegen die Y2-Typen ersetzen, um auf der sicheren Seite zu sein?
Ich vermute, den im Bild gezeigten 4,7nF 1000V=. Der wird auf jeden Fall getauscht, da ein Papierkondensator mit gemessenem Wert von 9,6nF. Den will ich gegen einen Y2-Klasse austauschen. Der Tausch unterblieb bisher, weil ich den Spannungsbereich 1000V= nicht habe.
Mit diesem Kondensator von 9,6 statt 4,7 nF habe ich jeweils gegen das Chassis folgende ~Spannungen messen können!
Phase liegt am Chassis: AM: 71 mV Erde : 70 mV
Phase nicht am Chassis: 10,7 mV 10,2 mV
Mich verblüfft das Ansprechen der Phasenprüfer bei 70mV, der eine geeignet von 150 bis 250V~, der andere von 100 bis 500V~. Bei 10mV glüht nichts, was ich erwartete.
---
Einschätzung: Der Kondensator, trotz des von 4,7 auf 9,6 nF ausgeweiteten Wertes, tut noch seinen Sicherungsdienst.
Ich bin gespannt, welche Spannungen mich erwarten, wenn der Austausch gegen einen neuen 4,7nF y2 Kondensator erfolgt ist.
--
Nächste Frage: Wie ist das mit der Netzantenne?
Ganz überwiegend wird aus Gründen der Sicherheit davon abgeraten, die Netzantenne im Gerät zu lassen, da die Sicherheit nur durch einen Kondensator gewährleistet wird, und wenn der durchschlägt an der Antennenleitung die Netzspannung liegen kann …
Es wird auch immer behauptet, dass mit diesen Netzantennen heutzutage kein guter Empfang mehr möglich ist. Bei mir im Keller bekomme ich allerdings mit der Netzantenne am Arbeitsplatz einen besseren Empfang als mit Behelfsantennen (Wurfantennen).
Beim Grundig 87A wird die Sicherheit aber nicht durch einen Kondensator, sondern induktiv ala Volltrafo und damit mit galvanischer Trennung erzeugt.
Bei Messungen mit dem Voltmeter konnte ich an den PINS des FM-Steckers gegen das Chassis folgende Spannungen messen.
Pin1 Pin2
Phase liegt am Chassis: 12,46V~ 12,54V~
Phase nicht am Chassis: 2,62V~ 2,64V~
Das sieht auch sehr ordentlich aus, Fingerprobe habe ich gewagt und ja, nichts gemerkt.
Ich sehe bei dieser galvanischen Trennung - eigentlich - kein Sicherheitsproblem.
--
Ergänzende Frage: Eigentlich sollte es bei einem „Trafo“ egal sein, auf welcher Seite der Primärwicklung die Phase eingespeist wird. Dementsprechend sollte sich nach meinem Verständnis bei der Sekundärwicklung jeweils die gleiche Spannung entstehen. Dem ist aber nicht so, es gibt einen Unterschied von 10 Volt, bei maximal 12,5 Volt ist das ein riesiger Wert!
Warum ist das hier anders?
--
Ich bedanke mich schon jetzt für die Hilfeleistung und wünsche Allen noch einen schönen Abend,
Wolfgang
Meine Schwägerin kam mit diesem kleinen Radio, es stammt aus 1961, ihrem Geburtsjahr, weshalb Sie mich bat, dieses „süße kleine Gerät doch bitte wieder zum Spielen zu bringen“.
Schaltplan: https://nvhrbiblio.nl/schema/Grundig_87a.pdf
Nun bin ich nicht der ausgewiesene Fachmann, aber generell traute ich mir das zu.
Die Besondere an der Reflexschaltung wird nachfolgend sehr ausführlich beschrieben:
Das Gerät, hier schon mehrfach behandelt, wies die üblichen Fehler auf:
Ero-Teer-Papierkondensatoren mit völlig überhöhten Werten (alle getauscht, die sonstigen sind noch OK).
Die Tonblende saß derart fest, dass kein Benzin, Caramba oder WD40 über Nacht etwas bewirkten. Aus meiner Erfahrung mit festsitzenden Drehkos an Transistor-Telefunken-Bajazzos wusste ich um die Wirkung von Wärme.
Das wird auch hier im RBF von Norbert sehr gut beschrieben und führte zum Erfolg.
Zum Aufweichen der Verharzungen verwende ich, nachdem sich die Welle bewegen lässt, mehrfach Feuerzeugbenzin (verdunstet wieder), falls es danach wieder schwergängiger wird, harzfreies und relativ dünnflüssiges ÖL.
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Die wahrscheinliche Ursache des völlig fehlenden UKW-Empfangs (nicht einmal ein Rauschen) wird im RM.org sehr gut beschrieben und von mir entsprechend durch reinigen und leichtes verbiegen der Kontakte wieder hergestellt.
Vorher habe ich das Arbeiten des FM-Oszillators mit einem Kleinradio überprüft.
FM-Zwischenfrequenz.jpg (Größe: 95,94 KB / Downloads: 525)
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Dass es sich um einen Spartrafo handelt, habe ich anhand des Schaltbildes erkannt.
Grundsätzlich arbeite ich an jedem Radio erst einmal an einem Regeltrenntrafo (Kondensatortest usw.), später auch direkt am Netz. Aber erst, wenn am Stecker eindeutig markiert ist, welcher Stift Durchgang zum Chassis hat. Selbstverständlich sind auch die Steckdosen nach Phase und Null gekennzeichnet.
Jetzt zu meinen Arbeiten:
Auf der Rückseite des Geräts befand sich ein Umschalter von Radio auf TA, an den ein dreipoliger DIN-Stecker angelötet war. Der hat auch prima funktioniert, denn nachdem ich auf FM NICHTS, nicht einmal ein Rauschen, erhielt, habe ich an den TA ein Fremdsignal eingespeist: Guter Empfang = NF-Teil ist in Ordnung.
Erst später habe ich entdeckt, dass dieser Umschalter beim 87A nicht vorgesehen ist. Da ich bei anderen Kleinradios von Grundig schon einen derartigen TA-Schalter auf der Rückseite sah, habe ich nicht so genau hingesehen. Es hätte mir aber sofort anhand des Schaltplans auffallen müssen, dass dieser Umschalter nicht original ist.
Warum es mir auffiel? Es ist ein Spar-Radio, auf günstigen Preis getrimmt, und beim Schalter handelt es sich um einen mit vier Kontakten auf jeder Seite. Das hat mich misstrauisch gemacht, da auf jeder Seite nur zwei Kontakte gebraucht wurden. Bei einem Sparradio hätte Grundig nie einen Schalter mit mehr Kontakten als notwendig eingebaut.
Im Vergleich mit anderen Bildern des 87A konnte ich diesen Schalter an der Rückwand nicht finden … alles andere ergab sich von allein. Schalter ist entfernt.
Zumal er direkt mit dem Chassis verbunden war und sogar der Schalthebel (aus Metall!!) je nach Steckrichtung unter Spannung stand!
Derjenige, der diesen Schalter anbrachte, hat so oder so nicht bedacht, dass es sich hier um ein Radio mit Spartrafo handelt! Also beim Einstecken des Netzschalters am Chassis die volle Netzspannung anliegen kann. Der Schalter war zum Chassis nicht isoliert.
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Was mich jetzt beschäftigt, ist die Sicherheit!
Ich habe absichtlich den Netzstecker so eingesteckt, dass die Netzspannung am Chassis liegt.Danach habe ich mit einem Phasenprüfer überprüft, wo Spannung anliegt.
- Beim entfernten TA-Umschalter – soweit also erledigt, da entfernt !!
- Bei beiden AM-Antenneneingängen (Erdung und Antenne !!)
- FM-Antenneneingänge sind spannungsfrei!
Ich habe Kondensatoren der Klasse Y2 bestellt!
Fragen:
Welche Kondensatoren muss ich gegen die Y2-Typen ersetzen, um auf der sicheren Seite zu sein?
Ich vermute, den im Bild gezeigten 4,7nF 1000V=. Der wird auf jeden Fall getauscht, da ein Papierkondensator mit gemessenem Wert von 9,6nF. Den will ich gegen einen Y2-Klasse austauschen. Der Tausch unterblieb bisher, weil ich den Spannungsbereich 1000V= nicht habe.
Mit diesem Kondensator von 9,6 statt 4,7 nF habe ich jeweils gegen das Chassis folgende ~Spannungen messen können!
Phase liegt am Chassis: AM: 71 mV Erde : 70 mV
Phase nicht am Chassis: 10,7 mV 10,2 mV
Mich verblüfft das Ansprechen der Phasenprüfer bei 70mV, der eine geeignet von 150 bis 250V~, der andere von 100 bis 500V~. Bei 10mV glüht nichts, was ich erwartete.
---
Einschätzung: Der Kondensator, trotz des von 4,7 auf 9,6 nF ausgeweiteten Wertes, tut noch seinen Sicherungsdienst.
Ich bin gespannt, welche Spannungen mich erwarten, wenn der Austausch gegen einen neuen 4,7nF y2 Kondensator erfolgt ist.
--
Nächste Frage: Wie ist das mit der Netzantenne?
Ganz überwiegend wird aus Gründen der Sicherheit davon abgeraten, die Netzantenne im Gerät zu lassen, da die Sicherheit nur durch einen Kondensator gewährleistet wird, und wenn der durchschlägt an der Antennenleitung die Netzspannung liegen kann …
Es wird auch immer behauptet, dass mit diesen Netzantennen heutzutage kein guter Empfang mehr möglich ist. Bei mir im Keller bekomme ich allerdings mit der Netzantenne am Arbeitsplatz einen besseren Empfang als mit Behelfsantennen (Wurfantennen).
Beim Grundig 87A wird die Sicherheit aber nicht durch einen Kondensator, sondern induktiv ala Volltrafo und damit mit galvanischer Trennung erzeugt.
Bei Messungen mit dem Voltmeter konnte ich an den PINS des FM-Steckers gegen das Chassis folgende Spannungen messen.
Pin1 Pin2
Phase liegt am Chassis: 12,46V~ 12,54V~
Phase nicht am Chassis: 2,62V~ 2,64V~
Das sieht auch sehr ordentlich aus, Fingerprobe habe ich gewagt und ja, nichts gemerkt.
Ich sehe bei dieser galvanischen Trennung - eigentlich - kein Sicherheitsproblem.
--
Ergänzende Frage: Eigentlich sollte es bei einem „Trafo“ egal sein, auf welcher Seite der Primärwicklung die Phase eingespeist wird. Dementsprechend sollte sich nach meinem Verständnis bei der Sekundärwicklung jeweils die gleiche Spannung entstehen. Dem ist aber nicht so, es gibt einen Unterschied von 10 Volt, bei maximal 12,5 Volt ist das ein riesiger Wert!
Warum ist das hier anders?
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Ich bedanke mich schon jetzt für die Hilfeleistung und wünsche Allen noch einen schönen Abend,
Wolfgang