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Telefunken 1000
#21
Hallo,

Bitte nicht lachen, aber in etwa so hatte ich mir das Gerät, was den Zustand angeht, vorgestellt. An Hand der Bilder von Mitglied klausw und dem Vergleich mit den Bildern in den beiden anderen Foren und denen letztlich aus E..y kann man nur erahnen, was da auf einen armen Restaurator zukommen kann.
Bei dem Gerät in E..y ist beispielsweise ein Tonarm draufgebaut worden, der mit dem Originalgerät nichts zu tun haben dürfte. Und so wird das auch im Inneren des Gerätes sein; man hat, teils auch der Not im Nachkriegsdeutschland gehorchend, das eingebaut, was gerade verfügbar war und was man als damaliger Reparateur für zweckmäßig erachtet hat. Man war ja damals schon froh, wenn man überhaupt ein Teil bekam.
Ab den 1950igern besserte sich zwar die Lage für Teile, aber, wie man sieht, das E..y Gerät hatte damals schon einen Tonarm, wie er zu Vorkriegszeiten sicherlich nicht verfügbar gewesen ist. Bis 1989 war als Teilequelle auch der Landesteil hinter der damaligen Grenze nicht zugänglich und somit sind dort vielleicht noch verfügbare Teile möglicherweise für immer verschwunden.

Man kann in solchen Fällen nicht einmal dem jeweiligen Verkäufer einer solchen Rarität einen Vorwurf machen; er verkauft ja nur meistbietend, was er hat. Von der Technik und dem sonstigen noch dazu gehörenden Background eines solchen Gerätes dürften die allermeisten dieser E..y Verkäufer soviel Ahnung haben wie ein Esel vom Eistanzen. Die sehen nur den möglichen Profit.

Es gibt unbestritten Geräte im Originalzustand, die 80 Jahre in diesem Zustand unbeschadet überdauert haben; allerdings dürften die so selten sein wie 6 Richtige im Lotto auf Anhieb.
Wer also so ein Gerät erwirbt, hat im Zweifel immer eine Baustelle; wie groß diese Baustelle dann letztendlich ist, das muß man vor dem Kauf möglichst exakt eruieren und im Zweifel halt nicht mitbieten.
Läßt man sich aber auf so ein Gerät ein, so muß man getreu dem Pandoraprinzip damit rechnen, daß sich Probleme auftun, deren Namen man vorher nicht gekannt hat. Hier kann wirklich nur ein ganzes Team respektive Forum, evtl sogar mehrere Foren zusammen helfen, damit aus dem Alptraum letztlich doch noch ein Traum wird.

Grüße aus BL

Peter
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#22
Vielen Dank, Klaus, für die Links. Die ersten beiden Informationsquellen kannte ich schon - die Bilder sind für den Restaurator nicht so besonders hifreich. Die Bilder der Auktion auf der polnischen Bucht kannte ich noch nicht. Da gab es ganz interessante Bilder - die ich aber aufgrund des Copyrights nicht einfach übernehmen darf. Jedenfalls gibt es auch hier einen Knopf zu viel (unten Mitte). Auch wurde der HF-Spulensatz entfernt und ein anderer Lautsprecher eingebaut. usw, usw. Auch eine echte Herausforderung!

Vollkommen richtig, Peter. Gemeinsam sind wir stark. Manchmal liegt das Problem einer Restauration einfach darin, dass sich noch niemand der Sache mit der nötigen Akribie angenommen hat. Die Gerätevorstellungen in den von Dir genannten Links beschränkten sich ja auf ein paar Bilder. Und danach?

Schaue mer mal, dann sehe mer schon, wie man bei uns im Ländle sagt.
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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#23
Dokumentation des TELEFUNKEN T 1000 Arcofar Fabr. Nr. 2937

Grundlegendes

Bevor ich mit der eigentlichen Beschreibung des Gerätes und der festgestellten Fehler beginne, möchte ich einige Dokumente zeigen, die mir "DiRu" kürzlich zugeschickt hat:  Ein ART-Schaltbild (ART=Allgemeine Rundfunktechnik Bielefeld), Schaltbild und Stücklisten aus dem Telefunken Werkstattbuch und Verkaufsanzeigen von Prohaska und Schnorr.

                   

Ohne an dieser Stelle auf jedes Detail der Schaltbilder einzugehen, so ist es doch interessant zu erwähnen, dass es sich um eine sehr einfache Schaltung handelte. Eine Audionstufe mit der REN904, eine widerstandsgekopplete NF-Vorverstärkerstufe mit der REN904 und ein ebenfalls widerstandsgekoppelter  Endverstärker mit der Leistungstriode RE604.

Erwähnenswert an der Audionstufe wäre vielleicht der "minimalistische" Eingangskreis. Das Antennensignal wird nicht über eine Ankoppelwicklung auf den Vorkreis gekoppelt sondern einfach über eine Anzapfung der MW-Vorkreisspule. Dies konnte wahlweise direkt galvanisch oder über Kopplungskondensatoren von 50pF oder 200pF erfolgen. In ersterem Fall - der direkten Ankopplung - bestand immer die Gefahr, dass bei Verwendung einer "Lichtantenne" mit defektem Koppelkondensator Netzspannung an die Spule gelegt wurde und diese durchbrannte. So ist es zu erklären, dass viele dieser alten Geräte durchgebrannte Vorkreisspulen hatten. Vielleicht hatte auch unseren Arcofar dies Schicksal ereilt?
Bei LW-Empfang wurde der angezapften MW-Spule noch eine weitere Spule in Reihe geschaltet. Es handelte sich hier übrigens um Luftspulen - Massekernspulen kamen erst später in Mode.

Analog zur Vorkreisspule wird auch bei der Rückkopplungsspule verfahren: bei MW-Betrieb wird die untere Sektion kurzgeschlossen.

Unklar ist mir bisher der Aufbau des Quetscher-Abstimmdrehkos, der im vorliegenden Gerät fehlt und dessen Kapazität in der Dokumentation teilweise mit 800pF, bei TFK aber mit 720pF angegeben wird. Wie man an der Beschriftung der Skalenscheibe sieht, muss es sich um einen Drehko mit ungefähr 340° (so weit geht jedenfalls die Skalenteilung) Drehwinkel handeln. Dem Schaltbild nach zu urteilen wird  durch den Wellenschalter bei MW ein anderes Statorpaket aktiviert als bei LW.  Nun frage ich mich, wie denn die Kapazitätsendwerte der einzelnen Statorpakete sind? Darüber steht auch in der TFK-Dokumentation nichts! 

Interessanterweise wird auch nirgendwo erwähnt (auch nicht in der TFK-Dokumentation) dass das Gerät wahlweise mit einer Gleichrichterröhre RGN2004 oder zwei Gleichrichterröhren RGN1054 bestückt werden kann. Klappt man den Servicedeckel unterhalb des Schallplattenspieler-Plattentellers hoch, so sieht man aber genau diese Bestückungsvariante.

   

Unklar ist mir auch, warum auf dem Servicedeckel die Bezeichnung "REN904 m" erscheint. Waren das selektierte Röhren?

Abschließend sollte man vielleicht noch folgendes erwähnen:
Bei diesem Gerät wurde große Mühe auf eine möglichst klanggetreue Schallplattenwiedergabe verwendet. Daher auch der später zu besprechende enorme Lautsprecher. Die Tatsache, daß man mit dem Gerät auch Radio hören konnte, war eigentlich fast nebensächlich. Das hatte man in der Zeit so. So hatte unter anderem auch der Vorläufer der Fa. BRAUN  Carl Sevecke ein Gerät auf den Markt gebracht, den KV2 (Kraftverstärker), der eigentlich zur Schallplattenwiedergabe diente. Aber es machte sich gut in der Werbung, wenn dort stand: Man kann auch Ortssender empfangen. So hat auch der KV2 einen dicken NF-Verstärker aber einen lausigen HF-Teil.

Ähnlich verhielt es sich mit dem ARCOFAR. Daher warnt Prohaska in seinem Verkaufskatalog vorsorglich vor übertriebenen Erwartungen an die Empfangsqualität mit den Worten:

>>>Das Gerät ist nur für "Hörer" gedacht und nicht zu Empfangsrekordversuchen bestimmt <<<

Das könnte nun auch der Grund dafür gewesen sein, dass sich Radiophile vergangener Jahre daran machten, die dürftige Empfangsqualität des ARCOFAR durch Verwendung besserer HF-Bauteile zu verbessern, z.B. durch Ersatz des Quetscher-Abstimmdrehkos durch einen Luftdrehko (niedrigere dielektrische Verluste) und die Luftspule durch eine Massekernspule zu ersetzen (Höhere Güte durch (i) günstigeres Verhältnis zwischen Blindwiderstand und Wirkwiderstand der Spule und (ii) kleineres Streufeld -> kleinere Wirbelstromverluste in umgebenden leitenden Strukturen). Vermutlich haben diese Umbauten die Empfangsqualität auch nicht dramatisch verbessert. Letztenendes kam es doch auf die Antenne an - denn bekanntlich ist eine gute Antenne der beste Verstärker.


Auf jeden Fall gilt: Ein ARCOFAR ist ein Plattenspieler mit eingebautem Verstärker, der auch noch Radioempfang gestattet. Aber kein tolles Radiogerät, mit dem man auch Schallplatten anhören kann.  


Ursprünglicher Zustand


Ich beginne noch einmal mit Bildern des Gerätes, die teilweise schon von Andreas_P vor 2 Jahren im Rahmen der Gerätevorstellung hochgeladen wurden.


               

Ein erster Vergleich mit Gerätebildern in RM.org hatte gezeigt, dass hier an der Frontplatte 3 zusätzliche Bedienelemente angebracht wurden. Beim Blick in die geöffnete Rückseite fiel eigentlich nur auf, dass einer der beiden 5nF Kondensatoren fehlte, die parallel zum HV-Sekundärwickel des Netztrafos liegen (roter Doppelpfeil).

   

Besonders originell war die Tatsache, dass dem Gerät ein großer Knopf beilag, der ehemals als Abstimmknopf fungiert hatte. Andreas und ich hatten damals noch den Eindruck, dass dieser Knopf von seiner Halterung abgebrochen war, denn an seinem Platz war jetzt ein Loch in der Frontplatte.

     

Später wurde erkannt, dass diesem Knopf im jetzigen Umbaustadium nur noch dekorative Bedeutung zukam.


Demontage

Was man auf den ersten Blick nicht erkennt, ist die Tatsache, dass der Frontrahmen und die dahinterliegende Holzblende durch Lösen weniger Schrauben entfernt werden können:

           

In der offenen Ansicht sieht man links den Lautsprecher vom Typ L.600 im Staubschutz-Stoffsack, der später noch näher beschrieben wird, und rechts die Haupteinheit mit Audionstufe, Verstärker und Stromversorgung. Rote Pfeile zeigen auf die nicht originalen Frontplattendurchführungen: Unten in der Mitte ein Poti (Lautstärkeregler), links oben eine Skalenseil - Antriebsachse und oben rechts ein Wellenschalteraggregat. 

Betrachtet man die Rundskala (Zelluloid -> in der TFK-Dokumentation: "Zellonskala") mit ihrem zentralen Aluminiumteller etwas näher, so sieht man schon, dass hier etwas manipuliert wurde. Glücklicherweise sind die Zelluloidskala und der zentrale Teller noch original und mehr oder weniger intakt, jedoch wird der Teller mit Hilfe einer Madenschraube auf der Drehkoachse festgeklemmt. (grüner Pfeil). Kein Platz mehr für den ursprünglichen Knopf.
Aber es kommt noch schlimmer:

   

Vergleicht man die Skala mit dem Bild ID 425931 in RM.org, so sieht man, dass diese ursprünglich zwei Schleppzeiger hatte, mit denen einmal eingestellte Sender markiert werden konnten (siehe auch Beschreibung im Prohaska Katalog). Für die Zeigerplatzierung diente eine Arretiernadel im Skalenfenster - Im Aufbau ähnlich der Nullungsschraube in Drehspulinstrumenten. Drückte man den kleinen Knopf, so schlug der Zeiger bei der Abstimmung gegen die hervortretende Nadel und blieb an derselben Stelle stehen ... bis man den Knopf wieder drückte und den Zeiger an einen anderen Ort verschob.

       

Hätte man nun eine intakte Skala, könnte man diese Schleppzeigermechanik sicher nachbauen. Ob man so etwas wohl jemals findet?


Die Haupteinheit

Die Demontage der Haupteinheit ist einfach: Man zieht 3 Stecker, lötet/schraubt einige Drähte ab und kann nun die Bodenschrauben lösen und die ganze Einheit im Stück herausziehen. An dieser Stelle fragt sich der Leser vielleicht, warum ich zunächst die Frontblende entfernt habe. Die Antwort: Die Haupteinheit ist auf einem sehr massiven Stahlrahmen aufgebaut und wiegt ca. 8kg. Das Herausheben aus dem Gehäuse gestaltet sich viel einfacher wenn man von beiden Seiten zufassen kann. Stösst man beim Herausheben mit der Zelluloidskala versehentlich  gegen das Gehäuse, kann diese leicht brechen. Daher der gute Rat: Lieber zuerst die Front öffnen!

Zunächst die 4 Hauptansichten dieser Einheit: von links, rechts, oben und unten.

Von links:
   

Die Röhren waren folgendermassen angeordet:
Links v.o.n.u. REN904, REN904, RE604
Rechts v.o.n.u. RGN1054, RGN1054 oder alternativ nur eine RGN2004

Die kleinen Lampenfassungen zwischen den Gleichrichterröhren wurden mit Standard-Glühbirnen 4,5V / 0,3A (0,35A?) bestückt, die als Sicherung in den Anodenzuleitungen der Gleichrichterröhren lagen.

Rote Pfeile zeigen auf die neu verlegten Leitungen, die zum neuen Lautstärkepoti (Mitte unten auf der Frontplatte) führen. Dieser Lautstärkeregler wurde zwischen die 1. und die 2. REN904 eingeschleift.

Grüne Pfeile weisen auf neu eingebaute Komponenten: Die Skalenseil-Antriebsachse, den Luftdrehko mit Skalenseilrad (vom VE?) und den Wellenschalter. Hier erkennt man auch, warum der ursprüngliche Skalenantrieb kannibalisiert werden musste: Um Platz für den Luftdrehko und sein Skalenseilrad zu schaffen. Diese neuen Komponenten benötigten in der Einbautiefe mehr Platz als der ursprüngliche Quetscher-Drehko.

Von rechts:
   

Im Vordergrund sieht man den neu eingesetzten Wellenbereichsschalter. Damit dessen Achse in den frontseitigen Haltebock eingeschoben werden konnte, musste der hintere Haltebock abgebrochen werden -> mit Edding rot eingfärbte Bruchlinie. Die grünen Pfeile weisen auf die Haltebock-Positionen.
Ursprünglich trugen diese Halteböcke den Spulensatz, vermutlich montiert auf einer Basisplatte aus Pertinax.
Im nächsten Bild noch eine Nahaufnahme des Wellenbereichschalters. Ich habe noch nicht genau geschaut, aber ich hoffe er ist noch komplett.

   

Der grüne Pfeil zeigt auf den Bock in dem die Wellenschalterachse geführt ist. Vermutlich stand ein ähnlicher Bock auch nach oben, wo man nur noch die Bruchlinie sieht.

Die vielen kurzen roten Pfeile deuten auf die Verschraubungen der oberen Schaltungsplatte mit dem Unterbau. Diese Verschraubungen dienten aber nicht nur der mechanischen Fixierung, sondern vor allem der Kontaktierung zwischen Leitungen auf der oberen und der unteren Ebene. Die aufgenieteten/aufgeschraubten Messingstreifen kennt man schon von früheren TFK-Geräten, wie z.B. dem Telefunken T10. Auch bei diesem Gerät findet man die Messingstreifen zur Verbindung von Schaltungspunkten auf der Platinenober- und Unterseite -> eine frühe Form des "double-layer-printed-circuit-board -> Telefunkens Antwort auf den LOEWE Ortsempfänger-Vorstoss in Richtung Kompaktierung von Schaltungen.

Von oben:
   

Die grünen Pfeile zeigen auf Partien, die durch den Einbau der neuen Teile modifiziert werden mussten:

Mit einem Edding rot markiert wurde die bereits erwähnte Bruchstelle des einen Lagebocks beim Wellenschalter und eine Strecke quer über die Front der Haupteinheit. Hier liegt eine Spritzgussträgerplatte, die an der Front eine Versteifungsrippe nach oben hatte und in der Mitte eine Auswölbung nach oben mit einer Bohrung zur Befestigung des Quetscher-Abstimmdrehkos. Die Rippe und die Auswölbung waren bei der Monatge des Luftdrehkos im Weg und wurden entfernt. Hierzu wurde die Rippe von der Front her in Abständen von einigen Millimetern durchbohrt und die verbliebenen Materialstege weggebrochen. Diese Bruchkante wurde im Bild rot eingefärbt.
Auch die Trägerplatte der Gleichrichterröhren war beim Einbau des neuen Drehkos im Weg und wurde mit einer Säge ausgeklinkt.

Von unten:

   

Hier sieht man im unteren Bildteil den massiven, schon etwas aufgeblähten  Sammelkondensatorblock, der über zwei Haltebügel am Stahlrahmen fixiert ist. Im oberen Bildteil der nicht weniger massive Netztrafo. Man versteht, wie das stolze Gewicht von 8kg zustande kommt.

Im nächsten Schritt wurden die Pertinax-Platinen vom Untergestell abgeschraubt (Die Schrauben wurden oben in der rechten Seitenansicht gezeigt)
Zunächst nur die große Platine mit der Hauptverdrahtung. So sieht die demontierte Hauptplatine von unten aus:

   

Und so die Verbindungen vom Netztrafo zur Trägerplatine der Gleichrichterröhren:

   

Nun wurde auch die Gleichrichterplatine abgenommen. So sieht sie von unten aus:

   

Nach Demontage der beiden Platinen hat man nun die Basis-Montageplatte vor sich. Im frontalen Teil sieht man eine durch eine kleine Zwischenwand abgetrennte Sektion, in die von unten die Anschlussfahnen des Sammelkondensators hineinschauen. Hier werden die hohen Spannungen hantiert und hier liegen die leider z.T. verbrannten Widerstände zur Einstellung der Gittervorspannungen:

       

Es gibt auch gute Neuigkeiten:
 
(i) Der 600pF Rückkopplungsquetscher scheint noch original zu sein:

       

(ii) der Netztrafo wurde überprüft und ist i.O.

(iii) Die Siebdrossel ist ebenfalls i.O. Hier ein Bild der Drossel mit 1mm Luftspalt.

   

Die Klemmwiderstände der Hauptplatine wurden überprüft. Die Werte liegen zwar meist etwas höher als die Angaben im Schaltbild, sind aber noch vertretbar. Das Gleiche gilt für die Klemmkondensatoren.

Die Restaurationsarbeit an der Haupteinheit wird sich also auf den Skalenantrieb, die Skalenzeiger, den Original-Abstimmdrehko und die Spuleneinheit konzentrieren. Zuvor muss man die neuen Einbauten entfernen und versuchen, an den rot markierten Stelle die fehlenden Partien des Spritzgussteils zu rekonstruieren. 

Allerdings frage ich mich auch noch, wo ich zu vertretbarem Preis eine RE604 oder LK460 herbekommen. Aber das ist wahrscheinlich noch das kleinste Problem.

Der Sammelkondensatorblock hat sich bereits aufgebläht und muss sicher neu befüllt werden -> auch kein Problem.



Der Lautsprecher L.600

Hier mal eine gute Neuigkeit: Lautsprecher und Ausgangstrafo funktionieren noch. Allerdings messe ich an der Feldwicklung einen Widerstand von
4000 Ohm, während die TFK-Dokumentation von 3000 Ohm spricht. Für den Funktionstest wurde die Feldwicklung mit 200V= versorgt, wobei ca. 50mA flossen.

Hier ein paar weitere Daten:
Frontdurchmesser: 21 cm, Einbaulänge: 19,5cm, Feldspulenlänge: 9cm, Durchmesser der Schwingspule: 4cm(!) Gewicht: 6,8 kg

Ein paar Bilder:

                           

Das Membranenmaterial ist ungewöhnlich. Möglicherweise mit Schellack getränktes Papier?
Hier noch zwei Bilder des in den Schaltungen nicht spezifizierten 2000 Ohm Vorwiderstandes der Feldwicklung:

         

Der Plattenspieler Hersteller: Fa. Stehle)

Nun zum Abschluss dieses langen Berichtes noch ein paar Details zum Plattenspieler. Mir ging es wie Andreas, den Plattenteller bekam man nicht von der Antriebsachse gezogen. Hier zwei Bilder des zentralen Lochs, in dessen Tiefe man die unregelmäßige Bruchkante der Hartgummiachse sieht und daneben die abgebrochene Spitze dieser Achse, die ich im Behälter für gebrauchte Nadeln entdeckte. Passt genau!

       

Damit man das entbeinte Gerät besser hantieren konnte, habe ich auch noch den Deckel weggebaut - immerhin etwas leichter!

   

Vor der weiteren Demontage hier noch Bilder von der Plattentellerbremse und der Plattenteller / Skalenbeleuchtungseinheit mit 3 Birnchen 4,5V / 0,3A:

           

Auf den folgenden Bildern sieht man das Lautstärkepotentiometer des Plattenspielers, die Kontakte für die Netzspannungabschaltung wenn man den Servicedeckel anhebt und die teilweise defekten Vorwiderstände des Plattenspielermotors, die eine Anpassung der Motorspannung bei Betrieb zwischen 110V und 220V Netzspannung erlauben.

                 

Nun stelle sich die Frage, wie man den Plattenspieler ausbaut, ohne den Plattenteller abzunehmen. Hier hat sich Telefunken einen Trick einfallen lassen. Der Plattenteller sitzt auf einer ins Gehäuse versenkten Holzplatte. Diese ist auf der linken Seite mit 2 zugänglichen Schrauben über Stahllaschen mit dem Gehäuse verschraubt. Auf der rechten Seite sind die Schrauben von oben nicht zugänglich, man kann die Laschen aber von unten her lösen und in eine Position schwenken, die gestattet den Plattenspieler als ganze Einheit aus dem Gehäuse zu heben.

Hier zunächst 2 Bilder der kompletten Plattenspielereinheit im ausgebauten Zustand von oben und unten. Die roten Pfeile im 2. Bild zeigen auf die besagten Befestigungslaschen, die man unter die Holzplatte schwenken kann, um die Plattenspielereinheit aus dem Gehäuse zu heben:

       

Hersteller "Fa. Stehle" und Type 30A?

       

Übersetzung vom Motor auf die Plattentellerachse und den Fliehkraftregler:

   

Der Fliehkraftregler, an dem leider eines der 3 Gewichte inclusive seiner Federstahl-Halterung fehlt. Ob man so etwas wohl findet?

       

Heute früh habe ich den Motor des Plattenspieler an 110V~ angeschlossen. Das ist die niedrigste Netzspannung bei der das Gerät noch laufen soll - und so habe ich mir gesagt, dass man in diesem Fall vermutlich keinen Vorwiderstand benötigt. Vor dem Probebetrieb habe ich noch die Kohleschleifer des Motors  überprüft, die mir aber noch recht lang erschienen.
Bei Anlegen der Spannung, drehte sich der Motor ... und auch der Plattenteller - etwas zögerlich und rumpelig. Die Stromaufnahme lag bei 250mA, was mir auch nicht zu hoch erschien. Somit wäre auch geklärt, dass der Plattenspieler im Prinzip funktioniert.

Natürlich würde ich nach wie vor ganz gerne den Plattenteller von der Achse ziehen - was mir ja bisjetzt noch nicht gelungen ist.  Dieses Problem wird jetzt aber einfacher anzugehen sein, als im eingebauten Zustand, da man ja schlimmstenfalls die ganze Mechanik wegbauen kann, bis die Plattentellerachse freiliegt. Dann kann man die Achse in einen Schraubstock mit Messingbacken einspannen und den Plattenteller herunterdrehen. Wie gesagt: Schlimmstenfalls - vielleicht schaffe ich es ja auch noch einfacher. .

Was auf jeden Fall gefunden werden muss, ist das fehlende Fliehkraftgewicht mit seiner Aufhängung oder ein kompletter, passender  Fliehkraftregler. Vielleicht weiß der Anton hier Rat?

Ja, Kollegen, so kompliziert haben sich der Andreas und ich die Restauration des ARCOFAR T1000 eigentlich nicht vorgestellt. Mal sehen, ob wir das mit vereinten Kräften wieder hinbekommen. Ich wäre jedenfalls dankbar für jede Hilfe!
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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#24
Toller Schadensbericht. Die Bilder sprechen für sich. Dieses Radio ist eine riesige Großbaustelle. Für einen allein zuviel. Hier müssen mehrere ran und Teile übernehmen wie beispielsweise diese Fliehkraftgewichte. Sowas kann nur jemand mit entsprechend ausgestatteter Werkstatt und Maschinenpark machen; das übersteigt die Möglichkeiten eines Bastelkellers.

Noch mal zu diesen Fliehkraftgewichten: 2 Gewichte sind doch noch da; kann man denn da nicht das fehlende Gewicht nebst Feder nachbauen? Ich würde das versuchen, wenn ich die Möglichkeiten dazu hätte. Habe ich aber bedauerlicherweise nicht mehr. Keine Drehbank mehr und auch keine Fräsmaschine mehr (würde mir auch nix nützen, habe nämlich keinen Platz mehr für sowas). Es gibt aber doch hier bestimmt irgendjemand, der sowas nachbauen kann. Einen Versuch ist's wert. Und so schwierig kann das doch nicht sein, zumal ja 2 Originalteile als Muster da sind.

Grüße aus BL

Peter
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#25
Super Bericht Harald!
Das Fliehkraft-Gewicht sehe ich wie Peter - das wird das geringste Problem sein. Das schlimmste werden sicher die beiden Endstufen, das wird teuer werden, das original hinzubekommen. Vielleicht einen "sozialverträglichen" Ersatz, für den nichts grossartiges weiter umgebaut werden muss?
Was mich beeindruckt hat, das ist dieser wahnsinns Lautsprecher, der ist ja irre!
Ich drücke Euch und uns allen die Daumen, daß Ihr das Gerät wieder hinbekommt.
Gruß,
Uli
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#26
Die Regulatorfedern für die Fliehkraftgewichte gibt es noch zu kaufen. Bei den Gewichten gibt es das Problem, dass es sehr viel verschiedene Gewichte gab. Also entweder ein Baugleiches nachdrehen lassen (Gewicht muss exact wie die anderen Gewichte eingeschliffen werden), oder mal versuchen, ob noch Jemand ein solches Gewicht liegen hat. Eine gute Adresse für dieses Zubehör ist: http://www.grammophon-bastler.de/
Der Inhaber, Peter, gibt auch gerne Tipps und Beratung am Telefon. Vielleicht hat der Peter auch noch genau so ein Gewicht auf Lager.

http://www.grammophon-bastler.de/ersatzt...ture-0032/

Am Besten gleich 3 neue Federn bestellen.

Wenn ich bei Grammophonen den Teller nicht abbekommen habe, mache ich es immer so:

Teller von Rande her mit kleinen Holzkeilen auf Spannung nach oben geben und dann mit einem Plastikhammer auf die Mittelachse klopfen. Meist löst sich der Teller dann mit einem Schlag. Da bei Deinem Gerät aber nun ein Hartgummi als Mittelachse verbaut ist (sehr seltsam, habe ich noch nie gesehen), ist die Frage, ob Du mit einem Körner auf das Metall der Mittelachse kommst (der Gumminippel ist doch eh ab?) und darauf einen leichten Schlag geben kannst. Empfehlenswert ist, vorher etwas WD40 einzusprühen.

Der Motor hat 2 Fettkartuschen zur Vorratsschmierung. Da sollte neues Fett rein. Das alte Fett wird vermutlich verschmutzt und verharzt sein. Aber das wirst Du schon selbst wissen. Das ist eine einfache Mechanik und relativ leicht zu überholen. Der Filz-, oder das Lederstück am Bremshebel muss auch gerichtet werden. Da ist abgenickt und halb aus der Halterung gerutscht und liegt nun auf dem Rand der Bremsscheibe auf. Es sollte aber frontal gegen die flache Seite der Bremscheibe drücken.

Das ist wirklich eine große Baustelle, aber auch wirklich interessant wie ich meine. Was meinst Du, wann etwas die Umbauten erfolgt sind? Eher in alter Zeit, oder in jüngerer Zeit? Für mich als "KeineAhnungHabender" von solchen, alten Radiogeräten, sieht das Alles recht professionell gemacht aus, auch wenn es für Dich eine grobe Verunstaltung des Apparates ist, und sich der Rückbau nun extrem aufwendig gestaltet. Aber es lohnt sich bestimmt, dieses tolle und seltene Gerät wieder herzurichten. Und wenn der Radioteil nachher nur noch wenig empfängt, mangels noch vorhandener Sendeanstalten auf AM, so kann man dieses Gerät doch immerhin noch als Schellackspieler mit eingebautem Verstärker vorführen und nutzen. Harald, bei Dir ist das Gerät in den richtigen Händen, das wird schon...
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#27
Oh weiha, was ein Bericht, Oh weiha was eine Baustelle Harald, toi toi toi.

Zu den fehlenden Fliekraftreglergewichten, ich kann mal meinen Drehermeister fragen......
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#28
Danke für die tolle Schilderung mit den wirklich aussagekräftigen Fotos, Harald.

Also ich sage mal: Da wurde schon mit Sachverstand umgebaut, allerdings ohne Zimperlichkeit in puncto Originalität. Halt so wie vermutet, nämlich dass eine Funktionalität als Radio auch weiterhin gegeben war. Keine wirklich neuen Bauteile erkennbar, d.h. wohl ein sehr lange zurückliegender Umbau.

Aber: ich hatte es mir ehrlich gesagt noch schlimmer vorgestellt Blush  .



Bestandsaufnahme in Kurzfassung:
  • Gehäuse gut, natürlich muss die Frontplatte restauriert werden (Bohrlöcher)

  • Plattenspieler weitestgehend gut und komplett (Widerstände, Plattenachse und fehlendes Gewicht sehe ich nicht als gravierend an, das Tonträgersystem wäre noch näher zu prüfen)

  • Rückwand, Lautsprecher und Originalskala vorhanden, Trafo intakt

  • Gravierend: Originalspulen fehlen, Originalwellenbereichsumschalter vllt. mit Fehlteilen, O.-Drehko plus Schleppzeigermimik fehlen. Chassisteile abgesägt / abgebrochen.
Heißt also:

1) ein Sammler mit originalbelassenem Gerät wäre aufzutreiben (rm.org ?)


2) identifizieren, ob in zeitgleich produzierten Telefunken, Siemens- oder AEG - Geräten eines anderen Typs Teile verbaut wurden, die hier passen, z.B. Drehko, Spulensatz.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Telefunken für dieses sehr einfach gestrickte Radio jedwedes Teil eigens produziert und wirklich nirgendwo anders verbaut hat. Siemens z.B. hatte seinerzeit eine automatische Umschaltung des Wellenbereichs M/L beim Weiterdrehen der Skala (die Geräte mit der sog. "Riesenskala")
Möglicherweise hilft das Telefunkenwerkstatthandbuch hier weiter, wenn man die "Lagernummer" vergleicht und feststellt, dass Teil xy auch in Gerät abc verwendet wurde.

3) Jemand mit soliden Kenntnissen im metallbearbeitenden Bereich müsste prüfen, inwieweit die "abgebrochenen" Teile neu gefertigt und mit der verbliebenen Substanz verbunden werden könnten (bei Zinkguss würde möglicherweise geklebt werden müssen, will mich dazu aber hier nicht aus dem Fenster lehnen).

Ein anspruchsvolles Projekt, aber eine Herausforderung. Wie bereits gesagt: hier sind schon ganz andere Ruinen neu aufgebaut worden.


p.s.1: "Fliehkraftgewicht": wie beschrieben neu drehen, oder alternativ von einem defekten Grammophonlaufwerk 3 gleiche nehmen (wichtig ist ja die Symmetrie aller 3 Gewichte).

p.s.2: REN 904m -> könnte das "m" für metallisiert stehen?


Gruß
k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#29
Hallo zusammen,
wirklich eine Herausforderung. Da würde ich schon versuchen, auch eine Originalröhre zu bekommen. Interessante Details, die Kabel innerhalb des Plattenspielers scheinen welche mit Bleimantel zu sein - gabs früher auch als Anschlussleitungen für Telefonanschlüsse. Die Perlen an den Vorwiderständen, die wie Ferrit aussehen, kenne ich noch als Keramikperlen aus alten Elektroherden. Damit wurden die Anschlussdrähte zu den Herdplatten isoliert.
Gruß
Alex

M(Ende) gut - alles gut! Smile
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#30
Ein sehr interessantes Gerät. Das mit dem Fliehkraftregler solle zu machen sein. Der muss zerlegt und gereinigt werden.
Vermutlich muss auch die Oberfläche der Bremse leicht abgedreht werden, da die Fläche sehr sauber sein muss.
Auch der kleine " Pömpel " oben auf dem Plattenteller kann man neu machen. Ich würde da erst einmal Kriechöl eintröpfeln und liegen lassen. Da sitz ein Konus drunter der gelöst werden muss. Diese waren sehr genau gefertigt, damit der Teller nicht eiert.
Habe immer soviel Arbeit, dass ich mir eine aussuchen kann. Smile

Grüße Frank, der Moschti
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#31
Danke an alle für die Kommentare und Ratschläge. Inzwischen bin ich ein Stück weiter gekommen:

Der Plattenspieler Hersteller: Fa. Stehle)

Nach einigem Knobeln fiel mir ein, dass die thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Metallen und Kunststoffen sehr unterschiedlich sind: Bei letzteren viel höher als bei Metallen. Also habe ich den ganzen Plattenspieler mitsamt seiner Holz-Grundplatte in eine große Plastiktüte gesteckt und ihn für ein paar Stunden in der Tiefkühltruhe gelagert. Tatsächlich, der Kunststoff war geschrupft und man konnte den Plattenteller  mit einem kleinen Ruck von der Achse ziehen. So sieht er jetzt aus:

           

Im 2. Bild habe ich die abgebrochene Spitze auf den Stumpf gelegt. Passt. Muss ich nur schauen, wie ich die zentriert angeklebt bekomme. Wahrscheinlich muss man einen neuen konischen Kunststoff-Überwurf herstellen. Der jetzige scheint mir auf der Metallachse etwas durchzurutschen.

Die Haupteinheit

Ich habe mich überwunden und habe sämtliche zusätzlichen Einbauten von der Haupteinheit entfernt: Die auf der Oberseite verlegten NF-Leitungen zum Lautsärkepoti, das Poti mit seiner Halteschiene, die Skalenseil-Antriebsachse, den Drehko und den Betriebsartschalter.

Dabei habe ich folgende Erkenntnisse gewonnen:

Der originale Betriebsartenschalter hat 3 Schaltstellungen: Aus, Rundfunkempfang, Schallplattenwiedergabe. Die Stellung Rundfunkempfang war nicht in MW und LW untergliedert.

   

Die linken 2 Kontaktfedern dienen als Netzschalter, die rechten 3 dienen dazu, das Steuergitter der 1. REN904 wahlweise über einen 250pF Koppelkondensator mit dem Eingangskreis oder über den Lautstärkeregler des Plattenspielers mit der Schalldose zu verbinden.

D.h. die Umschaltung MW-LW erfolgte durch einen zweiten, nicht mehr vorhandenen Schalter, der offenbar auf dem Chassis hinter der Skalenscheibe installiert war und durch eine Nase am Skalenrad betätigt wurde, wennimmer man die Abstimmung vom schwarz beschrifteten zum rot beschrifteten Teil der Skala drehte. Dieser Schalter hatte 3 Kontakte: (1) zum Verkürzen der Vorkreisspule bei MW-Emfang (2) zum Verkürzen der Rückkopplungsspule bei MW-Empfang und (3) zum Umschalten vom niederkapazitiven Stator (MW) des Abstimmdrehkos auf den hochkapazitiven Stator bei LW.

Bei dem eingebauten Wellenbereichsschalter handelte es sich übrigens um einen Typ ES2 vom Hersteller HFWM (DDR Nachfolge Görler)

       

Daraus könnte man schließen, dass der Umbau erst nach 1950 erfolgte.

Beim Ausbau des ES2 wurde übrigens auch die Antennenbuchsenplatte abgeschraubt. Selbst dort sieht man etwas Überraschendes: Nur 2 der 4 Buchsen haben Lötfahnen. Nein, sie wurden nicht entfernt!

       

Wo liegen dann die zwischen den Buchsen A1 und A sowie zwischen A2 und A eingefügten Antennen-Koppelkondensatoren? Sie liegen zwischen der oberen und der unteren Deckplatte der Antennenbuchsenplatte. Die Enden schauen etwas heraus (rote Pfeile!)

Da bei der Demontage des Drehkos auch die Skalenscheibe entfernt werden musste, habe ich noch einmal Fotos von den originalen (grüne Pfeile) und den zusätzlich gebohrten Löchern (rote Pfeile) gemacht. Auf der Rückseite sieht man deutlich, dass hier ein rechteckiges Teil aufgenietet war - ich vermute, dass es sich hierbei um den Schaltnocken für die Betätigung des MW-LW-Umschalters handelte.

       

An einer Stelle hat man eine Nase herausgedrückt, die vermutlich als Endanschlag für die Schleppzeiger diente (grüner Pfeil). 

   

Nach Entfernen der zusätzlich eingebauten Teile sieht man nun, wie die Front der Spritzguss-Montageplatte bearbeitet wurde. Die Bruchlinie ist wieder rot markiert:

       

In der Nahaufnahme sieht man deutlich die Überreste von zwei Kupfernieten, mit denen einmal ein Bauteil auf der Montageplatte befestigt war - ich nehme an, dass es sich hierbei um den MW-LW-Umschalter handelte. Hier mussten Kupfernieten mit Senkköpfen verwendet werden, da auf der Unterseite der Kondenssator-Sammelblock liegt. Es gibt noch weitere Löcher, deren Zweck mir noch nicht klar ist.

Irgendwie geht mir hier Wilhelm Buschs Fromme Helene nicht aus dem Kopf: " Hier sieht man noch die Trümmer rauchen, der Rest ist nicht mehr zu gebrauchen."
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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#32
Hallo,
eine RE604 aufzutreiben, ist fast unmöglich,
die wird zu horrenden Preisen gehandelt,
ebenso die Ersatzröhre AD1.
Was aber funktionieren könnte, wäre die 2A3,
die hat zwar `ne andere Heizspannungsversorgung
und einen anderen Sockel - das bekommt man aber hin -
dafür ist sie noch recht preiswert zu bekommen...
Gruß
Rolf
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#33
Die RE604 ist kein Problem. Die erhält Harald von mir.

MfG DR
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#34
Hallo Freunde,

ja, der Harald und ich sind uns nun auch mit dem Radio handelseinig geworden. Es lag mir sehr daran, dass das Gerät in Harald's Besitz kommt. Das Gerät stellt doch einen historischen Zeitzeugen dar. Nicht jeder von uns wäre in der Lage ein so technisch und mechanisches anspruchsvolles Projekt zu verwirklichen. Die letzten Tage habe ich aber auch schon aus Harald's Berichten zu dem Radio gemerkt, dass er doch irgendwie an der "verbastelten Gurke" (Zitat Harald hängt). Noch einmal. Als versierter Radiosammler und Bastler hat es mich halt geärgert, dass ich nicht auf die Veränderungen im Gerät hin weisen konnte, weil ich sie einfach nicht bemerkt habe. Aber lassen wir das alles. Harald, ich freue mich Sehr! In Deinen Händen wird da was draus. Ich denke nicht nur ich freue mich über weitere, detaillierte Berichte.

@Dietmar. Ich finde das natürlich von dir eine sehr noble Geste, dem Harald diese Röhre zu überlassen. Er wird sich da sehr freuen. Aber so kenne ich Dich mittlerweile.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#35
@Rolf: Die Geschichte mit der 2A3 hat einen unangenehmen Haken: Die Heizspannung durch einen entsprechenden Vorwiderstand von 4V auf 2V herabzusetzen ist zwar unsproblematisch - problematisch ist aber die Tatsache, dass die 2A3 einen Heizstrom von 2,5A zieht, also einen Faktor 4 mehr als die RE604. Die Frage ist, ob der 4V Heizwickel des Netztrafos das problemlos verkraftet.
Eine Alternative zur RE604 wäre die LK460, deren Preis nicht ganz so exorbitant ist. Das liegt wohl daran, dass bei den Käufern aus Fernost das TELEFUNKEN - Logo vom Nimbus bester Deutscher Qualitätsarbeit umkränzt ist.

Dank Dir, Dietmar! Werde bei passender Gelenheit auch mal einen Stein in Deinen Garten werfen.
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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#36
Klaus W schrieb: "p.s.2: REN 904m -> könnte das "m" für metallisiert stehen?"

Das sehe ich genau so, wie auch der Hans Knoll. Im RM.org findet man bei der REN904 auch Bilder sehr früher Ausführungen der Röhre. Diese ist ja eine Weiterentwicklung der REN804 (REN1004 oder REN1104?). Und diese hatten noch keine Metallisierung.


.jpg   telefunken_ren904_klar_.jpg (Größe: 9,37 KB / Downloads: 499)
.jpg   2xren904003.jpg (Größe: 7,06 KB / Downloads: 498)

Das sind zwei Beispiele von nicht metallisierten REN904 vom RM.org.

Als dann die REN904 in Superhetschaltungen als Oszillator verwendet wurde, war eine Schirmung notwendig geworden. Das gilt ebenfalls für die Verwendung als Audion z.B. im VE301W. So gab es schließlich die REN904 nur noch mit Metallisierung (als Normalauführung).

Aber zum Zeitpunkt, als der Arcofar im Handel war, gab es offensichtlich noch beide Ausführungen der REN904. Und beim Arcofar wurde die abgeschirmte Version verwendet. Der Arcofar war damals so etwas wie der "Mercedes" unter den Musikgeräten. Und da durfte schließlich nichts brummen oder surren bei der Wiedergabe.

MfG DR
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#37
(25.07.2016, 23:53)radioljub01 schrieb: Tatsächlich, der Kunststoff war geschrupft und man konnte den Plattenteller  mit einem kleinen Ruck von der Achse ziehen. ....

Im 2. Bild habe ich die abgebrochene Spitze auf den Stumpf gelegt. Passt. Muss ich nur schauen, wie ich die zentriert angeklebt bekomme. Wahrscheinlich muss man einen neuen konischen Kunststoff-Überwurf herstellen. Der jetzige scheint mir auf der Metallachse etwas durchzurutschen.
Hallo Harald,

da hast Du Deine Berufung gefunden und liegst damit im gleichen Fahrwasser wie achim mit seinen Kristalltonabnehmern. Vielleicht ist achim auch bereit, den einen oder anderen Tipp für die Wiederherstellen des Kunststoff-Überwurfes zu geben. Für einen neuen Überwurf muss Du ja das richtige Material und dann die richtige Herstellungsmethode finden.

Ich gehe mal davon aus, dass der originale Kunststoff in Laufe der Jahre verhärtet ist und deswegen die Spitze abgebrochen ist. Dafür spricht ja auch, dass sich der Plattenteller nur mit Hilfe der Kühltruhe vom Überwurf trennen ließ. Das ursprünglich elastische Material hat den Plattenteller elastisch fixiert und ist dann hart geworden.

Ein Ankleben der Spitze ist natürlich eine Möglichkeit. Zentriert wird das Kleben nur schwer gelingen. Auch die ursprüngliche Elastizität ist nicht mehr vorhanden, sodass ich für die Neuerstellung plädiere.
Viele Grüße

Franz Bernhard


... und die Radios laufen nicht weg.....
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#38
(26.07.2016, 08:58)DiRu schrieb: Die RE604 ist kein Problem. Die erhält Harald von mir.

MfG DR

Wow! Smiley32
Gruß,
Uli
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#39
Liebe Kollegen,

nach längerer Denkpause habe ich nun mit den Reparaturarbeiten am ARCOFAR begonnen, und zwar wie üblich an der Stromversorgungseinheit.
Da sowohl der Netztrafo als auch die Siebdrossel intakt sind wurde der Kondensatorblock ausgebaut und begutachtet. Hier 2 Bilder des massiven Blocks mit den Maßen L x B x H 158 x 65 x 95 mm:

       

An und für sich bin ich nicht so der große Freund vom Kondensatorwechseln, aber die hier gemessenen Leckströme und das bereits sehr stark aufgeblähte Gehäuse haben mich dann doch dazu bewogen, der Inhalt des Blocks zu erneuern.
 
Zunächst wurden die Kapazitätswerte der 5 im Block enthaltenen Kondensatoren ermittelt. Zu diesem Zweck verwende ich normalerweise ein R&S KARU, also ein nach der Resonanzmethode arbeitendes Messgerät, das sich im Gegensatz zu den meisten modernen Kapazitätsmessgeräten dadurch unterscheidet, dass man sich auch bei erhöhten Leckströmen auf den angezeigten Wert verlassen kann - lediglich die Breite der Resonanzkurve nimmt natürlich mit zunehmenden Leckströmen ebenfalls zu.
Ein Vergleich der ermittelten Werte mit den vorhandenen Unterlagen (TELEFUNKEN, Lange-Nowisch, A.R.T.) war übrigens nicht möglich, da die Werte weder in den originalen Stücklisten noch in den Schaltplänen angegeben waren.

Hier im A.R.T Schaltbild wurden die gemessenen Werte nun nachgetragen. Der Siebkondensator in der Anodenspannungszuführung der Audionröhre wurde eigentlich zu 1,05µF gemessen.

   

Und so sind die Lötösen des Kondensatorblocks belegt:

   

Wie man sieht, dient die eine Doppellötöse in der Mitte rechts nur als Verdrahtungsstützpunkt für die Widerstände des Spannungsteilers für die Einstellung der Steuergitter-Spannungen. - hat also keine inneren Verbindungen.
Eine andere Lötöse (zweite Reihe von oben links) ist intern mit der Doppellötöse in der zweiten Reihe von unten links verbunden (gekennzeichnet mit dem Kürzel "i.V.").

Was mich nun doch wunderte, waren die krummen Werte einiger Kondensatoren. So war ich gespannt auf das Aussehen der Wickel - und das war etwas überraschend:

   

Man sieht eigentlich nur 2 Typen - große und kleine Wickelpakete.

Nimmt man an, dass der Sollwert der großen Wickel bei 2,5µF liegt, so ergibt die Parallelschaltung von 2 Wickeln 5µF und von 4 Wickeln 10µF, was ja auch gut mit den gemessenen Werten übereinstimmt; wenn man mal von den 10% Abweichung zwischen 5 und 5,5µF ansieht. Betrachtet man die Chargennummern der Wickel so erkennt man unterschiedliche Fabrikationsdaten: 15/3 30 /1770 und 13/3 30 /1770. Das könnte also die 10% Abweichung erklären.

Mehr erstaunt hat mich der Unterschied zwischen den kleinen Wickeln untereinander, der ja, wenn man mal einen Sollwert von 1µF ansetzt bereits bei +30% liegt; und dies obwohl die Wickel genau dieselben geometrischen Abmessungen und die gleichen Fabrationsdaten haben: 24/3 30/1769 Vielleicht schwankte ja die Dicke des Isolierpapiers in der Fertigung so stark, dass sagar Kondensatoren aus ein und derselben Fabrikationscharge so starke Wertschwankungen zeigten. Wohlgemerkt, ich rede hier nicht von den Toleranzen solcher Kondensatoren an sich, sondern um die Wertstreuungen von offensichtlich baugleichen Kondensatoren.

Damit der Verwirrung noch nicht genug: vergleicht man die Maße der kleinen Wickel mit denen der großen kann man irgendwie nicht glauben, dass sich deren Kapazitätswert nur um einen Faktor 2,5 unterscheiden soll. Die kleinen Wickel haben eine Dicke von 5mm, die großen 24mm. Vielleicht waren die großen Wickel für eine höhere Betriebsspannung ausgelegt, da sie direkt in der Anodenspannungsversorgung liegen und somit während der Anheizphase der Röhren Utr x 1,4 sehen? Die hierdurch bedingte Verwendung dickerer Isolierfolie würde eine größere Wickellänge und damit die großen Abmessungen erklären. Allerdings sieht auch der 1,05µF Siebkondensator in der Anodenspannungsleitung der Audionröhre während der Anheizphase diese erhöhte Spannung - ist aber trotzdem nicht dicker als die beiden 1,3µF Kondensatoren in der Gitterspannungssiebung.

Was habe ich hier nicht verstanden?

Jedenfalls werde ich mir als nächstes passende MUNDORF 630V MP Kondensatoren für die Neubestückung besorgen.
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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#40
Nachdem die Mundorf MP-Kondensatoren eingetroffen waren, wurde die entleerte Schachtel des Sammelkondensators neu bestückt und die ursprünglich direkt an die Lötfahnen des Sammler angelöteten Widerstände überprüft. Die 4 vorgefundenen Widerstände waren teils defekt, teils falsch eingelötet.

   


Die 2 intakten Widerstande (32 Ohm und 300 kOhm) wurden wiederverwendet. Die verbleibenen zwei (2MOhm Entladewiderstand für die Netzteilkondensatoren und 2 x 2kOhm im Gitterspannungsteiler) wurden erneuert.

   

Das ist garnicht so einfach wie man zunächst denkt.
Durch den Gitterspannungsteiler fließen nämlich ca. 44mA. Das bedeutet, dass auf den beiden parallel geschalteten 2kOhm Widerständen jeweils ca. 1W in Wärme umgesetzt  wird. Nun klingt zwar 1W nicht nach besonders viel, aber es hatte schon seinen Grund, dass Telefunken hier nicht nur einen Widerstand mit 1 kOhm sondern zwei Widerstände à 2kOhm parallel geschaltet hat. Obwohl sich die Wärmeleistung somit auf zwei Widerstände verteilt, beobachtet man, dass sogar diese noch recht heiß werden. Nun versucht man natürlich, die Widerstände zwecks besserer Wärmeabfuhr so "luftig" wie möglich zu platzieren - bloß leider ist zwischen den Fassungen der Gleichrichterröhren und dem Sammelkondensator nicht viel Platz. Hier ist also Vorsicht geboten. Auf dem Bild sieht man, wie eng es hier zugeht!

   

Nun konnte endlich damit begonnen werden, die Haupteinheit wieder zusammenzubauen. Auf der Verstärkerplatine wurden vorher noch die Kontaktflächen der Federbronzelaschen mit Leitsilber überzogen. Der schlechte Kontakt zwischen den Laschen und den eingeklemmten Komponenten ist nämlich ein ewiges Ärgernis.

   

Leider machen die auf Massepotential liegenden Kontaktfedern der REN904 Kathoden immer noch Probleme. Sie sind mit kleinen Kupfernieten auf die Messingleiterbahnen aufgenietet (rote Pfeile) - und da springt der Kontaktwiderstand nach Lust und Laune. Da muss ich mir noch etwas einfallen lassen -> Leitsilber oder verlöten.

   

Nachdem nun alles wieder zusammengebaut war, erfolgte der erste Funktionstest der Haupteinheit.

So sah der Versuchsaufbau aus:

       

Der Betriebsartenschalter der Arcofar-Haupteinheit wurde auf "Grammophon" gestellt und an den Grammo-Eingang über einen Kondensator von 1µF und ein 10kOhm Poti das Signal des TB-Ausgangs meines "Bajazzo sport 201" eingespeist. Funktionierte auf Anhieb wunderbar!

So konnten nun auch die bisher fehlenden Spannungs- und Stromwerte ins Schaltbild eingetragen werden. Alle Spannungen gegen Masse gemessen. Sieht alles ganz vernünftig aus. Der Geichstromwiderstand der Lautsprecher-Feldspule wurde übrigens noch einmal nachgemessen und ergab 3,85 kOhm.

   

Im Nachherein fiel mir noch eine Besonderheit im A.R.T. Schaltplan auf: An der Netzteildrossel steht "Feld". Das finde ich etwas irreführend, da man auf die Idee kommen könnte, dass es sich um die Feldspule des Lautsprechers handelt. Ist es natürlich nicht! Die Feldpule des Lautsprechers wird an die Buchsen "Erreg." angeschlossen. In diesem Zusammenhang ist noch interessant zu erwähnen, dass auf dem zur Feldspule in Reihe geschalteten 2kOhm Widerstand 62 mA fließen und somit fast 8W in Wärme umgesetzt werden. Es empfiehlt sich also, hier einen wirklich hoch belastbaren Widerstand einzubauen.

Im Zusammenhang mit den verfügbaren Schaltbildern ist mir auch ein Fehler in der originalen TFK-Dokumentation aufgefallen.

   

Der Wert des Bauteils Nr. 18, also des Vorwiderstands zur Lautsprecher-Feldwicklung beträgt natürlich nicht 2 MOhm sondern 2 kOhm.


Bisjetzt habe ich im Verstärkerteil aus anderen Geräten entnommene VALVO Röhren (2 x A4110, LK460)verwendet. Diese werden dann später durch die vom Dietmar (DiRu) spendierten TFK-Röhren ersetzt.

Wie geht es weiter?

Als nächstes werde ich mich der Reparatur des Plattenspielers widmen. Da werde ich -mangels ausreichender Fachkenntnis - noch viele Fragen an den Anton haben.

Später im Herbst habe ich mich mit einem RM.org Mitglied verabredet, der einen ARCOFAR im Originalzustand besitzt. Da werde ich dann versuchen, den Aufbau des HF-Teils abzukupfern.
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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