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Quelle Luxussuper, 1957
#1
Heute möchte ich mal ein Röhrenradio vorstellen, das extrem selten auftaucht und seit einiger Zeit auf meiner Werkbank steht:

Simonetta 3D Luxus - Breitform Super.

Was für ein Name !
   
Ich möchte auch hier wieder zuerst das Gerät vorstellen und mich in einem weiteren Beitrag der Reparatur widmen.

Wie man vielleicht an der Bezeichnung „Simonetta“ erkennt, handelt es sich um ein für das Versandhaus QUELLE hergestelltes Gerät. Die Stempelung im Gehäuse datiert das Gerät auf April 1957. Das QUELLE - Logo findet sich auch auf der Skala.

   

Insofern selten, da Röhrenradios von Versandhäusern eher mit dem Konkurrenten Neckermann in Verbindung gebracht werden.
Über das Gerät ist auch bei rm.org wenig bekannt, eine Suche von technischen Unterlagen, insbes. dem Schaltplan, blieb bisher erfolglos.
http://www.radiomuseum.org/r/quelle_simo...reitf.html

Von mir gekauft bei ebay, es gab außer mir keinen Interessenten. Vielleicht lag das daran, dass der Verkäufer ehrlich inseriert hatte und darauf hinwies, „dass UKW nicht funktioniere und selbst der Tausch der UKW-Röhre dies nicht behebe“. Aha, ein weiterer Radiobastler?

Von einem Sammlerkollegen wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass das Gerät von der Firma SÜDFUNK hergestellt worden sein müsste. Die Ähnlichkeit zum SÜDFUNK Maestro 816, der in meinem Radio-Arlt-Katalog von 1958 auftaucht, ist in der Tat so frappierend, dass dem so zu sein scheint.
http://www.radiomuseum.org/r/sudfunk_mae...816_1.html
Aber auch für den SÜDFUNK fand sich bis heute kein Schaltplan bei mir ein.

Nun zum Gerät.

Wir haben folgende Röhrenbestückung:
ECC85, ECH81, EF89, EF89, EABC80, EL84, EM80, EZ80
Also schon etwas Wertigeres, was die Empfangsleistung anbelangt.

Wellenbereiche: UKML, getrennte Seilzüge für AM und FM, allerdings keine mechanische Umschaltung, d.h. je 1 Bedienknopf.

Lautsprecher: 26 x 17cm als Hauptlautsprecher, dazu je 1 pdyn Seitenlautsprecher (Hochtöner) zu 9,5 cm.

Tasten:
U, K, M, L, TA, Ferritantenne (die FA ist zudem über Bedienknopf drehbar),
2 Klangtasten (die einzeln oder gemeinsam oder gar nicht gedrückt werden können und damit 4 Klangrichtungen ermöglichen),
dazu Höhenregler und Bassregler (ohne optische Anzeige auf der Skala).

Na, mitgezählt? Fehlt da was?

Uuuups Smiley39
Keine „AUS-Taste“ !

Ich hab’s auch erst nach dem Chassisausbau geschnallt.
Die Lösung verbirgt sich im Lautstärkepoti: dort ist nach alter Väter Sitte der Ein-/Ausschalter angeflanscht, d.h. mittels Poti-Drehung wird geschaltet, wie vor dem Krieg und Anfang der 50er, als Tastenaggregate noch nicht verbreitet waren. Eine ungewöhnliche Lösung für ein Gerät dieser Klasse im Jahre 1957.

Während das Gehäuse noch recht wertig verarbeitet ist, setzt sich dieser Eindruck im Inneren nur bedingt fort. Zwar sind durchweg sehr hochwertige Röhrenfassungen verwendet (da hätte sich Graetz in seiner Sinfonia 422 mal eine Scheibe abschneiden sollen).
Das Chassis aber ist aus sehr dünnem Stahlblech gekantet, die Seilzugrollen sind auf Blechstreifen gelagert, die aus dem Chassisblech herausgebogen wurden. Das funktioniert, sieht aber doch sehr „mager“, um nicht zu sagen „billig“ aus.
Es besitzt zudem zahlreiche vorgestanzte Bohrungen und Bohrlöcher für … ja, für was eigentlich?
   

Normalerweise sind das in Geräten unterer Preisklasse ja Aussparungen für Zusatzausrüstung noch höherwertigerer Geräte. Ob’s da noch was über dem „Luxussuper“ gab?
Glaube ich eher nicht. Auch von dem vermutlich verwandten und oben genannten SÜDFUNK Maestro 816 gibt’s im Katalog nur noch eine kleinere Variante sowie eine Musiktruhe.

Interessant wäre in diesem Fall, mal den hier behandelten Simonetta Luxussuper neben besagten SÜDFUNK zu stellen, vielleicht (spekulativ !) wurde er ja für QUELLE abgemagert. Zumindest könnten die bei rm.org verzeichneten Preise darauf hindeuten:

298,- DM für den QUELLE, 405,- DM für den SÜDFUNK.

Für diese Theorie spräche auch, dass die Simonetta zwar rückwandseitig (Beschriftung und Bohrung) eine Rundbuchse für Tonband vorgesehen hatte, diese im Chassis aber fehlt und sich nur die passende Bohrung mit Befestigungslöchern findet. Nachträglich durch einen Vorbesitzer entfernt wurde da nichts, das war ab Werk so.

Der recht wuchtige und schwere Trafo ist nur mit 2 Schrauben ans (dünnblechige) Chassis geschraubt. Merkwürdig. Weitere Stanzlöcher sind zwar vorhanden, verschwinden aber unter den Trafobefestigungsleisten. Da passt nichts. Dennoch Schmutzränder, die auf einen Originaltrafo schließen lassen.

Die Röhrenbestückung besteht aus Telefunken – Röhren, an Kondensatoren finden sich braune WIMA-„Malzbonbons“ sowie weiße Vergusskondensatoren der Marke FUNKTON von ähnlich kritischer Qualität. Kleinelkos sind von Frako.
An Widerständen sind –leider- zeittypische Ring-Widerstände verbaut, die gerne zu Defekten oder zu krassen „Wertsteigerungen“ neigen.
   
Ohne Schaltplan geht deren Nachmessung / Ersatz nur, solange man die Farben noch identifizieren kann, bei hitzemäßig belasteten Exemplaren: Pustekuchen. Da erscheinen alle Ringe in „braun“.
Mehr dazu im Technikthema.

Auffällig an der Skala sowie der Rückwandbeschriftung ist die 2-Sprachlichkeit: Deutsch und Englisch.
   
Ob man da auch Besatzungssoldaten im Käuferblick hatte? Zahlreiche Geräte des Konkurrenten EMUD tauchen auch heute noch bei ebay USA auf. Die Rückwand enthält zudem einen Hinweis auf Batteriebetrieb (!), der aber ab Werk überklebt wurde und das Gerät somit nur noch für Wechselstrombetrieb ausweist. Offenbar der Versuch, für verschiedene Geräte mit einer Rückwandbedruckung hin zu kommen.
Die Typstempelung und Gerätenummer sollte auf der Rückwand eingetragen werden, dazu sind 2 Felder vorgesehen. Bei unserem Gerät fehlt die Stempelung jedoch, oder ist verblasst / abgefallen.

Was die Leistung des instandgesetzten Gerätes anbelangt:
Sehr guter FM-Empfang, AM mangels Sendern nicht wirklich testbar, Klang gut, aber NF-seitig eher kein „Spitzensuper“. Letzteres hängt natürlich vom Anspruchsverhalten des Käufers ab.
Dennoch, meiner Meinung nach klanglich und empfangsseitig einer Graetz Sinfonia 422 nahezu ebenbürtig.
Immerhin überzeugt mich hier erstmals die gehörrichtige LS-Regelung, die nicht so sprunghaft den Klang ändert, wie bei den allermeisten sonstigen Geräten dieser Zeit, die schon auf meinem Werktisch standen.


Die Gehäuseform:
etwas eigenwillig. Kantig, aber dennoch mit gewölbter Gehäuseoberseite. Die Seiten zudem leicht schräg stehend. Glanzlack, also nicht hell mattiert, was zu der Zeit in Mode kam.

Das SÜDFUNK-Gerät ist mit den Gehäusefarben „Mahagoni“ und „Nußbaum“ im Katalog angepriesen, ob’s beim Simonetta diese Wahl auch gab, ist mir nicht bekannt.


Insgesamt:

Obgleich Versandhausware, eher ein Exot. Zumindest weitaus seltener als die Spitzengeräte von GRAETZ, GRUNDIG, NORDMENDE und Konsorten. Und auch seltener als die derzeit einen Nachfrageboom erlebenden Neckermänner dieser Jahre.

Preis-/Leistungsverhältnis: sehr gut, wenn der bei rm.org verzeichnete Katalogpreis von 298,- DM zu zahlen war. Quasi ein richtiges Schnäppchen. Für den Katalogpreis des SÜDFUNK: da finde ich 405,-DM als zu hoch gegriffen. Dazu fehlte der Marke auch das Renommee, d.h. der klangvolle Markenname, den sich Käufer bis heute gerne etwas kosten lassen.

Zur Technik des Gerätes im Fortsetzungsteil.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#2
Ja Klaus, da gabs noch ein Gerät ohne "Luxus" in der Beschreibung für 228DM. In wie weit das aber von dem anderen mit gleicher Röhrenbestückung abweicht???

http://www.radiomuseum.org/r/quelle_simo...rm_su.html

aber ein gefälliges Äuseres hat es ja. Ich kann mich nur nicht mit diesen Stoffarten anfreunden, bei den Nordmendes auch nicht.
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#3
Eine sehr gelungene und informative Gerätevorstellung! Die Versandhausgeräte von Quelle und Neckermann finden m. E. viel zu wenig Beachtung in der Sammlergemeinde. Es sind oft sehr schöne- und hochwertige Gerät wohinter sich wohlbekannte Hersteller verbargen. Diese Geräte werden auch immer seltener und insofern lohnt es sich bestimmt, solche Geräte zu erhalten.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#4
(05.06.2014, 19:26)Dietmar schrieb: Ja Klaus, da gabs noch ein Gerät ohne "Luxus" in der Beschreibung für 228DM. In wie weit das aber von dem anderen mit gleicher Röhrenbestückung abweicht???

http://www.radiomuseum.org/r/quelle_simo...rm_su.html

Hallo Dietmar,

das ist dann in der Modellreihung stimmig mit den SÜDFUNK-Geräten, wie sie im 1958er Katalog von Radio Arlt verzeichnet sind. Dort ist der SÜDFUNK Maestro 716 als kleinere Variante aufgeführt. Der Hauptunterschied liegt darin, dass der Kleinere 1 EF89 weniger hat, damit nur ein 6/10 Kreiser ist (der hier vorgestellte Luxussuper ist ein 7/12 Kreiser) und zudem einen kleineren Lautsprecher besitzt. Soweit zu den Katalogangaben.
http://www.radiomuseum.org/r/sudfunk_mae...716_1.html

Gruß
k.
_____________

Gruß
klaus


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#5
Hi klaus,

wieder einmal eine schöne und von dir gewohnte kritische Vorstellung. Gefällt mir. Quelle war in Nürnberg groß, Nbg war amerikanische Besatzungszone und von Amerikanern sehr frequentiert, klar, daß die auch in englisch gefertigt haben.
Das Design ist schon so markant End-50er, dass es fast schon wieder gefällt.
Viele Grüße 
Philipp
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#6
Ich werde, wie angekündigt, noch einen Teil "Technik" mit weiteren Fotos erarbeiten.

Davon ab ist natürlich auch vor dem Hintergrund dessen, was Anton ansprach, sicherlich mal die Frage interessant, was QUELLE so alles an Röhrengeräten vertrieben hat.
Darüber liest man wenig, zumal diese Geräte ja nicht in den Radiokatalogen des deutschen Großhandels jener Jahre gelistet sind. Daher hatte ich hier auch bewusst mit den SÜDFUNK - links den Bogen zum Hersteller des Gerätes geschlagen.

Aber, und das wäre für mich eine durchaus interessante Frage, auch wenn ich jetzt abschweife:

Neckermann wurde damals von der deutschen Radioindustrie regelrecht "bekriegt", da er seine Radiogeräte ja unter Ausschaltung der Instanz "Großhandel" direkt vom Hersteller bezog. Damit konnte er preiswert verkaufen, da 1 Kosten- (Gewinn-)ebene ausgespart wurde. Das konnte den Betroffenen so gar nicht gefallen ("Kartell") => Es entbrannte ein regelrechter Kampf gegen Neckermann, infolgedessen dieser gezwungen war, u.a. wegen eines Boykottaufrufs zur Reparatur der Neckermänner, eigene Werkstätten einzurichten.

Das müsste, wenn ich mir alleine die Preisgestaltung des hier vorgestellten Simonetta - Geräts anschaue, bei QUELLE doch im Grunde ähnlich gewesen sein (?).
Sicherlich ein Thema, das auch mal interessant wäre.

Gruß
k.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#7
Da wäre unter der Überschrift Quelle und Neckermann Firmengeschichte Interessant. Einen Neckermann habe ich ja vor kurzem auch fertig gestellt.

http://radio-bastler.de/forum/showthread...Neckermann

und ein http://radio-bastler.de/forum/showthread...Neckermann

der ist noch nicht ganz fertig.
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#8
Und weiter geht's mit Teil 2: Technik und Reparatur.


Das Gerät ist, nach meinem Kenntnisstand, ein 7 AM / 12 FM-Kreis-Super. Katalogangaben sprechen von einer 4 Watt Endstufe (EL 84), da steuerte die Konkurrenz die EL 84 werbewirksam in dieser Klasse zum Teil höher aus.

Der Drehko ist nur für AM, allerdings mit 3 Plattenpaketen. Das UKW-Teil ist ein zu dieser Zeit handelsübliches Einbauteil, das auch von anderen Herstellern genutzt wurde.

   


Ungewöhnlich ist die EZ80 als Gleichrichter, die Konkurrenz bot zumeist Selen-Brückengleichrichter auf. Das macht immerhin 2 Anodenspannungswicklungen auf dem Trafo erforderlich.
Alle gängigen Netzspannungen sind am Trafo einstellbar.

Nun also die To- Do- Liste:

> Gehäuse: wenige Lackschäden, sehr geringe Verschmutzung -> sauberer Haushalt, keine Nikotinspuren. Trotzdem Gesamtreinigung.

Furnierabplatzungen an einem der Füße.

Messingteile der Knöpfe waren zu polieren.

Seitenlautsprecher samt Gitter hingen wie ein Schluck Wasser in der Kurve (Befestigungen fehlten teilweise) und dröhnten.

> Netzstecker ersetzen.

> Anschlussstecker für geräteeigenen-UKW-Dipol fehlt

> UKW-Funktion wieder herstellen.

> „Grundbrumm“ zu hoch

> EM80 und EL84 stark verbraucht.

> Die EM80 steht „unverkleidet“ im Raum hinter der Skala und wird von oben durch eins der Skalenbirnchen beschienen. Da fehlt möglicherweise eine Verkleidung, also nachbauen.

> Lautsprecherverkabelung: in den Originalzustand zurückversetzen, ein Vorbesitzer hatte mittels zusätzlichem Kippschalter diese abschaltbar gemacht. Schade um das Loch in der Rückwand.

> WIMA - Malzbonbons und Artverwandtes tauschen, dazu die Elkos prüfen und, wie sich herausstellte: auch ersetzen.

> Alle „Ring“ – Kondensatoren identifizieren, prüfen, bedarfsgerecht ersetzen.

> Trafo: wurde trotz erfolgtem Tausch defekter Bauteile kochend heiß (Nicht schon wieder…).

> UKW-Seilzug: da stimmte was nicht, der lief hinter der Skala irgendwie von schief nach quer, so dass sich in gewissen Konstellationen die beiden Zeiger ins Gehege kamen. Zudem war 1 Seilrolle ohne Nutzung. Denksport, wie das wohl mal war.

> Abgleichkerne gangbar machen für Endabgleich.


Gar nicht so wenig, für ein insgesamt so gut erhaltenes Gerät.

Arbeiten wir die Liste mal ab.

Holzarbeiten: Damit stehe ich auf Kriegsfuß, sprich: willig + geduldig, aber doch hartnäckig mindertalentiert. Vielleicht auch einfach zu pingelig (pardon: zu anspruchsvoll). Die sind noch nicht abgeschlossen.

Reinigung: die Seitenlautsprechergitter mussten raus, Ursache für den wackligen Sitz waren 3 (von insgesamt 8) fehlende „Nägel“, die rückseitig mit Federspannblechen arretiert wurden. Ich habe, da bei der Demontage weitere Federspannbleche ermüdet den Geist aufgaben, hier rundum M2 x 20 – Schrauben mit Muttern eingesetzt. Das ging gut.
Reinigung per feuchtem Lappen und Seife, nach Trocknung RENUWELL verwendet.

Ersatz der Kondensatoren: geschenkt, keine Überraschungen.

Nun „lockte“ das eigentliche Problemkind, der fehlende UKW-Empfang.
Der Vorbesitzer hatte Recht, die vorgefundene ECC85 war gut, ein trotzdem durchgeführter Tausch brachte erwartungsgemäß……..nix.
Hmm.
Spannungen messen.
Ja, sind messbar, Röhre heizt auch. Keine Wackelkontakte feststellbar.
UKW-Teil zerlegen? Lieber nicht. Also zu meinen Lieblingsfeinden, den Ring-Kondensatoren.

Alle identifizierbaren prüfen.
Ha !
Ein Saboteur am letzten Bandfilter, zur 2. EF89. Optisch einwandfrei, aber null Durchgang.
Ersetzt -> Lauthals UKW-Empfang. JUHU, darauf Flasch….nein, noch zu früh am Tag. Weiterkämpfen. Alle Ringfritzen auf Durchgang geprüft, als erste Maßnahme, allen voran die angekokelten.
Und da war doch tatsächlich noch ein Übeltäter, direkt am UKW-Teil, der keinen Durchgang mehr hatte. Den habe ich durch Antesten der richtigen Größe dann mal auf 15 k definiert und diese Lösung verbaut: Spielt bislang hervorragend.

Nun spielte das Gerät schon ganz gut.
Dauertest.

Tja, und da war er wieder, der TRAFO. Der wurde sehr schnell wirklich warm.
Sehr warm.
Fast heiß.
Machen wir uns nix vor: Zu heiß !

   

Das Foto lässt ja eigentlich auch schon erkennen, dass da was zu warm wird. Rückseitig sind da auch noch die EL84 und die EZ80 sehr nahe platziert, so dass wir eine zusätzliche externe Aufheizung haben. Aber das ist ja nur ein zusätzlicher Nebeneffekt und nicht ursächlich, hier sah es so aus, als würde die Heizwicklung zu heiß.

Spannungen und Sekundärströme geprüft: ok.
Auf innere Kurzschlüsse zwischen den Lagen per Ohmmeter geprüft: nichts.
Etwaige Verkabelungsfehler bei der Reparatur: nein, auch nach gefühlten 4,8 Überprüfungen keine selbstgebauten Fehler entdeckt.

Hmmm. Laut Wahrscheinlichkeitsrechnung hatte ich mit dem defekten Trafo meines Grundig 1010, den ich hier kürzlich vorstellte, meine statistische Defekt-Trafo-Quote doch erschöpft. Zumindest für einige Jahre.
Auf die Statistik ist auch kein Verlass mehr.

Half nix. Provisorisch ersetzt durch den Trafo einer geschlachteten Sinfonia 422. Die hatte zwar fast identische Röhrenbestückung, aber keine EZ80, somit nur 1 Anodenwicklung. Also auch den Selenflachgleichrichter B250C100 der Sinfonia verbaut. Die EZ80 hätte zudem heizungsseitig den Trafo mit weiteren 0,6A belastet.

   

Ruhe im Karton.
Will sagen: das wird jetzt nur noch im üblichen Rahmen warm. Also, da ich hier vor Ort keinen anderen passenden Trafo hatte, diese Lösung zunächst dauerhaft verbaut, ohne auch nur 1 zusätzliches Loch zu bohren. Dazu auf optische Stimmigkeit geachtet, d.h. Haltewinkel und Spannungswählplatte des Originaltrafos verpflanzt.
Werde bei Gelegenheit mal meine Ersatzteilbestände durchforsten, da findet sich bestimmt auch noch was anderes.

Die beiden blauen Entstörkondensatoren werden auch noch anderweitig verlegt, allerdings dürfen sie rückwärtig nicht über die EL84 platziert werden, deswegen liegen sie auf dem obigen Reparaturfoto noch vorne. Aber das ist dann schon schöngeistige Optikverbesserung. Man kann die Dinger eigentlich auch weglassen.


Thema „Grundbrumm zu hoch“:
Da musste ich länger suchen. Alle defekten Kondensatoren waren getauscht, der Netzelko war ebenfalls nicht der Übeltäter. Ein Verkabelungsfehler (Brummschleife) bei Einbau des neuen Trafos plus Selen-Gleichrichter schied ebenfalls aus, da dieser Brumm schon mit dem alten Trafo vernehmbar war.
Blöd natürlich, wenn man keinen Schaltplan hat, dann wäre zumindest möglich gewesen, das Gerät auf fehlende oder veränderte Bauteile zu untersuchen.

Also wurden als nächstes die berüchtigten Ringwiderstände untersucht. Farbenschablone hervorgekramt und wirklich jeden einzelnen identifiziert, abgelötet, durchgemessen.
Ui.
Da fanden sich überdurchschnittlich viele, die weit außerhalb des Wertes lagen. Diese Widerstandsserie ist heute ein Quell steter Freude, eigentlich sollte man die gleich alle ersetzen. Waren mir aber zu viele.
Tja, und die "angebräunten": da waren natürlich keine Ringfarben erkennbar. Also Restwert gemessen, Schaltbild vergleichbarer Großsuper hervorgekramt und nicht zuletzt durch Spannungsmessung Näherung hergestellt.
War zwar notwendig, beseitigte aber nicht den "Grundbrumm", und der störte mich.

Letztlich stellte sich dann die EABC80 als Täter heraus: die war zwar mit hervorragenden Werten auf dem Funke W19S geprüft, aber hat wohl doch irgendeine Macke.

Nun spielt er laut, brummfrei und mit sehr angenehmem Klang.

Blieb noch der Seilzug.
Der war wohl mal gerissen und wurde durch ein kürzeres Exemplar ersetzt. Dadurch blieb 1 Rolle ungenutzt und der Verlauf war geändert. Sowas sind ja immer „spannende“ Aufgaben. Nach länglichem Probieren fand ich dann die –wahrscheinlich- richtige Lösung.
Aber auch dabei musste ich in meinen Teilefundus greifen, da der Zug durch eine der Umlenk-Rollen in meinen Augen zu wenig geführt wurde und die Gefahr des Abspringens latent gegeben war.
Vermutlich ein Konstruktionsfehler. Abhilfe schaffte eine leicht größere Rolle mit tieferer Schlitzung, die den Zug sicherer „packte“.


So, derzeit habe ich Besuch im Haus und die Arbeiten eingestellt. Nach Pfingsten kommen abschließende Arbeiten und dann geht die Simonetta in den Dauerprobebetrieb.

Hier das zusammengesetzte Gerät, allerdings noch auf der Werkbank:

   

   
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#9
Kann ich immer wieder nur bewundern, mit was für Liebe, Geduld und nicht zuletzt Sachverstand viele hier an solche Aufgaben herangehen.
Spätestens bei nicht auffindbarem Schaltplan bin ICH hoffnungslos "aufgeschmissen", wenn's nicht gerade offensichtliche Fehler sind.
Top!
Gruß,
Uli
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#10
Hallo Klaus

Danke für die umfangreiche Dokumentation.

Eigentlich schon schade, dass Südfunk da nicht getrennte AM/FM Einstellung realisiert hat. Mit dem Telefunken UKW-Teil hätten die dann ja auch noch die KW-Lupe mit wenig Mehraufwand anbieten können.

Gruss, Walter
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#11
Hallo Klaus Smile

Dein Bericht finde ich sehr interessant, auch u.a. wegen der etwas ungewöhnlichen Aus~Schalt~Methode
und Deinem Feedback zum Grund~Brumm~Übeltäter EABC80. Diese Röhre hat bei mir nach Ersetzen auch
mehrere angenehme Effekte gezeigt, z.B. klare schärfere Töne im oberen Frequenzbereich und so.
Auf jeden Fall ist Dein Radio so richtig schön geworden, gefällt mir SEHR gut Blush
Respekt für Deine geduldige und professionelle Wiederherstellungs~Leistung Thumbs_up

Beste Grüße aus MV von Peter
~~~~~ DE - MV  /  Connected ~~~~~
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#12
Mehr als 4 Jahre sind's nun her, dass ich diesen Beitrag schrieb, und schwupp...ging mir ein zweites dieser seltenen Geräte als Schlachtgerät ins Netz.

Diesmal in nussbaumbraun und zudem ein "Original": optisch identisch, aber mit dem Logo von SÜDFUNK auf Skala und Schallwand.

Technisch scheint es vollständig, Hauptlautsprecher und Stoffbespannung wurden allerdings unrettbar durch Nager hingerichtet. Gehäuse: so làlà.

Bietet mir nun die Gelegenheit, einen Originalrafo in mein hier vorgestelltes Quelle-Gerät zu transplantieren, somit die EZ80 wieder in Betrieb zu nehmen, und vor allem den Originalverlauf des Seilzuges kennenzulernen. Unterlagen gibt's zu den Geräten ja nicht.

k.
_____________

Gruß
klaus


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