Bevor ich zum Mende selbst komme, habe ich das Bedürfnis die Vorgeschichte zum Gerät zu erzählen:
Vor über 25 Jahren - es muss 1993 oder 1994 gewesen sein lernte ich über einen Funkerkameraden einen Radio- und Fernsehtechniker kennen. Beim ersten oder zweiten Besuch schenkte mir Jürgen (besagter R/F-Techniker) ein schwarzes Telefon und ein altes Radio, nachdem ich erzählte, dass mich Röhrenradios interessieren.
Beide Geräte standen bei ihm im Schuppen, eher dunkel und feucht gelagert, waren verstaubt und beim Radio fehlte die Rückwand.
Das Telefon stellte sich als W48 heraus, welches ich noch bis zur Jahrtausendwende in meiner elterlichen Bleibe betrieb.
Beim Radio handelt es sich um das im Titel erwähnte Mende 198WL. Jürgen riet mir, das Radio nicht anzuschließen, da Bauteile explodieren oder brennen könnten. Nunja, anschließen ließ es sich sowieso nicht, da die Netzschnur fehlte.
Damals besaß ich sonst nur mein Siemens G7, dass mir mein Großvater schenkte und dass ich nur zerlegte und reinigte. Sonst hatte ich als Lehrling der Energieanlagenelektronik noch keine Ahnung von Radios.
So erfuhr auch das gute Mende eine Demontage mit Reinigung, wurde wieder zusammengebaut und diente über die Jahre als Dekoration. Mit der Zeit kamen weitere Geräte hinzu und meine Erfahrung - auch in der Reparatur erweiterte sich.
Alle paar Wochen besuchten wir ihn nun in seiner Werkstatt und ich schnappte wissbegierig alles auf, was ich dort über die Rundfunk- und Fernsehtechnik mitbekam. Als ich dann etwas später meinen Führerschein und das erste eigene Auto besaß, häuften sich die Besuche. Es wurde für mich zum Ritual Freitags nach Feierabend um 12 Uhr von der Lehrwerkstatt die 40km zu ihm zu fahren. Seinerzeit schenkte er zwei Schuhkartons mit alten dicken Widerständen aus der Röhrenära und andere Radioteile.
Irgendwann rentierte sich das Geschäft nicht mehr, trotz fester Zeitkontingente für Behörden und Firmen für Funktechnik - und er schloss die Werkstatt. Die Besuche wurden weniger, da ich inzwischen auch berufstätig und viel unterwegs war und so haben wir uns aus den Augen verloren.
Es muss vor fünf oder sechs Jahren gewesen sein, als sich herausstellte, dass ein Vereinskollege vom Radiomuseum im Nachbarort wohnte. Ich fragte ihn, ob er denn den Jürgen kenne und er erzählte mir, dass Jürgen bereits vor zwei Jahren an Krebs starb.
Aus diesem Grund ist dieses Mende ein ganz besonderer Schatz für mich. Es war mein zweites Röhrenradio überhaupt und ich bekam es von einem Menschen geschenkt, mit dem ich viele spannende Erlebnisse verbinde.
Nach über 25 Jahren sollte das gute Mende nun wieder zum Leben erweckt werden - auch in Jürgen's Gedenken
Zuerst musste eine Bestandsaufnahme gemacht werden:
Das Chassis stand seit Jahren auf einem Regal als Bücherstütze und Dekorationsobjekt. Einige Teerkondensatoren tragen das Datum von 1952, in den einst freien Bohrungen beim Netztrafo sind Siemens-Elkos verschraubt und der Blockkondensator, der ab Werk hinter dem Lautsprecher auf dem Gehäusboden verbaut war fehlt - wie bei den meisten Exemplaren dieses Modells. Einige Kondensatorwerte weichen von den Originalwerten ab und vom G2 der AL4 hat jemand einen Teerkondensator mit nicht mehr ablesbarer Kapazität auf Masse gelegt.
Lautsprecher und Gehäuse lagen im Keller. Ersterer wurde von mir einst im jugendlichen Forscherdrang ausgebaut und sollte für andere Zwecke herhalten - damals wusste ich noch nichts von Lautsprechern mit Feldspule - daher waren die Versuche nicht von Erfolg gekrönt. Das Gehäuse ist wurmfrei, die Rückwand fehlt, es gibt schrammen und Lackschäden, das Mende M ist silber gepinselt und wirkt wie nachträglich lackiert.
Die Röhren fanden sich alle in einer Schublade, wo sie die letzten 10 Jahre fristeten. Die AL4 hatte ich mal mit dem µTracer gemessen: Emission 30%. Die anderen Röhren sind ungebrüft.
Kleinteile und Knöpfe befinden sich irgendwo in einem Beutel.
Als nächstes überlegte ich mir, was nun aus dem Radio werden sollte:
Nun, der Zustand ist wohnzimmertauglich, aber keine Note 1, eher 3-4. Ich will kein neuwertig aussehendes Radio haben und eine Neulackierung, Ölung oder Schellackbehandlung ist mir einfach zu viel Arbeit.
Da ein 198WL keine Seltenheit ist, muss auch die Elektronik nicht 100% werksnah sein.
Fazit: Das Radio muss funktionieren, alle Komponenten werden gereinigt und aufbereitet, aber die Macken der Jahre darf das Radio gerne zeigen!
Das Bild ist von 2006 und etwas aufpoliert. Vom Gehäuse habe ich derzeit keine weiteren Fotos.
Leider hat der Lautsprecher im Laufe der Jahre einen Membranschaden erlitten
Zum Glück ist die Feldspule noch intakt und die Membran kratzt nicht.
Also Premiere für meine Erste Lautsprecherreparatur.
Mit stark verdünntem Holzleim wurde die Membran beidseitig mit Stücken aus Seidenpapier (war bei Schuhen dabei) geflickt.
Das Ergebnis ist zwar nicht perfekt, aber soviel kann ich schon verraten - der Lautsprecher klingt einwandfrei und er soll ja nicht alltäglich stundenlang spielen.
Ein Blick unter's Chassis im Ausgangszustand:
Das Schaltbild:
Fortsetzung folgt...
Vor über 25 Jahren - es muss 1993 oder 1994 gewesen sein lernte ich über einen Funkerkameraden einen Radio- und Fernsehtechniker kennen. Beim ersten oder zweiten Besuch schenkte mir Jürgen (besagter R/F-Techniker) ein schwarzes Telefon und ein altes Radio, nachdem ich erzählte, dass mich Röhrenradios interessieren.
Beide Geräte standen bei ihm im Schuppen, eher dunkel und feucht gelagert, waren verstaubt und beim Radio fehlte die Rückwand.
Das Telefon stellte sich als W48 heraus, welches ich noch bis zur Jahrtausendwende in meiner elterlichen Bleibe betrieb.
Beim Radio handelt es sich um das im Titel erwähnte Mende 198WL. Jürgen riet mir, das Radio nicht anzuschließen, da Bauteile explodieren oder brennen könnten. Nunja, anschließen ließ es sich sowieso nicht, da die Netzschnur fehlte.
Damals besaß ich sonst nur mein Siemens G7, dass mir mein Großvater schenkte und dass ich nur zerlegte und reinigte. Sonst hatte ich als Lehrling der Energieanlagenelektronik noch keine Ahnung von Radios.
So erfuhr auch das gute Mende eine Demontage mit Reinigung, wurde wieder zusammengebaut und diente über die Jahre als Dekoration. Mit der Zeit kamen weitere Geräte hinzu und meine Erfahrung - auch in der Reparatur erweiterte sich.
Alle paar Wochen besuchten wir ihn nun in seiner Werkstatt und ich schnappte wissbegierig alles auf, was ich dort über die Rundfunk- und Fernsehtechnik mitbekam. Als ich dann etwas später meinen Führerschein und das erste eigene Auto besaß, häuften sich die Besuche. Es wurde für mich zum Ritual Freitags nach Feierabend um 12 Uhr von der Lehrwerkstatt die 40km zu ihm zu fahren. Seinerzeit schenkte er zwei Schuhkartons mit alten dicken Widerständen aus der Röhrenära und andere Radioteile.
Irgendwann rentierte sich das Geschäft nicht mehr, trotz fester Zeitkontingente für Behörden und Firmen für Funktechnik - und er schloss die Werkstatt. Die Besuche wurden weniger, da ich inzwischen auch berufstätig und viel unterwegs war und so haben wir uns aus den Augen verloren.
Es muss vor fünf oder sechs Jahren gewesen sein, als sich herausstellte, dass ein Vereinskollege vom Radiomuseum im Nachbarort wohnte. Ich fragte ihn, ob er denn den Jürgen kenne und er erzählte mir, dass Jürgen bereits vor zwei Jahren an Krebs starb.
Aus diesem Grund ist dieses Mende ein ganz besonderer Schatz für mich. Es war mein zweites Röhrenradio überhaupt und ich bekam es von einem Menschen geschenkt, mit dem ich viele spannende Erlebnisse verbinde.
Nach über 25 Jahren sollte das gute Mende nun wieder zum Leben erweckt werden - auch in Jürgen's Gedenken
Zuerst musste eine Bestandsaufnahme gemacht werden:
Das Chassis stand seit Jahren auf einem Regal als Bücherstütze und Dekorationsobjekt. Einige Teerkondensatoren tragen das Datum von 1952, in den einst freien Bohrungen beim Netztrafo sind Siemens-Elkos verschraubt und der Blockkondensator, der ab Werk hinter dem Lautsprecher auf dem Gehäusboden verbaut war fehlt - wie bei den meisten Exemplaren dieses Modells. Einige Kondensatorwerte weichen von den Originalwerten ab und vom G2 der AL4 hat jemand einen Teerkondensator mit nicht mehr ablesbarer Kapazität auf Masse gelegt.
Lautsprecher und Gehäuse lagen im Keller. Ersterer wurde von mir einst im jugendlichen Forscherdrang ausgebaut und sollte für andere Zwecke herhalten - damals wusste ich noch nichts von Lautsprechern mit Feldspule - daher waren die Versuche nicht von Erfolg gekrönt. Das Gehäuse ist wurmfrei, die Rückwand fehlt, es gibt schrammen und Lackschäden, das Mende M ist silber gepinselt und wirkt wie nachträglich lackiert.
Die Röhren fanden sich alle in einer Schublade, wo sie die letzten 10 Jahre fristeten. Die AL4 hatte ich mal mit dem µTracer gemessen: Emission 30%. Die anderen Röhren sind ungebrüft.
Kleinteile und Knöpfe befinden sich irgendwo in einem Beutel.
Als nächstes überlegte ich mir, was nun aus dem Radio werden sollte:
Nun, der Zustand ist wohnzimmertauglich, aber keine Note 1, eher 3-4. Ich will kein neuwertig aussehendes Radio haben und eine Neulackierung, Ölung oder Schellackbehandlung ist mir einfach zu viel Arbeit.
Da ein 198WL keine Seltenheit ist, muss auch die Elektronik nicht 100% werksnah sein.
Fazit: Das Radio muss funktionieren, alle Komponenten werden gereinigt und aufbereitet, aber die Macken der Jahre darf das Radio gerne zeigen!
Das Bild ist von 2006 und etwas aufpoliert. Vom Gehäuse habe ich derzeit keine weiteren Fotos.
Leider hat der Lautsprecher im Laufe der Jahre einen Membranschaden erlitten
Zum Glück ist die Feldspule noch intakt und die Membran kratzt nicht.
Also Premiere für meine Erste Lautsprecherreparatur.
Mit stark verdünntem Holzleim wurde die Membran beidseitig mit Stücken aus Seidenpapier (war bei Schuhen dabei) geflickt.
Das Ergebnis ist zwar nicht perfekt, aber soviel kann ich schon verraten - der Lautsprecher klingt einwandfrei und er soll ja nicht alltäglich stundenlang spielen.
Ein Blick unter's Chassis im Ausgangszustand:
Das Schaltbild:
Fortsetzung folgt...