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Siemens Schatulle M57 vom Bauernhof
#1
Hallo zusammen,


schon vor Weihnachten überraschte mich meine Frau mit einem Dickschiff von Radio, das plötzlich bei uns im Treppenhaus stand. Es war aus einem Bauernhaus im Nachbarort und die Eigentümerin hatte es in meiner Abwesenheit vorbeigebracht nach dem Motto „ dein Mann repariert doch sowas, er kann ja mal schauen...Wir haben es mal kurz eingeschaltet, es brummt nur noch“
Ich gestehe ein, der äußere Zustand mit abgeblättertem Lack und üblen Verschmutzungen hat mich nicht so wirklich motiviert, mich mit diesem Riesenradio näher zu befassen. Das Radio verbrachte die letzten Jahre im Keller eines Baurnhofes. Jetzt die Bestandsaufnahme.

   


Innen war alles sehr verstaubt. Tierleichen überall – zum Glück keine Spuren von Mäusefraß. Die Lautsprecher offenbar intakt.
Nach einer ersten groben Reinigung machte ich mich daran, das Chassis zu weiteren Untersuchung auszubauen. Die seitlichen Drähte zu den Türkontakte waren schnell abgelötet. Dann waren irgendwie die Lautsprecherleitungen vom Chassis zu trennen. Ich machte es mir einfach, wenn auch der Schnitt etwas schwer viel. Mit dem Seitenschneider durchtrennte ich an geeigneter Stelle die drei Drähte zu den Lautsprechern. Dann waren die 4 Chassisschrauben und die Schrauben des Bedienteils vorne zu entfernen. Jetzt konnte das Chassis ausgebaut werden.

   

Nach dem Ausbau zeigten sich weitere Tierfriedhöfe auf dem Chassis und vor allem im Gehäuse. Eine weitere grobe Reinigung mit Pinsel und Staubsauger folgte, damit der Ekelfaktor bei der weiteren Untersuchung nicht zu groß wird. Eigentlich ist das Chassis ein Fall für eine nasse Generalreinigung mit Abbau von Netztrafo und Übertrageren. So etwas macht man aber besser im Sommer im Garten und bei Sonnenschein. Der Zeitaufwand ist aber erheblich und schnell baut man neue Fehler ein. Das Arbeiten an einem dermaßen verdreckten Chassis macht allerdings nicht wirklich Freude.


Weitere Feststellungen:
-Netzschalter unter dem Lautstärkeregler fehlte, Zuleitung überbrückt
-Skalenlampen fehlen
-Seil für die mechanische AM Bandbreitenverstellung gerissen
-Magisches Auge ohne mechanische Befestigung
-Endröhren EL84 verbraucht, ECC83 noch brauchbar.
-Becherelko Siemens hat „Blumenkohl“ am Überdruckaustritt
-mindestens 4 Widerstände, davon 2 im Netzteil, pechschwarz durch Überlastung
-diverse austauschwürdige Papierkondesatoren von Siemens. Stichproben bei der Kapazitätsprüfung zeigten etwa Verdreifachung des Nennwertes. Das lässt auf einen schlechten Zustand der Kondensatoren schliessen. Diese Kondensatoren sind eher schlecht erreichbar unmittelber mit dem Chassis verklebt.
- neben den roten Siemens-Widerständen sind schon zahlreich kleine, braune Widerstände mit Farbringen verbaut. Es handelt sich hierbei offenbar um die eher problematischen Kohlemassewiderstände.
-ohmsche Messungen auf der Primärseite der Übertrager und des Netztrafos zeigten keine offensichtliche Defekte
-der Sockel einer ZF-Röhre wurde ebenso wie ein Widerstand am ZF-Filter bei einer früheren Reparatur erneuert
-nach dem Ablöten des Gleichrichters habe ich das Chassis über Vorschaltlampe an Netzspannung gebracht: die Röhren heizen, Anodenwechselspannung ist vorhanden, der Netztrafo ist also intakt.


Fazit:
Das Gehäuse ist in ziemlich heruntergekommenem Zustand mit Lackfehlstellen und sehr verschmutzt. Um es für das Wohnzimmer tauglich zu machen ist eine Neulackierung erforderlich.
Der Stoff an den Türen ist verschmutzt und eher zu erneuern. Diese Arbeiten möchte ich mir nicht antuen.
Das Chassis muss mit ca. 35 Kondensatoren und Elkos sowie ca. 30 Widerständen überarbeitet werden für einen sicheren Betrieb. Evtl. zeigen sich weitere (gravierende) Fehler erst nach stundenlanger Überarbeitung. Einige Röhren sind zudem zu tauschen. Mechanische und Reinigungsarbeiten kommen noch dazu. Gehäuse bleibt unangetastet, lediglich grob gereinigt.
Ich schätze den Zeitaufwand auf mindestens 10 Stunden für eine grobe Instandsetzung ohne intensive Chassisreinigung. Dazu kommt Material für etwa 60-80 €.


Ich bin mir noch nicht schlüssig, was ich der Eigentümerin raten soll. Ich werde sie wohl erstmal fragen, was sie mit dem Gerät überhaupt vorhat, wenn es mal wieder grob spielen sollte (UKW ein paar Sender, Plattenspielereingang o.K.). Ich weiss auch nicht, ob sie oder ihre Familie die Eigenschaften eines ehmaligen Spitzgerätes zu schätzen wissen. Womöglich landet das Gerät nach einer Reparatur als "olles, vergammeltes Röhrenradio" eh bald wieder in einer Abstellkammer und modert vor sich hin.
In Gedanken spiele ich auch mit der Überlegung, die NF zu vereinfachen und zu reduzieren auf EABC80 und eine EL84. Passender Ausgangsübertrager wäre da.
Was würdet ihr der Frau raten?


Grüße
Frank
Grüße

Frank
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#2
"In Gedanken spiele ich auch mit der Überlegung, die NF zu vereinfachen und zu reduzieren auf EABC80 und eine EL84."

Was soll das bringen??

Den Ersatz der lecken (koppel-) Kondensatoren erspart das nicht.

Zum M57 siehe auch die Informationen im Radiomuseum.org. Auf der Modellseite nach unten scrollen.

Die M57 Schatulle ist übrigens technisch ein sehr interessantes Gerät.

Bei meiner M57 mußten nur die Koppelkondensatoren zum Gitter der beiden EL84 ersetzt werden. Wahrscheinlich war sie weder im Keller noch auf dem Dachboden "zwischengelagert".

MfG DR
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#3
(30.01.2020, 18:53)DiRu schrieb: Bei meiner M57 mußten nur die Koppelkondensatoren zum Gitter der beiden EL84 ersetzt werden. Wahrscheinlich war sie weder im Keller noch auf dem Dachboden "zwischengelagert".

MfG DR

Da hast Du natürlich Glück gehabt. Bei dieser M57 ist aber wohl leider jeder Papierkondensator zu ersetzen. Und dann sind da noch die zahlreichen Kohlemassewiderstände. Offenbar ein spätes Modell von M57.
Natürlich wäre die Endstufe bei Umbau auf Eintakt EL84 kastriert. Aber es würde doch einige Bauteile einsparen einschliesslich einer EL84.
Die Beschreibung bei Radiomuseum kenne ich, das ist schon ein aufwendiges Gerät mit einigen Gimmicks.
Wie schon oben geschrieben, wäre das Gerät nicht für mich selbst aufzuarbeiten. Ich habe Zweifel, daß die Eigentümerin die zweifellos erforderlichen aufwendigen Arbeiten schätzen wird und überhaupt bezahlen will...

Grüße
Frank
Grüße

Frank
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#4
(30.01.2020, 18:53)DiRu schrieb: "In Gedanken spiele ich auch mit der Überlegung, die NF zu vereinfachen und zu reduzieren auf EABC80 und eine EL84."

Was soll das bringen??

Den Ersatz der lecken (koppel-) Kondensatoren erspart das nicht.

...ausserdem: Bist Du SICHER, daß Du einen Übertrager hast, der auf diese Lautsprecher passt? Afair hat Siemens da bisschen speziell gebastelt...
Mir klingt das eher nach "in den vergammelten Porsche einen Fiesta-Motor einbauen" Sad
MMn gibt es nur zwei Möglichkeiten: Die Dame drückt Dir 2-500€ in die Hand (je nach Aufwand und Lackierung) und erfreut sich an einem Spitzengerät ODER das Ding wandert in die Bucht so wie es ist.
Gruß,
Uli
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#5
Hallo 

Wäre doch schade so ein Gerät umzubauen nur damit es wieder irgendwie funktioniert . 

Sekt oder Selters  Wink

Frag die gute Frau doch mal was sie für das Gerät in diesem Zustand haben möchte , das wäre doch eine schöne Baustelle , und wenn es fertig ist ein Prima Gerät .
mit freundlichen Gruss

Uli



Wo alle dasselbe denken , wird nicht viel gedacht .

( Walter Lippmann ) 
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#6
Natürlich werde ich erstmal mit der Frau reden. Dann sehen wir weiter.
Das Gerät wird wohl eher nicht in der Bucht landen. Es sei denn, die Frau will das so und händelt auch selbst den Versand usw...

Grüße
Frank
Grüße

Frank
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#7
(30.01.2020, 15:26)EQ80 schrieb: .....Was würdet ihr der Frau raten?....

Hallo Frank,

ich würde die Frau zu einem Vorortbesuch bitten und ihr aufzeigen, was alles gemacht werden muss, damit das Radio wieder zuverlässig spielt, und wieviel
a) Materialkosten
b) Arbeitszeit
dies bedingt. Das kann man nicht telefonisch erledigen, man muss es dem 'Kunden' zeigen. Allzuoft gehen Laien davon aus, dass nur eine Röhre ersetzt werden müsste und alles wäre dann wieder paletti.

Bei diesem Vororttermin nicht auf etwaige Umbauvarianten der Schaltung eingehen, das verwirrt den Laien nur zusätzlich.

In diesem Kontext würde ich auch darauf hinweisen, dass die Aufarbeitung des Gehäuses nicht einbegriffen ist und Du diese aufwendige Arbeit nicht leisten magst.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#8
Hallo zusammen
wie es scheint bist du zart beseitet, Frank, Tierfriedhöfe....? Die paar kleinen Spinnen.....

So ein Gerät ist immer Instandsetzbar bei diesen Voraussetzungen (keine Fehlteile). Zwei Türen müsste ich bei Bedarf noch haben, und ein Gehäuse, das allerdings müsste noch Lackiert werden, vielleicht auch der einfachheit halber mit Hartöl.

Ich müßte schauen und Bilder machen wenn du Interesse hast. Diese ganzen Teile gibts Kostenlos, nur Versandkosten. Da das Gehäuse recht groß ist.
Du müßtest "nur" das elektrische machen. Hier haben mir die Kohlemassewiderstände erhebliche Probleme bereitet, die sollten gewechselt werden. Die drei angekogelten Widerstände sind auf die alten Kondensatoren zurückzuführen, bei mir waren die alle drei noch heile und konnten weiterhin ihren dienst versehen.
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#9
Hallo Frank,

Diese Art von Geräten ist zwar nicht mein "Jagdgebiet", aber ich finde auch, das Chassis sieht so übel nicht aus. Da habe ich schon schlimmeres (Mäusepipi) gesehen.
Ich gehe da immer zuerst mit Druckluft ran, vielleicht kennst du ja eine kleine Hinterhofautowerkstatt, die haben meist Kompressoren mit ordentlich Dampf. Solange man nicht in den Tastensatz, oder in die Filterbecher pustet, passiert da nix.

Die Endstufe würde ich auch nicht umbauen, sooo viel Teile spart man da nicht ein, EL84 gibt es wie Sand am Meer und gegenüber Eintakt ist die Überholung nicht viel arbeitsintensiver. Ein Umbau macht bestimmt mehr Arbeit.

Für andere würde ich die Restauration aber auch scheuen, da bin ich ganz bei dir.
Die tief unten im Chassis "versteckten" Kondensatoren sind mir auch immer ein Graus...
Ist es das eigene Gerät, geht man da ganz anders ran.


Viele Grüße,

Axel Smile
Womit fährt der Norweger zur Mittagspause...?
...Na mit einem Fjord Siesta! Wink
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#10
Hallo,

ja der Chassisschmutz ist doch nur trockener Staub! Übel sind kleine Röhrenradios (Küchenradios) die in einer solchen jahrelang standen, oder Kneipenradios und Fernseher.
Mit nem Staubpinsel und Staubsaugerdüse schön langsam abstauben. Bei den Schwingkreisspulen natürlich vorsichtig sein, sonst reisst man schnell ein Drähtchen ab!
Über das Chassis dann oben nochmal mit einem nebelfeuchten Textillappen nachreinigen und das wird alles wieder wie neu! Smiley20

     
   
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#11
Das Radio finde ich wohl reparabel....wenn ich es für mich selbst mache...
Das Problem ist das der Besitzer es sicherlich für Max. 50 Euro gemacht haben möchte!?

Ich würde versuchen es ihm abzukaufen für kleines Geld. 500 Euro oder mehr zahlt der Bauer wohl nicht für eine reperatur?!

Ich werde auch oft gefragt ob ich was machen kann...ich mag das gar nicht!
Und dann muss es auch sovort fertig sein!
Letztens habe ich nur eine Birne wechseln sollen an einem Loewe opta. Da habe ich gleich noch die drei kondis und ich glaube zwei Elkos gemacht....ich habe nix genommen....war auch nicht viel.
Und einen kleinen Grundig, nur scalenseil gerissen....ich wollte auch alle kondis tauschen aber in dem kleinen Ding waren Unmengen alle ohne Schrift!
Ich habe nur die wichtigsten gewechselt dann. Es war ein allstromgerät. Den ganzen Sonntag Nachmittag war ich damit beschäftigt. Ich habe ihm sogar einen Ausdruck gemacht über die Gefahren solcher allstromgeräte. Was ich dann dafür bekommen habe sage ich besser nicht denn sonst lacht ihr mich aus.
Ich bastele gerne an Radios aber nur an den eigenen. Man kann den Leuten nicht erklären welcher Aufwand es ist auch nur halbwegs betriebsicherheit herzustellen.

Die Leute meinen das man einfach ein einzelnes Bauteil wechseln muss. Was für ein Aufwand es ist ein Gehäuse aufzuarbeiten, davon rede ich gar nicht erst.

Ich lehne so etwas am liebsten ab und sage es lohnt nicht bei so einer Massenware zb. Viele meinen ja das ihr Loewe opta Meteor den Wert eines Freiburg 18 hätte.

Auch möchte ich nicht das jemandem dann am Ende die Wohnung abbrennt und ich verantwortlich gemacht werde. Dann sagt niemand, er hat ja nur 20 Euro bekommen. Dann wird vieleicht einfach nach einem Schuldigen gesucht. Dann wird gesagt, der hat das ja nicht mal richtig gelernt, wie kann er daran herumpfuschen. Geldgeil...usw...
Ich kenne das Thema und mag es nicht.
Ich würde ihr das Radio nicht zu reparieren versuchen!

Mit freundlichen Grüßen
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