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PIONEER SPEC 4 Endstufe von 1976
#1
Hallo zusammen,

da mein Reparaturthread vom HM203-6 gerade pausiert, dachte ich mir, ich zeige Euch mal, mit was ich mich sonst so (fast) am liebsten befasse  Smiley53.
Ich hoffe, daß das irgendwie für Euch interessant sein könnte. Es ist zwar kein Radio, hat auch keine Röhren, aber vielleicht macht das Alter und die Technik es für dieses Unterforum passend.

Von einem Bekannten bekam ich über Ostern 2020 ordentlich "Arbeit" - unter anderem diese Pioneer Spec-4 Endstufe von 1976. Ein beeindruckendes Gerät, nicht nur des Gewichtes von fast 25 Kg wegen! Die Endstufe liefert laut Datenblatt 2 x 150 Watt Sinus an 8 Ohm und 2 x 180 Watt an 4 Ohm und sieht so aus:

   

Auffallend war sogar noch im geschlossenen Zustand, dass die Kühlkörper der beiden völlig symmetrisch aufgebauten Endstufenkanäle unterschiedliche Farben hatten. Da wurde also offenbar in den vielen Betriebsjahren schon einiges repariert, was sich bei näherer Betrachtung auch bewahrheitete. Leider hatte der letzte Reparateur nicht sehr sorgfältig gearbeitet und deswegen kam das Gerät zu mir.

   

Das Gerät ließ sich zwar einschalten, aber die Schutzschaltung gab die Lautsprecher nicht frei und vor allem fing es augenblicklich im rechten Kanal an zu qualmen. Also schnell wieder ausgemacht. Die linke Endstufenseite stellte sich relativ schnell als völlig intakt dar, lediglich rechts gab es reichlich Probleme. Um überhaupt arbeiten zu können, musste der komplette Endstufenblock ausgebaut werden.

   

   

Die Ursache für den schwarzen Rauch war vielfältig und offenbarte sich nur "scheibchenweise":

Die Widerstände R11, R12 und R16 waren hauptsächlich betroffen. Da sie in Flammen hemmenden Gewebeschläuchen saßen, konnte man das erst erkennen, nachdem sie ausgelötet waren. Q2 im Stromspiegel war mausetot, genau wie Q4 der negativen Konstantstromquelle. Ferner waren Q14 und Q7 in der negativen Limiterschaltung defekt und die Vortreiber Q8, Q9 BEIDER Halbwellen in den Darlingtonschaltungen. Weil dadurch die Darlingtons die Endstufentransistoren nicht ansteuerten, blieben die Endstufentransistoren ganz - Glück im Unglück also.

   

Zudem waren offensichtlich die Anschlussdrähte der Triplediode SV-03 am rechten Kühlkörper abgerissen. Zuvor hatte man versucht, sie schon einmal wieder anzulöten, was aber keine zuverlässige Verbindung ergab. Zu guter Letzt stellte sich dann auch noch das Ruhestrompoti VR2 als völlig defekt heraus. Kreativ war man auch beim Ersetzen diverser Halbleiter gewesen. Allerdings wurde der Vortreiber Q9 (2SA899A) durch einen 2SA699A ersetzt, welcher zwar ein PNP-Typ war, aber eine viel zu geringe Spannungsfestigkeit hatte.

   

Die Originaltransistoren waren im "normalen" Handel nicht zu bekommen. Möglicherweise hätte es bei Mouser geklappt, aber durch die hohe Mindestabnahme  habe ich das nicht weiter überprüft. Also musste Ersatz her, den ich auch fast komplett in meinem Bestand hatte:

Meine Ersetzungsliste:
-----------------------------------------------------------------------------
ORIGINAL       -> ERSATZ
Q2  2SC1775A -> 2SC1885 NPN, 120V, 0.05A, 0.3W, 200MHz, B-C-E
Q4  2SC1439B -> 2SC2631 NPN, 150V, 0.05A, 0.5W, 130MHz, B-C-E
Q7  2SC945A -> 2SC945A NPN, 60V, 0.1A, 0.25W, 250MHz, B-C-E
Q8  2SC1904A -> 2SC1953 NPN, 150V, 0.05A, 1.2W, 100MHz, B-C-E
Q9  2SA899A -> 2SA914 PNP, 150V, 0.05A, 1.2W, 100MHz, B-C-E
Q14 2SA733 -> 2SA733 PNP, 60V, 0.1A, 0.25W, 180MHz, B-C-E

D5  STV-3H -> STV-3H (musste zugekauft werden).

   

Zum Untersuchen der Schaltung wurde die Platine komplett ausgelötet um vor allem die Wirewrap-Anschlüsse der Endstufentransistoren zu schonen. Beim Versuch die wichtige BIAS-Diode durch drei 1N4148 zu ersetzen zeigte sich, dass das so gut wie unmöglich ist. Schaut man sich die Schaltung an wird auch schnell klar warum: die Ruhestromkreise sind absolut symmetrisch aufgebaut. Ersetzt man nun ein Element nicht korrekt, bekommt die Schaltung sofort ein Ungleichgewicht - sie wird unsymmetrisch, was sich auch gleich im Offset zeigt, welcher zunimmt. Gleicht man den aus, bekommt man aber den Ruhestrom nicht mehr auf die geforderten 50mV reduziert. Mit der korrekten STV-3H, die ich noch bei einem Händler für 6 Euro auftreiben konnte, war die Schaltung sofort in den Limits. Ein Problem bereitete mir noch das BIAS-Poti (470 Ohm). Ich hatte nur eines mit 1K. Also wurde ein 1K-Widerstand parallel gelötet und die Einstellung klappte, wenn auch etwas sehr "feinfühlig".

Da die Endstufe noch einen amerikanischen Netzanschluss hatte, wurde dieser durch ein zweipoliges Schukoanschlusskabel ersetzt, die amerikanische Netzbuchse ausgebaut und das Loch mit einem schwarzen Kunststoffdeckel zugedeckt.

Die betroffene Platine wurde komplett gesäubert, was eine mühsame Arbeit war. Außerdem wurde das Gerät fast komplett zerlegt und gereinigt.

Hier noch das Line-up der defekten Bauteile:

   

Beim anschließenden Probelauf über mehrere Tage traten keine Auffälligkeiten auf. Die Endstufe wurde beim normalen Betrieb noch nicht einmal sonderlich warm, und das, obwohl da zwei Vorverstärker drüber positioniert waren  Smiley26

   

Beste Grüße in die Runde
Harald
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#2
Hallo Harald
Tolle Reparatur und schöne vintage Endstufe...kosten mittlerweile um die 700 Euro
Und diese schönen Zeiger auf der Frontplatte, schon cool .. mit LED nicht zu vergleichen
Nette Grüße
Alfons
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#3
Hallo Harald,
vielen Dank für den Beitrag. Die SPEC-Reihe ist ein Träumchen.
Viele Grüße
Dirk
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Viele Grüße aus dem Ruhrgebiet...Dirk
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