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Kaiser Radio W1235
#1
Hallo Freunde,

ja unser Karl-Heinz baut im moment Radiobestände ab. Ich schrieb mir neulich mit ihm und so nebenbei erwähnte er, dass er noch 2 Radios zu veräußern hat. Eine Loewe-Opta-Bella 32011. Darauf kommen wir später.

Das 2. Radio war ein Kaiser-Radio vom Typ W1235. Schon nach der PN überlegte ich, soll ich die nehmen. An sich ist das ja nicht so mein Sammelgebiet. Aber ich sagte dem Karl-Heinz die Abnahme zu. Es kamen 2 Pakete und der Kaiser stand nun auf meinem Arbeitstisch und sah so traurig aus. Trotzdem erweckte das Gerät meine Neugier. Was ist da los mit dem kleinen Ding? Ich war so spontan mit der Arbeitsaufnahme, dass ich sogar vergessen hatte, mal den Urzustand des Gerätes zu dokumentieren. Schade, dachte ich. Aber der Karl-Heinz stellte mir Bilder zur Verfügung. Danke lieber Karl-Heinz.

Wie man auf den Bildern unschwer erkennen kann, ist das ein Radio, das sicher über Jahrzehnte einen Dornröschenschlaf geführt hatte. Dann kamen Lümmel und gossen irgendeine klebrige Flüssigkeit über das Gerät. Tja und wer hat seitlich das Gehäuse angeknabbert. Und überhaupt, wo soll so ein Radio stehen. Andererseits im Gegensatz zu den meisten Kaiser Radios hat das Gerät mehrere Wellenbereiche. Aufgebaut sind Kaiser-Radios auch immer sehr gut. Dann das mag. Auge. Es ist das seltenere "Ausrufungszeichen"

Also nahm ich das Gerät einmal auseinander. Im Inneren Pappkondensatoren. Die mußten sowieso erst mal ersetzt werden. Das tat ich dann auch gleich. Anschließend prüfte ich, ob das Gerät überhaupt Spannung annehmen würde. Nein, würde es nicht. Der Fehler war schnell ermittelt. Der Netzschalter hing. Also mit WD40 fluten. Der Schalter funktioniert wieder. Aber bitte nur mit dem Ohmmeter prüfen. Hier darf noch keine Spannung drüber laufen. Zunächst besteht Brandgefahr. Also besser gebrückt lassen.

Was soll ich sagen, das Gerät spielt kläglich auf allen Wellen. Bei gewissen verzerrten Tonpassagen beobachtet man Spannungsüberschläge auf der Fassung der EL41. Das ist die einzige Rimlockröhre in dem Gerät. Rimlockröhren kann ich auf meinen Röhrenprüfgerät nicht messen. Meine Bestände hatte ich meinem Freund Uli gegeben. Ich besitze keine Radios mit Rimlock-Röhren. Irgendwie war mir auch klar, dass diese Röhre nicht mehr gut war. Also bekam das Gerät eine neue, keramische Fassung für eine EL84. Die Anschlüsse waren schnell gemacht.... aber.... Die Fassung paßt gar nicht durch die Aussparung für die Rimlock-Röhre. Ich habe die Fassung kurzer Hand von unten in das Gerät geschraubt. Alles ist gut. Der Ton danach - fast schon perfekt.

Aber leider immer noch verzerrt. Eine Spannungsanlayse ergab, dass die Anodenspannung zu niedrig ist. Natürlich gibt es weder ein Schaltbild zum Radio, geschweige denn Spannungsangaben. Aber ich hatte das schon raus, der Gleichrichter wurde mehr als Handwarm. Der Elko wurde bereits ersetzt. Nach diesem Eingriff h#ätte alles gut sein können. Hätte....

Beim Probebetrieb zeigt sich bei UKW-Empfang ein stärkeres Blubbern. Bei den AM-Bereichen hörte man ein stärkeres Rascheln (wie Gewitter). Mitunter blieb der Empfang komplett aus. Was sollte das sein? Abends dann die Erlösung. Es blubberte wieder. Plötzlich rauchte mir ein Widerstand ab. Die Nachverfolgung der Schaltung auf meinem "Ersatzschaltplan" ergab, es muss ein 1 Kiloohm-Widerstand sein, der über einen Bandfilter zur Anode der ECH81 geht.

Warum raucht der Widerstand ab. Ich habe nun einen wesentlich dickeren Widerstand mit diesem Ohmwert in die Schaltung gelötet. Er wurde heiß, aber hielt. Ach na sowas, auch um die Röhrenfassung der ECH81 gab es Spannungsüberschläge. Teilweise sank die Anodenspannung der Hexode drastisch ab. Dann erhitzte sich der 1 Kiloohm-Widerstand sehr stark. Auch hier mußte ich die Fassung durch eine gute Keramikfassung ersetzen. Hm, hinterher fiel der Empfang aus. Konnte nicht sein! Ich hatte alles dokumentiert. Trotzdem alle Bereiche, auch AM waren tot.

Der AM-Oszillator war ohne Funktion. Jetzt kam die Erleuchtung. Ich hatte vor Ausbau der Fassung alle Verbindungen abgelötet. Auch die Masseverbindungen. Eine (Die Leitung zur Tastatur9 vergaß ist. Beim ausbohren riß dieser Draht. Aber an der Tastatur war noch ein Stummel des Massedrahtes zu sehen. Diesen mit Masse verbunden und das Radio spielte wieder. Tja nun kam Freude auf.

Wie es nun weiter geht mit dem Radio, auch mit der Gehäusereparatur, dann.  Das Radio ist auf einem guten Weg. Heute erst mal Bilder vom Karl-Heinz. diehatte er mir freundlicher Weise zur Verfügung gestellt. Danke Karl-Heinz.

   

   

   

   

Ja eine ganz schöne Klamotte. Aber das wird!
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#2
Hallo Andreas 

Wenn erst einmal alles gereinigt ist schaut das Gerät bestimmt wieder ansehnlich aus so wie ich dich kenne  Smile
mit freundlichen Gruss

Uli



Wo alle dasselbe denken , wird nicht viel gedacht .

( Walter Lippmann ) 
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#3
Klasse Gerät, das kriegst Du auf jeden Fall hin Smiley53 

Aber dass Duuu dieses Gerät in die falsche Rubrik einstellst... Smiley26 Smiley34
Herzliche Grüße

Pitter
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#4
(29.06.2020, 12:55)Andreas_P schrieb: ... Die Nachverfolgung der Schaltung auf meinem "Ersatzschaltplan" ergab......

Schönes Gerät, Andreas, auch wenn der Kleine schon arg gelitten hat.

Habe auch sowas hier stehen, wobei ich mir grad nicht sicher bin, ob's vom 1235 unterschiedliche Typen gab. Müsste ihn erstmal "freigraben". Der Magische Strich ist in der Handhabung gewöhnungsbedürftig.

Die Sache mit dem Schaltplan interessiert mich. Spontan würde ich behelfsweise den vom Kaiser W1625 empfehlen:


https://nvhrbiblio.nl/schema/Kaiser_W1625.pdf


Welchen nutzt Du?
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#5
Hallo Andreas  Smile

Hey wow, das ist ja ein tolles Radio, gefällt mir richtig gut  Maus Hab mir Deinen Bericht durchgelesen.
Respekt, was Du so alles machst, z.B. Röhrenfassungen durch welche aus Keramik ersetzen und so weiter  Thumbs_up

Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Vielleicht kann ich das kleine Radio mittelfristig mal live in Augenschein nehmen?

Herzliche Grüße, von Peter
~~~~~ DE - MV  /  Connected ~~~~~
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#6
Hallo Freunde,

danke für Eure anerkennden Worte und für Euer Interesse. Ja, Klaus, genau das ist der Schaltplan, den ich als Ersatz verwendet habe.

Ich will natürlich die Berichterstattung mit ein paar Foto's dokumentieren.

Vorab aber noch etwas zu der anstehenden Gehäusereparatur. Wie man sehen kann, fehlt doch ein größeres Bakelitstück. Glück ist natürlich, wenn man das Bruchstück mit dem Radio geliefert bekommt. Aber das sind die seltenen Fälle.

Also muß ausgegossen werden. Für diese Gehäusereparaturen verwende ich 2 K-Reparaturharz aus dem Autohandel. Damit werden gewöhnlich Schäden an Stoßfängern und Kunststoffverkleidungen repariert. Vorteil: Das Zeug ist sehr robust und trocknet schneller als Giesharz. Schön auch, es ist transparent und man kann es mit Farbpigment dem Gehäuse entsprechend anpassen. Ich gieße mir also zunächst die benötigte Menge Harz in einen Plastikbecher. Danach färbe ich das Zeug mit den Farbpigmenten ein. Das dauert länger. Der Härter kommt anschließend dazu. Hier in diesem Falle muss man zunächst braun einfärben. Dann wird mit schwarz nachgedunkelt. Das schwarze Pulver ist sehr intensiv. Zuviel davon und der Farbton ist zu dunkel. Ich habe den Ton sehr gut getroffen. Wer die Stelle nicht kannt, findet sie später nicht mehr.

Die Fehlstelle muß natürlich geformt werden. Man verwendet zweckmäßig etwas Kunststoff. Der läßt sich später wieder entfernen. Ich habe einen Deckel vom Schrumpfschlauch-Kasten geopfert. Der Rand sollte mit dem des Gehäuse nach hinten abschließen. Alles muß mit gutem Isolierband fixiert werden. Die Kunstoffplatte muß akkurat am Gehäuse anliegen. Wichtig: Es darf nichts irgendwie undicht sein. Auch nach hinten nicht. Dann verfüllt man die fertige Masse und hofft, dass nicht doch etwas undicht ist. Zum Glück ist die Masse dicker als Wasser.

Wenn man die Bilder der Reparatur sieht, erkennt man, dass an den Bruchstellen Überstände der Masse sind. Die sind wirklich hauchdünn. Auch glänzt die Masse etwas mehr als das Gehäuse. Hier wird mit feinster Stahlwolle angeglichen. Dann sind die dünnen Überstände weg und die Masse glänzt wie der Rest des Gehäuses.

Allerdings muß die Masse einige Tage durchgetrocknet sein. zum Zeitpunkt der Bilder war sie zwar hart aber noch nicht richtig durchgetrocknet.

Nun zeige ich Euch noch mal einige Bilder

Hier sieht man den defekten 1K-Ohm Widerstand

   

Mit diesem stärkeren Widerstand habe ich den Spannungsüberschlag sichtbar gemacht. Auch er wurde heiß. Jetzt sitzt im Radio wieder ein dem Original entsprechender.

   

Hier die abgelötete Röhrenfassung. Ja, nur die Massedrähte wurden vergessen. Der Bohrer verfing sich in der Öse und riß sämtliche Masseverbindungen ab. Daher der Ausfall an der Tastatur.

   

Gereinigt sieht das Gehäuse schon mal besser aus.

   

Ja, Manko, der Ausbruch

   

Jetzt ist der Ausbruch versorgt. vor 30 Jahren hätte man das so gelassen.

   

Die Masse paßt farblich

   

Die Reparaturstelle. Kaum Farbabweichungen.

   

   

   

Hier eine meiner Sorgen. Durch die undefinierte Flüsigkeit ist der Lautsprecherstoff links versaut. Ich hätte eine Wäsche versucht. Aber der klebt bombenfest. Hat von Euch evtl. Jemand solch einen Stoff. Ich hätte ihn doch gerne dem Original entsprechend ersetzt.

   
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#7
Hallo Andreas - wow - ich staune was in der bisher kurzen Zeit in der "Andreas-Radio-Klinik" an Heilung, Pflege und Fürsorge meinem ehemaligen hässlichen Entlein entgegengebracht wurde !
Beeindruckend ist für mich im Besonderen die Ausbesserung / der Ersatz der Bakelit-Fehlstelle - und wie Du schriebst, vor 30 Jahren hätte man da Nix dran gemacht.
Du schreibst: "Die Fehlstelle muß natürlich geformt werden. Man verwendet zweckmäßig etwas Kunststoff. Der läßt sich später wieder entfernen. Ich habe einen Deckel vom Schrumpfschlauch-Kasten geopfert."
Gabs da schon mal Schwierigkeiten, dass die Einschalung sich nicht mehr oder nur schwer lösen ließ ? Weil das dann ausgehärtete Harz hat sich zwar mit der Bruchstelle gut verbunden - aber evt. auch mit den Flächen der Einschalung, der Gieß-Form - oder passiert das eher nicht, weil diese Flächen glatt sind ? Mit irgendwas eingestrichen hast Du diese Gießform ja nicht, dass sich das wieder gut lösen lässt - denke ich. Aber auf jeden Fall eine elegante Methode solche Bakelit-Fehlstellen oder -Schäden zu eliminieren !
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#8
Donnerwetter Andreas  Thumbs_up  Thumbs_up

Die ausgebrochene Stelle am Gehäuse hast Du ja super wieder hingekriegt, ich kann echt nix erkennen,
also ich meine damit: es sieht aus wie Original, als ob nie was gewesen wär => Respekt  Exclamation  Blush

Du bist wirklich ein Ass  Maus

Herzliche Grüße, von Peter
~~~~~ DE - MV  /  Connected ~~~~~
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