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SABA 212
#1
Hallo Freunde,

Reparaturhilfe kann manchmal viel Spaß machen. Aber manchmal wird man mit Tücken konfrontiert. Davon in diesem Thread jetzt mehr.

Ich helfe gerne mal einem jüngeren Bastler bei seinen Radioprojekten. Mir macht das Spaß Jemanden zu unterstützen, der schon gewisse Kenntnisse mit bringt, die ausgebaut werden können. Natürlich stimmt hier auch das Sammelgebiet (30 er Jahre Radios überein). Auch ist der junge Mann für jede Hilfe sehr dankbar. Auch hinweisende Arbeiten werden gut befolgt.

Diesmal schrieb er mich an, dass er einen SABA 212 W besitzt. Das Gerät wurde bereits repariert. Leider gab das Gerät erfahrungsgemäß keinen Ton von sich. Naja, das stimmt nicht ganz, er sprach von einem Knattern im Lautsprecher.

Wer diese Radios kennt, sagt sofort, achja, die Zinkpest. So bat ich ihn halt mal den Drehko auf Kurzschluß zu prüfen. Und tatsächlich, ich erhielt die Nachricht, Plattenschluß. Ich bot an, den ausgebauten Drehko an Detlef (Radionar) zu senden. Der Detlef baut in die entkernten Gehäuse Ersatzdrehkos ein. Er hat da fast schon ein Patent.

Ergebnis sind gut funktionierende Drehko's. Als der Drehko fertig war, bat ich Detlef um Versand des Drehko's an den Bastler. Ich erhielt Nachricht, das Radio spielt noch nicht. Die komischen Geräusche im Lautsprecher sind immer noch vorhanden.

Spätestens jetzt ist so eine Fernreparatur "Orakeln" ein Erfolg unwahrscheinlich. Mich interessierte die Sache und ich ließ mir das Chassis zuschicken.

Einigermaßen entsetzt war ich vom Zustand des Chassis. Unter dem Chassis waren zahlreiche WIMA-Kondensatoren (sog. Klötzchen). Nein, natürlich habe ich diese Reparatur keinesfalls kritisiert. Der Sammelblock im Radio wurde entfernt. Nicht von unserem jungen Freund. Statt dessen befanden sich Kondensatoren in "loser Verdrahtung" im Radio. Die widerum wurden nun ersetzt durch eben diese Klötzchen.

Als die axialen Kondensatoren noch Mangelware waren, haben wir die Anschlußstummel an den Kondensatoren mit feinen Drähten verlängert. Schrumpfschlauch drüber und gut.  Besagte "Klötzchen" sind für die Montage in Print-Bauweise gedacht.

Hier mußte also etwas erfolgen. Aber für die Reparatur wollte ich mich erst mal mit dem Ist-Zustand abfinden. Angeschlossen am Prüflautsprecher ergab sich wirklich ein sehr unangenehmes Knackgeräusch. Nicht nur einmal, sondern fortlaufend.

Ich mußte nicht lange suchen. Der Fehler lag am Gitteranschluß der Röhre REN904. Hier sollte ein 100 cm-Kondensator seine Arbeit verrichten. Tat er auch, aber mangels Kenntnis (cm in pf) wurde hier ein Kondensator mit 100 nf verwendet. Hierdurch entstand dieser unangenehme Ton. Nach Austausch des Kondensators in 100 pf wollte das Gerät schon arbeiten. Aber so richtig funktionierte es nicht.

In dem Chassis wurde die Wellenschleuse entfernt. Ich hatte sie vorher durch einen 2 Pakete-Hartpapier-Drehko ersetzt.

Nun wurde ich auf die falsche Fährte geschickt. Aber so richtig. Ich schloß also meine Hochantenne an den Antennen eingang nach der Wellenschleuse an. Achtung: Das ist nicht gut und sollte nur der weiteren Prüfung des Gerätes dienen. Mein Heimsender arbeitet auf der MW 783 Khz. Wir Älteren erinnern uns, das ist die ehemalige Frequenz der "Stimme der DDR". Diese Frequenz benutze ich, weil sie in der Drehko-Mitte liegt.

Dieses SABA-Radio ist ja ein Zweikreiser. Jeder weiß, diese Radios sind im Prinzip den heutigen MW-Gegebenheiten nicht mehr gewachsen. Im Besonderen der Trennschärfe. Trotzdem erhält man mit einer guten Bedienung der Rückkopplung einen akzeptablen Rundfunkempfang.

Hier im vorliegenden Fall konnte man den Heimsender über die gesamte Skala empfangen. Ähnlich einem primitiven Einkreiser. Einkreiser dieser Zeit sind auch nicht primitiv. Auch sie empfangen besser. Aber es gab eben auch solche Geräte aus der Anfangszeit, da waren solche Erscheinungen doch normal. Aber lassen wir das.

Als der Heimsender abgeschaltet wurde, änderte sich die Situation auch nicht. 2 -3 kräftigere Sender waren über die gesamte Bandbreite zu hören. Fast unabhängig von der Abstimmung. Kurios auch, dieser Wirrwarr ging erst oberhalb der 600 Khz los. Der Detlef (Radionar) hatte sich zum Besuch angemeldet. Ich führte ihm das Radio mal vor. Auch er war solch ein Verhalten von einem SABA-Zweikreiser nicht gewohnt. Unsere (Fehl)Diagnose war einheitlich, die Kapazität des Drehkos ist zu hoch. Detlef nahm den Drehko mit und wollte schon etwas anderes dort verbauen. Mir ließ die Sache auch keine Ruhe.

Man kann die Kapazität eines Drehkos durch Serienkondensatoren beeinflussen. Das kenne ich schon lange. Bislang brauchte ich damit aber nicht zu experimentieren.

Also Anruf bei einem Fachmann der alten Schule. Der Dietmar DiRu wußte Rat und sagte mir, ich gebe Dir mal eine Formal dazu. Hilfsbereit wie Dietmar ist, bekam ich die Formel mit einigen anderen Kondensatorberechnungen per mail.

Das hatte der Dietmar wirklich gut gedacht. Aber alt nicht gelernter Techniker konnte ich mit der Formel sogar nichts anfangen. Lieber Dietmar, wenn Du hier liest, vielleicht könntest Du uns die Formel noch einmal vor Augen führen. Das wird sicher einige interessieren. Leider kann ich das nicht aus meinem mail-Postfach kopieren.

Der Dietmar errechnete mir, um mit einem 600 pf-Kondensator auf  annähernd 500 pf zu kommen einen Serien- Kondensatorwert von 3,3 nf. Ich suchte mir dann mal einen Referenz- Drehkondensator aus meinen Beständen und tatsächlich ein 600 pf-Kondensator mit 3,3 nf-Festkondensator in Reihe kommt auf ca. 500 pf.

Ich baute jetzt provisorisch einen Drehko mit 2 x 600 pf in Reihe mit 3,3 nf in das Gerät ein. Mit zumindest dem Erfolg, dass das MW-Band tatsächlich ab ca. 510 Khz beginnt. Aber das weitere Verhalten des Radios war immer noch völlig inakzeptabel. Da mußte noch etwas unstimmig sein.

Achja, ich schaute nicht schlecht. Ein "Bastelexperte" hatte einfach den Antenneneingang am Ende des Zweikreis-Bandfilters, direkt auf das Steuergitter der RENS1284 gebracht. Daher diese komischen Erscheinungen. Ich bat nun den Detlef, den Drehko so zu belassen und mir das gesamte Konstrukt wieder zurück zu senden. Ich wußte ja nun, wie man den Drehko von der Kapazität beeinflussen kann. Also Umbau überhaupt nicht von Nöten.

Ich werde den Bericht weiter fort setzen.

Hier mal das Schaltbild des SABA 212


.pdf   Saba_212WL.pdf (Größe: 70,06 KB / Downloads: 17)

Natürlich sollt Ihr auch ein paar Bilder bekommen.

   

Dieser DDR-Drehko wurde provisorisch ins Gerät gebaut.

   

Die Klötzchen-Reparatur. Alle Kondensatoren wurden korrekt angeschlossen. Nur schön ist das nicht.

   

In diesem Becher sollten viele der roten klötze verschwinden.

   

Na, schaut mal. sieht doch ganz anders aus. Der einzig verbliebene rote Kondensator ist auch verschwunden. Er wurde durch einen axialen, schwarzen vom Volker (ATR-Shop) ersetzt. Zusätzlich wurde noch ein alter, defekter Becherelko als Dummy in den großen Ausschnitt auf dem Chassis verbaut.

Ihr habt Recht, wo sind die Bilder von oben mit dem "runderneuerten" Drehko vom Detlef? Ich habe glatt vergessen hier Bilder zu machen. Ich habe aber schon unseren jungen Bastler gebeten, wenn er das verschickte Chassis bekommt, noch ein paar Bilder zu machen. Die stelle ich Euch dann hier noch ein.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#2
"vielleicht könntest Du uns die Formel noch einmal vor Augen führen"

Na ja, ich habe extra, weil ich mir schon dachte, daß es vielen nicht mehr ganz so bekannt sein dürfte, einen Scan aus einem Buch von Simonyi im RM.org hoch geladen, der die Parallel- und Serien-Schaltung von Kondensatoren gut darstellt.

Nun ist die Darstellung von Formeln hier im Forum nur unzulänglich möglich. Daher werden die Kapazitäten der Einfachheit halber mit a, b c benannt.
c = 500 pF gewünschte Endkapazität; b = 600pF Endkapazität des vorhandenen Drehkos ; a = gesuchte Serien-Kapazität

Aus dem Text von Simonyi folgt für die Serienschaltung zweier Kapazitäten: c = (a*b)/(a+b)
Aber wir suchen ja den Wert des Serien-Kondensators "a". Also muß die Gleichung umgestellt werden.

Werden beide Seiten der Gleichung mit (a+b) durch multipliziert folgt: c(a+b) = a*b

Ausmultiplizieren und Terme mit "a" auf die rechte Seite bringen: c*b = a*b - a*c = a*(b-c)

Beide Seiten durch (b-c) dividieren und "a" auf die linke Seite der Gleichung bringen: a = (b*c)/(b-c)

Nun mit Zahlenwerten: a = (600pF*500pF)/(600pF-500pF) = 300000/100 pF = 3000 pF = 3nF

So, ich hoffe nun, daß Ihr das alle schön nachvollziehen könnt.

Viel Erfolg, Dietmar
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#3
Habe noch einen ART Plan für das Modell.

   

Gruß, Dietmar
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#4
Hallo lieber Dietmar,

danke für Deine Ausführungen zur Kondensator-Berechnung. Für unsere Drehko-Umbauten sehr wichtig, damit man im Notfall die Kapazität des Drehkos etwas anpassen kann.
Auch danke für das ART-Schaltbild.

Ja und so ging das Chassis dann wieder auf die Reise zu seinem Besitzer. Man hat ja immer gemischte Gefühle: Ist der Besitzer so zufrieden, ein Uraltradio, kommt er mit der Bedienung klar usw.

Aber ich habe 2 Tage später schon eine sehr nette Rückmeldung von dem jungen Sammler erhalten. Er hatte sich sehr über die Instandsetzung gefreut. Natürlich mußte das Chassis auch sofort ins Gehäuse, um geprüft zu werden.

Auch hier war der junge Mann sehr erfreut. Er schrieb, das Radio funktioniert wunderbar. Also alles richtig gemacht. Wieder ein Uralt-Radio, das wir zum Spielen bekommen haben. Dieses Gerät stand auch länger auf Halde, weil der Sammler noch nicht die Probleme mit den Spritzgußteilen bei SABA kannte. Ich bin sicher, daran wird er sich in Zukunft sofort erinnern. Ich bat natürlich um einige Bilder vom Radio, um diesen Bericht hier abschließen zu können.

   

Hier noch mal das Bild von der Unterseite des Chassis. So gefällt mir alles schon besser. Wie ich schon schrieb, der große Becherelko dient nur als Dummi. Die Beiden neuen elkos sitzen auch dort unten.

   

Sicht auf das Chassis von oben. Der Zustand ist für das Alter sehr gut.

   

Die Frontansicht. Hier noch ohne Skalenzeiger.

   

Hier sitzt alles im Gehäuse

   

Hier Ansicht von innen. Was mich jetzt aber wundert. Ein SABA-Lautsprecher von Lenzola? Kann das wirklich original sein. Optisch sieht es ja nach SABA aus.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#5
Ich springe noch einmal kurz zurück und beziehe mich auf die Errechnung der Serienkapazität.
Wäre das hier für den 'rechenbequemen' Radiobastler eine Alternative? ->

https://www.digikey.de/de/resources/conv...-capacitor

An die gewünschte Gesamtkapazität kann man sich auf einfachem Weg über das Einsetzen verschiedener Werte von  C2 herantasten (richtige Maßeinheit "pF" wählen !).

Ich habe mit solchen tools immer gerne gearbeitet, auch bei Widerstandsparallelschaltungen.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#6
" auf einfachem Weg über das Einsetzen verschiedener Werte von C2 herantasten"

Na ja, so ganz elegant ist das natürlich nicht. Aber besser als gar nichts vielleicht.

Berechnungen in der Radiotechnik gibt es vielerlei. Vielleicht merkt man sich den Link dazu.

MfG DR
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#7
Hallo zusammen,

ich möchte hier nicht klugscheißern, steht mir nicht zu,
aber bei der Berechnung des Serienkondensators .....
da kann man doch auch die Formel zur Parallelschaltung
von Widerständen nehmen. Da wird mit den Kehrwerten
der Widerstände gerechnet, das lässt sich doch einfacher
händeln....  ?

1/Rges= 1/R1+1/R2


Statt R den Wert des Kondensators einsetzen....
1/Cgesucht = 1/C Drehko - 1/C soll
1/Cx = 1/600 - 1/500

Danke an Werner für die Korrektur !


Gruß,
RE 084
RE 084 heisst Hans und kommt aus 41844 Wegberg
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#8
Klugscheißmodus ein.   Die letzte Zeile deiner Rechnung ist falsch; es muss 1/Cx heißen.    Klugscheißmodus aus
Grüße aus dem Odenwald,

Werner



Lesen gefährdet die Dummheit!
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#9
(08.09.2020, 13:35)DiRu schrieb: " auf einfachem Weg über das Einsetzen verschiedener Werte von  C2 herantasten"

Na ja, so ganz elegant ist das natürlich nicht. Aber besser als gar nichts vielleicht.

Es mag nicht elegant erscheinen, aber es geht schnell und führt zum gleichen Ergebnis  (zumal im vorgestellten Fall die Rechnung aufs Picofarad in der Praxis nicht erforderlich wäre, da die Produktionsstreuung des einzusetzenden Serienkondensators dieses ohnehin konterkarieren würde).
Und da die meisten Bastler für die Anwendung der Lehrbuch-Formelmethode
[Bild: capacitor-cap10.gif]
sicherlich sowieso den (Taschen)Rechner bemühen werden...  Aber jeder Reparateur, wie er mag  Wink   .


Davon ab: Schön, dass der SABA 212 wiedererstanden ist. Leider wurde Detlefs Drehko-Arbeit nicht mehr en détail im Foto gezeigt. Wenn auch schon bei andern SABAs bewundert, so ist dies doch immer wieder eine Augenweide, insbesondere wenn man auch die Einbringung der Paralleltrimmer betrachtet.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#10
Dietmar hat einen wissenschaftlichen Ansatz, wir sind eher die pragmatischen Bastler. Das ist ja das Schöne in diesem Forum. Querbeet.
Beste Grüsse

Thorsten


"Das Leben ist nichts weiter als das Proben für eine Vorstellung, die niemals stattfindet."

(Die fabelhafte Welt der Amelie)
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#11
Hallo Freunde,

ja, es ist so wie der Thorsten das schreibt. Der Dietmar (DiRu) kommt aus dem technischen Bereich und hat das die besten Kenntnisse. Auch was die Handhabung solcher Formeln betrifft. Außerdem haben wir ja für so etwas auch noch unseren Hans K. (Mike). Die beiden hatten schon öfter mal für mich gerechnet. Ich muss sagen, diese Berechnungen stimmten auf den Punkt. Trotzdem will ich mich noch mal näher mit diesen Formeln und euren Ausführungen dazu befassen.

@ klaus. Ja, lieber Klaus, Du hast natürlich Recht. Detlef's tolle Arbeit, den Drehko-Umbau haben wir nicht gezeigt. Ich hatte schlicht weg vergessen, das Teil zu fotografieren und der Philipp hat das Chassis dann schnell nach Erhalt ins Gerät gebaut. Nun geht das schlecht mit Bildern. Jedenfalls hat der Detlef da wieder beste Arbeit geleistet. Wir hatten Erfahrungen mit den Treimmern gesammelt. Detlef, genauso wie ich. Wichtig ist, dass die originalen Quetscher an den Drehko's verbleiben. Ich hatte das schon mit anderen Trimmern versucht. Die ließen sie nicht auf "Null" ( bei Bedarf)abgleichen. Es war gar nicht einfach, die Drehko's dann präzise einzustellen.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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