27.11.2020, 22:08
Instandsetzung Körting Supra-Selector 39W
4.jpg (Größe: 41,13 KB / Downloads: 969)
Hersteller: Körting (Dietz und Ritter)
Typ: Radio mit eingebautem Lautsprecher
Modell: Supra Selector 39W erste Serie
Baujahr: 1938
Röhrenbestückung: EF13 ECH11 EBF11 EFM11 EL12 AZ12
Stromversorgung: Wechselstrom 110, 125, 150, 220, 240 V
Wellenbereiche: L - M – K2 (49m-90m) – K1 (19m-49m)
Bedienelemente: Lautstärke, Tonblende, Universalschalter, Senderwahl Wellenbereichsschalter. Hinten: Kippschalter für Lautsprecher
Gehäuse: Holz
Besonderheiten: Universalschalter für 3-Stufige Bandbreiteneinstellung, Super- Geradeausumschaltung und Tonabnehmer, Senderwahl über grob/fein „Getriebe“, HF Vorstufe, Lichtnetzantenne
Anschlussmöglichkeiten Rückseite: Antenne, Tonabnehmer, 2.Lautsprecher
Abmessungen: 570 x 450 x 320 mm
Gewicht: ca. 23kg
Lautsprecher: Ein permanent dynamische Lautsprecher
Neupreis: 423,- RM
Einleitung:
Der Körting Supra-Selector 39W steht nun auf der Werkbank. Dieses Radio ist eigentlich noch lange nicht an der Reihe von mir instandgesetzt zu werden. Aber es hat sich so ergeben, weil ich den großen Karton gebraucht habe in dem es eingepackt war. Es ist ein wirklich großes, schweres, und technisch hochinteressantes Vorkriegsgerät. Aber leider auch in einem sehr schlechten, verdreckten Zustand.
Auf dieses Radio bin ich durch eine Gerätebeschreibung von Friedrich P. Profit in der FG Nummer 131 auf den Seiten 125 - 128 aus dem Jahr 2000 aufmerksam geworden. Ich war so fasziniert von der Architektur des Chassis, der Schaltungsbeschreibung, und des Aussehens, dass ich ab dem Zeitpunkt gerne so ein Gerät für meine Sammlung gehabt hätte. Die Chance je so ein Gerät zu besitzen stufte ich aber zu dem damaligen Zeitpunkt als sehr gering ein. Was ich damals in dem Artikel überhaupt nicht beachtet habe war der Hinweis von Herrn Profit, dass die Wiederherstellung dieses Gerätes sehr aufwändig ist. Da ich ja immer vorarbeite und hier Nachdokumentiere weiß ich mittlerweile ganz genau, dass der Herr Profit mit seiner Aussage wirklich recht hat.
Wer Mitglied bei der GFGF ist, der kann ohne Probleme die Gerätebeschreibung lesen und sicher wird Mancher meine Begeisterung verstehen.
5.jpg (Größe: 52,5 KB / Downloads: 969)
Meine Gerätebeschreibung:
Thick and strong - can’t be wrong scheinen sich die Körting Konstrukteure auf die Fahnen geschrieben zu haben. Dass die Körting Geräte, die noch vor dem Krieg gefertigt wurden, einen sehr guten Ruf haben, das ist bekannt. Herr Profit schreibt gar vom Mercedes unter den Radios. Dieser gute Ruf ist auch begründet, wenn man sich den Aufbau des Gerätes anschaut. Das große, dickwandige, schön furnierte Gehäuse mit den abgerundeten Ecken, den verschiedenen Farbtönungen und Hölzern der Front, der feine, farblich abgesetzte Zierrahmen um die Bespannung der Schallwand, das macht optisch schon was her. Auf der technischen Seite, beim Blick auf das Chassis, fällt neben dem großen weggebauten Netzteil an der linken Seite sofort die ungewöhnliche Lage der HF Röhren EF13 und ECH11 ins Auge. Die Bestrebung der Konstrukteure war durch diese Anordnung die Leitungen zwischen den Spulensätzen, den Röhren und den Plattenpaketen des Drehkos so kurz wie möglich zu machen. Aber auch zugleich das Maximum aus der Schaltung herauszuholen. Die schaltungstechnischen Besonderheiten sind hier, neben der Möglichkeit die Bandbreite in 3 Stufen zu ändern, die Möglichkeit das Gerät vom Superhet- auf einen Zweikreis - Geradeausempfänger umzuschalten.
DiRu hat hier einen ganz hervorragenden Bericht veröffentlich, weshalb einige Gerätehersteller vor dem Krieg überhaupt eine Super-Geradeaus-Umschaltung realisiert haben. Auffällig sind, steht das Chassis erst mal auf der Werkbank, auch die verwendeten Blechstärken, hier ganze 2mm.
6.jpg (Größe: 51,34 KB / Downloads: 967)
Die Befestigung des Chassis im Gehäuse erfolgt mit zusätzlichen, verstärkenden Stahlstreifen. Die separat eingebaute Netzeinheit weist als Besonderheit HF Drosseln auf der Primärseite des Netztrafos auf. Die Sekundärseite ist mit einer AZ12, einem 3-fach Blockelko sowie einer großen Netzdrossel ebenso großzügig dimensioniert. Schaut man genauer hin fällt auch auf, dass auf der Oberseite des Chassis eine Platte aufgeschraubt ist, welche die Abstimmeinheit mit den Spulensätzen der Vor,- Zwischen,- und der Oszillatorkreise gemeinsam mit dem Drehko trägt. Körting nennt diese Einheiten in den Spulentöpfen HT1, HT2, HT3, und OT. All das erscheint sehr wertig, solide gebaut und gründlich durchdacht. Die große, 7,5mm starke, mehrfarbig bedruckte Skala ist sehr übersichtlich und hat auch in den KW Bereichen Namen und Rufzeichen der zu empfangenden Sender aufgedruckt. Zudem steht sie in starkem Kontrast zu dem mattschwarz lackierten Skalenhintergrund. Die Beleuchtung der Skala erfolgt seitlich in der Glasmitte durch 2 abgeschirmte 4 Volt Lampen, die übrigens ihre eigene Wicklung auf dem Trafo haben. Rechts in der Skala wird der eingeschaltete Wellenbereich von einem Zeiger angezeigt. Dieser Zeiger wird durch einen Schlitz im Skalenhintergrund geführt und über einen Seilzug vom Wellenschalter aus betätigt. Hinter der Skala ist die zugehörige lange Feder, die dieses Seil spannt. Genauso aufwändig ist die Führung des dünnen, weißen, gut sichtbaren Skalenzeigers. Dieser ist nicht einfach durch eine Schlinge am Skalenseil, welches über Messingrollen geführt wird, befestigt. Der Zeiger ist verschiebbar auf einem kleinen Schlitten, der auf einer runden vernickelten Stahlstange gleitet, angeschraubt. Damit der Schlitten sich nicht auf der Führungsstange verdreht wird er hinter dem Skalenhintergrund mit einem kleinen Rad abgestützt. Auf der anderen Seite übernimmt der Zeiger selber die Führung. Der Schlitten ist über eine Klemmung ans Skalenseil angeschraubt.
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Diese Konstruktion ist unterhalb der Skala angeordnet. Der Vorteil hierbei ist, dass der Spalt zwischen der Skalenoberseite und dem Chassis mit einem Klebestreifen abgedeckt worden ist und, dass dadurch, seit über 80 Jahren, verhindert wird, dass die Skalenscheibe von hinten verstaubt. Der Skalenantrieb hat keine Schwungmasse, sondern einen Grob/Feintrieb - einer über Kugeln realisierten Übersetzung. Im Schema ist das wie ein Planetengetriebe dargestellt. Schaut man in der Ersatzteilliste, dann sieht man, dass diese Getriebeeinheit für 23 RM als E-Teil angeboten wird. Der 3fach Drehko liegt bei 17 RM. Eine teure Entscheidung für diese Getriebeeinheit. Einzig die geschaltete Position des Universalschalters ist nicht sofort sichtbar, da muss man durch ein kleines Fenster in der Skala genauer hinsehen. Die Schaltstellung wird von einem verschiebbaren Blech, oder Kunststoffstreifen angezeigt. Angetrieben wird auch das über einen Seilzug vom Universalschalter aus. Eine weitere Rückzugsfeder hinter der Skala sorgt auch hier für die Seilspannung. Beim Blick unter das Chassis fällt auf, dass alles sehr dicht frei verdrahtet ist. Aber Ordnung wird durch eine Platte mit Lötstützpunkten hergestellt.
Von dem Gerät gibt es eine frühe und eine späte Ausführung. Mein Gerät ist die frühe Ausführung. Der Unterschied ist schnell durch die am Netzteil befestigte Zusatzplatte mit den 3 Entbrummerpotis erkennbar. Bei den späteren Geräten wurde der Netztrafo um zwei weitere Heizwicklungen erweitert. Da werden also die Heizungen der 5 Verstärkerröhren aus 3 unabhängigen Wicklungen mit Entbrummern realisiert. Das ist ein Aufwand, den ich so nur bei wenigen anderen Geräten kenne. Schade eigentlich, dass die EFM11 zum Einsatz kommt, an der Stelle wäre eine Aufteilung auf zwei Röhre sicher noch von Vorteil gewesen.
Beginn der Instandsetzung:
Der Zufall wollte es, dass ich schon 11 Jahre nach dem Lesen des FG Beitrags, also 2011, in einem dunklen, dreckigen Keller im Fränkischen die kläglichen Reste einer vernachlässigten Radiosammlung begutachtete, um dann vor diesem Radio zu stehen. Am Gehäuse hätte ich es nicht erkannt aber als ich das Radio dann ohne Rückwand betrachtete konnte ich mein Glück kaum fassen. Ich sah die um etwa 80° aus der senkrechten geneigten Fassungen der Stahlröhren in der Ausbuchtung des Chassis und war sicher, das wird mein Supra-Selector. Für einen bescheidenen zweistelligen Betrag, bei dem ich nicht mal nachverhandelte, konnte ich das Gerät kaufen.
Später dann bei Licht betrachtet musste ich feststellen, dass der Zahn der Zeit und die schlechte Lagerung in dem Keller dem Gerät leider doch sehr zugesetzt hatten. Sehr dreckiges Chassis, wurmstichiges Gehäuse, ein gebohrtes Loch im Gehäuse an der Seite, das bedeutet sehr viel Arbeit. Auf der anderen Seite war das Gerät augenscheinlich ziemlich komplett.
An der Technik habe ich, außer grob reinigen, nichts mehr gemacht. Weil ich zum damaligen Zeitpunkt keinen vernünftigen großen und staubfreien Arbeitsplatz für die Instandsetzung des Chassis hatte blieb leider nichts anderes übrig als zu warten bis ich einen vernünftigen Arbeitsplatz für so eine Aufgabe habe. Daher habe ich gleich alles wieder grob zusammengebaut und in einen großen Karton verpackt. Jetzt, da die Voraussetzungen für eine vernünftige Instandsetzung vorhanden sind, habe ich alles wieder ausgepackt, um zuerst eine genaue Bestandsaufnahme zu machen:
Die ECH11 fehlt
Gehäuse ist fleckig und sehr wurmstichig
Die Füße sind durch den Wurmbefall wie perforiert
Das Skalenseil fehlt
Antrieb des Drehkos über den Seiltrieb ist unklar, weil fehlend
Anzeige des Universalschalters fehlt. Leider ist von diesem bedruckten Metall, oder Kunststoffstreifen gar nichts mehr vorhanden. Seilzug und Feder sind auch nicht mehr da.
Betätigung der Anzeige des Universalschalters fehlt
Ein Kontaktpaar am Universalschalter fehlt
Grob/feintrieb fest
LS- Poti fest
Universalschalter fest
Klangregler, als Quetscher ausgeführt, ist fest
Wellenschalter fest
LS Bespannstoff hat sich komplett gelöst
Die Seriennummer wurde unkenntlich gemacht
Ein offensichtlich völlig verbrannter Widerstand
Ein offensichtlich aufgeplatzter Kondensator
Eingebaute WIMA Bonbons aus einer späteren Reparatur
Blockelko fehlt - er wurde durch modernere zylindrische Typen ersetzt
Fast alle Siegel über den Abgleichpunkten sind verletzt
Der erste Filterbecher ist lose
Die Gummis zwischen dem Hilfs- und dem Hauptchassis sind völlig zerbröselt
Die Seile für die Betätigung der Super- Geradeausumschalter sind nicht mehr richtig eingebaut.
Das Seil für die Bandbreiteneinstellung ist nicht richtig am Universalschalter angebracht
Ein Blick auf die Unterseite des Chassis offenbart auch sofort, dass jemand schon Hand angelegt und dann aufgegeben hat. Noch schlimmer ist eigentlich, dass der auf den ersten Blick ordentliche und scheinbar reparaturfreundliche Aufbau sich als trügerisch erweist. Das Gerät ist furchtbar verbaut. Auf der Rückseite der Pertinaxplatte befinden sich auch noch Kondensatoren. Wie man die in einem angemessenen Zeitraum im Reparaturfall wechseln kann bleibt vorerst ein Geheimnis.
10.jpg (Größe: 66,13 KB / Downloads: 963)
Auch der Universalschalter birgt Geheimnisse. Es sind 10 Schaltkontakte eingezeichnet, aber unter der Nockenwelle sind nur 5 Schaltkontakte zu finden. Einer davon wurde entfernt ein zweiter festgelötet. Ein weiterer Schaltkontakt ist der Netzschalter, der aber nicht Nockenbetätigt ist, und die 2 Super- Geradeausumschalter. Sollte sich herausstellen, dass diese 2 Schalter als Wechselschalter ausgeführt sind, dann kommt man auf die 10 Kontakte.
Solch ein komplexes Vorkriegsgerät habe ich bisher noch nicht repariert, also werde ich hier etwas anders als sonst vorgehen. Ich werde versuchen die Reparatur in mehrere Abschnitte zu gliedern und nicht gleich alles zerlegen.
Zuerst werde ich mich der Netzeinheit zuwenden. Vielleicht kann ich in dem Zug auch herausfinden wie die Blockelkos auf der Netzeinheit montiert waren. Erst wenn diese Einheit funktioniert werde ich versuchen weitere Einheiten für sich instandzusetzen. Dann müssen natürlich noch gute Röhren gefunden werden. Im Gerät waren zwar welche drin, aber nicht mehr die Originalen. Am besten wären die frühen, alten, hohen Telefunken Stahlröhren, die auch noch aus den 30er Jahren sein sollten. Einzig die AZ12 ist noch original aus dem Gerät. Erkennbar an dem „D“ auf dem Sockel. Körting Geräte aus der Zeit haben auf allen Röhren so ein „D“. Das ist die Codierung von Telefunken für die Geräte von Dietz und Ritter.
Also alles in Allem ein Großprojekt, bei dem ich dann sehr gespannt bin, wie das Gerät später einmal funktioniert.
4.jpg (Größe: 41,13 KB / Downloads: 969)
Hersteller: Körting (Dietz und Ritter)
Typ: Radio mit eingebautem Lautsprecher
Modell: Supra Selector 39W erste Serie
Baujahr: 1938
Röhrenbestückung: EF13 ECH11 EBF11 EFM11 EL12 AZ12
Stromversorgung: Wechselstrom 110, 125, 150, 220, 240 V
Wellenbereiche: L - M – K2 (49m-90m) – K1 (19m-49m)
Bedienelemente: Lautstärke, Tonblende, Universalschalter, Senderwahl Wellenbereichsschalter. Hinten: Kippschalter für Lautsprecher
Gehäuse: Holz
Besonderheiten: Universalschalter für 3-Stufige Bandbreiteneinstellung, Super- Geradeausumschaltung und Tonabnehmer, Senderwahl über grob/fein „Getriebe“, HF Vorstufe, Lichtnetzantenne
Anschlussmöglichkeiten Rückseite: Antenne, Tonabnehmer, 2.Lautsprecher
Abmessungen: 570 x 450 x 320 mm
Gewicht: ca. 23kg
Lautsprecher: Ein permanent dynamische Lautsprecher
Neupreis: 423,- RM
Einleitung:
Der Körting Supra-Selector 39W steht nun auf der Werkbank. Dieses Radio ist eigentlich noch lange nicht an der Reihe von mir instandgesetzt zu werden. Aber es hat sich so ergeben, weil ich den großen Karton gebraucht habe in dem es eingepackt war. Es ist ein wirklich großes, schweres, und technisch hochinteressantes Vorkriegsgerät. Aber leider auch in einem sehr schlechten, verdreckten Zustand.
Auf dieses Radio bin ich durch eine Gerätebeschreibung von Friedrich P. Profit in der FG Nummer 131 auf den Seiten 125 - 128 aus dem Jahr 2000 aufmerksam geworden. Ich war so fasziniert von der Architektur des Chassis, der Schaltungsbeschreibung, und des Aussehens, dass ich ab dem Zeitpunkt gerne so ein Gerät für meine Sammlung gehabt hätte. Die Chance je so ein Gerät zu besitzen stufte ich aber zu dem damaligen Zeitpunkt als sehr gering ein. Was ich damals in dem Artikel überhaupt nicht beachtet habe war der Hinweis von Herrn Profit, dass die Wiederherstellung dieses Gerätes sehr aufwändig ist. Da ich ja immer vorarbeite und hier Nachdokumentiere weiß ich mittlerweile ganz genau, dass der Herr Profit mit seiner Aussage wirklich recht hat.
Wer Mitglied bei der GFGF ist, der kann ohne Probleme die Gerätebeschreibung lesen und sicher wird Mancher meine Begeisterung verstehen.
5.jpg (Größe: 52,5 KB / Downloads: 969)
Meine Gerätebeschreibung:
Thick and strong - can’t be wrong scheinen sich die Körting Konstrukteure auf die Fahnen geschrieben zu haben. Dass die Körting Geräte, die noch vor dem Krieg gefertigt wurden, einen sehr guten Ruf haben, das ist bekannt. Herr Profit schreibt gar vom Mercedes unter den Radios. Dieser gute Ruf ist auch begründet, wenn man sich den Aufbau des Gerätes anschaut. Das große, dickwandige, schön furnierte Gehäuse mit den abgerundeten Ecken, den verschiedenen Farbtönungen und Hölzern der Front, der feine, farblich abgesetzte Zierrahmen um die Bespannung der Schallwand, das macht optisch schon was her. Auf der technischen Seite, beim Blick auf das Chassis, fällt neben dem großen weggebauten Netzteil an der linken Seite sofort die ungewöhnliche Lage der HF Röhren EF13 und ECH11 ins Auge. Die Bestrebung der Konstrukteure war durch diese Anordnung die Leitungen zwischen den Spulensätzen, den Röhren und den Plattenpaketen des Drehkos so kurz wie möglich zu machen. Aber auch zugleich das Maximum aus der Schaltung herauszuholen. Die schaltungstechnischen Besonderheiten sind hier, neben der Möglichkeit die Bandbreite in 3 Stufen zu ändern, die Möglichkeit das Gerät vom Superhet- auf einen Zweikreis - Geradeausempfänger umzuschalten.
DiRu hat hier einen ganz hervorragenden Bericht veröffentlich, weshalb einige Gerätehersteller vor dem Krieg überhaupt eine Super-Geradeaus-Umschaltung realisiert haben. Auffällig sind, steht das Chassis erst mal auf der Werkbank, auch die verwendeten Blechstärken, hier ganze 2mm.
6.jpg (Größe: 51,34 KB / Downloads: 967)
Die Befestigung des Chassis im Gehäuse erfolgt mit zusätzlichen, verstärkenden Stahlstreifen. Die separat eingebaute Netzeinheit weist als Besonderheit HF Drosseln auf der Primärseite des Netztrafos auf. Die Sekundärseite ist mit einer AZ12, einem 3-fach Blockelko sowie einer großen Netzdrossel ebenso großzügig dimensioniert. Schaut man genauer hin fällt auch auf, dass auf der Oberseite des Chassis eine Platte aufgeschraubt ist, welche die Abstimmeinheit mit den Spulensätzen der Vor,- Zwischen,- und der Oszillatorkreise gemeinsam mit dem Drehko trägt. Körting nennt diese Einheiten in den Spulentöpfen HT1, HT2, HT3, und OT. All das erscheint sehr wertig, solide gebaut und gründlich durchdacht. Die große, 7,5mm starke, mehrfarbig bedruckte Skala ist sehr übersichtlich und hat auch in den KW Bereichen Namen und Rufzeichen der zu empfangenden Sender aufgedruckt. Zudem steht sie in starkem Kontrast zu dem mattschwarz lackierten Skalenhintergrund. Die Beleuchtung der Skala erfolgt seitlich in der Glasmitte durch 2 abgeschirmte 4 Volt Lampen, die übrigens ihre eigene Wicklung auf dem Trafo haben. Rechts in der Skala wird der eingeschaltete Wellenbereich von einem Zeiger angezeigt. Dieser Zeiger wird durch einen Schlitz im Skalenhintergrund geführt und über einen Seilzug vom Wellenschalter aus betätigt. Hinter der Skala ist die zugehörige lange Feder, die dieses Seil spannt. Genauso aufwändig ist die Führung des dünnen, weißen, gut sichtbaren Skalenzeigers. Dieser ist nicht einfach durch eine Schlinge am Skalenseil, welches über Messingrollen geführt wird, befestigt. Der Zeiger ist verschiebbar auf einem kleinen Schlitten, der auf einer runden vernickelten Stahlstange gleitet, angeschraubt. Damit der Schlitten sich nicht auf der Führungsstange verdreht wird er hinter dem Skalenhintergrund mit einem kleinen Rad abgestützt. Auf der anderen Seite übernimmt der Zeiger selber die Führung. Der Schlitten ist über eine Klemmung ans Skalenseil angeschraubt.
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Diese Konstruktion ist unterhalb der Skala angeordnet. Der Vorteil hierbei ist, dass der Spalt zwischen der Skalenoberseite und dem Chassis mit einem Klebestreifen abgedeckt worden ist und, dass dadurch, seit über 80 Jahren, verhindert wird, dass die Skalenscheibe von hinten verstaubt. Der Skalenantrieb hat keine Schwungmasse, sondern einen Grob/Feintrieb - einer über Kugeln realisierten Übersetzung. Im Schema ist das wie ein Planetengetriebe dargestellt. Schaut man in der Ersatzteilliste, dann sieht man, dass diese Getriebeeinheit für 23 RM als E-Teil angeboten wird. Der 3fach Drehko liegt bei 17 RM. Eine teure Entscheidung für diese Getriebeeinheit. Einzig die geschaltete Position des Universalschalters ist nicht sofort sichtbar, da muss man durch ein kleines Fenster in der Skala genauer hinsehen. Die Schaltstellung wird von einem verschiebbaren Blech, oder Kunststoffstreifen angezeigt. Angetrieben wird auch das über einen Seilzug vom Universalschalter aus. Eine weitere Rückzugsfeder hinter der Skala sorgt auch hier für die Seilspannung. Beim Blick unter das Chassis fällt auf, dass alles sehr dicht frei verdrahtet ist. Aber Ordnung wird durch eine Platte mit Lötstützpunkten hergestellt.
Von dem Gerät gibt es eine frühe und eine späte Ausführung. Mein Gerät ist die frühe Ausführung. Der Unterschied ist schnell durch die am Netzteil befestigte Zusatzplatte mit den 3 Entbrummerpotis erkennbar. Bei den späteren Geräten wurde der Netztrafo um zwei weitere Heizwicklungen erweitert. Da werden also die Heizungen der 5 Verstärkerröhren aus 3 unabhängigen Wicklungen mit Entbrummern realisiert. Das ist ein Aufwand, den ich so nur bei wenigen anderen Geräten kenne. Schade eigentlich, dass die EFM11 zum Einsatz kommt, an der Stelle wäre eine Aufteilung auf zwei Röhre sicher noch von Vorteil gewesen.
Beginn der Instandsetzung:
Der Zufall wollte es, dass ich schon 11 Jahre nach dem Lesen des FG Beitrags, also 2011, in einem dunklen, dreckigen Keller im Fränkischen die kläglichen Reste einer vernachlässigten Radiosammlung begutachtete, um dann vor diesem Radio zu stehen. Am Gehäuse hätte ich es nicht erkannt aber als ich das Radio dann ohne Rückwand betrachtete konnte ich mein Glück kaum fassen. Ich sah die um etwa 80° aus der senkrechten geneigten Fassungen der Stahlröhren in der Ausbuchtung des Chassis und war sicher, das wird mein Supra-Selector. Für einen bescheidenen zweistelligen Betrag, bei dem ich nicht mal nachverhandelte, konnte ich das Gerät kaufen.
Später dann bei Licht betrachtet musste ich feststellen, dass der Zahn der Zeit und die schlechte Lagerung in dem Keller dem Gerät leider doch sehr zugesetzt hatten. Sehr dreckiges Chassis, wurmstichiges Gehäuse, ein gebohrtes Loch im Gehäuse an der Seite, das bedeutet sehr viel Arbeit. Auf der anderen Seite war das Gerät augenscheinlich ziemlich komplett.
An der Technik habe ich, außer grob reinigen, nichts mehr gemacht. Weil ich zum damaligen Zeitpunkt keinen vernünftigen großen und staubfreien Arbeitsplatz für die Instandsetzung des Chassis hatte blieb leider nichts anderes übrig als zu warten bis ich einen vernünftigen Arbeitsplatz für so eine Aufgabe habe. Daher habe ich gleich alles wieder grob zusammengebaut und in einen großen Karton verpackt. Jetzt, da die Voraussetzungen für eine vernünftige Instandsetzung vorhanden sind, habe ich alles wieder ausgepackt, um zuerst eine genaue Bestandsaufnahme zu machen:
Die ECH11 fehlt
Gehäuse ist fleckig und sehr wurmstichig
Die Füße sind durch den Wurmbefall wie perforiert
Das Skalenseil fehlt
Antrieb des Drehkos über den Seiltrieb ist unklar, weil fehlend
Anzeige des Universalschalters fehlt. Leider ist von diesem bedruckten Metall, oder Kunststoffstreifen gar nichts mehr vorhanden. Seilzug und Feder sind auch nicht mehr da.
Betätigung der Anzeige des Universalschalters fehlt
Ein Kontaktpaar am Universalschalter fehlt
Grob/feintrieb fest
LS- Poti fest
Universalschalter fest
Klangregler, als Quetscher ausgeführt, ist fest
Wellenschalter fest
LS Bespannstoff hat sich komplett gelöst
Die Seriennummer wurde unkenntlich gemacht
Ein offensichtlich völlig verbrannter Widerstand
Ein offensichtlich aufgeplatzter Kondensator
Eingebaute WIMA Bonbons aus einer späteren Reparatur
Blockelko fehlt - er wurde durch modernere zylindrische Typen ersetzt
Fast alle Siegel über den Abgleichpunkten sind verletzt
Der erste Filterbecher ist lose
Die Gummis zwischen dem Hilfs- und dem Hauptchassis sind völlig zerbröselt
Die Seile für die Betätigung der Super- Geradeausumschalter sind nicht mehr richtig eingebaut.
Das Seil für die Bandbreiteneinstellung ist nicht richtig am Universalschalter angebracht
Ein Blick auf die Unterseite des Chassis offenbart auch sofort, dass jemand schon Hand angelegt und dann aufgegeben hat. Noch schlimmer ist eigentlich, dass der auf den ersten Blick ordentliche und scheinbar reparaturfreundliche Aufbau sich als trügerisch erweist. Das Gerät ist furchtbar verbaut. Auf der Rückseite der Pertinaxplatte befinden sich auch noch Kondensatoren. Wie man die in einem angemessenen Zeitraum im Reparaturfall wechseln kann bleibt vorerst ein Geheimnis.
10.jpg (Größe: 66,13 KB / Downloads: 963)
Auch der Universalschalter birgt Geheimnisse. Es sind 10 Schaltkontakte eingezeichnet, aber unter der Nockenwelle sind nur 5 Schaltkontakte zu finden. Einer davon wurde entfernt ein zweiter festgelötet. Ein weiterer Schaltkontakt ist der Netzschalter, der aber nicht Nockenbetätigt ist, und die 2 Super- Geradeausumschalter. Sollte sich herausstellen, dass diese 2 Schalter als Wechselschalter ausgeführt sind, dann kommt man auf die 10 Kontakte.
Solch ein komplexes Vorkriegsgerät habe ich bisher noch nicht repariert, also werde ich hier etwas anders als sonst vorgehen. Ich werde versuchen die Reparatur in mehrere Abschnitte zu gliedern und nicht gleich alles zerlegen.
Zuerst werde ich mich der Netzeinheit zuwenden. Vielleicht kann ich in dem Zug auch herausfinden wie die Blockelkos auf der Netzeinheit montiert waren. Erst wenn diese Einheit funktioniert werde ich versuchen weitere Einheiten für sich instandzusetzen. Dann müssen natürlich noch gute Röhren gefunden werden. Im Gerät waren zwar welche drin, aber nicht mehr die Originalen. Am besten wären die frühen, alten, hohen Telefunken Stahlröhren, die auch noch aus den 30er Jahren sein sollten. Einzig die AZ12 ist noch original aus dem Gerät. Erkennbar an dem „D“ auf dem Sockel. Körting Geräte aus der Zeit haben auf allen Röhren so ein „D“. Das ist die Codierung von Telefunken für die Geräte von Dietz und Ritter.
Also alles in Allem ein Großprojekt, bei dem ich dann sehr gespannt bin, wie das Gerät später einmal funktioniert.
Beste Grüße
Aller
Auch mit einem rechteckigen Radio kann man Rundfunk hören
Aller
Auch mit einem rechteckigen Radio kann man Rundfunk hören