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EL34 Gegentakt-Endstufe u. Philips Vorverstärker
#1
Hallo,

ich bin mit meinen angekündigten Neu- oder Wiedervorstellungen etwas im Rückstand, deshalb möchte ich mit den beiden Geräten, die mir, mit Peripherie, z.Zt. die meiste Freude bereiten, beginnen. Das ganze ist sehr textlastig/erklärungsbedürftig; wer das nicht lesen mag, kann gleich nach den Bildern scrollen.

Ich habe Musik von LP und CD immer mit Röhren und alten Lautsprechern gehört, vieles ausprobiert, und habe vor einigen Jahren von einem Nachbarn ein Paar Acoustic Research AR90(grosse Lautsprecherboxen aus den Achtzigern) geerbt und repariert. Dazu findet sich etwas hier ganz unten: ganz runterscrollen zu den AR90

Vorher brachte ein lieber Freund mal seine kleine, aber feine Philips-Röhrenanlage, bestehend aus HF306 Vorverstärker und zwei HF309-Endstufen zum Probehören mit zu mir.

Ich war sowohl von den fertigen AR90, als auch von der Philips-Anlage begeistert. Das Problem war aber, dass die AR90 -typisch Achtziger mit den damals üblichen "250Watt-Endstufen"- mit EL84-Gegentakt kaum mehr als Zimmerlautstärke herausbrachten(im Ggs. zu den empfindlichen Radiolautsprechern).

Mein Langzeitprojekt war also, einen Philips HF306 Vorverstärker zu besorgen und zu reparieren und ausserdem eine kräftigere Röhren-Endstufe zu bauen.

Einen HF306 bekam ich günstig auf einer Holländischen Auktionsseite, natürlich ungeprüft. Da es sich damals um einen Bausatz handelte, bekam ich ein Exemplar, dass wohl von einem extrem untalentierten Bastler zusammengebaut worden war:
Der winzige Netztrafo war wegen Verdrahtungsfehlern durchgebrannt(und keiner der mir bekannten Trafowickler wollte ihn mir neu wickeln), ebenso die Entbrummpotis. Ausserdem war so gut wie jedes Bauteil falsch eingelötet und die originalen Philips-Eingangsbuchsen vom Lötkolben ziemlich verschmort.
Gleichzeitig habe ich einige Teile für eine EL34-Gegentakt-Endstufe angesammelt, meist Reste von Verstärker-Bastlern, die sich für ein neues Projekt, von alten Teilen trennen wollten.

Nach einer umzugsbedingten Pause, kam ich auf die Idee, mal im RMB-Forum nach der Dimensionierung der Netzdrossel für die vage geplante Endstufe zu fragen. Mir fehlt da Grund- und Fachwissen und zum Glück sind alle, die mir damals dort so sehr geholfen haben, auch hier jetzt präsent. Nochmals grossen Dank an Andrea, Helmut_FF, Martin, Wolfram(alphabetisch), u.v.a.! So kam das ganze ins Rollen.

Zunächst der Vorverstärker Philips HF306:

Ich hatte also alles ausgelötet, was drin war. Einige Kondensatoren(mit miesem Ergebnis) auf Isolation geprüft und einige Kleinteile beim Elektromarkt ('C' bei mir an der Ecke) nachgekauft. Die dicken Apfelsinenkondensatoren hatte ich noch aus den oben erwähnten Resten übrig, gekauft hätte ich sie nicht, teuer wie sie sind.

   
HF306 im Rohbau mit extermen Bastelnetzteil. Im Vordergrund der defekte, originale Netztrafo.

   
Eingansseite mit 2 x EF86 für die Magnetentzerrung und 2 x ECC82 für die Klangregelung

   
Ausgangsseite mit Aussparung für den winzigen Netztrafo und Ausgangsstufe mit einer ECC81

   
Die verschmorten Eingangsbuchsen und die schwer oxydierten Ausgangsbuchsen habe ich durch neue Cinch-Buchsen ersetzt. Wg. des fehlenden Netztrafos war an eine originale Restaurierung nicht mehr zu denken

Ich habe mich entschlossen, die Lösung mit dem Netztrafo im externen Gehäuse beizubehalten.

Hier der fertige HF306:

   

Jetzt kommt die Geschichte der Bastel-Endstufe(die eigentlich vor dem HF306 fertig war, aber ich wollte hier mit dem Vorverstärker anfangen).

Es sollte also EL34 im Gegentakt und das ganze in Stereo werden, unter Verwendung der Teile, die ich inzwischen angesammelt hatte(u.a. auch ein Paar Ausgangsübertrager von einem namhaften Hersteller). Auserdem wollte ich nicht dieses übliche Neo-Amp-Design, sondern lieber einen Neuaufbau auf einem alten ELA-Chassis.

Hierfür hat mir Andrea liebenswürdigender Weise aus ihrem umfangreichen Kölleda-Fundus einen V150 (Kraftverstärker aus der ehem DDR)-Teileträger gegeben:

   

   

Die Bauform war sehr geeignet für das Projekt, das inzwischen, mit viel Beratung u.a. von Martin und Wolfram für mich als realisierbar herauskam:

Ich dachte zunächst daran, einen Dynaco ST70 nachzubauen, hier ein Link zum Schaltbild.
Martin riet mir dann zu einer im Netz bekannten Variante des ST70, mit 3 x ECC81 in der Eingangs- und Phasenumkehrstufe. Das passte sowohl mit der Ausgangsspannung des HF306, sowie auch mit den mechanischen Abmessungen des V150-Chassis' (3 kleine und 4 grosse Röhren) zusammen. Aufbau und Schaltbild ähnlich wie in diesem PDF: Dynaco mit ECC81

Nun habe ich das Chassis von Andrea erst mal zerlegt, neue(alte) Röhrenfassungen, für 4 x EL34, anstatt für 2 x EL34+2 x EYY13) eingebaut, Trafos und Lötleisten befestigt:

   

   

Auserdem habe ich die alten Pertinax-Platten mit neuen(alten) Fassungen für die Vorröhren, neuen Elkos für die Siebkette und Potis für die Einstellung der EL34-Gittervorspannungen bestückt(das digitale Voltmeter(Spannung am Kathodenwiderstand jeder Endröhre), wurde dann noch durch ein Analoges ersetzt):

   

Ja und so kam dann mit vielen Drähten und vor allem mit viel Hilfe der Forumsmitglieder eins zum anderen:

   

Die Anodenströme der Endröhren liessen sich problemlos einzeln ablesen und einstellen:

   

   

Und so kam dann alles wieder zusammen, wobei in diesem Foto noch nicht die originale Front-Abdeckplatte zu sehen ist, die mir Andrea vor ein paar Tagen zugeschickt hat.

   

Ich bin jetzt richtig froh über diese Kombination: Ein alter Thorens 146 mit Orthofon-System, dann der HF 306, die Endstufe und die alten AR90-Boxen, das klingt ebenso wunderbar wie kraftvoll.
Mitte voriger Woche war der o.g. liebe Freund zu Besuch, der mir damals seine Philips-Anlage vorstellte, wir haben zusammen Platten gehört, auch etwas lauter, und waren beide begeistert. U.a. haben wir auch erstaunt und begeistert einer "boxenkiller"-Platte von Charly Antolini 'gelauscht'.

Viele Grüsse,
Jean
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#2
Hallo Jean,

saubere Sache. Da glänzen meine Augen.
Hast du mal ein paar Daten in Bezug auf Leistung, Verzerrung und Frequenzgang parat?

Grüße von Andreas
lass mich, ich kann das,
... oh kaputt.
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#3
Tolles Ding, der Verstärker von dessen Klang ich mich auch schon persönlich überzeugen konnte. Mit dem Bau dieser Anlage ist Dir wirklich ein tolles Projekt gelungen, dass auch im Alltag viel Spaß macht.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#4
Hallo Anton,
vielen Dank für das Lob!

Hallo Andreas,
nein, ich habe nicht das Geringste an Daten. Das einzige Datenblatt, dass ich habe, ist das von meinem Ohrenarzt, meine Gehör-Kurve. Obwohl ich weder disco- noch ohrstöpsel-, noch mobiltelefongeschädigt sein kann, ist mein Gehör Katastrophal, katastrophaler als jede Verstärkerkurve je sein kann. Ich habe mich deshalb erstmals nur darauf verlassen, wie mir der Klang, also das Ergebnis aus Technik+Ohren, gefällt.
Die Leistungsdaten sollten halbwegs konform mit dem Datenblatt der EL34 gehen, welches ich aber zu Beginn des Projektes völlig falsch interpretiert hatte. Wolfram und Martin haben mir vieles dazu erklärt.
Wer alles nachlesen möchte, kann im RMB-Forum nachsehen, wo alles zeitnah dokumentiert wurde. Ich habe da keinen Zugriff mehr, hege aber auch keinerlei Feindschaft.

Viele Grüsse,
Jean
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#5
Hallo Jean,

das ist ein sehr schönes Projekt. Ich sehe da eine Endstufensteigerung:

2x El95, 4xEL95 oder 2xELL800, 2x EL84, 4x EL84, 2x EL34, 4x EL34. Letztes hast Du quasi als Superlativ verwirklicht.

Daneben finde ich 2x ECL82, 2xECL86 jeweils als Stereo. Ich weis nicht, ob die Verbundröhren im Gegentakt betrieben werden können.

Das Ganze läßt sich dann auch noch mit P-Röhren aufbauen, auf die einige schwören. Da findet man dann auch die große P-Röhren, die für die Fernseher im Hochvoltbereich benutzt werden.

Das Hauptproblem sehe ich in der preisgünstigen Beschaffung der Ausgangsübetrager der Gegentaktschaltungen. Kannst Du Dich erinnern, woher Du die AÜ beschaffst hast?

Es würde mich reizen, alle diese Verstärker mal im Vergleich zu haben. Das wäre schon ein eigenes Hobby.
Viele Grüße

Franz Bernhard


... und die Radios laufen nicht weg.....
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#6
Tolle Geräte Jean! Und du schreibst immer was von nicht vollkommen. Ich glaube das ist schon fast ein Meisterstück! Ich hoffe diesen Winter auch an die beiden Verstärker zu kommen.
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#7
Hallo Franz Bernhard,

es wurden auch hervorragende, inzwischen legendäre Gegentaktendstufen mit Verbundröhren gebaut, z.B. der Telewatt mit 2 ECL82 je Kanal. Grundig und Nordmende haben für Musiktruhen mit ELL80 und ECLL800 Endstufenmodule gebaut, die heute in aller Welt von HiFi-Fanatikern gesucht werden.

Ich stand bei meinen Basteleien, vielleicht auch aus früherer Unbedachtheit, mit den Verbundröhren immer auf Kriegsfusss, sie quittieren jede Schwäche und Nachlässigkeit im Aufbau(Anordnung, Masseführung, Gitterwiderstände) mit wilden Schwingungen.

Dennoch ist es möglich, damit gute Verstärker zu bauen, entweder mit dem totalen Durchblick oder etwas Glück. E oder P spielt da keine Rolle.

Auf Wolframs Rat hin, weil ich einen anderen Netztrafo hatte, als im Bauvorschlag für meine Endstufe vorgesehen, heizen bei mir sogar je 2 EL34 in Reihe an 12,6V, weil dies auch die Vorröhren, ECC81(Heizung entweder 6,3V/300mA - die Fäden beider Trioden Parallel - oder oder in Reihe bei 12,6V/150mA) ermöglichen. Den ungenutzen Mittelabgriff der ECC81 habe ich als Symmetrierung auf Masse gelegt. Still ruht der See(ohne Charly Antolini).


Die ELL80 war wie 2 EL95, also eine Stereo-Endstufe mit 2 ELL80 war wie eine mit 2 EL95 je Kanal im Gegentaktbetrieb.
Soweit ich das verstehe, beruhte die Auswahl der Endröhren zur Röhrenzeit nur auf der geforderten Leistung, ebenso wie die Wahl des Verfahrens, Eintakt oder Gegentakt. Da hat sich mit Recht noch keiner den Kopf darüber zerbrochen, wie, welche Röhre klingen könnte, weil es Ingenieure und keine Priester waren.

Die Ausgangsübertrager für meine Endstufe habe ich von Reinhöfer. Sie sind wirklich ausgezeichnet, handwerklich einwandfrei gemacht.

In den nächsten Wochen werde ich meinen Keller räumen, da habe ich noch einige Paare an EL95-Eintakt-AÜs, die ich gerne abgebe. Ich hatte mit solchen AÜs mal eine stereo EL95/EC92-Endstufe gebaut. Die klang sehr schön, aber leider zu schwach für meine un-röhren-zeitgemässen Lautsprecher.

Viele Grüsse,
Jean
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#8
Hallo Jean,

recht haste, verlass dich auf dein Gehör und deine Hörgewohnheit.
Halte auch nicht viel von Kurvenscharen, techn. Berechnungen etc.(Teilweise total überzogen und Jenseits der Hörgrenze).
Entweder das Ding klingt oder eben nicht.
Habe bei meiner PCL Sache mal die Verzerrung mit den Oszi gemessen. Nur so aus Neugier weil
das Teil weder rauschte noch brummte.
Da hatte ich wohl Glück gehabt. Meiner Meinung nach sollte man auf irgendwelchen Schnick-Schnack verzichten. Es soll ja Leute geben, die am Klang, die Lautsprecherkabelfarbe heraushören.

Grüße von Andreas
lass mich, ich kann das,
... oh kaputt.
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#9
(02.10.2013, 07:07)Andreas schrieb: Es soll ja Leute geben, die am Klang, die Lautsprecherkabelfarbe heraushören.

Stimmt, so ähnlich hab ich das auch gehört Big Grin
Hier fehlt noch ein Hifi-Voodoo-Thread, wo jeder mal die skurrilsten Sachen posten kann, die ihm bisher zu Ohren kamen - idealerweise mit Quellenangabe. Ich muss jetzt suchen, wo so ein Thread hin passt Wink
Gruß,
Uli
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