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Greatz Fantasia 822
#1
Lightbulb 
Moin,  

nach einigen Transistorgeräten habe ich nun wieder ein Röhrenradio auf dem Tisch. Ein Graetz Fantasia 822
von ca 1960. Als Besonderheit hat das Radio 4 EL95 als Endröhren (Stereo,push-pull).
Kenne ich sonst eher von Telefunken. Zusätzlich 3 ECC83 in der Vor- und Endstufe
und 4 Dicke Lautsrpecher. Sollte ganz schon bumms haben.
Gerät:
https://www.radiomuseum.org/r/graetz_fantasia_822.html
Schaltplan:
https://nvhrbiblio.nl/schema/Graetz_822.pdf
Ich habe das Radio als defekt mit schlechtem Sound erstanden. Wurde vom Vorbesitzer
wohl noch mal kurz betrieben.

Das Gerät ist optisch in einem sehr guten Zustand. Nur geringe Schäden am Lack:
   

Etwas staubig:
   

Serviceklappe. Leider alles voller Papierkondensatoren (die Guten mit der Teerkappe  Rolleyes  )
   

Zum Ausbau des Chassis muss man erst den linken Lautsprecher ausbauen. Erst dann kommt man an das Chassis.
Der Rest der Lautsprecher kann erst ausgebautwerden, wenn das Chassis ausgebaut ist. Alles etwas eng.
Bei den Tieftönern ist die Dichtung zerfallen und muss ersetzt werden:
   

Chassis ausgebaut:  
   

Bereits einige Caps geschmolzen. Ich vermute die Koppelkondensatoren.
Mal sehen was von den Endröhren noch übrig ist:
   

Das Radio hat zwei "death caps Angel " zwischen Primärseite des Trafos und dem Chassis (erst mal abgeklemmt):
   


Als nächstes werde ich mich mit Messgerät und Kondensatortester an die Arbeit machen.
Vermutlich müssen alle Papierkondensatoren raus. Auch ein Teil der Kabel im Netzteilbereich
macht keinen guten Eindruck (angeschmolzen). Trafo und Übertrager messen soweit noch ok.
Allerdings messe ich dauerhaft unter 150K zwischen Röhren HV+ und Gehäuse. Das sind vermutlich
Kondensatoren/Elkos kaputt/getrocknet.

Sepp
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#2
Moin Sepp,
in allen Röhrenradios die vor 1963 produziert wurden, stecken mehr oder wenige Papierkondensatoren und diese sind nach über 50 Jahren ihrer Produktion zu 100 % Austausch Kandidaten.
M.f.G.
harry


--------------------------------------------------------------------
Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen.
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#3
Hallo,

ich habe mich heute durch die Kondensatoren gearbeitet. Die besten hatten bis 100% Kapazitätserhöhung. Die meisten sind jedoch zu Wiederständen entartet. Die Kathodenelkos der EL95 sind gut drurchgebraten. Die Wiederstände waren dagegen mit wenigen Ausnahmen in Ordnung.
Im Anschluss konnte ich das Gerät mit verschiedenen Vorschaltlampen (30W bis 60W) vorsichtig in Betrieb nehmen. Spannungen passen so weit:
   

Hier das Wildbret:
   

Jemand war wohl schon mal in der Vergangenheit am Gerät und hat zwei der Koppelkondensatoren zwischen Inverter und Endröhren durch Eroids getauscht (Nr. 332, 431). Allerdings auch am lecken. >2V an den Grids der Endröhren. Zusätzlich war ein falscher Wiederstand an der ersten EF89 nachträglich verbaut (47K statt 10K, Nr.245)

Mir ist noch negativ aufgefallen, dass Graetz teilweise sehr dünne Käbelchen verwendet hat (~0.1mm Litze). Z.B zwischen Sicherungshalter und Netzkabel. Etwas bedenklich und schon angeschmolzen. Confused

Sepp


Im Moment läuft das Gerät wieder teilweise. Ein Kanal ist deutlich zu laut, TA Stereo läuft nur in Mono und es ist ein starkes Netzbrummen zu hören (starker Ripple). Als nächstes steht bei mir das Netzteil (vermutlich Elkos) auf der ToDo Liste.

Sepp
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#4
Ich glaube so ein Gerät hatte ich noch nicht auf dem Tisch, also diese Ausbeute ist schon enorm. Das Radio wirds dir Danken. Mit dem Brum und dem Stereo bekommst du bestimmt auf noch hin. Danach nehme ich das Gerät! Smiley34
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#5
Moin,

inzwischen bin ich ein gutes Stück weiter gekommen. Ich hatte es auch auf Grund einer Erwärmung des Bechers schon vermutet, aber leider sind alle 3 Kondensatoren im 3fach Elko defekt. Keine Kapazität messbar. Dafür war das  Brummen noch vergleichsweise ok. Gleichrichter ist in Ordnung.
Da Greatz ohnehin die Spannungen bis zum 3fach Elko über mehrere Ziwschenpunkte führt, gibt es hier viele Möglichkeiten die Elkos im Chassis einzubauen (grün). Ich habe dem Graetz mal 100uF gegönnt:
   
Jetzt brummt nichts mehr. Sogar eins der Geräte mit dem geringsten Brumm, das ich kenne. Auch die Leistungsaufnahme ist mit den neuen Elkos etwa um etwa 10W gefallen. War also überfällig.
Das Problem mit dem fehlenden Kanal über TA habe ich auch gefunden (rot). Hier war ein Kabel zwischen Aus- und Eingang vertauscht.
Bei Graetz wird TA-Stereo über gleichzeitiges Drücken von TA-TB-FA aktiviert und es gibt zusätzlich eine weitere Stereo Taste. Etwas doppelt gemoppelt. Zusätzlich habe ich in dem Zug auch alle Sockel, Potis und Schaltkontakte gereinigt. Sind in einem guten Zustand.

Auf der ToDo Liste steht technisch noch der zu laute Kanal. Umstecken der Röhren hat nicht geholfen und die Spannungen passen. Mal sehen was sich bei der anstehenden Signalverfolgung oder im Bereich der Übertrager noch finden lässt.

Viele Grüsse
Sepp
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#6
Abend zusammen,

inzwischen habe ich den Fehler von dem zu leisen Kanal gefunden. Es war genau anders herum. Ein Kanal war zu laut.
Bei dem 822 wird die Stereobalance über einen Poti in der Rückkopplung nur eines Kanals geregelt. Der andere Kanal ist fest
verdrahtet:
   

So sieht der 10K Wiederstand (Nr. 426) bei meine Radio aus. Es sind wohl ab Werk 10MOhm verbaut worden. Also quasi gar keine Rückkopplung und ein Kanal war immer zu laut.

.jpg   DSC02263.JPG (Größe: 136,82 KB / Downloads: 475)

Ich habe den Balance Poti (Nr. 427) abgelötet und gemessen. Er hat auch nicht die 250K wie im Schaltplan sondern es ist ein 50K Poti verbaut. Temporär habe ich jetzt den Poti und den Wiederstand durch einen 27K Wiederstand ersetzt. Damit passen auch beide Kanäle wieder. Das ganze ist etwas eigenartig gelöst. So wird ein Kanal mit aktiver Balanceeinstellung etwas anders klingen.

Eine Möglickkeit, die ich wohl versuchen werden, ist der Umbau auf den Schaltkreis des Fantasia 922. Dort werden beide Kanäle über die Rückkopplung balanciert:
   

Mal sehen wie sich das anhört.

Sepp
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#7
Hallo zusammen,
inzwischen habe ich die 4 Wiederstände für die Balanceregelung des 922 eingebaut. Die Funktion ist einwandfrei und es lassen sich beide Kanäle in der Lautstärke regeln. Klanglich kann ich im Moment keine Einschränkung feststellen.
   

Leider hat sich noch ein anderes lästiges Problem gezeigt. Die 4 EL 95 haben messtechnisch nur noch ca 2Watt geschafft und bei gehobener Lautstärke stark verzerrt. Inzwischen habe ich neue Endröhren eingebaut. Sind ja zum Glück keine ELL80. Auch die EABC80 habe ich getauscht. Die EABC hat zu einem wiederholtem Knacken innerhalb der ersten 5 Betriebsminuten und einem hörbarem Rauschen geführt.
   

Das Gehäuse war bereits in einem gutem Zustand. Ich habe alles gesäubert und bin einmal mit einer Autopolitur/Scheibe drüber. Sieht wieder top aus. Die defekten LS Dichtungen habe ich mit Fensterdichtungen ersetzt.
   
   

Ich werde das Gerät jetzt erst mal ausführlich Probehören Smiley53 .  

Sepp
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#8
Hallo Sepp,

ein schönes Gerät hast Du da, mit immerhin 13 Röhren.
Diese Geräte wurden seinerzeit, in meiner Nachbarstadt Altena gefertigt...

Viele Grüße,
Rolf
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#9
Hallo Sepp  Smile

Wow, das ist ja mal ein echt schönes Radio mit bestimmt anständigem Klang   Maus
Das gefällt mir schon auch sehr gut. Ich wünsch' Dir viel Freude damit  Smiley53

Herzliche Grüße aus West~Mecklenburg, von Peter
~~~~~ DE - MV  /  Connected ~~~~~
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#10
.....der dürfte mit seinen 13 Röhren so seine 70-80 Watt Leistungsaufnahme haben.
Grüße aus dem Rheinland
Roman

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#11
Ich habe 75Watt Leistungsaufnahme in UKW gemessen. Aber ich glaube keiner betreibt Röhrenradios um Strom zu sparen  Rolleyes .
Inzwischen habe ich auch mal die Leistung der Kanäle gemessen. Mit 4 neuen EL95 schafft das Graetz 822 4,5Watt bei 1Khz an 4Ohm vor Clipping pro Kanal. Wirklich laut.

Sepp
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#12
Zitat:Inzwischen habe ich neue Endröhren eingebaut. Sind ja zum Glück keine ELL80

naja eigentlich schon. Die ELL80 besteht quasi aus 2xEL95 :-)

Rauschen durch die EABC80 kann auch durch einen hochohmigen Widerstand in der Beschaltung der Röhre auftreten. Das Verhalten lässt sich dann durch Selektion beeinflussen. Das wäre dann aber nicht Sinn der Sache.

Ich finde das mit der Balanceeinstellung hast du gut gelöst!
Gruß,
Jupp
-----------------------------

was du baust ist immer mit dir verbunden
(Lego)

Einsamkeit ist nur ein Mangel an Technologie
(@beetlebum)
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#13
Moin,
die Balancegeschichte hat Graetz ab der nächsten Serie 922 bis zum 1120 eingesetzt. Mit dem 1120 gabs dann auch die jetzt teuren ELL80. Das 822 ist scheints das einzige mit den seitlichen Teiftönern und den 2 großen Frontlautsrpechern. Das 922/1022 haben eine dem Grundig 5590 ähnlichen Aufbau mit Hochtönern, die unter den Tieftönern in der Front stecken und kleinere Seitenlautsprecher. Ansonsten unterscheiden sich den Endstufen nur gering (822 bis 1122).

Hier gibts viel Informationen zu den Graetz Geräten. Recht interessant:
http://www.graetz-radio.de/fantasia_serie.htm

Grüsse
Sepp
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#14
Servus,

ich habe das Gerät inzwischen viel gehört, Radio und TA Stereo. Bassmonster  mit guter Räumlichkeit in Stereo. Bei UKW muss man wie bei vielen Röhrenradios den Bass fast ganz runterdrehen. Im Vergleich mit meinem 5590er Grundig ist der Mitten- Hochtonbereich des Grundigs besser. Gerade hier wäre des 922 interessant, da bei gleicher Endstufe eine andere Lautsprecherbstückung im Hochtonbereich verwendet wurde.
Die verbauten Lautsprecher sind leistungstechnisch echt der Hammer (Iosphon vermutl.). Auch wenn der Bass mal deutlich zu dominant ist flattert da nix. Mann kann z.B. bei UKW dan Bass voll aufdrehen und die Lautsprecher schaffen das ohne Probleme. Klingt zwar dann nicht gut, da der Bass dann alles überlagert, aber leistungstechnisch möglich. Klasse für Techno oder ähnlich. Mit den neuen Ednröhren und den verbauten Übertragern sind sehr hohe Lautstärken und tiefe Bässe möglich.

Noch eine Schwachstelle, falls das Radio zu dumpf klingt oder die Frontlautsprecher scheinbar nicht vernünftig spielen, sind die Buchsen für
die Bananenstecker der LS Anschlüsse. Ich hatte mit Tunerspray gereinigt, was aber nicht gereicht hat. Mit etwas Schleifpapier/Nagelfeile kommt man gut von unten an die Kontakte:
   

Grüsse Sepp
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#15
Moin zusammen,
ich habe das Radio jetzt länger in Betrieb und habe noch zwei Verbesserungen eingebaut. Leider hatte ich in Stereo auf einem Kanal noch etwas erhöhtes Brummen (minimal). Das konnte mit der Schirmung der beiden Koppelkondensatoren hinter dem LS Poti behoben werden:

.jpg   a.jpg (Größe: 50,32 KB / Downloads: 200)
Zusätzlich habe ich dem Gerät ein BT Modul gegönnt, das über die Heitzung mit Strom versorgt wird. Durch die Verwendung eines B0505S Wandler völlig brummfrei (thx Caldeira). Da das Radio kein FM Stereo hat lohnt sich die Nachrüstung klanglich erheblich und das Modul passt prima ins Chassis:
   


Viele Grüsse

Sepp
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