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Graetz Landgraf F29
#1
Hallo Fernsehfreunde
Zwar hatten wir schon einmal einen Bericht über den Graetz F29 von Semir. Seinerzeit bekamm Andreas das sehr angelagerte Gehäuse, um es zu überarbeiten.
Dann hatte Semir das Projekt aufgegeben. Das zerlegte Gerät übernahm ich kurze Zeit später. Dann stand es nahezu zwei Jahre in meinem Außenlager.
Nun zu meiner Frage an die Spezialisten. Bei der Überprüfung des Chassis und dessen Reinigung fiel mir der Zeilentrafo auf. Graetz hatte ja bekanntlich keine guten Zeilentrafos und gerade bei einem über 60 Jahre alten Gerät muß man solche Teile gründlich anschauen. Hier bei dem Zeilentrafo fällt als erstes auf, das aus der Wicklung Wachs herausgedrückt ist. Das muß nicht unbedingt bedeuten, das der Trafo defekt ist. Aber was besonders auffällt, es befindet sich ein Aufkleber mit der Teilenummer 6864 90° von Graetz auf dem Trafo. Nur in den Landgraf gehört ein Trafo mit der Nr. 6863, da er ja eine MW43-69 70° Bildröhre hat! Der 6864 stammt laut meinen Unterlagen aus einem Graetz Burggraf oder Kalif mit den Bildröhren MW53-80 Das Ablenksystem habe ich noch nicht überprüft, ob das noch Original vom Landgraf ist.
Nun meine Frage kann solch ein Umbau funktionieren?
   
Bis geklärt ist, ob so ein Umbau funktioniert, ruht das Projekt Landgraf weiterhin.
Ich würde mich freuen, wenn jemand etwas dazu sagen kann.
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
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#2
Ja, ein Zeilentrafo für 90Grad Bildröhren kann durchaus als Ersatz in einem TV mit 70Grad Bildröhre verwendet werden. Dies eventuell mit kleineren Schaltungsanpassungen, wie andere Anzapfung fürs Ablenksystem, andere Kondensatoren am Zeilentrafo oder in der Beschaltung allgemein. So kritisch sind die röhrenbestückten Zeilenendstufen gar nicht. Umgekehrt, 70Grad Zeilentrafo für 90Grad Bildröhren, kann es auf Grund der höheren Ablenkleistung bei bei größerem Ablenkwinkel (und größerer Bildröhre) nicht unbedingt passend sein.

So wie der Zeilentrafo aussieht, muss man mit Vorsicht die Zeilenendstufe in Betrieb nehmen, weil Spannungsüberschläge, Koronaentladungen oder gar Wicklungskurzschlüsse durch mangelnde (Wicklungslagen-)Isolation zu befürchten sind. Weiß aber nicht, wie anfällig da die die alten Zeilentrafos von Graetz sind, wenn sie so aussehen.

Gruß

(Reflex-)Kalle
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#3
Hallo Fernsehfreunde

Vielen Dank für den ersten Hinweis zu meiner Frage. Ich würde in den nächsten Tagen die vorhandene Schaltung des Zeilentrafo mit dem Schaltplan vom Landgraf vergleichen, ob dort Änderungen vorgenommen wurden. Da ich die entsprechenden Unterlagen des Burggraf auch habe, kann ich das mit diesen ja auch vergleichen.
Ich vermute aber, das der Zeilentrafo ohne jegliche Veränderung eingebaut wurde.
Was die Inbetriebnahme angeht, das ist wie bei jedem alten Fernseher ein Risiko. Entweder es funktioniert ohne Überschläge und Korona Entladungen, oder eben nicht. Das ist dann meistens im völlig abgedunkelten Raum sehr gut zu sehen. Der Zeilentrafo an meinem Kurfürst sieht bedeutend schlimmer aus, da ist bereits die Papierumhüllung schon sehr dunkel und das Wachs ist auch sehr stark ausgetreten.

Ich werde berichten, wie und ob überhaupt an der Schaltung Veränderungen vorgenommen wurden.
Radiogrüße Detlef

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#4
Hallo Fernsehfreunde
Heute hatte ich auch noch Zeit, die Schaltung des Zeilentrafo vom Landgraf zu prüfen. Es sieht so aus, das der Zeilentrafo vom Burggraf ohne jegliche Änderungen einfach übernommen wurde.
Anbei noch die beiden Auszüge des Schaltplans vom Landgraf und Burggraf
   
Graetz Landgraf F29
   
Graetz Burggraf. Übrigens wurde bei dem Trafo auch noch die Gleichrichterröhre Ey86 durch eine Dy802 ersetzt.
Radiogrüße Detlef

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#5
Servus Detlef,

ich wollte auf Deine obige Frage, ob denn so ein Zeilentrafo-Umbau bzw. -Austausch einfach so funktioniert, nicht spontan antworten. Weil ich noch drüber nachdenke, aber mir nicht ganz schlüssig bezüglich der Antwort bin: Wie stark gehen der Ablenkungswinkel und der größere Bildschirm der Bildröhre wirklich in die Leistung ein, die der ZT neben der HV für die Anode bereitstellen muss? Möglicherweise liefert der ZT diesen Leistungsüberschuss? Oder man hat den ZT bereits für die Umstellung von 70° auf 90° in weiser Voraussicht vordimensioniert?

Bezüglich Isolation:

Ich meine, erst kürzlich hier im Board gelesen zu haben, dass ein Fernsehfreund seinen ZT mit Epoxidharz durchtränkt hat, so dass er nun HV-sicher funktioniert.

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
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#6
Hallo,

ich kenn die Zusammenhänge leider auch nicht 100%, es gibt zu Zeilenendstufen auch nur sehr wenig ausführliche Literatur, wenn es um Dimensionierungsfragen geht.

Es ist aber fakt, daß mit steigendem Ablenkwinkel die für die Ablenkung erforderliche Leistung, besser: der erforderliche Ablenkstrom ebenfalls steigt. In welchem Maß ? Kann ich nicht spontan sagen ^^ Die magnetische Kraft auf die Elektronen geht proportional mit I, allerdings ändern sich hier bei modernen Bildröhren auch noch andere Verhältnisse: Größere Bildschirme erfordern höhere Strahlströme und damit Leistung für die Helligkeit, das geht nur mit höherer Hochspannung, die wiederum die "Steifigkeit" des Elektronenstrahls erhöht, d.h. wiederum den Strombedarf für dei Ablenkung erhöht.

Die Ablenkleistung ist zunächst hauptsächlich eine Blindleistung, die zwischen Ablenkspulen und Kondensator(en) hin-und-her pendelt, nur die Kreis-Verluste (und nat. die Strahlstromleistung!) muß von der Betriebsspannung gedeckt werden, das passiert parallel zum laufenden Ablenkvorgang.

Bei Röhrenzeilenendstufen ist der Zeilentrafo fast immer ein "Spar-Transformator", d.h. ein echter Anpass-Übertrager für die Ablenkeinheit. Das wäre er aber auch im Fall mit getrennten Wicklungen, was ich auch schon gesehen hab.
Die Primär- und Sekundärwicklung (an letzterer liegt die Ablenkeinheit) kann als "Hauptwicklung" bezeichnet werden, Hochspannungswicklung und Hilfswicklungen für Phasenvergleich, getastete Reglung usw. sind ... eben Hilfswicklungen, die Hochspannungswicklung verdient viell. noch die Bezeichnung "Tertiärwicklung", hat aber mit dem eigentlichen "Zeilentrafo" nicht direkt etwas zu tun, d.h. man könnte die Hochspannungs auch aus dem Netztrafo machen, wie bei einigen frühen USA-Geräten.

(Im Unterschied dazu ist es bei moderneren Transistor-Zeilenendstufen so, daß die Ablenkspulen direkt am Zeilenschalter liegen, der "Zeilentrafo" ist nur eine Drossel (vgl. Drosselkopplung), die die ABlenkspannung von der Betriebsspannung entkoppelt und mit der "Sekundär"wicklung die Hochspannung macht (vereinfacht).)

Der echte Zeilentrafo bei Röhrenschaltungen muß also selbst mit seiner Hauptwicklung die Ablenkströme beherrschen, je größer der Ablenkwinkel, desto mehr.
Ich habs noch nicht gemacht, würde aber zunächst davon ausgehen, daß ein 90° Zeilentrafo für ein 70°-Gerät funktionieren könnte. Die Frage dabei ist eher, ob die Übersetzungsverhältnisse so passen, daß die richtige und ausreichend harte Hochspannung entsteht, für den Ablenkkreis selbst passt das rel. gut würd ich sagen.

Kann man aber ausprobieren, kaputtgehen kann da nichts. Umgekehrt (70°-Trafo an 90°-Gerät) würde ich es nicht machen, weil zu hoher Strom in der Hauptwicklung entsteht. Auch wenn viell. das Bild o.k. ist, wird der Zeilentrafo zu heiß... es se denn, aus anderen Gründen wurde der Leiter-Querschnitt ausreichend gewählt.

Gruß Ingo
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#7
Die Amnpassungen zwischen den beiden Schaltungen mit dem selben Zeilentrafo sind ersichtlich: C437 100p bzw. 150p (bestimmt u.a. die Bildbreite) sowie C420 100n bzw. 50n (wahrscheinlich Booster-Kondensator).
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#8
(10.06.2021, 10:28)Reflex-Kalle schrieb: ...Die Amnpassungen ... mit dem selben Zeilentrafo sind ersichtlich...

Genau. Deswegen meine oben geschriebene laienhafte, vorsichtige Vermutung: Der Trafo passt bereits als Leistungslieferant (als Voraussetzung) und "den Rest" erledigt die Anpassung. Ansonsten wie Ingo schrieb: Eine exakte Antwort auf Dimensionierungsfragen ist vermutlich nur bei Recherche in Herstellerunterlagen zu finden.

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
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#9
Genaue Herstellerangaben (Wickeldaten mit Induktivitätswerten) zu Zeilentrafos sind eher ganz selten zu finden.

Da das Funktionsprinzip der Zeilenendstufen mit Röhrenbestückung bei allen „neueren“ TVs gleich ist, passt fast jeder Zeilentrafo für die selben Röhrentypen oder eben auch „kleinere“. Also ein Zeilentrafo für PL36/PY88 auch für PL81/PY80 oder einer für PL500 auch für PL36, wenn sich die jeweiligen Ablenksysteme nicht grundlegend unterscheiden (ähnliche Induktivitäten haben) und die Hilfswicklungen ähnliche Spannungswerte liefern.
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#10
Hallo Fernsehfreunde
Vielen Dank für die Antworten zu meiner Frage. Ehrlich gesagt , das macht Mut, diesen Fernseher wieder zum Leben zu erwecken. Man geht nach so detaillierten Antworten froheren Mutes an so eine Schaltung.
Nun noch einige Daten, die man ja auf den Original Schaltplänen von Graetz vergebens sucht. Es sind die Spannungen, die von großem Interesse sind.
Bei der NVHR findet man einen F29 Schaltplan mit Spannungsangaben. Es sind dort die Geräte F29 F 36 und F 38 aufgeführt. Da einige Spannungen in Klammern stehen, vermute ich das die höheren Werte für den F 38 mit der MW 53-80 sind. Oder täusche ich mich da? Nehmen wir den F38 als Vergleich für den F31, für den ich leider solch eine Schaltplan mit den Vergleichsdaten nicht gefunden habe. Zwar wird der F31 bei NVHR erwähnt, jedoch sind nur Werte des F27 abgedruckt. Demnach sollte der F29 mit seinen etwas niedrigeren Spannungen, sofern das stimmt, wohl mit den Gegebenheiten des 90° Trafos zurechtkommen.

   
Ein kleiner Ausschnitt des Plans vom F29/38 der F38 ( MW53-80) hat einen Zeilentrafo mit der Nr. 6865 und das hilft leider auch nicht weiter. Was für ein Durcheinander mit den Zeilentrafos. Aber ich kann alle vertrösten! Philips hat es damit auf die Spitze getrieben. Wer eine alte König Zeilentrafo Liste besitzt, kann das feststellen, wie viel verschiedene Modelle dort gebaut wurden.
Kurz gesagt, ich werde es ausprobieren und dann wissen wir mehr.
Die Ergebnisse werde ich dann beschreiben. Zunächst geht es an den Radioteil. Wenn der wieder spielt, versuche ich den Fernsehteil zu beleben. Die ersten Schritte sind neue Elkos. Da habe ich also etwas zu tun, da sie nicht ganz einfach auszutauschen sind.

Eine Fortsetzung erfolgt dann mit der Bestandsaufnahme aller Teile des zerlegten Fernsehers, damit ein passender Anfang zu der Restaurierung gemacht ist.
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
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#11
(10.06.2021, 22:36)Radionar schrieb: ...
Bei der NVHR findet man einen F29 Schaltplan mit Spannungsangaben. Es sind dort die Geräte F29 F 36 und F 38 aufgeführt. Da einige Spannungen in Klammern stehen, vermute ich das die höheren Werte für den F 38 mit der MW 53-80 sind. Oder täusche ich mich da?

Du hat die Spannungsangaben richtig gedeutet.

Eigentlicher Ausgangspunkt ist die höhere Booster-Spannung (u.a. durch die höhere Kapazität des Boosterkondensators), die dann auch die höhere Anodenspannung und Gitterspannung für die größere Bildröhre mit dem selben Zeilentrafo ohne weitere Schaltungsänderungen bewirkt. Vereinfacht gesagt, der Transformator hat ein bestimmtes (Spannungs-)Übersetzungsverhältnis und wenn die „zugeführte Primärspannung“ (hier die sich durch die höhere Booster-Spannung ergebende höhere Wechselspannung an der Anode der Zeilenendstufen-Röhre) steigt, steigen alle anderen Spannungen entsprechend dem Übersetzungsverhältnisses auch.
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#12
Moin Detlef!

(10.06.2021, 22:36)Radionar schrieb: ...Wer eine alte König Zeilentrafo Liste besitzt, kann das feststellen, wie viel verschiedene Modelle dort gebaut wurden...

Wat'n Glück, dass damals in der DDR stark standardisiert wurde, so dass das "Viele Wenige" aufeinander aufbaute. Es erleichtert mir das Verständnis.

(10.06.2021, 22:36)Radionar schrieb: ...Es sind die Spannungen, die von großem Interesse sind ... die höheren Werte ... Oder täusche ich mich da?...

Pah, wen interessieren denn schon Spannungen! Big Grin

Nee, mal Spaß beiseite: Ich habe immer schon bei den Spannungsmessungen bei Radios oder Meßgeräten festgestellt, dass sie selten mit den Angaben auf dem Papier übereinstimmen. Der Grund liegt offenbar in unterschiedlichen Innenwiderständen der seinerzeit und heute verwendeten Meßinstrumente und / oder in zumindest etwas "Schlamperei" bei einigen Schaltplänen. Auffiel mir das insbesondere beim Dürer, dass da irgendwo bei einer Stufe gleich ganze 100 Volt zuviel standen, die da nicht hingehören.

Auch bei Rubens-Messungen stell(t)e ich immer wieder fest: Die Spannungen stimmen "im Großen und Ganzen", d.h. sie liegen in einem manchmal ganz schön weiten Bereich abseits von denen auf dem Papier. Vorallem dann, wenn man nämlich alte Koppel-Ko's u.dgl. gegen neue austauscht, die dann möglicherweise besser "isolieren" als es damalige vielleicht jemals taten?

Und selbst bei modernen Gitarrenamps, wo man ausgehen kann, dass heutzutage kein Mensch mehr einen uralten Vielfachmesser mit niedrigem Innenwiderstand nimmt, der ein Meßergebnis u.U. stark verfälscht, stimmen viele Spannungsangaben einfach nicht (auch bei vorgegebener Bias-Einstellung). Die Kisten laufen trotzdem.

Was ich mich also desöfteren immer wieder frage: Wie genau muss man Spannungsangaben auf dem Papier nehmen? Sind sie nur ein Anhaltspunkt, bei dem man mit der Erfahrung sicher schließen kann, in welchem weiten Bereich sie liegen können bei dennoch problemlos funktionierender Stufe? Ich würde sagen: ja und sicherheitshalber hat es ja gerade bei TV dann dazu den Oszillografen, um die Funktion der Stufe genau zu beurteilen.

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
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#13
Guten Morgen,

Micha, das mit den Spannungen und den Angaben dazu kann ich nur feurig bestätigen und mich hatte das in der Anfangszeit genauso beschäftigt ! Ich habe genau die gleichen Erfahrungen gemacht, bei Rö-Schaltungen mit ungeregelter Betriebsspannung hängen die Werte ja auch von den Netzspannung ab, deshalb steht im Plan meistens etwas dazu, z.B. " bei 220V~ Netzspannung gemessen", was einmal mehr einen Stelltrafo im Labor nützlich macht, so liegt man meist besser im Toleranzfeld... Bei normalen Spannungsangaben, gerade bei Rö-Geräten, würde ich +/-20% noch nicht groß als Abweichung deuten, aber schon die Boosterspannung in einer "modernen" Zeilenendstufe mit Bildbreitenregelung sollte zumindest rel. genau in dem vorgeg. Bereich liegen.

Bei geregelten Stromversorgungen und IC-Schaltungstechnik kann das schon enger zu sehen sein mit den Spannungen, es gibt Fehler, wo einige 100mV Unterschied schon auf Defekte hindeuten, ist aber jetzt auch ein Extremfall. Oft sind hier die Relativwerte wichtiger als die Absolutwerte, z.B. Mittenspannung bei Endstufen.
Engere Spannungstoleranzen sind meist gesondert vermerkt, bei den ersten CHROMAT (DDR Farb-TVs mit Transistoren und mehrfach geregelter Stromversorgung) waren die Formulierungen in der Anleitung ziemlich "alarmistisch", weil die Techniker aus der Röhrenzeit erstmal dafür sensibilisiert werden mußten.

Gruß Ingo
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#14
Hallo Fernsehfreunde

Wie bereits angekündigt, möchte ich das Projekt Graetz Landgraf, was von Semir begonnen wurde, weiter machen. Nur , wo fängt man hier an? Ohne Gehäuse Restaurierung bringt das Projekt nichts. Aber mit Restaurierten Gehäuse eine nicht funktionierende Technik zu kombinieren bringt auch nichts. Ich habe mich zunächst für die Technik entschieden. So soll es nun beginnen mit der aufwendigen Reparatur. Ohne wie angekündigt zunächst nur den Radioteil zu reparieren, gehe ich die gesamte Schaltung durch. Da ich keinerlei Zwischentests mehr mache, muß sehr sorgfältig mit dem Schaltplan verglichen werden und vor allem aussagefähige Fotos müßen gemacht werden, falls man doch einen Bock einbaut. Von diesen vielen Fotos will ich hier aber nicht alle zeigen, da es wirklich jeden Rahmen sprengt.

Vorab natürlich die genauen technischen Daten des Fernseher.
Die Beschreibung stammt aus den Original Service Unterlagen!
Modell: Landgraf F29 - Graetz, Altena Westfalen Die Bauzeit war 1956 – 1957 Konzipiert als Kombiniertes Radio/ Fernsehgerät. Super mit Vorstufe in Kaskodenschaltung, vierstufiger Bild ZF – Verstärker, Differenzträger – Tonstufe, zweistufiger DF – Verstärker mit Allgitter – Begrenzung, Ratiodetektor mit Gemaniumdioden, getastete Regelung, Amplitudensieb mit Störselbstunterdrückung, Schwungradsynchronisierung mit symetrischen Phasendiskriminator, Auftaströhre.

Bildübertragung 18 Kreise Tonübertragung 5 Kreise
18 Röhren findet man in dem Landgraf:
Im Eingangsteil E88CC oder PCC84 , PCF80
Bild Zf. 4 x EF80
Bildgleichrichter und Videoteil OA160 Germ. Diode und PL83
TonTeil 2 x EBF80 2 x OA 172 Germ.Dioden EF83 PL82
Amplitudensieb: EH90 ECC82
Taströhre : EF80
Vertikal Ablenkung ECC82 PCL82
Horizontal Ablenkung : 2 x OA 161 Germ.Dioden ECC82 PL81 (PL36) hier ist die PL36 verbaut.
Hochspannungserzeugung PY81 (PY83) EY86
Bildröhre: MW 43-64 oder MW 43-69
Gleichrichter Fernsehteil E 250 C350 Radioteil E250 C130 Die Angaben für den Gleichrichter weichen u.U. ab so sind auch für den Fernsehteil E250 C400 und E250 C300 aufgeführt. Man muß sich halt daran orientieren, was dort tatsächlich verbaut ist und auch da kann man schließlich selbst für Alternativen sorgen, z.B. Dioden.
Allstrom Gerät Leistungsaufnahme ca. 150 VA
Ausgangsleistung Lautsprecher ca. 4 Watt
Ferner Automatische Regelung, Störimmune Kurzzeitregelung durch getastete Regelautomatik
10 Fernseh Kanäle + ein Reservekanal
ZF Bildträger 38,9MHz Tonträger 33,4 MHz Differenz-Träger 5,5MHz
Gerät mit Holzgehäuse ,Tischgerät, Tasten oder Druckknöpfe.
Abmessungen (BHT) 556 x 550 x 527 mm / 21.9 x 21.7 x 20.7 inch
Fernsehteil nur VHF-Bereiche, Radioteil LMKU.
Gewicht 39 kg / 85 lb 14.4 oz (85.903 lb)
Originalpreis 1'098.00 DM
Die Daten unterscheiden sich mitunter, da in den mir vorliegenden Beschreibungen auch die Modelle Kornett Burggraf und Kalif enthalten sind.

Der zerlegte Fernseher stand nun schon einige Zeit in meinem Magazin. Die Bildröhre ist gut verpackt in einem großen Karton und noch in sehr guten Zustand, wie ich mit dem Bildröhrentester feststellen konnte. Ein gute MW43-69 ist doch die halbe Miete.

   
   
Semir hat die Bildröhre wirklich gut verpackt.

   
   
Das Gehäuse wird am meisten Arbeit machen. Aber das wird noch etwas dauern. Zunächst muß ich für die Tests das Gehäuse wieder komplettieren, also, die Bildröhre einbauen, was nicht ungefährlich ist, da deren Befestigung sehr sorgfältig montiert werden muß. Wie man das macht erkläre ich wieder ausführlich und werde dabei auch auf die entsprechenden Schutzmaßnahmen hinweisen.

   
Eine Zierleiste fehlt, sie wird noch bei Andreas liegen, zwischenzeitlich habe ich sie bekommen, aber sie ist sehr schlecht erhalten. Evtl. muß ich Ersatz beschaffen.

   
Das Landgraf Schild fehlt ebenfalls. Hat jemand eine Idee wo man so etwas her bekommt? Falls ich nichts finde, würde ich die Klappe mit einem etwas größeren Graetz Schriftzug verzieren.

   
Die Rückwand vom F29. Man sieht an den Schleifspuren, das der Landgraf bereits Rüde behandelt wurde. So mancher Lagerplatz auf einem Dachboden ist halt ungünstig.

   
   
Die 70° Ablenkeinheit mit Ionenfalle und noch einigen Kleinteilen. Bei der Montage der Inonenfalle muß man die Einbaulage der Bildröhre beachten. Sonst tappt man in die Ionen-Falle.

   
Erster Eindruck vom Chassis, das enorm verstaubt ist. Beide Drehkondensatoren des Radios sind fest, da rührt sich nichts mehr. Um diese gangbar zu machen ist Fleißarbeit nötig. Immer wieder mit WD40 die Wellen benetzen, erwärmen und den Drehko betätigen. Eigentlich müßten auch die Seile erneuert werden, da der Faden durch das überall niedergeschlagene Nikotin durchrutscht. Bevor ich das mache, soll aber der Fernseher funktionieren. Die Optischen Feinarbeiten kommen ganz zum Schluß an die Reihe.

   
Zunächst wird der Staub entfernt. Unter dem Staub ist eine Nikotinschicht, die mit Soda Reinger gut zu entfernen ist. Ich reinige so gut es geht. Wenn z.B.die Elkos ersetzt werden, ist mehr Platz und man kann einige Bereiche noch besser ereichen.

Im nächsten Teil geht es weiter mit der Bestandsaufnahme
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
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#15
Hallo Detlef,

bis hierhin möchte ich schon mal Danke für den interessanten Bericht sagen.
Beim Gehäuse würde ich es auf eine große Reinigung und spätere Behandlung mit Hartöl ankommen lassen.
Das Öl dringt in die Lackritzen ein und mindert deren Sichtbarkeit. Schlimmere Schadstellen kann man vielleicht vorher noch ausbessern.
Alternativ kann vielleicht auch stark verdünnter Schellack zum Schließen der Risse genommen werden. Ich habe da mit Renuvell auch schon gute Erfahrungen gemacht, allerdings ist das gefärbt und könnte Muster im Furnier hinterlassen.
Nachdem die Risse im Lack verschlossen sind kann man eine Politur versuchen. Patina schadet ja nie.

Am Ende kann man ja immernoch entlacken und neu beschichten.
Wenn jedoch der Lack schon zu Staub zerfällt, dann gibt's zum Entlacken wohl keine Alternative.

Gruß,
Daniel
Smiley47
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#16
Da bin ich schon sehr gespannt darauf, wie es weiter geht Detlef. Wir sind von Dir ja ganz tolle Reparaturberichte gewohnt, die auch für Andere eine gute Anleitung sind. Ich habe das Modell auch hier stehen und es wartet auch schon lange auf Reparatur. Da kann ich dann von Deinen Erfahrungen profitieren. Danke dafür, dass Du Dir die Mühe machst, das Alles zu dokumentieren und uns zu zeigen.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#17
Hallo Detlef,

Das freut mich sehr, dass dieses Gerät nun wieder zum Leben erweckt werden soll. Ich bin gespannt auf die weiteren Berichte. Da der Fernseher mal in meinem Besitz war interessiert mich das ganz besonders! Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Erfolg.
Viele Grüße
Semir
---------------------------------
"Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer der wußte das nicht, und hat es gemacht."
(Prof. Hilbert Meyer, Uni Oldenburg)
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#18
Ja, der Semir hatte mir ja seinerzeit die gesamten Komponenten von dem Gerät mit gebracht. Er sagte, schau mal, wer den Kram gebrauchen kann.

Das Gehäuse wurde mir von Semir schon vorher übergeben. Alles mögliche hatte ich versucht, um den Lack zu retten. Ich vermute eher, mit Lackreparatur wird da nichts gehen. Der Lack ist sehr rissig und oben auf dem Gehäuse befinden sich zahlreiche Vertiefungen.
Dann kam der Semir zu mir und sagte, ach lass das mit dem Gehäuse, ich will das Ding nicht mehr. Ach, war ich froh!
Wem konnte man das "Schlachtfeld" wohl anbieten? Ja, genau dem Detlef. Ich sagte ihm, nimm den ganzen Kram als Teileträger. Das Gehäuse wirf in den Kamin. Ich meinte das ernst. Naja, was nun aus dem Gerät geworden ist, lesen wir ja hier.

Solange ich mit Detlef über das Gerät spreche, geht es natürlich darum, was macht man mit dem Gehäuse? Hintergrund bei diesen sehr dunkel gebeizten Gehäusen wurde sehr "grottiges" Furnier verwendet. Das sieht man ja erst, wenn der alte Lack ab ist. Ja, nur dann ist es zu spät. Ich habe solch einen ähnlich gelagerten Fall mit einem Graetz Gehäuse vom Henning. War ich da nach dem Lack abbeizen entsetzt, was da für ein schreckliches Furnier drauf war. Also warten wir mal ab, was Detlef da für eine Entscheidung trifft. Ein weiteres, sehr großes Ärgernis dürfte das Entfernen des Altlacks werden. Mit Abbeizer? Lack erhitzen und Ziehklinge?  Na schaun wir, wie das hier weiter geht. Also auf alle Fälle- Detlef viel Erfolg.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#19
Hallo Fernsehfreunde

Es freut mich, das der Landgraf Bericht, der wahrscheinlich auch wieder sämtliche Grenzen sprengen wird, gut angenommen wird.
Ja, wie Daniel und Andreas es schon bemerkten, das Gehäuse wird der größte Kraftakt werden. Gewisse Vorstellungen, wie ich dort vorgehe habe ich schon. Zunächst muß der alte Lack runter. Dann erfolgt die Furnier Behandlung. Löcher und Kratzer ausbessern, dann muß das Furnier mit Sicherheit nachgebeizt werden . Weitere Vorstellung wie man dann den Lack aufträgt habe ich noch nicht, bin aber momentan davon überzeugt, das es das Beste ist, es lackieren zu lassen.
Als Versuch wird ein völlig desolates Grundig Radio Gehäuse dienen. Die hoffentlich guten Erfahrungen aus diesem Projekt, fließen dann in das Graetz F29 Projekt ein.
Nun soll es aber mit der technischen Zustandsbeschreibung weiter gehen.

   
Bereits jetzt sehe ich die ersten Problemfälle. Die Isolierung des Hochspannungskabel ist am Stecker eingerissen – der Draht liegt frei und ist somit eine Gefahr, wenn man den Stecker von der Bildröhre abziehen möchte. Da wird sich schon in meinem Ersatzteilfundus etwas finden. Hier liegen dutzende Zeilentrafos, mittlerweile zum Teil sogar noch Originale Graetz Trafos, in einwandfreien Zustand.

   
Hier sieht man zwei der Dominit Elkos. Es hat keinen Sinn , diese zu formieren. Die Erfahrung zeigt, das gerade diese Ausführungen immer defekt sind. Fünf Stück besitzt der Landgraf. Bei einigen kann man an der Unterseite schon ausgetretenes Elektrolyt erkennen. Dazu kommen noch zwei kleine Siemens Elkos. Hier könnte man das ausprobieren.

   
Die Röhren werden wie immer im Funke getestet. Ich weiß, das es eigentlich nur eine grobe Überprüfung auf Funktion ist, die älteren Röhrentester können leider keine exakte Aussage geben, wie die Röhren sich im Betrieb verhalten. Haben sie dort gute Werte, kommen sie wieder an ihren Platz. Alles weitere zeigt sich beim ersten Probebetrieb.

   
Hier sieht man eine Fehlkonstruktion, bzw Fehlplatzierung der Bauteile. Da ist reichlich Platz auf dem Chassis und ausgerechnet direkt bei den Trafos baut man diese Batterie an Leistungswiderständen hin. Die Hitzeentwicklung hat das Papier des Trafos zersetzt. Diese Widerstände hätte man auch z.B. neben einen der Trafos bauen können. Platz wäre da.

   
Die Verdrahtung ist durch die farbigen Kabel übersichtlich. Zwar sieht es auf den ersten Blick etwas chaotisch aus, jedoch täuscht das. Ich kann mich auf Anhieb mit der Verdrahtung anfreunden. So lassen sich z.B. die Kondensatoren wieder kennzeichnen. Die Graetz Schaltungen auch in den Radios sind mir schon immer angenehm aufgefallen.

Es folgen wieder detaillierte Fotos der Schaltung.

   
   
   
   
   
   
   
   
   
Man erkennt eine bunte Mischung von Kondensatoren- Ero und Eroid. Man sollte sich nicht von den relativ Optisch noch gut erhaltenen Kondensatoren täuschen lassen, sie sind alle verbraucht. Manche sogar geplatzt. Auch die silbernen Folie Kondensatoren könnten zum Teil Mängel haben.

   
Unter der Abdeckung des UKW Tuners befindet sich reichlich Staub. Nach abnehmen der Abdeckung kommt man besser an die Drehkowelle, die immer wieder erhitzt und geschmiert wird.

   
   

Der Zeilentrafo, der ja am Beginn des Berichts für Fragen sorgte. Natürlich sieht so ein Trafo in solch einem Zustand nicht vertrauenswürdig aus. Eine weitere Beschädigung wird sichtbar, das Kabel der Heizschlaufe der DY86 ist gebrochen. Das Beste wird sein, die gesamte Fassung mit Heizschlaufe und Hochspannungskabel auszutauschen. Das mache ich ganz zum Schluß. Die Optik des Zeilentrafo mit dem heraus gedrückten Wachs sehe ich noch nicht so kritisch. Bei Fernsehern, die ich in den 70er Jahren repariert habe , waren die Trafos auch nicht besser und funktionierten doch noch sehr gut. Lediglich die Hochspannungswickel machten mir seinerzeit zu schaffen, da sie oft Durchschläge hatten.

   
Nochmal die Widerstände, die dem Trafo das Papier versenkten. Der Elko daneben wird auch ordentlich durchgeheizt.

   
Hier hat jemand Kondensatoren entfernt. Die Reste der abgeknipsten Drähte sind noch zu sehen. Hier saßen zwei 100Pf Kondensatoren, ohne diese ist kein Fernsehempfang möglich.

Das soll es für heute sein

Fortsetzung folgt
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
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#20
Himmel, Detlef....

Du bist echt verrückt. Ich glaube, ich würde mich an sowas nicht rantrauen. Alleine schon wenn ich nur den Zustand des Gerätes sehe...

Du hast meinen vollsten Respekt!    Smile Thumbs_up

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
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