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Stassfurt 11E171 "Globus"
#1
Servus zusammen,

man kann ja nicht immer nur Fernseher machen. Der "schwere Infekt" bezieht sich ja auch auf Radios.  Smile

So einen "Globus" hatte ich schon einmal, ich erstand ihn einst im Jahre 2000 aus Dessau. 2012 habe ich ihn an einen geschätzten Bastlerkollegen nach Freiberg verkauft und wie das mit den Jahre so ist...

Nun konnte ich auf meiner Tour am Wochenende für 15,- diesen "Globus" erstehen:

   

Er präsentiert sich in fast fabrikneuem Zustand. Hier ein paar Ansichten:

   

   

   

Lediglich an der Ecke hinten links fehlt ein winziges Stück Furnier:

   

An der Skala, nahe dem RFT-Schriftzug, hat er innen ein paar Blessuren, die mit einem schwarzen Edding unsichtbar gemacht werden...

Das 25,5 kg schwere Gerät ist kein AM-HF-Vorstufensuperhet, auch wenn es seine Röhrenbestückung auf der Rückwand scheinbar vermittelt:

   

   

Die EF89 (Im Schaltplan Rö3) links oben neben der ECH81 (Rö4) wirkt nur als zuschaltbarer HF-Verstärker (Taste "UKW Fern") für den FM-Bereich. Die AM wird, von der Antennenbuchse kommend, über ihre Eingangskreise ganz klassisch direkt auf das Mischrohr gegeben. Im Gegensatz zu den 11 FM-Kreisen handelt es sich hier lediglich um einen hundsordinären AM-Sechskreiser. Die zweite EF89 dient der AM/FM-ZF-Verstärkung. Die AM-ZF beträgt 468 kHz, die FM-ZF beträgt übrigens 6,7 MHz.

Ein ganz normales Radio also? Mitnichten! Mag er optisch und auf AM meinetwegen ein Blender sein - in der NF hat er es allerdings faustdick hinter den Ohren. Nach der mit der EABC80 üblichen AM/FM-Empfangsgleichrichtung und NF-Vorverstärkung folgt nämlich eine weitere NF-Verstärkung mit dem ersten Teil einer ECC81-Doppeltriode und der damals üblichen Klangregister-Tastatur. Die zweite Triode arbeitet als Kathodyn-Phasenumkehrstufe, die dann nichts geringeres als eine Gegentakt-Endstufe mit 2x EL84 ansteuert, die sicherlich nicht nur eine Sprechleistung von 6 Watt an drei Breitbandlautsprecher abgeben.  Smile

Den erforderlichen Strombedarf liefert das Netzteil mit einer für Radios eher unüblichen EYY13.

Durch die relativ großen Transformatoren und der Siebdrossel erklärt sich auch das ziemlich hohe Gewicht des Radios.

Ob Absicht oder gekupfert, dem "Globus" wird der Optik wegen witzigerweise oft eine gewisse Ähnlichkeit zu dem Körting Syntektor 54W nachgesagt.

Trotz Spinnenweben: Bei meinem Stassfurt hat jemand bereits dran gebastelt:

   

Die originalen Antennen- und Erdbuchsen wurden entfernt und es wurde eine moderne Antennenbuchse nebst Stecker installiert. Hm, ganz tricky und praktisch, aber eben nicht mehr original.

Auch an der NF war jemand dran:

   

Die untere Buchse wurde gegen eine Diodenbuchse ausgetauscht. Das würde ich schon ganz gerne wieder rückbauen wollen, da muss ich mal schauen, ob ich irgendwo Ersatz finde.

Der Seilzug für den Antrieb des UKW-Skalenzeigers ist ausgehakt, da muss ich mal schauen, ob ich irgendwo einen Seillaufplan auftreibe, sofern ich das nicht so wieder hinbekomme.

Das Radio spielt. Jahrein, jahraus tat es unbekümmert vom zu übermittelnden Inhalt seinen Dienst, spielend wurde es mir vorgeführt.  Aber vorerst kommt es mir nicht mehr ans Netz: Die beiden sekundärseitigen "Gefahrenkondensatoren" sind noch drin (bloß gut, dass die gehalten haben!!) und ein Kratzen ist in der NF nicht zu überhören - die alten Kondensatoren müssen zwingend raus, sofern sich nicht auch noch der Frontlautsprecher verzogen hat.

Die Gesamtansicht der Rückseite:

   

Ich freue mich, endlich wieder diesen aus meiner Sicht gefälligen AM/FM-Super mit seinem barocken Design erstanden zu haben und mein Eigen nennen zu dürfen. Auch wenn es lt. Stückliste schon alleine nur mindestens 30 Papierkondensatoren sind, die ausgetauscht gehören - hinsichtlich der Restauration wartet ein schönes Stück Arbeit auf mich! Smile 

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
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#2
Ein schönes Radio. Standartchassis von Stassfurt kannste von mir bekommen. Da ist alles dran was du brauchst sogar noch die Versiegelten Bandfilter.
hier das Chassis:

   
Habe immer soviel Arbeit, dass ich mir eine aussuchen kann. Smile

Grüße Frank, der Moschti
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#3
Ein Klasse Radio  Smile

Das steht auch bei mir im Wohnzimmer und spielt einwandfrei. Dafür danke ich unserem Andreas noch einmal ganz herzlich,
er hat es mir für einen guten Preis überlassen. Ich freu mich sehr dazu, und hoffe, Du bekommst Deinen "Globus" auch noch gut ingang  Rolleyes

Beste Grüße aus MV, von Peter
~~~~~ DE - MV  /  Connected ~~~~~
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#4
Servus,

(13.07.2021, 12:37)Morningstar schrieb: ...Standartchassis von Stassfurt kannste von mir bekommen. Da ist alles dran was du brauchst sogar noch die Versiegelten Bandfilter....

bissu verrückt?  Na klar, das würde ich gerne nehmen!  Smile  Smile

Aber nur, wenn ich Dir mindestens die Versandkosten ersetzen darf!

(13.07.2021, 19:29)Peter-MV schrieb: ...Ein Klasse Radio ... Das steht auch bei mir im Wohnzimmer... und spielt einwandfrei...

Da steht bei uns daheim noch der Seibt Skagerrak, aber Du wirst lachen: Geliebäugelt habe ich inzwischen auch schon mit dem Gedanken, mir das anstelle des Seibt hinzustellen.
Und ja: Beim Vorführen fiel mir wieder der aus meiner Sicht angenehme, ausgeglichene Klang dieses Radios auf. Ich hatte mal einen Stradivari 2, der war mir vergleichsweise zum Globus viel zu "bollerig", egal, wie ich den auch einstellte.

Hier für Interessierte der Schematic:

   

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
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#5
Guten Morgen,

toll dieser 11 E 171, sie waren seiner zeit ein Garant für starken und stabilen UKW Empfang.
Dieser Tuner mit den EC 92 übertraf den ECC 85 Tuner aus Rochlitz vom Beethoven und Stradivari.

Sehr solide aufgebaut und wenig störanfällig.

Sehr übersichtlich auch die Bandfilter, das war damals nicht immer so.

Schön wenn solche Geräte noch einen Ehrenplatz haben bzw. finden.
Gruß aus dem Kreis Siegburg vom Hans-Jürgen
"Groß ist ein Mann, wenn er Kind bleibt"

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#6
Hallo Freunde,

ich wußte, dass unser Peter sich meldet. Ja, vor vielen Jahren bekam ich von damaligen Freunden ind Dresden eben dieses Gerät. Ich hatte damals große gesundheitliche Probleme. Wir befanden uns in einer Laubenkolonie auf einem Berg. Ich dachte, so ein schweres Teil. Laß einfach hier im Nirvana stehen das Ding. Nein, das ging gar nicht. Schon beim Reinsehen in das Radio war mir klar, was das für ein feines Radio ist. Da ich viel Holzarbeit verrichte, war ich auch vom Eindruck der Front (Wurzelholz) sehr angetan. Also habe ich das Gerät ins Auto gehievt und als es mir damals besser ging, habe ich das Gerät überholt.

Das sollte ich nicht bereuen. Die Arbeit war umfangreich. Sämtliche Netzelko's wurden ersetzt. Das komplette Programm für die Teerkondensatoren. Dann wurden auch noch die restlichen, kleineren Elko's ersetzt. Widerstände müssen unbedingt geprüft werden! Dann kam der große Tag. Ja, ich habe mich in dem Gerät nicht getäuscht. Der ist so schon empfindlich. Hat man ferne UKW-Sender ein Druck auf die "fern" Taste und schon kommt der Sender sehr gut herein. Also ein unbedingt zu empfehlendes Gerät. Jürgen, wie Recht Du also hast!

Nun blieb mir aber als Platz nur unser Schrank in der Küche. Eine Schande für so ein Gerät. Ich habe es dann immer mal wieder vom Schrank geholt und wieder poliert.Nun aber hatte das Gerät doch arge Kontaktprobleme. Es mußte also gewartet werden. Und ich stellte fest, nein, das tust Du dir nicht mehr an. 25 Kilo in Kopfhöhe vom Schrank hieven und wieder zurück, das geht nicht mehr an. Platz habe ich nicht, den nehmen meine 30 er und 40 er Jahre Radios ein.

Es blieb nur der Peter. Der war total begeistert und wollte das Gerät gerne nehmen. Ich weiß ja, dass er sowas in Ehren hält. Also das komplette Gerät noch mal einer Reinigung und Revision unterzogen und - wie Peter schon schrieb, für kleines Geld verkauft. Der Peter hatte sich schon öfter bei mir begeistert geäußert. Fazit das Radio ist weiterhin gerettet.

Also, Michael, kümmere Dich ruhig um das Gerät. Da kann man wirklich nichts falsch machen.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#7
Hallo,
eine sehr schöne Gerätevorstellung zu einem offenbar aufwendig gemachten Radio. Klasse der schöne Gehäusezustand, da wurde das Gerät offenbar gut behütet über die Jahrzehnte.
Mir gefällt der solide NF-Teil mit reichlich Verstärkungsreserven und der Gegentaktendstufe mit den beiden EL84 in "Schonschaltung". Nach den Werten im Schaltbild dürften da etwa 10 Watt rauskommen. Dann die in diesem Radio reichlich überdimensionierte EYY13, die ich sonst nur von ostdeutschen Kraftverstärkern aus Sömmerda kenne. Sie wird in diesem Radio sicher das "ewige Leben" haben. Eine EZ81 hätte auch gereicht.
Der auf dem Chassis sichtbare Trafo, ist das der Ausgangsübertrager?
Noch eine Anmerkung zur ersten EF89 (Rö3). Nach Studium des Schaltbildes handelt es sich hierbei aber um eine zusätzliche ZF-Verstärkerstufe, die nur bei UKW wirksam ist.
Die HF-Vorverstärkung macht schon die erste EC92.
Aber egal, ein schönes Gerät, das eine technische Überarbeitung verdient und eigentlich täglich spielen sollte.
Nette Geschichte von Andreas in diesem Zusammenhang!

Grüße
Frank
Grüße

Frank
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#8
Servus Frank,

(14.07.2021, 11:08)EQ80 schrieb: ...Der auf dem Chassis sichtbare Trafo, ist das der Ausgangsübertrager?...

ja, der auf dem Chassis liegende Trafo ist der AÜ.

(14.07.2021, 11:08)EQ80 schrieb: ...Noch eine Anmerkung zur ersten EF89 (Rö3). Nach Studium des Schaltbildes handelt es sich hierbei aber um eine zusätzliche ZF-Verstärkerstufe, die nur bei UKW wirksam ist...

Völlig richtig! Ich habe mich falsch ausgedrückt. Der ZF-Verstärker ist immer im UKW-Signalpfad drin. Wie es aussieht, wird mit der UKW-Fern-Taste über den 10MOhm-Widerstand eine relativ hohe Gleispannung an das Steuergitter der nachfolgenden ECH81 geschaltet und das verändert somit ihre UKW-ZF-Verstärkung.

(14.07.2021, 11:08)EQ80 schrieb: ...der schöne Gehäusezustand, da wurde das Gerät offenbar gut behütet über die Jahrzehnte...

Das sind solche Sachen, die mich immer sehr nachdenklich stimmen - und zwar immer dann, wenn ich die ehemaligen BesitzerInnen solcher Geräte bei der Übergabe kennenlerne. Auch hier: stille, nette, liebe Leute. Keine Schickeria, nichts Aufgedonnertes. Eine Dame aus einem Ortsteil bei Ludwigsfelde, die zeitlebens im Pflegeberuf (!) arbeitet. Das Radio stand auf einer Kommode und verrichtete "einfach nur so" klaglos, ohne murren und ohne zu knurren, seinen Dienst, wie dessen BesitzerIn.

Vor solchen Leuten verneige ich mich hochachtungsvoll.

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
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#9
Guten Abend,
mein Globus ist fertig, jetzt steht er im Wohnzimmer, Evelyn fand ihn zu schade für das Regal.
Er machte es mir relativ leicht. Kondensatorentausch und Röhrenwechsel. Das Gehäuse habe aufgearbeitet, leider sind mir dabei die Goldfäden abhanden gekommen. Wie kann man so etwas ersetzen?
Vor zwei Tagen dachte ich, jetzt ist alles aus, von vorn anfangen! Er brummte nur noch, egal welche Taste gedrückt wurde.
Pabst konnte den Hinweis geben, Ursache Netzteil.
Ausgebaut, siehe da der Siebkondensator hatte sich vom Stromlaufplan getrennt. Schlecht gelötet kann man nur feststellen.
Nun ist alles in Ordnung und er durfte ins Wohnzimmer, mit russischer Anzeigeröhre!
Empfang ist auf KW gut MW und LW weniger.
Foto folgt nach.
MFG Uwe
PS Klang ist gut, erfreut die Ohren.
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#10
Servus zusammen.

Ich bin von mehreren Seiten gebeten worden, die Geschichte dieses Radios hier fortzuführen. Nach einigem Zögern habe ich zugesagt, zumal diese Bitten u.a. sehr nachdrücklich-freundschaftlich waren. 1)

- -

Dieser Teil zum "Globus" beginnt mit dem erneuten Anfertigen eigener Kondensator-Label und soll in der Wiederherstellung eines weitestgehend spielfertigen Zustandes enden.

   

Schön, dass die diesmal vom ATR-Shop gelieferten Kondensatoren seitlich schwarz und nicht weiß sind - das passt farblich besser und ich muss nicht mit einem schwarzen Edding nacharbeiten. Wie ich wohl schon einmal schrieb: Das Bekleben der relativ kleinen Kondensatoren ist eine Arbeit "für einen, der Vadder und Mutter erschlagen hat". Aber mit guter Musik nebenher ist das schnell erledigt und es soll ja schließlich nicht nur hübsch aussehen. Es ist "mein" Radio mit meinen Labels. Punkt. Cool

Falls die Frage aufkommt: die seitlichen, schwarzen Striche beziehen sich nicht auf die Außenbeläge der Kondensatoren. Könnte man angeblich ausmessen, aber ich finde:

a) bei diesen kleinen Kondensatoren spielt das nicht mal im UKW-Bereich eine Rolle (auch bei anderen Radios auf FM getestet) und
b) dann müsste ich beim Bekleben auch noch aufpassen, die Label auf die "Rollen" richtig herum aufzubringen:

   
 
Die auf dem Foto zu sehende Anschlußplatte für die AM- und FM-Antenne, sowie dem Kondensator für den kapazitiven Anschluss der AM-Antenne und der Spule für den ZF-Saugkreis stammt vom Chassis eines Stassfurt "Onyx", welches mir Frank / Moschti seinerzeit dankenswerterweise zusandte. Wofür ich dieses und noch weitere Bauteile aus diesem Chassis benötige, darauf komme ich noch später zurück. 

Frank, wenn ich Dich nicht hätte!   Thumbs_up

   

Überhaupt, der Antennenanschluss: Im Originalschematic (bereits gezeigt, hier noch einmal)...

   

...ist er falsch eingezeichnet. Verwunderlich, dass man das wieder einmal hat durchgehen lassen, wie bei so vielen dieser damaligen Schaltpläne von Geräten aus der DDR. Dass das nie korrigiert wurde, erstaunt mich nicht zum ersten Mal. Die Ursachen des Ausbleibens von solchen Korrekturen sind mir nach wie vor nicht bekannt.

Nun, man hat auch in Stassfurt standardisiert gefertigt und somit hat auch der "Globus" eine Anschlussplatte, wie sie der "Onyx" hat. Die in meinem Radio wurde allerdings nachträglich von irgendjemand umgebaut auf moderne Stecker, wie man im Thread eingangs sehen kann. Das möchte ich so nicht lassen, daher der Ersatz.

Anbei der Originalschematic des "Onyx". Hier ist der Antennenkondensator korrekt eingezeichnet, ich habe den betreffenden Bereich markiert:

   

Auch gibt es noch weitere "Änderungen" in der Schaltung des "Globus" vergleichsweise zum Originalschematic. Die betreffen die Siebelkos und die Beschaltung der Tonbandbuchse, seinerzeit MTG (für Magnettongerät) genannt.

Hier der Anschluss der Diodenbuchse:


.jpg   MTG_und_TA_a.jpg (Größe: 41,66 KB / Downloads: 403)

- -

Will man das Chassis aus dem Gehäuse des "Globus" extrahieren, so ist es nicht damit getan, einfach nur vier Bodenschrauben zu lösen und man kann das Chassis entnehmen.

Schaut man sich noch einmal die eingangs gezeigten Bilder von der Rückseite an, so sieht man, dass sich rechts neben dem Chassis ein aufwändig gebautes und überdies noch recht schweres, eng separat verbautes Netzteil befindet (irgendwo müssen die 25 kg Lebendgewicht dieses Radios ja mit herkommen). In Zeiten von servicefreundlichen Steckverbindungen muss ich hier leider schreiben: Pustekuchen. Das Netzteil ist mit fünf Drähten verlötet und die müssen ab. Ebenso muss die Tastatur des Klangregisters abgeschraubt werden, die Halterung für das Magische Auge muss mit der Röhre raus und es müssen drei Lautsprecheranschlüsse abgelötet werden.

"Was tun?", sprach Zeus. Ich weiß es nicht, ob es eine Serviceanleitung gibt. Oder ich schreibe so: Mir ist keine bekannt. Also habe ich mir überlegt, wie ich das Chassis sauber und gefahrlos (Skala und Milchglasscheibe!) aus dem Gehäuse bekomme und das möchte ich Interessenten nicht vorenthalten:

1. Ablöten der drei Lautsprecheranschlüsse, zwei (gelb und blau) vom Schalter, einer vom Lautsprecher direkt (rot):

   

2. Ich habe das Gerät nun so auf dem Tisch verschoben, dass ich von unten herangehend (!) an alle vier Chassis- und alle vier Netzteilschrauben herankam.
    Abgeschraubt und nun habe ich das Chassis vorsichtig (Tastatur vorne beachten und vor allem die Skala!) soweit nach links verschoben, dass
  • die Tastatur frei lag und
  • dass ich es so weit, wie es geht, nach schräg links  verschieben konnte.

3. Abschrauben der Lötplatte mit den zwei blauen, dicken Drähten (Pfeil) und Hervorziehen des Netzteiles (jetzt ist der Platz dafür da):

   

4. Ablöten der fünf Kabel von der Lötöse. Von unten nach oben: 2x Heizung (gelb), 1x +270V (grün), 1x +250V (blau), 1x Masse (schwarz):

   

5. Ablöten der zwei unteren blauen Kabel von der Lötösenplatte (die dienen der Verbindung zum frontseitigen Netzschalter).

6. Jetzt kann zuerst das Chassis und anschließend (!) das Netzteil entnommen werden:

   

Wie geschrieben: Es mag möglicherweise eine praktischere Aus- und Einbauvorschrift geben. Mir hat dies geschilderte Reihenfolge beim Aus- und Wiedereinbau (dann in umgekehrter Reihenfolge) geholfen.

Nach dem Abschrauben der beiden Bedienknöpfe kann die Skala entnommen werden. Sie wird nur durch zwei Gummibänder gehalten:

   

Und das Chassis liegt in seiner ganzen Pracht (hier bereits mit gezogenen Röhren) zum Reinigen und für die weitere Bearbeitung vor uns:

   

(Wird fortgesetzt)

1) Im Sinne eines schwerkranken Freundes, der hier noch mitlesen und sich die Bilder anschauen kann, im Sinne der ehemaligen Besitzer, die gerne wissen möchten, was aus ihrem Gerät geworden ist, welches sie mir zwar entschlossen, aber doch mit einer 
    sinngemäß verdrückten Abschiedsträne anvertrauten. Und im Sinne von weiteren Interessierten.
Gruß Michael

Penthode?
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#11
Klasse Beitrag, schön das du hier weitermachst. Die Erklärung zu den einzelnen Schritten sind dir gut gelungen und auch nachvollziehbar.
Habe immer soviel Arbeit, dass ich mir eine aussuchen kann. Smile

Grüße Frank, der Moschti
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#12
(14.12.2023, 12:00)Morningstar schrieb: ...Die Erklärung zu den einzelnen Schritten sind dir gut gelungen und auch nachvollziehbar.

Klingt so, als hättest Du eine Serviceanleitung. Was mich nicht ansatzweise wundern würde. Smile
Gruß Michael

Penthode?
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#13
Hallo Michael,

auch ich freue mich über deine Dokumentation. Ich selber hatte dieses Radio auch überholt. Ich muss bis heute sagen, das ist ein technisch sehr hochwertiges Radio. Der Empfang ist 1 a und auch die Wiedergabe ist einfach klasse. Ich hatte leider keinen Platz mehr für das Radio. Es stand lange auf dem Küchenschrank. Da war es einfach zu groß und zu schwer. So entschloß ich mich dann doch, es an unseren Peter MV zu geben. Siehe weiter oben. Natürlich werde ich gerne hier weiter lesen.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#14
nein habe keine Serviceanleitung dazu, aber ein Radio, das ähnlich mechanisch aufgebaut ist.
Den 10E153 " Admiral ", da weis ich jetzt wo ich nachschauen kann. Smile

   
Habe immer soviel Arbeit, dass ich mir eine aussuchen kann. Smile

Grüße Frank, der Moschti
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#15
Servus Andreas und Frank,

(14.12.2023, 14:45)Andreas_P schrieb: ...auch ich freue mich über deine Dokumentation. Ich selber hatte dieses Radio auch überholt...

ich danke herzlich! Ja, habe ich gelesen. Man merkt, dass Du an dem Radio "gehangen hast".

(14.12.2023, 15:55)Morningstar schrieb: ...aber ein Radio, das ähnlich mechanisch aufgebaut ist ... Den 10E153 "Admiral "...

Ich wusste bis jetzt nicht, dass der "Admiral" / "Tannhäuser" (?) der Vorgänger war. Aber ja, beim Anschauen der Bilder / Googeln, ist es nur zu augenscheinlich. Siehst Du, wieder was dazugelernt! Wie ich schrieb: Wenn ich Dich nicht hätte! Smile

- -

Die Skala ist nur mit Gummibändern befestigt, eines davon ist altersbedingt bereits über'n Jordan. Außerdem war der Seilzug ausgehangen:

   

Die Skala ist schnell abgenommen. Der Seilzug? Nun, auch auf Franks Chassis des "Onyx" war er runter. Ich konnte ihn dort fix wieder einhängen. Aber generell ist das kein Problem. Im Web findet sich ein Link (Klick), wo die baugleichen Seilzüge zu finden sind...

   

...und wo möglicherweise ähnliche Radio-Schätze zu finden sind (falls nicht schon bekannt).

Auf dem Foto ist ein Pfeil zu sehen: es fehlt nicht nur der Schieber, sondern auch der zugehörige Seilzug zum Höhen-Regler.

- -

Zunächst einmal habe ich das Chassis gründlich ausgesaugt. Anschließend habe ich alle beweglichen Teile mit Ballistol neu "geschmiert". Das schloß die Achse des Drehkos ebenso ein wie die beiden Filzgleiter für den Skalenzeiger (ist auf einem späteren Foto gut zu sehen) Sie gleiten auf einem Glasstab. Hier war alles trocken. Auch die Rollen für den Seilzug waren ziemlich fest. Kein Wunder, dass der Seilzug nicht mehr lief und abgesprungen war. Jetzt, nach der Behandlung ihrer Achsen mit Ballistol, läuft alles wieder leichtgängig und die Schwungmasse des Antriebes lässt wieder ein zügiges "Kurbeln" zu.

Als nächstes waren alle Kontakte sowohl des Wellenschalters als auch des Klangregisters dran. Wellenschalterspezialöl "d" und Küchenkrepp traten in Aktion, die Kontakte sehen nun wieder gut aus.

- -

Die Unterseite des Chassis zeigt gut die "Rattennester" mit den auszutauschenden Kondensatoren:

   

Außerdem sind gut zu erkennen sowohl der Seilzug, der mit dem Höhenregler rechts neben der Tastatur verbunden ist (weißer Pfeil rechts) und die Schieberstange, die mit einem der beiden Bandfilter und seinem Fahrstuhl (?) verbunden ist (weißer Pfeil unten). Ebenfalls zu erkennen: Am linken Bassregler ist der Seilzug mit der Markierung für die Skala da, rechts fehlt das alles (roter Pfeil rechts oben).

Also los: Austausch der Teerkondensatoren. Es ist ein wenig wie "Malen nach Zahlen". Im Prinzip macht man hier nichts falsch: Raus mit den alten und Ersatz durch die neuen Kondensatoren. Mit der Tastatur des Klangregisters habe ich angefangen:

   

Anschließend ging es unter dem Chassis weiter. Vorher:

   

Nachher:

   

Vorher:

   

   

Nachher:

   

Schlussendlich haben alle auszutauschenden Kondensatoren ihren Platz gefunden:

   

Und nach dem Überprüfen stellte ich fest, dass ich beim "Malen nach Zahlen" gepennt hatte und zwei Kondensatoren gegen neue mit falschen Werten ausgetauscht hatte. Soviel zum Thema "Malen nach Zahlen"... Cool

- -

Interessant ist die Mimik, auf der die beiden Kathodenelkos der EL84 geschraubt sind und auf der ein bereits von mir getauschter, weiterer Siebelko liegt (der blaue unter dem schwarzen Isolierschlauch). Den alten, dicken Elko im Papprohr habe ich samt (aufbewahrter) Schelle entfernt, die rote Markierung zeigt auf eine der beiden Aussparungen für die Schelle. Die andere ist durch den Isolierschlauch verdeckt:

   

Die Pertinaxplatte ist mit einer Schraube auf dem Chassis befestigt. Löst man die Schraube, so lässt sich die Platte hochkippen. Zum Vorschein kommen die Anschlüsse der beiden Elkos, der gemeinsame Kathodenwiderstand und ein Trimmpoti, mit dem sich die Symmetrie der beiden Endstufenröhren einstellen lässt. Der Röhrenverstärker-Ami sagt: "Bias adjustment pot", was manche veralteten Übersetzungsprogramme mit "Bias Einstelltopf" quittieren...

   

Man sieht im Web hier recht abenteuerliche Konstruktionen. Zum Beispiel aufgesägte Becher der alten Elkos, auf denen dann die neuen Axialelkos verpflanzt sind. Ich wollte hier so wenig wie möglich Neu Sichtbares haben; vielleicht tausche ich daher auch nochmal den blauen Siebelko gegen einen versteckten im alten, aufbewahrten Papprohr zurück. Mal sehen.

Jetzt habe ich erst einmal zwei zurechtgeschnittene Lötösenleisten genommen. Ein Lötösenpaar dient nur als Halter am Lötanschluss der Becherelkos. Das zweite Lötösenpaar bedient den Lötanschluss der neuen Elkos und die Drahtanschlüsse. Gemäß der Originalwerte habe ich wieder Elkos mit 100µF genommen. Das hätte ich mir erwartungsgemäß schenken können. 50µF reichen bei diesem Gehäusevolumen des "Globus" vollauf, wie sich später noch zeigen wird.

Obacht: Die Platte liegt eigentlich hoch genug, aber dennoch muss man darauf achten, dass die Lötleisten dicht an den Anschlüssen der Becherelkos anliegen, so dass sie sich nicht mit der darunterliegenden Schaltmimik der Wellenschalter "ins Gegehe kommen"!

Der rote Pfeil zeigt gut den geölten Glasstab mit dem Filzlager des Zeigers. Links daneben liegt die Milchglasscheibe,auf dessen Oberkante der dünnere rote Pfeil zeigt. Ich habe sie am Chassis gelassen. Sie ist wirklich sehr solide.

Da mir die Pertinaxplatte ständig runterzukippen drohte (sie ist nicht arretierbar), habe ich sie etwas abenteuerlich am Stromversorgungsgerät der Werkstatt befestigt:

   

Ist alles fertig, so wird der Laden wieder zugeklappt, Schraube mit Unterlegscheibe drauf, den neuen Kondensator nicht vergessen. Die mit Vaseline etwas gefetteten Gummipuffer der Skalenlampen kommen wieder an ihren Platz. Vorher waren sie beim Hantieren mit der Pertinaxplatte mitsamt ihrer Verdrahtung etwas störend im Wege.

   

Nun kann auch der Isolierschlauch und die Oberseite der Pertinaxplatte fertig geputzt werden.

(Wird fortgesetzt)
Gruß Michael

Penthode?
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#16
Hallo Michael,

Vielen Dank fürs weitermachen mit deinen sehr ausführlichen Berichten.

Ich habe ja vor vier Jahren einen Stassfurt Tannhäuser repariert, in dem fast dasselbe Chassis werkelt.
Dort habe ich den neuen Kondensator zwischen den Katodenelkos in die alte Papphülle eingebaut.
Das ging ganz gut und die Optik fand ich an dieser prädestinierten Stelle schöner.
Aber das ist natürlich Geschmacksache. Thumbs_up

   

Die Katodenelkos hatte ich damals auch geöffnet und neu bestückt.
Wie man sieht, sieht man davon nichts. Blush


Viele Grüße,
Axel Smile
Womit fährt der Norweger zur Mittagspause...?
...Na mit einem Fjord Siesta! Wink
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#17
Servus Axel,

das sieht sehr gut aus!

Und das Foto bestärkt mich, den blauen Axialelko nun doch zu verstecken (wie ich ja bereits andeutete).
Was nimmst Du als Ersatz für die Vergußmasse? Oder verwendest du die alte?
Gruß Michael

Penthode?
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#18
Schön zu sehen, wie alles wieder lebendiger wird.
Das Chassis ist ja ein Universalchassis von Stassfurt.
Der 8E15xxx hat das gleiche, auf der Platte ist hier der Übertrager geschraubt.

Siehe hier mein " Glasradio "

   
Habe immer soviel Arbeit, dass ich mir eine aussuchen kann. Smile

Grüße Frank, der Moschti
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#19
Hi Michael,

Früher hatte ich schwarzen Heißkleber verwendet, da braucht man aber gute Pistolen mit ordentlich Hitze, sonst zieht das Fäden. Geht aber dann auch gut.

Mittlerweile nehme ich den alten Teer. Ich lege die alten Krümel in das hochkant stehende Röhrchen und erwärme sie mit einem alten Lötkolben, der nur dafür genommen wird. Wenn der Teer nicht reicht, einfach neue Krümel nachlegen. Wink

Ich setze die neuen Bauteile in das alte Röhrchen, vorn und hinten etwas Küchenkrepp rein und stopfe gut fest, so das nur noch 5 - 10 mm bis zum Rand des Röhrchens übrig bleibt. Dann braucht man nicht soviel Teer und das Bauteil wird nicht heiß.


Viele Grüße,
Axel Smile
Womit fährt der Norweger zur Mittagspause...?
...Na mit einem Fjord Siesta! Wink
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#20
Servus zusammen.

(17.12.2023, 12:18)Morningstar schrieb: Das Chassis ist ja ein Universalchassis von Stassfurt ... auf der Platte ist hier der Übertrager geschraubt.

Ja, wie das "Onyx-Chassis" von Dir.

(17.12.2023, 12:18)Morningstar schrieb: Siehe hier mein " Glasradio "

Woahnsinn...  Smile Thumbs_up

(17.12.2023, 12:28)Axel 61 schrieb: ...Früher hatte ich schwarzen Heißkleber verwendet...

Ja, Heißkleber war bei mir bislang nie so der Brüller - genau, wie Du schreibst: Fäden... Dann teste ich Teer. Herzlichen Dank für die Tipps!  Thumbs_up 

- -

Eingangs zeigte ich anhand der Chassisrückseite, dass an der Anschlußplatte für die Antennen und Erde nachträglich neue Buchsen eingebaut wurden. Außerdem saß am Chassis nicht mehr die originale TA-Buchse. Die war entfernt und stattdessen hatte jemand eine Diodenbuchse eingebaut:

   

Das wollte ich so nicht lassen. Frank's Chassis lieferte das Benötigte. Ich habe dort die TA-Anschlussplatte ausgebohrt. Man kommt ja von außen gut ran und die Buchse sitzt hinter dem Chassis. Die Hohlnieten wollte ich wieder verwenden; nur, dass deren unangetastete, ehemalige Innenseite jetzt nach außen kommt.

Also habe ich zunächst die Diodenbuchse entfernt und stattdessen die originale TA-Buchse nach dem Wiederanlöten ihrer drei Anschlüsse mit einem 2K-Kleber mit dem Chassis verklebt:

   

Hier ist die Buchse und der neue Ratioelko mit seiner Beschaltung an der Service-Lötösenleiste zu sehen. Viele Widerstände im Radio habe ich stichprobenartig geprüft: Alle soweit ok. Prima!

   

Von außen kommen die Hohlnieten rein, der 2K-Kleber hält sie bzw. fließt mit hinein. So schaut's dann aus:

   

Das moderne "Anschluß-Terminal" für die beiden Antennen und Erde. So wollte ich es partout nicht lassen:

   

Ausbohren kam hier für mich nicht infrage, wollte ich doch die Hohlnieten ebenfalls wieder verwenden. Aber sie sitzen mitsamt ihrer Unterlegscheibe auf dem Pertinax. Ich habe folgendes gemacht: Zwischen der Innenwand des Chassis und der Abschirmwand des UKW-Tuners ist Platz. Nicht gerade üppig, aber ausreichend, um mit einer Schlüsselfeile die Hohlnieten fix abzufeilen. Die Pertinaxplatte fällt dann nach dem Ablöten ihrer Anschlüsse von ganz alleine ab. Die abgefeilten Hohlnieten stecken noch drin (Pfeile):

   

Der Kondensator ist intakt, somit tauschte ich ihn gegen den Teerkondensator von Franks Anschlusplatte (Bild siehe oben im Thread) aus. Aufrauen der Klebefläche und 2K-Kleber trat wieder in Aktion. Die Hohlnieten passen exakt:

   

Fertig:

   

Smile

Das Ergebnis der bisherigen Aktion:

   

Die ECH81 habe ich getauscht. Da alle übrigen Röhren im Radio - außer die NF-Röhren und die EYY13 - von WF sind, habe ich dem "Globus" eine ECH81 von WF verpasst.

Der Freiko mit seinen 1µF, speziell sein Papprohr, wird wieder verwendet: Axel - danke! Die Teerkondensatoren kommen auf Lager, wo schon soviele andere dieses Typs liegen. Irgendwann einmal finde ich eine Lösung, deren Innenleben umwelt- und geruchsschonend herauszubekommen, die Glasröhrchen vernünftig zu reinigen und dann neu zu befüllen.

(Wird fortgesetzt)
Gruß Michael

Penthode?
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