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Resindruck, die neue Dimension im 3D-Druck
#1
Nachdem parallel zum Filamentdruck (schichtweises Aufschmelzen von Kunststoffdrähten) der Resindruck (schichtweises
Auftragen von photopolimerisiertem Harz) Einzug in den semiprofessionellen und Hobbybereich gehalten hat und die
Druckerpreise etwa vergleichbar sind, habe ich meinen alten CTC Bizer 3D-Drucker ausgemustert und verschrottet.

Dafür nimmt jetzt ein Resindrucker mit DLP-Technik (Digitales Lichtverarbeitungs Prozessing seinen Platz ein.

Zur Auswahl standen mehrere Fabrikate, ich habe mich für einen Anycubic Photon Mono entschieden. Natürlich ein
echter Chinese.

   

1   Gehäuse mit Einschalter
2   Farbdisplay als Touchscreen
3   UV-dichte Schutzhaube
4   Resinwanne
5   per Schrittmotor angetriebene Z-Achse
6   Druckplattform
7   USB-Steckverbindung

Belichtet wird mit UV-Licht, 405 nm über ein monochromes LCD mit einer Auflösung von 2560 x 1620 (2k-Auflösung). Damit ist die
XY Resolution = 0,051 mm. Die Layerhöhe (Schichthöhe) ist zwischen 0,01 bis 0,15 mm wählbar, typisch ist 0,05 mm.
Der Bauraum ist 130 mm lang, 80 mm breit und 165 mm hoch.

Nach der Belichtung muß das Modell mit z.B. Ethanol (Alkohol) gründlich gewaschen werden. Mit offenen Gefäßen wird das
- auch bei ordentlicher Belüftung - eine ziemliche Stinkerei, die dazu noch recht ungesund ist. Daher habe ich mir parallel
zu dem Drucker noch eine Wasch- und Härtungsanlage angeschafft. Eine erschwingliche und sinnvolle Angelegenheit.

   

1   Gehäuse
2   Display
3   Umschalter Wash/Cure (Waschen/Härten)
4   Zeiteinstellung
5   UV-dichte Schutzhaube
6   abnehmbarer geschlossener Waschbehälter (dahinter Säule mit UV-Licht)

In diesem Gerät kann das Modell zuerst gewaschen und dann durch UV_Belichtung nachgehärtet werden.

Nachfolgend einige Details über den 3D-Drucker und seine Arbeitsweise.

Zu Beginn muß die Druckplattform gelevelt werden. Das geht wesentlich einfacher als beim Filamentdrucker. Die Schrauben
des Drucktellers werden gelockert, sodaß der Druckteller frei beweglich ist. Danach wird die gesamte Druckplattform bei
abgenommener Resinwanne und Zwischenlage eines Papierstücks nach unten gefahren. Unten angekommen levelt sich
die Druckplattform automatisch und die Schrauben werden wieder festgezogen, fertig. Die Druckplattform wird wieder
hochgefahren und die Resinwanne eingesetzt.

Nun wird Resin in die Wanne eingefüllt, ein USB-Stick mit der Druckdatei eingestöpselt, die Schutzhaube aufgesetzt (sonst
geht nichts), die Datei ausgewählt und gestartet.

Die Druckplattform taucht in das Resin ein, sodaß zwischen Wannenboden und Plattform noch z.B. 0,05 mm Höhendistanz ist,
belichtet (die ersten Layer 40 Sekunden und nachfolgende Layer z.B. 2 Sekunden) und fährt ein Stück hoch, damit wieder Resin
in den Spalt fließen kann. Dieser Vorgang wird solang wiederholt, bis das Modell komplett aufgeschichtet ist (es hängt natürlich
kopfüber der Resinwanne).


   
Bewegung gibt es bei dieser Druckart nur noch in Richtung der Z-Achse


   
Das Projektionsfenster sollte wie eine Kameralinse sauber gehalten werden


   
Die Resinwanne ist ein Rahmen, der am Boden mit einer harzabweisenden FEP-Folie bespannt ist. Auch hier
ist Sauberkeit erstes Gebot.


   
Resin (Harz) ist ein natürliches oder synthetisches Harz, dem eine photopolimere Substanz beigemischt ist. Dadurch härtet das
Harz in Verbindung mit Licht (hier UV-Licht). Bei Verarbeitung des ungehärteten Harzes müssen Schutzhandschuhe und Schutzbrille
getragen werden. Eine ausreichende Belüftung ist notwendig. Ausgehärtet ist das Harz gesundheitlich unbedenklich. Bestimmte
Resine werden sogar in Zahnmedizin und  Zahntechnik verwendet.

Hier noch einige der hervorragenden Materialeigenschaften des Harzes (oft Epoxidharz):
Im Gegensatz zu den Filamenten ist Resin ausgehärtet extrem hart und wärmefest. Es lässt sich sehr gut durch fräsen, sägen, drehen,
bohren, schleifen und polieren bearbeiten, hat eine sehr geringe Schrumpfung und ist feuchtigkeitsresistent. In Verbindung mit
dem 3D-Druck ist die Realisierung von sehr feinen Details mit großer Maßhaltigkeit möglich. Ein Werkstoff mit vielfältigen
Möglichkeiten.

Um einen ersten Blick in diese Möglichkeiten zu geben, habe ich mir aus dem Internet ein detailreiches Modell des Eiffelturms
gefischt. Das Modell ist etwa 140 mm hoch und zeigt sehr anschaulich die Fachwerkbauweise des französischen Stahlturms.


   
Das Modell im Slicer

Hier einige Worte zum Slicer (das Programm, das die 3D-Zeichnung des Modells für den Drucker aufbereitet).
Mit dem Drucker wurde ein Anycubic-Slicer mitgeliefert, der auch recht ansprechend ist. Meine Wahl fiel jedoch auf den
Slicer "Chitubox", den es in einer teuren Profiversion gibt, aber auch in einer ansprechenden Freeware-Version.


   
Das Modell mit Support (Stützen)

Verständlicher Weise benötigt man beim Resindruck Support. Dieser kann in verschiedenen Arten und Stärken automatisch
und/oder manuell ergänzt aufgebaut werden. Er lässt sich, da er nur punktuell befestigt ist gut entfernen. Dennoch ist dabei
Sorgfalt notwendig.

   
Nach ca. acht Stunden ist das Modell bis auf die Spitze gedruckt.


   
Das Modell ist fertig gedruckt, gewaschen und nachgehärtet. Jetzt muß nur noch der Support vorsichtig entfernt werden.


   
Das Modell des Eiffelturms fertig mit einer Schachtel Streichhölzern als Größenvergleich


   
Die Nahaufnahme zeigt die Detailtreue besonders im Bereich des Geländers an der ersten Plattform und der Fachwerke


Das war nur ein Beispiel für die Druckgenauigkeit und die Detailtreue. Natürlich kann man die besonderen Fähigkeiten
dieser Drucktechnik auch vielen Fachbereichen nutzen. Ein Beispiel für ein mechanisches Funktionsteil im Maßstab 1:1
ist im letzten Bild dieser Abhandlung abgebildet. Nach leichter Nachpolierung der Führungen konnte das Teil original
eingebaut und verwendet werden.

   
Die Streichhölzer sind natürlich nur zum Größenvergleich


Ich danke für Dein Interesse und würde mich über Deine Meinung zu dieser "neuen" Technik freuen.

Gruß
Wilhelm
Niemandes Herr, Niemandes Knecht,
so ist es gut, so ist es recht

von Fallersleben
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#2
Hallo Wilhelm,
erst mal ein herzliches Dankeschön für die Vorstellung. Ich fasse das nicht als Verkaufswerbung auf, sondern aus der überzeugten Meinung ein entsprechenden Bericht und Vorstellung der Resindruckerei. 
Ich selbst habe 3 Drucker (Printer I3 von Monoprice; Renkforce 1000 (den muß ich noch reparieren (Z-Achse läuft nicht)) und Tronxy XY 2 Pro), die alle mit "Plastedraht" drucken (Cura; Fusion 360; Autodesk hab ich auch noch). 
In der Tat ist die Nevelliererei nicht gut gemacht. Nur der Renkforce macht das in absolut guter Qualität. Der ist aber defekt und ne neue Platine kommt mal locker 180 Euronen. Da muß ich noch mit warten, hab ja noch 2. 
Interessant ist das Drucken mit Resin alle mal. Nur störend das Waschen und Nachhärten. Die Oberflächen müssen beim allen Druckverfahren auch "Nachgearbeitet" werden. 
Vielleicht steige ich ja auch noch um>>Resindruck ist einfach schneller aber man kann die Farben nicht tauschen.
Bist Du auch auf dem Treffen? 
Na ja, ich wünsche Dir viel Spaß mit Deinem neuem Drucker.

LG aus Schwerin, Holger

Übrigens, warum hast Du Deinen alten Drucker verschrottet?
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#3
Hallo Wilhelm,

dein Bericht ist für mich sehr spannend, danke dafür! Ich spiele schon länger mit dem Gedanken mir einen Photon zuzulegen. Aber ich scheue noch das Hantieren mit den verschiedenen Chemikalien.

Ein Aspekt fehlt in deinem Bericht der vielleicht noch nicht so bekannt ist. Nämlich der transparente Druck mit Chrystal-Clear Resin. Ein weiteres Argument für einen SLA/DLP Drucker:

Gruß,
Jupp
-----------------------------

was du baust ist immer mit dir verbunden
(Lego)

Einsamkeit ist nur ein Mangel an Technologie
(@beetlebum)
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#4
Wer einen derartigen Drucker mal in Aktion sehen will, der sollte sich mal auf Youtube bei Ben Heck Hacks umschauen. Der hat einen solchen - vielleicht sogar den gleichen Drucker - mal vorgestellt.
https://www.youtube.com/watch?v=vEhVlzRyTxQ
Smiley47
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#5
Hallo Holger,
ja, die Druckqualität des Resindruckers hat mich überzeugt (es hätte auch jedes andere Fabrikat sein können).
Damit haben sich ganz neue Möglichkeiten erschlossen. Die Materialeigenschaften und die Präzision sind überzeugend.

Natürlich ist der Aufwand für die Nachbearbeitung (waschen und nachhärten) etwas gewöhnungsbedürftig, aber das
Ergebnis macht das wieder vergessen. Mit dem neuen Monochromdisplay müssen die Oberflächen nicht mehr nachgearbeitet
werde. Die sind glatt wie Kinderpopo.

Ein Farbwechsel ist auch hier möglich. Es gibt Ersatz-Resinwannen mit lichtdichten Deckeln, die man mit anders farbigem
Resin füllt , den Druck unterbricht und die Wanne mit anderer Farbe wechselt. Das ist ähnlich einfach wie beim Filamentdruck
(ausgenommen Mehrfachdruckköpfen).

Warum ich meinen CTC verschrottet habe ist damit zu erklären, dass ich für mich festgelegt habe: Neu rein - alt raus.
Damit kann ich eine interne Diskussion über Messie oder nicht vermeiden. Und das ist so OK.

Zum Treffen kann ich leider nicht kommen, da ich seit einiger Zeit (hoffentlich vorübergehend) ziemlich immobil bin.

Gruß
Wilhelm
Niemandes Herr, Niemandes Knecht,
so ist es gut, so ist es recht

von Fallersleben
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#6
Hallo Jupp,
danke für Dein Interesse. Bleib dran, es rentiert sich.

Druck mit transparentem Resin steht auf meiner Erledigungsliste ganz oben. Danke auch für
den Link. Zur Zeit werkele ich an einer rel. komplizierten mechanischen Funktionsgruppe, die
komplett aus Druckteilen gefertigt werden (ca.50 Einzelteile). Die bisherigen Ergebnisse deuten
auf eine höhere Genauigkeit als bei einer Fertigung aus Metall. Wenn das fertig ist, schicke ich Dir
mal ein Bild/Video.

Gruß
Wilhelm
Niemandes Herr, Niemandes Knecht,
so ist es gut, so ist es recht

von Fallersleben
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#7
Hallo zusammen,
die Videos sind nicht schlecht. Da wird noch gezeigt, wie man sich was zu Essen macht und das auch noch richtig. Toll.
@Werner, zeigt das Teil auch die Druckzeit/ Restdruckzeit und die vorgesehene Menge vom Resin an? Wäre interessant zu wissen.
@Jupp, der gute Mann hat für die Konstruktion auch Fusion 360 genutzt. Ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig aber man kommt klar und kostet nix.
LG aus Schwerin, Holger
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#8
FDM-Druck hat ja immer eine gewisse Schrumpfung. Gibt es das bei DLP nicht? Oder wird das mit einberechnet?

Holger, Fusion 360 ist nur mit Tricks kostenlos zu bekommen, und wie lange die kostenlose Lizenz funktioniert weiß man auch nicht so genau. Ein mächtiges Proramm, aber ich hab keinen Einstieg in die Philosophie gefunden. Bzw. ich hab mir zu wenig Einarbeitungszeit gegönnt.
Gruß,
Jupp
-----------------------------

was du baust ist immer mit dir verbunden
(Lego)

Einsamkeit ist nur ein Mangel an Technologie
(@beetlebum)
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#9
Hallo, Wilhelm,
Danke für die Vorstellung. 3-D Druk ist für mich noch nicht Thema, ich lese aber gern und wer weiä...
Gruß,
Ivan
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#10
Moin Wilhelm,

danke fürs zeigen. Die Druckzeit wird vermutlich nur durch die Schichtstärke bestimmt und nicht durch die Bauteilgröße, durchaus ein Vorteil.
Habe da auch schon mal drüber nachgedacht aber wieder verworfen.
Wie lange ist die Belichtungsdauer pro Schicht?
Ist das ganze wohnraumkompatibel wegen dem Geruch?
Kann das Resin vollständig verbraucht werden oder muss ein bestimmter Pegel nachgefüllt werden?
Wie lange ist das Resin benutzbar wenn Wanne befüllt?
Kannst du schon was zur Langzeitstabilität sagen? UV Licht durch die Sonne wirkt ja weiter ein.

Gruß Frank
sicheres Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit
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#11
Moin, moin,

vielen Dank für Euer Interesse. Ich werde versuchen, Eure Fragen zu beantworten.
Manches wird auch erst durch künftige Erfahrung erklärbar sein.

@ Holger

Wie beim Filamentdruck wird auch hier Information vom Slicer geliefert. Anzahl der
Layer, Druckzeit und benötigte Resinmenge werden nach dem Slicen angezeigt. Der
Drucker zeigt während des Druckens den Layerstand und die verbleibende Zeit an (die
Zeit ist bei mir noch in irgend einer Art verschlüsselt, das muß erst noch übersetzt werden).

@ Ivan

Vorsicht Ivan, 3D-Druck macht genau wie Radiobasteln abhängig (Suchtgefahr)  Big Grin

@ Jupp

Alle Harze schrumpfen bei der Aushärtung. Die einschlägige Literatur gibt einen Wert von
0,5 % bis 5 % je nach Art und Qualität des Harzes an. Allgemein wird gesagt, die Schrumpfung
von Harz sei geringer als bei Filamenten. Ich werde gelegentlich Konstruktionsteile nach
verschieden langer Belichtung messen und damit die Schrumpfung berechnen.

@ Frank

Die Druckzeit ist nur von der Z-Höhe und nicht von der sonstigen Geometrie des Modells abhängig,
da jeder Layer in der gleichen Zeit erstellt wird. Die Erstellungszeit pro Layer ergibt sich aus der
Belichtungszeit und der Dauer der Verfahrwege.

Die ersten 10 bis 15 Layer werden jeweils ca. 40 Sekunden belichtet (wegen Haftung an der Druckplattform).
Jeder weitere Layer hat eine Belichtungszeit von 2 Sekunden. Alle Werte sind im Slicer einstellbar.

Die Geruchsentwicklung ist der des Filamentdrucks vergleichbar. Man spricht manchen Harzen eine schädliche
Wirkung auf die Atmungsorgane zu. In Youtubevideos werden verschiedentlich Masken beim Hantieren mit
Harz getragen. Das muß jeder selbst entscheiden. Für notwendig erachte ich, daß im Druckbereich ausreichende
Belüftung besteht (Wohnzimmer oder Küche sind sicher ungeeignet Smiley53 )

Es sollte immer so viel Resin in der Wanne sein, daß es beim Hochfahren (zwischen 2 Belichtungen) flächig
nachfließen kann.

Wie lang man das Resin in der Wanne aufheben kann, weiß ich leider nicht. Es gibt licht- und luftdichte Wannen, die
zu dunklen Plastikflaschen wohl keinen Unterschied machen. Also wird man darin (genau wie in Flaschen) mindestens
1 Jahr lagern können. Ich fülle das restliche Resin aus der Wanne nach dem Drucken in die Flasche zurück (Sieb), da
ich dann den Zustand der Folie und eventuelle Rückstände feststellen kann.

Epoxidharz hat - auch bei Außenbewitterung - eine außerordentliche Langzeitstabilität. Es wird häufig bei Fensterbänken,
Versiegelung von Fußböden im Bootsbau und vielem mehr verwendet.

Eine Schwäche hat es allerdings. Glasklares Harz vergilbt in ansehbarer Zeit (unabhängig von Lichteinwirkung und
Bewitterung).


Ich hoffe, ich konnte einiges erklären.

Gruß
Wilhelm
Niemandes Herr, Niemandes Knecht,
so ist es gut, so ist es recht

von Fallersleben
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