Themabewertung:
  • 0 Bewertung(en) - 0 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Rafena Patriot - einfach für die Werktätigen
#1
Servus Fernsehfreunde,

Diesen Fernseher habe ich hier schon vorgestellt, als ich sein Netzteil reparierte, so dass er für eine weitere Instandsetzung praktisch "Ready For Takeoff" ist. Er zieht Strom und beginnt, munter vor sich hinzubrummen. Zeit also, sich dem Apparat vollends zu widmen.

Bitte wieder unter der Beachtung der mir zur Verfügung stehenden Zeitfenster, danke!

An dieser Stelle zeige ich nochmal das Foto des Fernsehers:

   

Kurz etwas zur Vorgeschichte:

Im Jahr 2006 habe ich diesen Patriot aus Bautzen erworben. Sein fast neuwertiges Aussehen in Verbindung mit seinem geringen Preis waren nur zu verlockend. In meiner Kindheit und frühen Jugendzeit war bei einem Kumpel meines damaligen Schulfreundes so ein Patriot das seinerzeit übliche Wohnzimmergerät.

Ein Arbeitskollege unserer Firma, der seinerzeit in Bautzen tätig war und pendelte, war so nett und lieferte ihn mir. Zum Dank für die Lieferung wechselte eine Flasche guten Rotweines den Besitzer.

Ich gehe davon aus, dass  dieser FE 847A im Jahr 1961 im damaligen VEB RAFENA-Werke Radeberg gebaut wurde. Schaltungstechnisch haben wir es mit einem Intercarrier-TV zu tun. Hier seine technischen Daten aus der rötlichfarbenen Kundendienstanleitung:

   

Als Besonderheit arbeitet neben einer Verzögerungsdiode eine Taströhre in seiner Schaltung und es gibt bereits eine Germanium-Diode OA 626 als Videodiode:

   

Der Patriot...

Ich muss bei diesem Namen immer etwas schmunzeln, denn eigentlich kenne ich den Begriff "Patriot" eher nur vom seinerzeit ausgerechnet ärgsten Klassenfeind der DDR, nämlich aus den USA. Selbst Joseph Heller hat ihm in seinem Roman "Catch 22" (in der DDR: "Der IKS-Haken") ein verhohnepiepelndes Denkmal gesetzt, indem er seinem Hauptagonisten, Yossarian, ausrufen lässt, dass es nicht nur am rechten Patriotismus, sondern auch am rechten Matriotismus fehlen lässt...  Smile

DDR und "Patriot"? Nee, das passte nicht wirklich. Zu "westlich dekadent".

Die Herkunft des Namens ist unklar, könnte aber ziemlich wahrscheinlich politische Gründe haben. Laut einer Quelle:

"...Informationsbroschüre Heft 1/1960 von RAFENA ... Das Fernsehgerät "Patriot" FE847A geht ab I. Quartal 1960 in die Produktion. Es wurde von den Entwicklungsingenieuren und -konstrukteuren unter breiter Mitwirkung der Arbeiter und Angestellten der RAFENA- Werke geschaffen. Die Idee zum Bau des "Patriot" gab unser stellvertretender Ministerpräsident Walter U l b r i c h t , um ein preiswertes (Endverkaufspreis war in der DDR Festpreis : 1580 DM ), aber leistungsfähiges Fernsehgerät für die Bevölkerung herzustellen..."

Sozusagen ein "Volksfernseher". Aber das ging verständlicherweise schon dreimal nicht.

Zurück zur Technik:

Der Fernseher bewegt sich nicht mehr im gefühlten Kilotonnenbereich, wie weiland der Dürer. Er ist relativ klein, leicht und schon hinsichtlich des Ausbaues des Chassis sehr servicefreundlich. Nach Abnehmen der vorderen Bedienelemente und Abziehen der Anschlüsse für die Ablenkeinheit und der Bildrohranode löst man nur die beiden vorderen Befestigungsschrauben des Chassis (bei Rubens & Dürer lagen sie noch seitlich hinten) und man kann das Chassis fix aus dem Gehäuse extrahieren. Bei der seitlichen Bedieneinheit ist zu beachten: liegt der TV auf der Seite, so sollte man unbedingt beim Lösen der Kunststoffschraube die Bedieneinheit festhalten. Nicht, dass sie sonst auf die Bildröhre knallt.

   

   

Der fast neuwertige Zustand zeigt sich auch funktional, was mich sehr freut: Alle Regler arbeiten leichtgängig. Keines der beiden rückseitigen Potis ist fest. Sogar der Netzschalter des Volumereglers funktioniert! Innen ist der Fernseher nur leicht verstaubt und auf Chassis und Tuneroberfläche zeigen sich ein paar Korrosionsspuren, alles nichts Besonderes:

   

Auch rechts des (hier schon abgenommenen) Zeilentrafo-Käfigs ist nichts Aufregendes zu finden:

   

Das fast schon zierliche Chassis zeigt sich im Vergleich zu den teilweise eng verdrahteten Drahtverhauen früherer Geräte (Jargon uns' Reparateure alter Gitarrenamps: "Rattennestern") sehr aufgeräumt:

   

Aber ich sehe: Hier war schon mal jemand drin.

Wenn man ganz genau in meinem anderen Thread zum Patriot hingeschaut hat, nämlich hierhin:

   

dann sieht man einen mit jetzt einem Pfeil markierten, modernen MKP-Ko lustig hervorlugen. Zu meiner großen Freude sind es dieselben Kondensatoren vom damaligen VEB Kondensatorenwerk Görlitz, die ich auch für Rubens und Dürer verwendet habe! Ich kann sie also überprüfen und ihnen bei korrekter Funktion meine Kondensator-Label verpassen!  Smile

Ich erinnere mich: Vor Jahren hatte ich beim Jogi in seiner Röhrenbude mit solchen KO's eine große Sammelbestellung ausgelöst, die an viele Nutzer ging. Vielleicht sind es genau solche Kondensatoren, die aus dieser Aktion heraus ihren Weg in diesen Fernseher gefunden haben.

Der Kaskode-Tuner mit "Echtheitszertifikat" ist unser' guter, alter Bekannter:

   

Er hat einen neuen Namen bekommen...

   

...arbeitet aber nach demselben Prinzip wie alle RAFENA-Tuner dieser Bauart. Wie der gesamte Fernseher, ist er jedoch nun mit P-Röhren ausgestattet. Interessant ist, dass offenbar nicht alle P-Röhren aus der DDR kommen, sondern, dass in diesem Fall die damalige VR Polen als "sozialistisches Bruderland" aushelfen mussten: Als Bildgenerator und Bildendstufe arbeitet eine POLAM PLC82 (Rö501):

   

und als Videoendstufe und Taströhre arbeitet eine TELAM PCL84 (Rö104):

   

Und bei der Boosterdiode musste sogar eine Röhre des "Klassenfeindes" ran, tz, tz:  Smile

   

Es liegt die Vermutung nahe, dass diverse P-Röhren aus eigener Herstellung zeitweise nicht beschaffbar waren.

Für das Bild sorgt eine dicke, kullerige B43M2 vom damaligen Hersteller VEB WF. Ich mache ein Foto davon, wenn ich das Bildrohr zwecks Reinigung ausbaue. Interessant ist das Abziehbild auf der Ablenkeinheit:

   

Nanu? Der Ernemannturm vom damaligen VEB Pentacon Dresden? Auch den mit einer DY86 als HV-Diode arbeitenden und noch bestens aussehenden Zeilentrafo ziert dieses Abziehbild:

   

   

Interessant, da ich bislang den VEB Pentacon nur mit Fototechnik in Verbindung kannte, aber nie mit Zubehörtechnik für Fernseher. Wurde dieser Betrieb im Rahmen von irgendwelchen Parteibeschlüssen "von oben herab" dazu verdonnert, Zubehör zu liefern? Solange, bis Stassfurt selbst produzierte? Ich weiß es nicht. Spannend!

Was findet man noch Schönes?

Hier sieht man den dicken Kokelwiderstand mit seinen 160 Ohm und 30 Watt, der zusammen mit dem Heißleiter für die Serienheizung der P-Röhren arbeitet und die beiden Netzdrosseln, ihre Enden sind mit Leukoplast fixiert:

   

Impressionen vom aufgeräumten Inneren des Chassis:

   

   

   

Oben schrieb ich's: Kaskode-Tuner. Beim Rubens habe ich es ausführlich erläutert. Seine Segmente sind folgerichtig weiß gestempelt:

   

Und zwar alle! D.h. nee, stimmt nicht ganz: Es fehlen die Segmente für zwei Kanäle. Die ansonsten vorbildlich gehaltene Kundendienstanleitung gibt im Gegensatz zu denen von Rembrandt, Rubens, Dürer und Derby keinerlei Auskunft mehr über die Farbe und Nummerierung der in den Tunern der FE 847A vorzufindenden Segmente. Vermutlich ist das Thema "durch" und man darf davon ausgehen, dass sich 1961 CCIR in der DDR endgültig durchgesetzt hat.

Ein zeitgenössisches Kleinod möchte ich Euch nicht vorenthalten:   Smile

   

Jo, dann wird die nächste Aufgabe sein, dass ich mich mit den Kondensatoren beschäftige.

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
Zitieren
#2
Sehr schön geschrieben vor allem mit den Geschichtlichen Hinweisen.
Finde das immer wieder interessant.
Wünsche dir viel Erfolg mit deiner Hand für dein Produkt.
Grüße vom Marco aus Oberbayern.
Zitieren
#3
Wie gewohnt sehr schöner Bericht mit vielen Hintergrund Informationen und Recherchearbeit. Mir gefällt diese Art mit historischer Information und vielen Einzelheiten sehr gut und ich lese gespannt mit, wie es weiter geht. Danke für die Arbeit die Du Dir hier für uns als Zuschauer machst!
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
Zitieren
#4
(01.11.2021, 16:42)MichaelM schrieb:
Der Patriot...

Ich muss bei diesem Namen immer etwas schmunzeln, …

DDR und "Patriot"? Nee, das passte nicht wirklich. Zu "westlich dekadent".

Hi Michael,

um die Verwunderung komplett zu machen, auch Staßfurt hatte dann ein TV-Gerät „Patriot“, was nichts mit dem Rafena gemeinsam hatte, außer der 43er Bildrohrengröße im Tischgerät.

Gruß

(Reflex-)Kalle
Zitieren
#5
Servus zusammen,

herzlichen Dank für die Zustimmung.

@ Kalle, ja: den Stassfurter Patriot kenne ich. Ein schönes Gerät! Ich hab ihn hier des Radebergers wegen weggelassen, aber ja: Er gehört seines Namens wegens auch mit erwähnt.

Ähem, wo wir schon bei den Namen sind, da frage ich mich doch augenzwinkernd grinsend glatt, ob der Schönebecker Elbia "Nordlicht" strenggenommen nicht eigentlich hätte "Ostlicht" heißen müssen. Denn schließlich ging ja im Osten die Sonne auf. Haben die damaligen Funktionäre mit stetig-wachsamen Blick auf den Westen bestimmt verpeilt.... Big Grin

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
Zitieren
#6
Hallo Michael
Wie immer lese ich bei Deinen Berichten gern mit. Gerade die Rundfunk und TV Geräte aus der DDR interessieren mich . Wobei ich hier nicht verheimlichen will, das es bei mir demnächst an einen Stassfurt Iris geht, den ich im Sommer bekommen habe.

Ich bin gespannt, wie es bei dem Patrioten weiter geht.
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
Zitieren
#7
Super Michael, freut mich richtig, dein Bericht. Und nein, ich hole meinen nicht vom Dachboden und mache ihn parallel zu deinem. Ich schau mir das dann lieber ab. Smile
Ein Iris ist auch noch bei mir in der Radiotruhe. Das schaue ich mir dann bei Detlef ab. Smile
Habe immer soviel Arbeit, dass ich mir eine aussuchen kann. Smile

Grüße Frank, der Moschti
Zitieren
#8
Hallo,

ich wollte schon schreiben hat denn nicht jemand eine Rafena für Micha, aber das hat sich erledigt.
Es wird sicher ein sehr schöner kurzweiliger Herbst und Winter denn der Fernseher, ein RAFENA "Patriot“, ist nun vorhanden.

Ich bin schon sehr gespannt auf die guter Bilder und die gute Beschreibung der Restauration. Es ist interessanter als jeder Krimi, oder Tatort.

Micha, dir viel Erfolg.
Grüße aus Sachsen, Falk
Zitieren
#9
Danke! Smile

Übrigens, Frank,

ich hatte das in der PN vergessen zu schreiben: Nichtsdestotrotz freue ich mich, dass DU die TV-Schaltungssammlung bekommen hast.

(01.11.2021, 17:10)Ator schrieb: ...Sehr schön geschrieben vor allem mit den Geschichtlichen Hinweisen...

Ich bitte dennoch, das Emoticon hinter meinem Satz zum Kleinod nicht mißzuverstehen. Denn schaut mal mal auf die Stempelung, so findet man zwei Namen. Bert Brecht ist wohl jedem klar. Der andere Name deutet aber möglicherweise auf Klement Gottwald hin (bin mir allerdings nicht ganz sicher angesichts des schwer lesbaren Vornamenbuchstabens C anstelle eines K). Sollte wirklich der Klement Gottwald gemeint sein, dann kann ich nur auf Wikipedia verweisen. Und an dieser Stelle sollten wir den gesamtgesellschaftlichen Kontext, in dem solche Geräte entstanden, berücksichtigen bzw. mahnend nicht vergessen.

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
Zitieren
#10
Guten Morgen,

ich bin schon sehr gespannt auf die Wiederbelebung des Rafena Patrioten und die erfrischende Berichterstattung.

In dem Zusammenhang tun sich mir Fragen auf:

Kann jemand erklären, warum auch das FSG Werk Staßfurt einen ähnlichen 43 cm Fernseher andernfalls so nannte?

Landläufig war damals der Patriot von Rafena mehr gefragt, gibt es da eine Erklärung?

@Michael

Wie so für die Werktätigen, seinerzeit waren die SW Fernseher dieses Formates in der DDR für alle Schichten und immer bück dich Ware.  Big Grin Big Grin Big Grin

Erst Ende der sechziger entspannte sich das etwa

Außer den hochwertigen FS Truhen, die gab es schon mal eher frei zu kaufen.
Meine Eltern konnten die Cabinettruhe damals gleich kaufen und sie waren nur Bauern.
Gruß aus dem Kreis Siegburg vom Hans-Jürgen
"Groß ist ein Mann, wenn er Kind bleibt"

Zitieren
#11
Servus Hans-Jürgen,

(02.11.2021, 11:18)Hanskanns schrieb: ...In dem Zusammenhang tun sich mir Fragen auf...

das sind genau diese aus meiner Sicht hervorragenden und ergänzenden Fragen, die so einen Thread nicht nur hinsichtlich des technischen, sondern eben hinsichtlich auch des geschellschaftlichen Kontextes, in dem so ein Gerät nun mal da war, bereichern. Danke! Smile

Ich würde mich freuen, wenn Antworten kämen!

(02.11.2021, 11:18)Hanskanns schrieb: ...seinerzeit waren die SW Fernseher dieses Formates in der DDR für alle Schichten und immer bück dich Ware ... Erst Ende der sechziger entspannte sich das etwa...

Interessant! Ich dachte bislang immer, dieser Mangel wäre bereits seit Anfang der 60er wenigstens etwas behoben. Stassfurt begann mit seinen TVs ab 1957, aber offenbar reichte das bei weitem nicht, den Bedarf zu decken. Hm, vermutlich war der Ausstoß an Geräten (sie produzierten ja noch ihre Radios bis 1962) einfach noch viel zu gering zu dieser Zeit. Ja, man müsste recherchieren und auf die Bevölkerung hochrechnen. Produktionstabellen liegen sicherlich vor.

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
Zitieren
#12
Lieber Michel,

das wird wieder eine Augenweide im wahrsten Sinne des Wortes. Von dieser Technik habe ich null Ahnung, aber es ist hochinteressant, Deinen Berichten zu folgen.
Die Art und Weise, wie Du in köstlichster Manier mit der deutschen Sprache spielst und so manches alte, fast vergessene Wort hervorholst, um diesem ebenfalls alten, fast vergessenen Gerät gleich zu schmeicheln wie dem geneigten Leser dieses Berichtes, das ist allein für sich eine wahre Kunst Smiley20 Smiley32
Und macht es wert, auf die nächsten Zeilen aus Deiner Tastatur gespannt zu sein. Ich bin auf jeden Fall wieder dabei, und ich bleibe sicher nicht allein Smiley14
Herzliche Grüße

Pitter
Zitieren
#13
(02.11.2021, 11:42)MichaelM schrieb:

Interessant! Ich dachte bislang immer, dieser Mangel wäre bereits seit Anfang der 60er wenigstens etwas behoben. Stassfurt begann mit seinen TVs ab 1957, aber offenbar reichte das bei weitem nicht, den Bedarf zu decken. Hm, vermutlich war der Ausstoß an Geräten (sie produzierten ja noch ihre Radios bis 1962) einfach noch viel zu gering zu dieser Zeit. Ja, man müsste recherchieren und auf die Bevölkerung hochrechnen. Produktionstabellen liegen sicherlich vor.

Gruß Michael

Hi Michael,

Scheida hatte versucht das darzustellen, so gut es ihm eben möglich war

http://www.scheida.at/scheida/Television...eindustrie:

Gruß

(Reflex-)Kalle
Zitieren
#14
(02.11.2021, 11:42)MichaelM schrieb: Servus Hans-Jürgen,

(02.11.2021, 11:18)Hanskanns schrieb: ...In dem Zusammenhang tun sich mir Fragen auf...

das sind genau diese aus meiner Sicht hervorragenden und ergänzenden Fragen, die so einen Thread nicht nur hinsichtlich des technischen, sondern eben hinsichtlich auch des geschellschaftlichen Kontextes, in dem so ein Gerät nun mal da war, bereichern. Danke! Smile

Ich würde mich freuen, wenn Antworten kämen!

(02.11.2021, 11:18)Hanskanns schrieb: ...seinerzeit waren die SW Fernseher dieses Formates in der DDR für alle Schichten und immer bück dich Ware ... Erst Ende der sechziger entspannte sich das etwa...

Interessant! Ich dachte bislang immer, dieser Mangel wäre bereits seit Anfang der 60er wenigstens etwas behoben. Stassfurt begann mit seinen TVs ab 1957, aber offenbar reichte das bei weitem nicht, den Bedarf zu decken. Hm, vermutlich war der Ausstoß an Geräten (sie produzierten ja noch ihre Radios bis 1962) einfach noch viel zu gering zu dieser Zeit. Ja, man müsste recherchieren und auf die Bevölkerung hochrechnen. Produktionstabellen liegen sicherlich vor.

Gruß Michael

... immer wieder interessant, dass man sich im tiefsten Westen besser über die Zustände (oder z.B. welche Namen von staatswegen vergeben werden dürften) auskennt, als die Ossies, die vermutlich wegen "bück-dich-Ware-krummen-Rückens" und gegebenem Notstand nicht so den Weitblick hatten...

das Wort Patriot ist lateinischem Ursprungs und durfte in der DDR öffentlich ausgesprochen werden.
Grüsse Jürgen
Zitieren
#15
Hallo,

das hier geschriebene über die Geräte und deren Geschichte, bringt doch neben dem spannenden Vorgang der Restauration viel Informationen, die m. M. früher gar nicht so bekannt waren.
Erst durch das Forum ihre Verbreitung finden.

Wenn ich an die Erwähnung der Elbia Calbe Fernseher denke, sie waren in der Minderheit, nicht den Ruf eines Rafena Gerätes.
Dennoch kein Ladenhüter, weil Fernseher eben auch Mangelware darstellten.
Gruß aus dem Kreis Siegburg vom Hans-Jürgen
"Groß ist ein Mann, wenn er Kind bleibt"

Zitieren
#16
Servus,

da Scheida bereits erwähnt wurde, möchte ich ihn hier kurz zeigen:

   

Anmerkung:

- ich habe mir erlaubt, die Tabelle zu kürzen und nur mal die paar Jahre 1958 ... 1961 (1963) aufzuführen, um die es hier gerade geht
- die in der Tabelle in den eckigen Klammern zitierte Quellenlage ist für mich dürftig, da zumindest ich keinen Zugriff mehr drauf habe.

Interpretiere ich das richtig, dann haben wir 1961 1,3 Millionen Fernsehteilnehmer. Rafena fertigte zu dieser Zeit  (bis 18.07.61) 1,0 Millionen Geräte.
Hinzu kamen rund 305.000 Fernseher möglicherweise als übererfüllter Plansoll, der 300.000 Fernseher betraf.

D.h. flapsig geschrieben: "Jeder Fernsehteilnehmer hatte seine Glotze".

OK, das sagt nun aber m.E.n. nichts darüber aus, wie hoch der tatsächliche Gesamtbedarf zu dieser Zeit war. Man müsste jetzt hochrechnen. Ich schreibe mal einfach "auf die Anzahl der Wohnzimmer, die eigentlich einen Apparat besitzen müssten". Also über die Einwohner der DDR zu dieser Zeit, runtergebrochen auf Familien. Oder wie auch immer.

So ein Thema anzugehen, scheint schwierig.

Denn alleine schon im WiKi ist zu lesen, dass Ende 1958 die Anzahl der in der DDR gemeldeten Fernsehgeräte 300.000 betrug. Scheida zeigt eine andere Zahl auf. Er spricht vom Januar 1958. OK, die Zahl im Wiki könnte sich auf Ende 1958 beziehen. Man könnte nun etwas spielen, indem man sich, wie ich oben schrieb, herantastet. Zum einen über die Einwohneranzahl:

   

Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/...g-der-ddr/

und hier, über die Geburtenrate:

   

Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/...d-und-ddr/

Rechnet man also mal sehr grob 2 Kinder auf eine Familie = vier Personen, die ein Wohnzimmer haben, so wären das bei den rund 17 Millionen Einwohnern um 1960/61 etwa 4,25 Millionen Wohnzimmer mit Bedarf für einen Fernseher. Omma und Oppa als alleinstehende Großeltern nicht mitgerechnet (und somit haut man wahrscheinlich in den Berechnungen schon einen gewaltigen Kilometer daneben...)!

Hinsichtlich der Scheida-Angabe mit 1,3 Millionen Fernsehern wäre das eine tatsächliche Versorgung bei nur etwa 30%.

Wie geschrieben: eine sehr vage Rechnung!

Eine andere Quelle spricht von 1,5 Millionen Fernsehempfängern, die es 1961 in der DDR gab. Sie zieht eine sogenannte Fernsehdichte (Anzahl TV gemessen an der Einwohnerzahl) heran. Möglicherweise ist sie aussagekräftiger. In der DDR betrug sie 1960 angeblich 6,1% und in der BRD zu dieser Zeit 8,2%.

- -

Eine andere Quelle schreibt übrigens darüberhinaus, dass noch im Jahr 1961 jeder fünfte Fernsehteilnehmer in der DDR hinsichtlich des ausgebauten und funktionierenden Sendernetzes unterversorgt war.

In Summe:

1. Ein spannendes Thema, welches durchaus (in einem separaten Thread?) hier im RBF seinen Platz finden sollte, und wenn es nur ein Zusammentragen von Links zu diversen Quellen wäre.

2. Geht man mal von der Fernsehdichte als möglicherweise seriöse Berechnung aus, dann darf man wohl mit Fug und Recht sagen, dass zu dieser Zeit "Hüben wie Drüben" Fernseher noch nicht in jedem Wohnzimmer anzutreffen waren.

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
Zitieren
#17
Servus Fernsehfreunde,

inwischen habe ich das Chassis etwas gereinigt. Viel war nicht zu tun, es ist ja in gutem Zustand. Hier die Frontansicht:

   

Inzwischen habe ich meine Label für die Kondensatoren zugeschnitten...

   

...und habe das Chassis erst einmal in sein schönes Gehäuse zurück befördert. Der Patriot steht wieder an seinem Platz.

Der Grund: Ich habe den Klon eines Gitarrenamps zur Reparatur reinbekommen. Der Kunde ließ sich sehr viel Zeit von der Ankündigung im Mai bis zum Versand zu mir dieser Tage. Nun stehen Checkup und zügige Reparatur an. Dem schließt sich in den Folgetagen der Umbau eines weiteren Amps an (vor Jahren habe ich hier mal drüber berichtet und das hat jetzt Interesse geweckt).

Es wird hier weiter gehen. Nur kann ich leider heute noch nicht sagen, wann das der Fall sein wird. Großes "Sorry". Ich bitte um Geduld.

Anbei noch fix ein Prospekt vom Patriot aus Stassfurt, was Kalle erwähnte. Ich habe es zufällig bei mir gefunden:

   

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
Zitieren
#18
Servus Fernsehfreunde,

draußen ist es zwar wieder relativ warm geworden, aber das Wetter ist novembrig trüb und naß.
Den Kostenvoranschlag für den Gitarrenamp habe ich fertig gemacht und an den Kunden gesendet. Er hat noch nicht drauf reagiert. Somit habe ich etwas Zeit, mich ein wenig dem Patriot zu widmen.

Mein Dabendorf

   

dudelt auf KW einen holländischen Sender, der schöne Oldies spielt. Das ist ganz gut, denn so kann ich gedankenverloren und schon mal vorbereitend an meinen Kondensatorlabels herumschnippeln.

Oder mich ablenken? Jedenfalls habe ich gleich zwei meiner Labelvorlagen ausgeschnitten. Eine hätte ich nur gebraucht, aber so habe ich gleich etwas Reserve.

Neue Labels? Ja, denn ich habe mich entschlossen, nicht die schwarz-grünen zu verwenden, die ich bei Rubens und Dürer drin habe. Der Patriot ist vergleichsweise zu den beiden anderen Fernsehern "relativ modern". Die dunklen Labels sehen mir im Patriot irgendwie zu antiquitiert aus. Daher soll er helle, eher beige- bzw. sandfarbene Kondensatorfarben bekommen. So sehen sie aus:

   

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
Zitieren
#19
Servus Fernsehfreunde,

(07.11.2021, 15:41)MichaelM schrieb: ...und habe das Chassis erst einmal in sein schönes Gehäuse zurück befördert. Der Patriot steht wieder an seinem Platz.
Der Grund: Ich habe den Klon eines Gitarrenamps zur Reparatur reinbekommen....
Es wird hier weiter gehen. Nur kann ich leider heute noch nicht sagen, wann das der Fall sein wird...

Murphys Law: "Wenn es kommt, dann kommt es richtig."

Ein weiterer Kunde wird mir die Tage zwei seiner Gitarrenamps vorbei bringen, die repariert bzw. gewartet werden wollen: Ein inzwischen auch schon betagter Kittyhawk und ein noch älterer Fender Super Reverb.

Meine Kunden sind König. Dieser Kunde - wir kennen uns schon sehr lange - ist bei mir Kaiser. Ihr versteht, was ich meine.

Es wird hier also erst einmal nicht weitergehen mit dem Patriot. Sorry!

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
Zitieren
#20
Ich warte gespannt Smiley53
Herzliche Grüße

Pitter
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Rafena Patriot - Warum sind Ton und Bild auf getrennten Maxima? Thommi 2 209 26.03.2024, 11:55
Letzter Beitrag: Reflex-Kalle
  Videoeingang Rafena Patriot gajga 4 686 24.12.2023, 12:34
Letzter Beitrag: gajga
  Rafena Rubens FE855C1 mit Einschwingstreifen, Gardinen sachsenbert 10 5.456 25.11.2023, 15:19
Letzter Beitrag: sachsenbert
  RAFENA 'FORUM' FE 863 A Kuhli 19 6.151 08.12.2021, 18:28
Letzter Beitrag: Reflex-Kalle
  RAFENA Patriot - Vorbereitung zum Start MichaelM 9 3.474 30.09.2021, 20:15
Letzter Beitrag: ELEK

Gehe zu: