Servus Fernsehfreunde,
Diesen Fernseher habe ich hier schon vorgestellt, als ich sein Netzteil reparierte, so dass er für eine weitere Instandsetzung praktisch "Ready For Takeoff" ist. Er zieht Strom und beginnt, munter vor sich hinzubrummen. Zeit also, sich dem Apparat vollends zu widmen.
Bitte wieder unter der Beachtung der mir zur Verfügung stehenden Zeitfenster, danke!
An dieser Stelle zeige ich nochmal das Foto des Fernsehers:
Kurz etwas zur Vorgeschichte:
Im Jahr 2006 habe ich diesen Patriot aus Bautzen erworben. Sein fast neuwertiges Aussehen in Verbindung mit seinem geringen Preis waren nur zu verlockend. In meiner Kindheit und frühen Jugendzeit war bei einem Kumpel meines damaligen Schulfreundes so ein Patriot das seinerzeit übliche Wohnzimmergerät.
Ein Arbeitskollege unserer Firma, der seinerzeit in Bautzen tätig war und pendelte, war so nett und lieferte ihn mir. Zum Dank für die Lieferung wechselte eine Flasche guten Rotweines den Besitzer.
Ich gehe davon aus, dass dieser FE 847A im Jahr 1961 im damaligen VEB RAFENA-Werke Radeberg gebaut wurde. Schaltungstechnisch haben wir es mit einem Intercarrier-TV zu tun. Hier seine technischen Daten aus der rötlichfarbenen Kundendienstanleitung:
Als Besonderheit arbeitet neben einer Verzögerungsdiode eine Taströhre in seiner Schaltung und es gibt bereits eine Germanium-Diode OA 626 als Videodiode:
Der Patriot...
Ich muss bei diesem Namen immer etwas schmunzeln, denn eigentlich kenne ich den Begriff "Patriot" eher nur vom seinerzeit ausgerechnet ärgsten Klassenfeind der DDR, nämlich aus den USA. Selbst Joseph Heller hat ihm in seinem Roman "Catch 22" (in der DDR: "Der IKS-Haken") ein verhohnepiepelndes Denkmal gesetzt, indem er seinem Hauptagonisten, Yossarian, ausrufen lässt, dass es nicht nur am rechten Patriotismus, sondern auch am rechten Matriotismus fehlen lässt...
DDR und "Patriot"? Nee, das passte nicht wirklich. Zu "westlich dekadent".
Die Herkunft des Namens ist unklar, könnte aber ziemlich wahrscheinlich politische Gründe haben. Laut einer Quelle:
"...Informationsbroschüre Heft 1/1960 von RAFENA ... Das Fernsehgerät "Patriot" FE847A geht ab I. Quartal 1960 in die Produktion. Es wurde von den Entwicklungsingenieuren und -konstrukteuren unter breiter Mitwirkung der Arbeiter und Angestellten der RAFENA- Werke geschaffen. Die Idee zum Bau des "Patriot" gab unser stellvertretender Ministerpräsident Walter U l b r i c h t , um ein preiswertes (Endverkaufspreis war in der DDR Festpreis : 1580 DM ), aber leistungsfähiges Fernsehgerät für die Bevölkerung herzustellen..."
Sozusagen ein "Volksfernseher". Aber das ging verständlicherweise schon dreimal nicht.
Zurück zur Technik:
Der Fernseher bewegt sich nicht mehr im gefühlten Kilotonnenbereich, wie weiland der Dürer. Er ist relativ klein, leicht und schon hinsichtlich des Ausbaues des Chassis sehr servicefreundlich. Nach Abnehmen der vorderen Bedienelemente und Abziehen der Anschlüsse für die Ablenkeinheit und der Bildrohranode löst man nur die beiden vorderen Befestigungsschrauben des Chassis (bei Rubens & Dürer lagen sie noch seitlich hinten) und man kann das Chassis fix aus dem Gehäuse extrahieren. Bei der seitlichen Bedieneinheit ist zu beachten: liegt der TV auf der Seite, so sollte man unbedingt beim Lösen der Kunststoffschraube die Bedieneinheit festhalten. Nicht, dass sie sonst auf die Bildröhre knallt.
Der fast neuwertige Zustand zeigt sich auch funktional, was mich sehr freut: Alle Regler arbeiten leichtgängig. Keines der beiden rückseitigen Potis ist fest. Sogar der Netzschalter des Volumereglers funktioniert! Innen ist der Fernseher nur leicht verstaubt und auf Chassis und Tuneroberfläche zeigen sich ein paar Korrosionsspuren, alles nichts Besonderes:
Auch rechts des (hier schon abgenommenen) Zeilentrafo-Käfigs ist nichts Aufregendes zu finden:
Das fast schon zierliche Chassis zeigt sich im Vergleich zu den teilweise eng verdrahteten Drahtverhauen früherer Geräte (Jargon uns' Reparateure alter Gitarrenamps: "Rattennestern") sehr aufgeräumt:
Aber ich sehe: Hier war schon mal jemand drin.
Wenn man ganz genau in meinem anderen Thread zum Patriot hingeschaut hat, nämlich hierhin:
dann sieht man einen mit jetzt einem Pfeil markierten, modernen MKP-Ko lustig hervorlugen. Zu meiner großen Freude sind es dieselben Kondensatoren vom damaligen VEB Kondensatorenwerk Görlitz, die ich auch für Rubens und Dürer verwendet habe! Ich kann sie also überprüfen und ihnen bei korrekter Funktion meine Kondensator-Label verpassen!
Ich erinnere mich: Vor Jahren hatte ich beim Jogi in seiner Röhrenbude mit solchen KO's eine große Sammelbestellung ausgelöst, die an viele Nutzer ging. Vielleicht sind es genau solche Kondensatoren, die aus dieser Aktion heraus ihren Weg in diesen Fernseher gefunden haben.
Der Kaskode-Tuner mit "Echtheitszertifikat" ist unser' guter, alter Bekannter:
Er hat einen neuen Namen bekommen...
...arbeitet aber nach demselben Prinzip wie alle RAFENA-Tuner dieser Bauart. Wie der gesamte Fernseher, ist er jedoch nun mit P-Röhren ausgestattet. Interessant ist, dass offenbar nicht alle P-Röhren aus der DDR kommen, sondern, dass in diesem Fall die damalige VR Polen als "sozialistisches Bruderland" aushelfen mussten: Als Bildgenerator und Bildendstufe arbeitet eine POLAM PLC82 (Rö501):
und als Videoendstufe und Taströhre arbeitet eine TELAM PCL84 (Rö104):
Und bei der Boosterdiode musste sogar eine Röhre des "Klassenfeindes" ran, tz, tz:
Es liegt die Vermutung nahe, dass diverse P-Röhren aus eigener Herstellung zeitweise nicht beschaffbar waren.
Für das Bild sorgt eine dicke, kullerige B43M2 vom damaligen Hersteller VEB WF. Ich mache ein Foto davon, wenn ich das Bildrohr zwecks Reinigung ausbaue. Interessant ist das Abziehbild auf der Ablenkeinheit:
Nanu? Der Ernemannturm vom damaligen VEB Pentacon Dresden? Auch den mit einer DY86 als HV-Diode arbeitenden und noch bestens aussehenden Zeilentrafo ziert dieses Abziehbild:
Interessant, da ich bislang den VEB Pentacon nur mit Fototechnik in Verbindung kannte, aber nie mit Zubehörtechnik für Fernseher. Wurde dieser Betrieb im Rahmen von irgendwelchen Parteibeschlüssen "von oben herab" dazu verdonnert, Zubehör zu liefern? Solange, bis Stassfurt selbst produzierte? Ich weiß es nicht. Spannend!
Was findet man noch Schönes?
Hier sieht man den dicken Kokelwiderstand mit seinen 160 Ohm und 30 Watt, der zusammen mit dem Heißleiter für die Serienheizung der P-Röhren arbeitet und die beiden Netzdrosseln, ihre Enden sind mit Leukoplast fixiert:
Impressionen vom aufgeräumten Inneren des Chassis:
Oben schrieb ich's: Kaskode-Tuner. Beim Rubens habe ich es ausführlich erläutert. Seine Segmente sind folgerichtig weiß gestempelt:
Und zwar alle! D.h. nee, stimmt nicht ganz: Es fehlen die Segmente für zwei Kanäle. Die ansonsten vorbildlich gehaltene Kundendienstanleitung gibt im Gegensatz zu denen von Rembrandt, Rubens, Dürer und Derby keinerlei Auskunft mehr über die Farbe und Nummerierung der in den Tunern der FE 847A vorzufindenden Segmente. Vermutlich ist das Thema "durch" und man darf davon ausgehen, dass sich 1961 CCIR in der DDR endgültig durchgesetzt hat.
Ein zeitgenössisches Kleinod möchte ich Euch nicht vorenthalten:
Jo, dann wird die nächste Aufgabe sein, dass ich mich mit den Kondensatoren beschäftige.
Gruß Michael
Diesen Fernseher habe ich hier schon vorgestellt, als ich sein Netzteil reparierte, so dass er für eine weitere Instandsetzung praktisch "Ready For Takeoff" ist. Er zieht Strom und beginnt, munter vor sich hinzubrummen. Zeit also, sich dem Apparat vollends zu widmen.
Bitte wieder unter der Beachtung der mir zur Verfügung stehenden Zeitfenster, danke!
An dieser Stelle zeige ich nochmal das Foto des Fernsehers:
Kurz etwas zur Vorgeschichte:
Im Jahr 2006 habe ich diesen Patriot aus Bautzen erworben. Sein fast neuwertiges Aussehen in Verbindung mit seinem geringen Preis waren nur zu verlockend. In meiner Kindheit und frühen Jugendzeit war bei einem Kumpel meines damaligen Schulfreundes so ein Patriot das seinerzeit übliche Wohnzimmergerät.
Ein Arbeitskollege unserer Firma, der seinerzeit in Bautzen tätig war und pendelte, war so nett und lieferte ihn mir. Zum Dank für die Lieferung wechselte eine Flasche guten Rotweines den Besitzer.
Ich gehe davon aus, dass dieser FE 847A im Jahr 1961 im damaligen VEB RAFENA-Werke Radeberg gebaut wurde. Schaltungstechnisch haben wir es mit einem Intercarrier-TV zu tun. Hier seine technischen Daten aus der rötlichfarbenen Kundendienstanleitung:
Als Besonderheit arbeitet neben einer Verzögerungsdiode eine Taströhre in seiner Schaltung und es gibt bereits eine Germanium-Diode OA 626 als Videodiode:
Der Patriot...
Ich muss bei diesem Namen immer etwas schmunzeln, denn eigentlich kenne ich den Begriff "Patriot" eher nur vom seinerzeit ausgerechnet ärgsten Klassenfeind der DDR, nämlich aus den USA. Selbst Joseph Heller hat ihm in seinem Roman "Catch 22" (in der DDR: "Der IKS-Haken") ein verhohnepiepelndes Denkmal gesetzt, indem er seinem Hauptagonisten, Yossarian, ausrufen lässt, dass es nicht nur am rechten Patriotismus, sondern auch am rechten Matriotismus fehlen lässt...
DDR und "Patriot"? Nee, das passte nicht wirklich. Zu "westlich dekadent".
Die Herkunft des Namens ist unklar, könnte aber ziemlich wahrscheinlich politische Gründe haben. Laut einer Quelle:
"...Informationsbroschüre Heft 1/1960 von RAFENA ... Das Fernsehgerät "Patriot" FE847A geht ab I. Quartal 1960 in die Produktion. Es wurde von den Entwicklungsingenieuren und -konstrukteuren unter breiter Mitwirkung der Arbeiter und Angestellten der RAFENA- Werke geschaffen. Die Idee zum Bau des "Patriot" gab unser stellvertretender Ministerpräsident Walter U l b r i c h t , um ein preiswertes (Endverkaufspreis war in der DDR Festpreis : 1580 DM ), aber leistungsfähiges Fernsehgerät für die Bevölkerung herzustellen..."
Sozusagen ein "Volksfernseher". Aber das ging verständlicherweise schon dreimal nicht.
Zurück zur Technik:
Der Fernseher bewegt sich nicht mehr im gefühlten Kilotonnenbereich, wie weiland der Dürer. Er ist relativ klein, leicht und schon hinsichtlich des Ausbaues des Chassis sehr servicefreundlich. Nach Abnehmen der vorderen Bedienelemente und Abziehen der Anschlüsse für die Ablenkeinheit und der Bildrohranode löst man nur die beiden vorderen Befestigungsschrauben des Chassis (bei Rubens & Dürer lagen sie noch seitlich hinten) und man kann das Chassis fix aus dem Gehäuse extrahieren. Bei der seitlichen Bedieneinheit ist zu beachten: liegt der TV auf der Seite, so sollte man unbedingt beim Lösen der Kunststoffschraube die Bedieneinheit festhalten. Nicht, dass sie sonst auf die Bildröhre knallt.
Der fast neuwertige Zustand zeigt sich auch funktional, was mich sehr freut: Alle Regler arbeiten leichtgängig. Keines der beiden rückseitigen Potis ist fest. Sogar der Netzschalter des Volumereglers funktioniert! Innen ist der Fernseher nur leicht verstaubt und auf Chassis und Tuneroberfläche zeigen sich ein paar Korrosionsspuren, alles nichts Besonderes:
Auch rechts des (hier schon abgenommenen) Zeilentrafo-Käfigs ist nichts Aufregendes zu finden:
Das fast schon zierliche Chassis zeigt sich im Vergleich zu den teilweise eng verdrahteten Drahtverhauen früherer Geräte (Jargon uns' Reparateure alter Gitarrenamps: "Rattennestern") sehr aufgeräumt:
Aber ich sehe: Hier war schon mal jemand drin.
Wenn man ganz genau in meinem anderen Thread zum Patriot hingeschaut hat, nämlich hierhin:
dann sieht man einen mit jetzt einem Pfeil markierten, modernen MKP-Ko lustig hervorlugen. Zu meiner großen Freude sind es dieselben Kondensatoren vom damaligen VEB Kondensatorenwerk Görlitz, die ich auch für Rubens und Dürer verwendet habe! Ich kann sie also überprüfen und ihnen bei korrekter Funktion meine Kondensator-Label verpassen!
Ich erinnere mich: Vor Jahren hatte ich beim Jogi in seiner Röhrenbude mit solchen KO's eine große Sammelbestellung ausgelöst, die an viele Nutzer ging. Vielleicht sind es genau solche Kondensatoren, die aus dieser Aktion heraus ihren Weg in diesen Fernseher gefunden haben.
Der Kaskode-Tuner mit "Echtheitszertifikat" ist unser' guter, alter Bekannter:
Er hat einen neuen Namen bekommen...
...arbeitet aber nach demselben Prinzip wie alle RAFENA-Tuner dieser Bauart. Wie der gesamte Fernseher, ist er jedoch nun mit P-Röhren ausgestattet. Interessant ist, dass offenbar nicht alle P-Röhren aus der DDR kommen, sondern, dass in diesem Fall die damalige VR Polen als "sozialistisches Bruderland" aushelfen mussten: Als Bildgenerator und Bildendstufe arbeitet eine POLAM PLC82 (Rö501):
und als Videoendstufe und Taströhre arbeitet eine TELAM PCL84 (Rö104):
Und bei der Boosterdiode musste sogar eine Röhre des "Klassenfeindes" ran, tz, tz:
Es liegt die Vermutung nahe, dass diverse P-Röhren aus eigener Herstellung zeitweise nicht beschaffbar waren.
Für das Bild sorgt eine dicke, kullerige B43M2 vom damaligen Hersteller VEB WF. Ich mache ein Foto davon, wenn ich das Bildrohr zwecks Reinigung ausbaue. Interessant ist das Abziehbild auf der Ablenkeinheit:
Nanu? Der Ernemannturm vom damaligen VEB Pentacon Dresden? Auch den mit einer DY86 als HV-Diode arbeitenden und noch bestens aussehenden Zeilentrafo ziert dieses Abziehbild:
Interessant, da ich bislang den VEB Pentacon nur mit Fototechnik in Verbindung kannte, aber nie mit Zubehörtechnik für Fernseher. Wurde dieser Betrieb im Rahmen von irgendwelchen Parteibeschlüssen "von oben herab" dazu verdonnert, Zubehör zu liefern? Solange, bis Stassfurt selbst produzierte? Ich weiß es nicht. Spannend!
Was findet man noch Schönes?
Hier sieht man den dicken Kokelwiderstand mit seinen 160 Ohm und 30 Watt, der zusammen mit dem Heißleiter für die Serienheizung der P-Röhren arbeitet und die beiden Netzdrosseln, ihre Enden sind mit Leukoplast fixiert:
Impressionen vom aufgeräumten Inneren des Chassis:
Oben schrieb ich's: Kaskode-Tuner. Beim Rubens habe ich es ausführlich erläutert. Seine Segmente sind folgerichtig weiß gestempelt:
Und zwar alle! D.h. nee, stimmt nicht ganz: Es fehlen die Segmente für zwei Kanäle. Die ansonsten vorbildlich gehaltene Kundendienstanleitung gibt im Gegensatz zu denen von Rembrandt, Rubens, Dürer und Derby keinerlei Auskunft mehr über die Farbe und Nummerierung der in den Tunern der FE 847A vorzufindenden Segmente. Vermutlich ist das Thema "durch" und man darf davon ausgehen, dass sich 1961 CCIR in der DDR endgültig durchgesetzt hat.
Ein zeitgenössisches Kleinod möchte ich Euch nicht vorenthalten:
Jo, dann wird die nächste Aufgabe sein, dass ich mich mit den Kondensatoren beschäftige.
Gruß Michael
Gruß Michael
Penthode?
Penthode?