12.01.2022, 19:13
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 22.01.2022, 17:29 von Wilhelm †.
Bearbeitungsgrund: Leerzeilen gelöscht, Videolink eingefügt
)
B57.jpg (Größe: 153,94 KB / Downloads: 388)
Am 8. Mai 1945 war der Krieg für Deutschland endlich vorbei. Deutschland kapitulierte bedingungslos.
Als Ergebnis von 12 Jahren und 4 Monaten Nationalsozialismus in Deutschland mußten Millionen Menschen
dafür sterben, das Land wurde ins Mittelalter zurückgeworfen und von den Alliierten in vier Teile
aufgeteilt. Der Westen mit dem Saarland fiel an Frankreich, der Norden an England, der Osten an die Sowjets
und der Rest an die USA.
In den ersten Jahren gab es verständlicher Weise weder Rundfunk noch Fernsehen, die Menschen versuchten
einfach zu überleben. Die Lebensmittel waren rationiert, es gab sie nur auf Lebensmittelmarken und das beliebteste
Zahlungsmittel waren Zigaretten (besonders bekannt Pall Mall und Lucky Strike). Der Schwarzmarkt blühte, die
Städter fuhren aufs Land um Lebensmittel einzutauschen und einige Bauern aßen nun mit silbernem Besteck, das sie
für einige Kilogramm Kartoffeln und ein paar Eier eingetauscht hatten.
B68.JPG (Größe: 193,28 KB / Downloads: 389)
Lebensmittelmarken 1950
Es gab aber auch Gewinner in dieser kargen Zeit. Fabrikanten, die Materialbestände vor der Beschlagnahmung
gerettet und verborgen hatten, waren plötzlich reicher als vorher und konnten damit neu starten. Das gehortete
Material war wegen dem allgemeinen Mangel um ein vielfaches wertvoller geworden. Davon aber später mehr.
Nach wie vor war den Deutschen jede Sendetätigkeit verboten. Aber die Besatzer wussten natürlich von der
Macht und den Möglichkeiten von Rundfunk und Fernsehen und wurden sehr schnell aktiv.
Bereits ab Mai 1945 (in diesem Monat ging der Krieg zu Ende) errichteten die Amerikaner in München, Frankfurt a.M.,
Stuttgart und Bremen dezentrale Sendeanlagen. Die Engländer errichteten im September eine Sendeanstalt in Hamburg,
die Sowjets eröffneten am 13. Mai 1945 den Berliner Rundfunk und die Franzosen im März 1946 eine Sendeanstalt in
Baden Baden.
Dazu kamen natürlich noch der weltweit verbreitete und sehr beliebte amerikanische Soldatensender "American Forces
Network" (AFN) und der englische Soldatensender "British Forces Broadcasting Service" (BFBS).
Nachdem die Sowjets den westlichen Besatzern den Zugang zu dem von ihnen besetzten Haus des Rundfunks, Berlin
Masurenallee verweigerten, richteten die Engländer das NWDR-Studio Berlin ein, das als Vorläufer des "Sender Freies Berlin"
gilt. In Berlin Schöneberg wurde von den Amerikanern der "Drahtfunk im Amerikanischen Sektor" (DIAS) geschaffen.
Nach kurzer Zeit wurde er umbenannt in "Rundfunk im Amerikanischen Sektor" (RIAS).
B70.jpg (Größe: 105,73 KB / Downloads: 386)
B69.JPG (Größe: 116,3 KB / Downloads: 388)
Sender RIAS Berlin in Schöneberg Werbeblatt von DIAS 1946
In den westlichen Besatzungszonen kam wieder Aufbruchstimmung unter den Deutschen auf. Es wurden wieder die
Ärmel hochgekrempelt und neue Strukturen wurden geschaffen.
Das Jahr 1949 wurde zum Geburtsjahr der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und der Deutschen Demokratischen
Republik (DDR). Es wurden zwei Staaten geschaffen, die sich jedoch gegenseitig nicht akzeptierten. Demzufolge
verlief auch die Entwicklung der Fernsehsysteme verschieden.
Nachdem die BRD gegründet war, war auch Funk und Fernsehen wieder in deutscher Hand. Es gründeten sich
Landes-Rundfunkgesellschaften und es wurde wieder überall gesendet und gehört.
Im Juni 1950 schlossen sich die Landes-Rundfunkgesellschaften zusammen und gründeten die "Arbeitsgemeinschaft
der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten" (ARD). In den kommenden Jahren wurde der öffentlich-rechtliche
Rundfunk deutlich erweitert:
1953 Gründung der "Deutschen Welle"
1954 Beginn des Sendebetriebs des "Sender Freies Berlin"
1956 Der Nordwestdeutsche Rundfunk (NWDR) wird in NDR und WDR aufgeteilt
1959 Gründung des "Saarländischen Rundfunks" (SR)
B71.png (Größe: 58,89 KB / Downloads: 383)
Logo der ARD von 1950
Für das Fernsehen ging es auch gut voran. Der NWDR sendete bereits ab Mitte 1950 versuchsweise. In Westdeutschland
wurde in der Fernsehnorm von 1948 mit 625 Zeilen und 50 Halbbildern (50Hz) gesendet (hat heute noch Bestand).
Das erste regelmäßige Fernsehprogramm nach dem Krieg wurde im Herbst 1951 von dem Werkssender der
Grundig-Werke Fürth gesendet.
Am 25. Dezember 1952 wurde vom NWDR-Fernsehen der offizielle Sendebetrieb aufgenommen. Es war geschafft!
Ab Dezember wurden täglich ab 20 Uhr drei Stunden Fernsehprogramm ausgestrahlt.
Ebenfalls 1952 begannen auch in der DDR erste Fernsehausstrahlungen. Der offizielle Beginn war dann 1956 mit
dem Start des "Deutschen Fernsehfunks" (DFF).
Redaktionelle Anmerkung:
Die nächste Folge dieser Abhandlung wird sich ausschließlich mit dem Fernsehen in der DDR befassen.
Eine ledigliche Erwähnung in einer anderen Folge würde die Bedeutung dieser Entwicklung mindern.
Die älteste und bis heute bestehende Sendung ist die Tagesschau der ARD. Sie wurde und wird aus Hamburg
gesendet. Die erste Sendung war 1952.
Tagesschau Intro von 1952
Die Popularität des Fernsehens wuchs stark durch übertragene Ereignisse wie die Krönung der Britischen Königin
Elisabeth II. am 2. Juni 1953 und der Fußballweltmeisterschaft 1954 in der Schweiz.
B72.jpg (Größe: 84,06 KB / Downloads: 384)
Krönung Elisabeth II.
An dieser Stelle war ein YT-Video mit der TV-Übertragung der BBC von der Krönung der Queen Elisabeth II. im
Jahr 1953 vorgesehen. Leider oder zu eurem Glück lässt der Editor nur zwei Videos pro Artikel zu. Das Video
dauerte knappe drei Stunden und enthielt jeden royalen Schritt. Wer es trotzdem sehen möchte - vielleicht
wegen der britischen Kameratechnik - findet es bei YouTube:
https://www.youtube.com/watch?v=52NTjasbmgw
B73.jpg (Größe: 132,65 KB / Downloads: 382)
Deutschland Fußballweltmeister 1954
Originalaufnahmen vom Endspiel Ungarn : Deutschland 1954 in Bern
(dauert leider nur 3 Minuten...)
Nachdem das Fernsehen Fahrt aufgenommen hatte, mußten auch entsprechende Empfangsgeräte zur Verfügung stehen.
Der mittelfränkische Unternehmer Max Grundig, der nach dem Krieg die Chance genutzt hatte und eine Produktion von
Rundfunkgeräten erfolgreich gestartet hatte, zeigte unternehmerischen Mut und Weitsicht und stellte die ersten 95 Fern-
sehempfänger her.
Nachdem ihm die aus den Händen gerissen wurden, legte er eine Serie von mehr als 500 Stück auf. Trotz des stolzen
Preises von 1.800 DM gingen diese weg wie warme Semmeln. Das war der Beginn eines gigantischen Marktes. der Beginn
des Grundig-Imperiums und ein Riesenerfolg für das Deutsche Fernsehen.
B75.jpg (Größe: 131,04 KB / Downloads: 378)
Grundig Zauberspiegel 1956/57
Foto Radiomuseum Luzern
Weiter Hersteller folgten dem Beispiel Grundigs, weitere Sender kamen auf und der Sendeumfang wurde immer größer.
Dem Beispiel Max Grundigs folgten weitere Hersteller und parallel mit dem "deutschen Wirtschaftswunder" wuchs das
Deutsche Fernsehen zum Massenmedium.
1957 waren in Westdeutschland bereits mehr als 1 Million Fernsehgeräte in den Haushalten.
Die damalige Regierung unter Bundeskanzler Konrad Adenauer beanspruchte Kompetenzen an Rundfunk und Fernsehen,
die jedoch mit dem Grundgesetz nicht vereinbar waren. Im Dezember 1960 entschied das Bundesverfassungsgericht, daß vorerst
nur das Programm der ARD ausgestrahlt werden durfte. Abhilfe in diesem Streit wurde damit geschaffen, daß das "Zweite Deutsche
Fernsehen" (ZDF) gegründet wurde. Es nahm am 1. April 1963 den Sendebetrieb auf. Im Volksmund wurde es zu Anfang
"Adenauer-Fernsehen "genannt.
B76.png (Größe: 12,67 KB / Downloads: 353)
Logo des ZDF
Durch das Fernsehen setzte in den 1960er Jahren ein Kinosterben ein, was sich sogar später noch beschleunigte.
Im Januar 1963 stellte der Elektrotechniker Walter Bruch das PAL-Verfahren für das Farbfernsehen vor.
Eine neue Ära stand bevor.
B77.jpg (Größe: 53,5 KB / Downloads: 375)
Walter Bruch (1908 - 1990)
Damit wird diese Folge geschlossen und das Thema später mit
Das Deutsche Fernsehen - In der DDR
fortgesetzt.
Danksagung, Quellen und Anmerkung
Vielen Dank für Informationen und Bilder/Videos aus Wikipedia, YouTube, dem Archiv für das Post- und
Fernmeldewesen, dem Deutschen Fernsehmuseum professionell, Dipl. Ing. Göbel, dem Industriesalon
Berlin-Schöneweide, der Foundation for German communications and related technologies, der Berliner
Feuerwehr und dem Radiomuseum Luzern.
Die Bilder wurden, soweit nicht anders gekennzeichnet, Wikipedia entnommen. Lizenzierte Abbildungen
wurden nicht verwendet.
Der Verfasser, würde sich freuen, wenn die Abhandlung Anklang und ggf. Zustimmung findet,
ist aber auch für konstruktive Kritik jederzeit offen.
Wilhelm
Niemandes Herr, Niemandes Knecht,
so ist es gut, so ist es recht
von Fallersleben
so ist es gut, so ist es recht
von Fallersleben