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Überprüfung einer Philips Philetta B2D53A
#1
Hallo zusammen,

im folgenden möchte ich mein vorgehen bei einer Geräteüberprüfung bzw. Reparatur aufzeigen.

Ich beschreibe hier, wie ich dabei vorgehe!
Es soll dieser Bericht keine Reparaturanleitung werden.

Hier das Objekt zur Überprüfung:
   

Das Gerät hat mir ein Bastlerfreund mit der Bitte um Überprüfung und ggf. Reparatur gegeben.
Bei diesem Gerät handelt es sich um ein Gerät im Kunststoffgehäuse mit aufgedrucktem Holzdekor.
Wie deutlich zu sehen ist, hat dieses Dekor schon sehr gelitten.

Meine Vorgehensweise:

1. Schaltpläne besorgen
Schaltpläne finden sich in vielen Fällen bei rm.org, oder es wird hier von den Kollegen geholfen.
Dabei feststellen, ob im Gerät Kondensatoren verbaut sind, welche Netzspannung oder Anodenspannung an das Chassis legen können.
Das war im vorliegenden Fall nicht gegeben.

2. Abnehmen der Rückwand und erste Sichtprüfung
Das Gerät ist im inneren sehr sauber, offensichtlich verschmorte oder sonst beschädigte Bauteile waren nicht zu entdecken.

3. Überprüfen der Netzsicherung auf korrekten Wert, Durchgangsmessung der Netzleitung bei eingeschaltetem Gerät
Hier wurde ich schon fündig!
Die Netzsicherung wurde mal durch eine mittelträge 0,315A Sicherung ersetzt, Sollwert lt. Schaltplan T0,2A
Bei eingeschaltetem Gerät (ohne Netzspannung!!) war Durchgang der beiden Netzpole zueinander zu messen, also keine Kontaktprobleme an Netzschalter, Sicherungshalter oder Netzspannungswähler.

4. Röhren entnehmen und Chassis ausbauen
Bei diesem Gerät eher anders herum, da bei eingebautem Chassis an die ECC85 und die ECH81 kaum heran zu kommen ist!

5. Isolationsprüfung des Netztrafo
Dazu müssen, wenn auch die Sekundärseite (Anodenwicklung) geprüft werden soll, die Zuleitungen zum Gleichrichter abgelötet werden, dies entfällt beim Einsatz einer Gleichrichterröhre.
Isolationswiderstände messe ich hiermit:
   
Messpunkte (bei einer Prüfspannung von 500V) sind dann:
- Primärwicklung zu Chassis
- Primär- zu Sekundärwicklung (Anodenwicklung)
- Sekundärwicklung(Anodenwicklung) zu Chassis
- Anodenwicklung zu Heizwicklung

Da die Heizwicklung meist einpolig an des Chassis gelegt ist, ergibt sich das Ergebnis gewissermaßen automatisch, d.h. wenn von der Anodenwicklung gegen das Chassis kein Isolationsfehler ermittelt werden kann, dann ist auch die Isolation zur Heizwicklung in Ordnung!

Bei diesem Gerät hatte ich an allen Messpunkten einen Isolationswiderstand von > 4 Gigaohm.
4 Gigaohm sind die Nachweisgrenze des Messgerätes.

6. Röhrenprüfung
Im nächsten Schritt überprüfe ich die Röhren, in meinem Fall mit dem µTracer.
Bei diesem Gerät hat die ECL86 im Pentodensystem einen Feinschluss von etwa 25 Megaohm zwischen Steuer- und Schirmgitter, alle anderen Röhren waren bezüglich Elektrodenschlüssen unauffällig.
Alle Röhren zeigen neuwertige Emissionswerte, einziger 'Ausreißer' ist mit 69% Emission das Triodensystem der ECL86.

7. Überprüfung auf ggf. zu tauschende Bauteile
Bei diesem Gerät waren auf Grund des Baujahrs keine kritischen Kondensatoren verbaut, so dass hier nicht eingeschritten werden musste.

8. Erste Funktionsprüfung am Trenntrafo, ggf. unter Verwendung einer Vorschaltlampe
Da mein Bastlerfreund das Gerät vorab in Betrieb genommen hatte, habe ich auf die Verwendung einer Vorschaltlampe verzichtet.
Ich habe ihn zwar schon des öfteren auf die damit verbundenen Gefahren hingewiesen, aber er ist diesbezüglich ziemlich Schmerzfrei.
Bei Geräten unbekannten Zustands mache ich das nicht!
Ab etwa 190V begann das Gerät zu spielen.

9. Probelauf bei Nennbetriebsspannung
An die erste Funktionsprüfung schließt sich ein Probelauf bei Nennbetriebsspannung an.
Da im Gerät eine ECL86 verbaut ist, habe ich dabei deren Kathodenspannung überwacht.
Im Schaltplan ist der Sollwert mit 4,5V angegeben, hier hat sich nach anfänglichem Hochlaufen dann ein stabiler Wert von 4,95V eingestellt.
Ich denke, dass das toleriert werden kann.
Möglicherweise ist das vom Feinschluss G1 -> G2 verursacht.

10. Zusammenbau und Messung der Leistungsaufnahme
Nach dem Zusammenbau habe ich noch die Leistungsaufnahme direkt am Netzanschluss, also ohne Trenntrafo, gemessen.
Für das behandelte Gerät ergaben sich hier 30 Watt bzw. 33 VA, Sollwert lt. Rückwandaufdruck max. 35 Watt.

Als aktuell verbliebener 'Restfehler' bleibt die Nichtfunktion der Skalenbeleuchtung, ich habe momentan keine Kugellampen 6,3V 0,1A vorrätig.


Viele Grüße

Martin
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#2
Hallo Martin und alle Mitleser,

danke für diesen Bericht. Ich gehe prinzipiell genau so vor. Einzig die Isolationsprüfung habe ich noch nie gemacht. Dein Messgerät ist wahrlich kein Schnäppchen… 

Gibt es Erfahrungen zum Thema Messgeräte für die Isolationstestung? Ich habe mal geschaut und das VC60B(+) gefunden. Nun will ich mir nicht vorstellen, dass der Preisunterschied zum vorgestellten Gerät unwichtig ist…

Eine Anmerkung zu Punkt 3 habe ich auch noch: Das Öffnen des Netzsteckers (falls möglich) liefert in mindestens der Hälfte aller Fälle besorgniserregende Ergebnisse. Die Litze ist lediglich verdrillt, häufig sind die Schrauben locker oder (das hatte ich auch schon) ist ein Kabel mangels guter Zugentlastung herausgezogen. 
Eine 315 mA-Sicherung statt der korrekten 200er ist fast schon ein Witz gegen so manche „Gewaltkonstruktion“ aus dickem Kupferdraht o. ä.  KopfWand

Ich wünsche allen einen guten Rutsch in das neue „Radio-Bastel-Jahr“ 2022!
Es genügt nicht keinen Gedanken zu haben: man muß ihn auch ausdrücken können. (Karl Kraus)
—-
Viele Grüße!
Shy Steffen
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#3
Hallo Martin,

danke für die Beschreibung der Vorgehensweise vor (während) der Inbetriebnahme eines Radios. Vor allem hat mich das Thema Iso-Prüfung des Netztrafos aufmerksam gemacht. Finde ich richtig gut. Gibt es eigentlich Vorgaben für die Iso-Werte bezüglich Spannungsfestigkeit?
Grüße

Andy

Was wir wissen, ist ein Tropfen, was wir nicht wissen, ein Ozean.

Zitat von Sir Isaac Newton
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#4
(31.12.2021, 09:39)paulierwitte schrieb: Gibt es Erfahrungen zum Thema Messgeräte für die Isolationstestung? Ich habe mal geschaut und das VC60B(+) gefunden. Nun will ich mir nicht vorstellen, dass der Preisunterschied zum vorgestellten Gerät unwichtig ist.

Ohne den Preis zu kennen: Ich nutze DIESES.
Das war ursprünglich bestimmt teurer, ist heute aber mit ein wenig Glück günstig zu bekommen+reparieren. Mir hat es immer gereicht.
Gruß,
Uli
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#5
Hallo zusammen,

den Isolationstest beschreibt Olli vom Youtube-Kanal 'Ollis Tubes', dabei benutzt er das von Uli gezeigte Gerät.

Die Vorgabe für die Isolation eines z.B. Netztrafos ist > 2 Megaohm bei einer Prüfspannung von 500VDC

In diesem Beitrag: https://youtu.be/RRgpHdYmrWM
wird ab etwa Minute 7:30 beschrieben, wie er die Prüfung durchführt, im weiteren wird dann auch noch auf Schutzarten sowie Prüfspannungen, Mindestisolationswiderstände usw. eingegangen.

Rein vom Messbereich sollte das genannte VC60B+ auch gehen, es kann lt. Geräteaufschrift 200 Megaohm bei 500V Prüfspannung.


Viele Grüße

Martin
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#6
(31.12.2021, 02:03)Radiobastler schrieb: Hallo zusammen, im folgenden möchte ich mein Vorgehen bei einer Geräteüberprüfung bzw. Reparatur aufzeigen.
Ich beschreibe hier, wie ich dabei vorgehe!
Es soll dieser Bericht keine Reparaturanleitung werden.

Prima Bericht Martin! Ich kann mir diesen Bericht durchaus als Kurzanleitung und Beispiel in unseren Sicherheitshinweisen vorstellen! Ergänzungen als Ratschläge zur Sicherheit sind gern gesehen, falls aus fachlicher Sicht Solche sinnvoll zu ergänzen wären.

(31.12.2021, 17:37)Uli schrieb: Ohne den Preis zu kennen: Ich nutze DIESES.

Sollte gebraucht so um die 50 Euronen zu bekommen sein. Nur mal so, um eine Preismarke zu nennen.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#7
Hallo zusammen,

erstmal ein großes Lob an Martin für seinen sehr gut strukturierte Beschreibung. Hat mir sehr gut gefallen.
Und vlt. sollte ich mir einen Röhrentester kaufen, der schneller zu bedienen ist, als mein Zusammenschluss von einstellbaren DC-Quellen und einem Haufen Multimeter.

Zu dem Punkt mit dem Isolationsmessgerät: Ich nutze aktuell ein Kurbelinduktor. Der erzeugt auch eine Spannung im Bereich von 500 bis 700 V, etwas abhängig wie schnell man eben kurbelt.
Damit lassen sich Widerstände bis ca. 50 MOhm nachvollziehbar messen. Danach kommt auf der Skala noch 100 MOhm und unendlich MOhm. Hier sind die Skalenstriche aber so nah beisammen, dass man das nicht wirklich als Messen bezeichnen kann.
Aber die grundsätzlichen Isolationseigenschaften lassen sich damit auf jeden Fall besser überprüfen als es garnicht zu tun. Manchmal bekommt man einen für echt kleines Geld. Aber wenn man etwas mehr investieren möchte oder ein richtiges Messgerät haben möchte, dann sind die vorgeschlagenen Alternativen zu bevorzugen.
Dafür ist so ein Kurbelinduktor praktisch unzerstörbar.

Viele Grüße

Raphael
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#8
Hallo RBF-Leser

ein herzliches Prosit 2022.
Bezüglich Isolationsmessgerät: Für Bastler gibt es den Bausatz Isotest 6a. Das Isotest 6 wurde erstmals 2005 im RM.org https://www.radiomuseum.org/forum/bausat...est_6.html als Bausatz aufgelegt. Auf Grund von vielen Anfragen hat Herr Heinrich Stummer 2018 den Bausatz Isotest 6a https://www.saintummers.at/bau/isotest.html neu aufgelegt.
Messbereich 0 - 200MOhm, Prüfspannung stufenlos von 20 - 500V.

MfG. Gerhard
Warum hat die Röhre einen Sockel und keine Fassung?
Hätte die Röhre eine Fassung statt des Sockels, könnte man sie nicht mehr umsockeln sondern nur mehr umfassen.
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#9
Hallo Martin,
kann mich den bisherigen Kommentaren nur anschließen, gute, strukturierte Vorgehensweise, habe mir diese bereits ausgedruckt.
Ich konnte glücklicherweise einen Rohde&Schwarz UHP Hochspannungsprüfer über ebay erwerben. War zwar nicht funktionsfähig aber leicht wieder in Ordnung zu bringen, da im Gerät nur passive Bauteile (R's und C's) verbaut sind die leicht auszutauschen sind.
Die Hochspannungsbuchse habe ich neu konstruiert und mein Schwiegersohn hat Sie auf seinem 3D-Drucker ausgedruckt.

Liebe Grüße,
Thomas
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#10
Hallo zusammen,

zunächst danke an alle für das positive Feedback zum Artikel!

Ich arbeite gerade an einem Artikel zum µTracer.
Arbeitstitel: Was ist das? Was kann er, was kann er nicht.

Wird aber ein wenig dauern, bis ich damit fertig bin.

@Anton: Wenn Du den Artikel bei der Serie 'Sicherheit' anhängen möchtest, tu das gerne.


Viele Grüße und noch ein gutes neues Jahr 2022

Martin
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#11
(01.01.2022, 19:58)Radiobastler schrieb: @Anton: Wenn Du den Artikel bei der Serie 'Sicherheit' anhängen möchtest, tu das gerne.

Ein Mann, ein Wort, bzw. beim Wort genommen:

https://radio-bastler.de/forum/showthrea...#pid216005

Martin, magst Du Dir Deinen Bericht im Bereich Sicherheit nochmal aufmerksam durchlesen. Ich habe ihn ein bischen modifiziert für den Bereich. Bitte schau mal, ober inhaltlich noch Alles richtig ist, danke Smiley53
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#12
Hallo Euch,

finde den Beitrag auch gut. Die Prüfung des Trafos habe ich so noch nie gesehen und auch nicht gemacht. Ich denke das Gerätchen wird dazu auch dienlich sein:

   

Gruß
Wolfgang
"Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren."
Benjamin Franklin
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#13
Hi Martin, die erhöhte Kathodenspannung der Endröhre ist wegen Gitteremission. Man kann ggf. den Gitterableitwiderstand verringern.

Fein, wenn ihr den Trafo prüft, aber eigentlich müsste er Schutzklasse II sein / aushalten. Weil es keinen Schukoanschluss hat. Das erfordert nach IEC Prüfspannung 3kV AC 50Hz 1 min zwischen berührbaren Teilen und Netz.

LG Ulf
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#14
(02.02.2022, 02:58)Ulf-Bastel schrieb: ... Prüfspannung 3kV AC 50Hz 1 min zwischen berührbaren Teilen und Netz.

Hallo Ulf, was meinst du mit berührbaren Teilen?

Gruß
Wolfgang
"Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren."
Benjamin Franklin
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#15
Hallo Ulf,

dann schau' Dir mal den verlinkten Youtube-Beitrag an!

Olli zeigt dort sogar die einschlägigen Vorschriften.

Von dort habe ich die 500V Prüfspannung.


Viele Grüße

Martin
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