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Reparatur Reflekta II
#1
Servus Freunde der analogen Photographie,

ich danke an dieser Stelle ganz herzlich Vagabund für seinen Thread über seine Rolleiflex.
Denn Philipp teilte mir darin nicht nur rein zufällig endlich den Namen meiner Kiste mit, sondern er fixte mich mit seinen Fotos seiner Rolleiflex sowas von an, so dass ich mir, nachdenklich geworden, sofort eine zweite Reflekta II zulegte.

Warum?

Nun, meiner Reflekta II fehlt das Typenschild:

   

Und außerdem funktionierte sie nicht mehr. Ihr Filmtransportknopf lässt sich nicht mehr bewegen, der Entfernungseinsteller sitzt bombenfest und ihr Verschluß war gespannt, aber nicht auslösbar.

Getreu Moschtis Motto, sinngemäß sich eine Arbeit auszusuchen, die einem Spaß macht, kam meine Vitrinen-Reflekta II auf den Werkstatt-Tisch. Der erste der zu reparierenden Gitarrenamps geht morgen zum Kunden zurück, der Werkstatt-Tisch ist also grad frei. Der nächste Amp kann warten und mein Fernseher Patriot ebenfalls. Rennt mir alles nicht weg. Ist schließlich nur Hobby und Hobby ist das was, was Spaß macht und Philip hat mich zurückversetzt in meine aktive Foto-Zeit.

Vagabund hat also Schuld. Und überhaupt.  Smile

Hier meine erworbene Reflekta II (man beachte das Gütezeichen unter dem Ernemann-Turm):

   

Bei ihr funktionieren der Filmaufzug, der Auslöser und der Verschluss (der allerdings bei Zeiten >1/2 Sekunde hängt). Ebenso wie bei der Reflekta II aus der Vitrine lässt sich die Blende einstellen. Der Hebel für die Entfernungseinstellung sitzt ebenfalls schusssicher fest, da geht nichts. Offenbar hat vorher jemand schon versucht, mit grober Gewalt ranzugehen, der Hebel ist leicht verbogen, was jedoch kein Problem darstellt, denn das kann man vorsichtig wieder gerade biegen.

Ich erspare mir alles weitere Technische und den gesellschaftlichen Kontext, in dem diese Kameras entstanden sind. Wer mag, der googelt und es finden sich viele Abhandlungen zur Reflekta II, stellvertretend für viele zum Beispiel diese hier. Auch zu den verschiedenen Verschlüssen (Prontor, Cludor, Vebur, Velax, etc.) und ihren zugehörigen Objektiven darf man sich bei Interesse gern selbst belesen. Meine beiden Reflektas haben einen Vebur-Verschluss zusammen mit einem Objektiv Pololyt 3,5/75 vom damaligen VEB Rathenower Optische Werke. Beim Kauf der zweiten Reflekta II habe ich drauf geachtet, eine Kamera mit der gleichen Verschluss-/Objektivkombination zu bekommen.

So. Alles geklärt, es geht los. Ich möchte als erstes die fest sitzende Entfernungseinstellung wieder gangbar machen.

Halt, noch eines: Die zweite Kamera wird meine "richtige" werden. Die Vitrinen-Kamera dient mir als Schraub-, Lehr- und Anschauungsobjekt zum Üben. Sollte bei der zweiten Kamera was defekt sein, dann dient mir die Vitrinen-Reflekta II als Ersatzteilspender (sofern nicht die gleichen Teile im Eimer sind). Und komme ich nicht weiter, zum Beispiel bei der Verschlußmechanik, dann geht im schlimmsten Fall nur die der Vitrinen-Kamera entzwei und an die der anderen Kamera gehe ich dann so ohne Weiteres nicht mehr ran, bis ich fachkundige Hilfe kriege.

So, jetzt aber.

Eine solche Blechkamera auseinander zu nehmen, ist relativ einfach, wenn man mit Bedacht zur Sache geht. Philipp, danke für Deine wertvollen Hinweise! Im Web gibt es wohl hie und da einige wenige Beschreibungen dazu, die finde ich etwas dürftig.

Mein Arbeitsplatz sieht so aus:

   

Gutes Uhrmacherwerkzeug und eine Pinzette sind angezeigt. Als Unterlage benutze ich einen Lautsprecher-Bespannstoff für Marshall-Gitarrenboxen. Dieses papierähnliche und sehr feste Material ist nicht fasernd und aufgrund der groben Maschen bestens geeignet, die winzigen Schräubchen nicht davonkullern zu lassen, wenn eine doch mal vorwitzig aus der Pinzette flutscht.

Man schraubt die vordere Chromblende mit der Entfernungsskala ab. Dann sind am Lichtschacht rechts und links seitlich jeweils zwei Schräubchen zu lösen und der Lichtschacht lässt sich bequem nach vorn herauskippen. Interessantes Detail: Der Lichtschacht meiner Vitrinen-Reflekta II hat glattes Blech, während der Lichtschacht der gekauften Reflekta II ein Blech hat, welches mit einer Art Kräusellack versehen ist. Auch das Gehäuse ist im Gegensatz zum glatt Lackierten der Vitrinen-Kamera mit diesem Lack versehen. Sieht gut aus! Im Lichtschacht findet man übrigens den für Damals typischen Sportsucher und eine Lupe. Die Lupe der gekauften Kamera ist defekt, aber hier kann man möglicherweise eben aus zweien eine machen.

Vier seitliche Schräubchen an den Gehäuseecken sind zu lösen, dann kann man den Deckel u.U. mit Hilfe einer Schraubenzieherklinge (beherztes Drücken und Drehen hat bei mir genügt, es gibt keine Kratzer im lackierten Blech) abheben. Vorher ist das Sucherobjektiv abzuschrauben (auf dem Foto links oben zu sehen).

Der Deckel (auf dem Foto mittig unter dem Lichtschacht) geht mit etwas Ächzen und Würgen ab. Es verbiegt sich nichts, es geht nichts kaputt, man muss nur etwas drehen und fummeln. Elegant ist das allerdings nicht oder ich stelle mich hier zu blöd an. Philipp, hast Du eine Idee für eine elegante oder gar korrekte Lösung?

Ist der Deckel ab, dann sieht man die Technik vor sich: Auslösemechanik, Objektiv für das Bild unten und (hier bereits abgeschraubtes) Sucherobjektiv oben:

   

Ein beherztes Umdrehen des Gehäuses: Man findet vier schwarz mattierte Schräubchen rund um das Schneckengetriebe des Bildobjektivs. Ab dafür und man kann nun die komplette Mimik abnehmen, die da beinhaltet: Objektiv fürs Bild mit dem davor befestigten Verschluss mit der innenliegenden Blende. Das obere Objektiv ist abgeschraubt:

   

   

Gut ist jetzt auch das festgebackene Schneckengetriebe mit seinem Verstellhebel zu sehen. Zur Funktion und seinen Bedienelementen schreibe ich später was. Jetzt ist erst einmal die erste Hürde geschafft: Die festgebackene Mechanik liegt frei. Den Verschluss konnte ich nun nach sicherlich vielen Jahrzehnten des Stillstandes ohne Probleme auslösen.

Falls jemand die korrekten Bezeichnungen der Mechaniken und Mimiken zur Hand hat, gerne her damit.  Smile

Gruß und Gut Licht
Michael
Gruß Michael

Penthode?
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#2
Servus Freunde der analogen Photographie,

das Jahr startet durch. Meine Zeitfenster für's Hobby werden wieder kleiner. Daher die nun wieder größeren Pausen zwischen meinen Beiträgen.

Liegt die Kamera auf ihrer linken Seite vor uns, so findet man den Filmaufzugsknopf, nebem dem eine silberfarbene Abdeckung (Pfeil) geschraubt ist:

   

Schraubt man den Filmaufzugsknopf ab, so kommt innen der Mitnehmer für die obere Filmrolle heraus, er steht unter guter Federspannung. Schraubt man die silberfarbene Abdeckung ab, so wird eine Federmimik freigelegt. Ich hatte sie bereits schon geöffnet. Bei meiner Vitrinen-Reflekta ist hier offenbar die Feder gebrochen: Der Filmaufzug lässt sich nicht mehr drehen. Dadurch wird der Stift (Pfeil im folgenden Bild) nicht mehr nach vorn bewegt. Wie hat es zu funktionieren:

   

Der sich nach vorn bewegende Stift schaltet sowohl die Auslösemechanik als auch die Doppelbelichtungssperre scharf (die Pfeilrichtung nach links deutet das an). Somit kann der Auslöser nach unten gedrückt werden (Pfeil):

   

und somit kann der waagerechte Pfeil den Hebel des vorher händisch gespannten Verschlusses auslösen:

   

Der Verschluss... Es klickt und sieht recht gut aus bei kurzen Verschlusszeiten. Ab Zeiten > 1/5 Sekunde hängt er aber bzw. läuft nicht mehr sauber. Und außerdem schließen seine Lamellen ab und zu nicht mehr richtig. Der Vebur-Verschluss hat die folgenden Bedienelemente:

   

Die richtigen Fachbegriffe kenne ich nicht, daher benamse ich das so:

1 Verschlußauslösehebel

2 Blendeneinsteller mit Zeiger für Blendenwerte von 3,5 bis 16

3 Einstellring für Verschlußzeiten von 1/250s bis B

4 Spannhebel für den Verschluss - zieht man ihn nach unten, so wird er gespannt. Beim Auslösen fliegt er wieder nach oben - im entspannten Zustand

5 Hebel für die Entfernungseinstellung (Fokus).

Letzterer ist ein Graus. Durch das uralte, vermutlich extrem verharzte Fett sitzt er so - Entschuldigung! - schei**efest, da rührt sich nichts! Smiley7

Das Fett sitzt überall (siehe rote Pfeile):

   

Zwar kann man versuchen, dieses grünliche Fett durch sorgfältiges Injizieren von Alkohol an den betreffenden Stellen, u.a im Schnecken- bzw. Gewindegang, zu lösen und mit Tonnen von Wattestäbchen zu entfernen. Aber spätestens einen Tag später sitzt das alles wieder fest wie angeklebt. Philipp beschrieb mir das bereits sinngemäß per Email.

Hier ist guter Rat teuer, denn alles Fluten mit Alkohol ist wenig sinnvoll, wenn der innenliegende Verschluß nicht völlig zugesifft werden soll.

Es hilft vermutlich erst einmal nur eines - man muss soweit wie möglich alles offenlegen.

Also:

Runter mit dem Bildobjektiv, falls nicht schon geschehen. Dazu wird entweder der Rändelring abgeschraubt. Vorsicht, es kommt die Frontlinse. Die ist vermutlich nicht verkittet:

   

Man beachte das zum Bildobjektiv längere Sucherobjektiv. Wenn man Glück hat, kommt das kurze Bildobjektiv gleich schon komplett mit raus. Wenn nicht, dann ist das nicht schlimm. Eine geeignete (!) Zange mit Läppchen sollte genügen und mit einem kurzen und leichten Ruck, angepackt am Gewinde für den abgeschraubten Rändelring, löst sich das kleine Objektiv, so dass man es leicht herausschrauben kann. Hier habe ich es wieder zusammengeschraubt:

   

Obacht, denn jetzt liegen die Verschlußlamellen mit den dahinterliegenden Blendenlamellen frei! Und jetzt liegt ein bislang vom Bildobjektiv verdeckter Sprengring frei. Da müssen wir ran. Ich habe das auf dem Foto etwas aufgehellt, so dass man ihn gut sehen kann, wie er mit seiner Nase liegt:

   

Er lässt sich mit dem kleinsten Uhrmacherschraubenzieher bequem abheben. Zusammen mit dem Deckel wird das beiseite gelegt:

   

Die Verschluß- und Blendenmechanik liegt nun weitgehend frei:

   

Gruß und Gut Licht
Michael
Gruß Michael

Penthode?
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#3
Servus,

die beiden Abdeckungen (rote Pfeile) sind mit ihren drei Schrauben, die oben sitzen, schnell demontiert:

   

Und nun Obacht: Der relativ massive Ring für die Einstellung der Belichtungszeit (schwarzer Pfeil) wird nur noch durch die darunter liegenden Elemente gehalten. Passt man jetzt nicht auf, so fällt er mitsamt seinem darunter liegenden Federring ab und dann hat man möglicherweise große Schwierigkeiten, ihn wieder so einzusetzen, dass die komplette Mechanik für den Verschluß (d.h. Spannen, Auslösen und Ablauf des Verschlusses, sowie das damit verbundene Öffnen und Schließen der Lamellen) weiterhin ordnungsgemäß funktioniert! Bei diesem Verschluß hat er sich gelöst und ich nahm ihn dann vorsichtig ab. Der Verschlußhebel mit seiner darunterliegenden Feder ist offenbar nur auf eine Achse gesetzt. Auch wird der Verschlußspannhebel nach außen gedrückt! Vorsicht also beim Hantieren, sonst ist hier möglicherweise generell sehr schnell ohne entsprechende Kenntnis (so, wie das bei mir der Fall ist, denn ich arbeite hier ausschließlich mich quasi blind vortastend, da es null fachliche Resonanz auf meinen Thread gibt) Matthäi am Letzten!

   

Die Mechanik funktionierte zum Glück nur teilweise nicht mehr richtig. Mittels Uhrmacherlupe und etwas Geduld ließ sich dieses Dilemma beheben. Ich konnte den Spannhebel wieder zurückdrücken, dabei mussten mit dem Uhrmacherschraubenzieher nur ein paar wenige Hebelchen der innenliegenden Mechanik wieder zurechtgerückt werden, so dass alles wieder passte. Glück gehabt!

Geflutet in Alkohol:

   

Zurzeit ist die Fokusmechanik wieder extrem leichtgängig. Das ging aber nur nach einiger Einwirkung des Alkohols und durch dann ständiges Hin- und Herbewegen des Fokushebels. Dadurch löst sich das Fett und tropft in den Alkohol. Ein Bepinseln des Gewindeganges unterstützt den Vorgang. Der Alkohol hat inzwischen durch das gelöste Fett eine leicht grünliche Farbe angenommen.

An dieser Stelle bedanke mich mich herzlich bei Winfried Büchsenschütz für seine schon etwas älteren, aber um so wertvollen Hinweise, ohne die ich es mir wohl nicht getraut hätte, so weit vorzugehen.

Gruß und Gut Licht
Michael
Gruß Michael

Penthode?
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#4
Verschlüsse wie die Prontor von Gautier oder Compure von Deckel sind relativ ähnlich über die Zeit. Auch die weiteren Nachbauten funktionieren eigentlich alle nach dem gleichen Prinzip, das ist weder Raketentechnik, noch ein Geheimnis.
TLR Kameras sind eigentlich fast alle für die Ewigkeit gebaut. Die Reflekta macht da keine Ausnahme. Wichtig ist bei der Reflekta nur a) die Leichtgängigkeit des Hebelapparates der Belichtungssperre. Ist hier eines der Bleche nur leicht verzogen, so funktioniert es nicht mehr richtig.
Der Verschluss ist so bei ziemlich allen TLR die Archillesverse. Die kranken alle von der billigsten Reflekta, über Seagull, Flexaret, Rolleicord bis zur teuren Rolleiflex, aber auch nicht nur dort, sondern eigentlich jeder Leafshutter kränkelt mit seinem Alter von mindestens 50 Jahren, wenn er nicht schon mal gemacht wurde…

Meine letzte Reflekta hatte einen Cludor Verschmuss mit einem Meyer - Triplet…

   

Meinen letzten Verschluss hatte ich letzten Donnerstag erst gemacht. Einen Prontor mit einem Angulon 6.8/90mm aus den 50ern. Der soll mal eine 6x12 oder 6x17 Kamera bilden.
Schmieren am besten nicht mit Flüssigem oder Fett, sondern ich benutze Graphitpulver, dass ich überall einstäubte, einarbeite und den Überschuss leicht ausblase. Der Verschluss und die Lamellen laufen dadurch flink und satt, aber nicht stumpf.

   

   

   
Viele Grüße 
Philipp
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#5
Servus Philipp,

herzlichen Dank! Smile

Mensch, an Graphitpulver hätte ich nie gedacht. Wenn ich so überlege: Sollte das Alkoholbad jemals Erfolg haben, dann weiß ich nur, dass im Bestfall diese Fette komplett raus sind. Der Alkohol trocknet aber dann auch alles, d.h. bewegliche Teile wollte ich dann mit Uhrmacheröl nebst Lanze feinst betupfen. Alle Lamellen wären davon ausgenommen, denn da dürfte mit Sicherheit kein Öl ran. Graphitpulver wäre hier eine klasse Lösung!

Du schreibst zwar, dass es weder Raketentechnik noch Geheimnis ist, aber ich hatte so einen Verschluss noch nie auf. Auch wenn es "nur" die "Spielkamera" ist und noch nicht die eigentliche, aber ich habe da ganz schön Bammel, das Teil bei Fehlfunktion nicht mehr richtig zusammenbauen zu können. Ich habe so einen Verschluß sozusagen noch nicht vor dem "inneren Auge". Das ist komplett Neuland für mich. Wenn ich hier scheitere, dann gehe ich an den Verschluss der eigentlichen Reflekta II nicht weiter ran, denn dann möchte ich da nichts kaputt machen. Hm, es gibt zuwenig genaue Anleitungen im web und dem Fotoservice Olbrich in Görlitz kann ich nicht über die Schultern schauen.

Mir rutschte da gestern schon ganz schön das Herz in die Hose, als der Metallring ab war.  Rolleyes

Aber den möchte ich schon nochmal abnehmen, um dann zu ölen. 

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
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#6
Bitte nicht ölen, denn das läuft überall hin und macht dann alles träge. Normal muss der Verschluss komplett auseinander genommen werden, denn der Alkohol löst die fest gewordenen Fette, verteilt sie überall und verdunstet dann. Die Fette bleiben übrig und verkleben wieder alles.

So ein Verschluss ist allerdings auch Übungssache. Man braucht ein bisschen Erfahrung. Das stimmt.
Viele Grüße 
Philipp
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#7
(17.01.2022, 15:58)Vagabund schrieb: Bitte nicht ölen ... Normal muss der Verschluss komplett auseinander genommen werden ... Die Fette bleiben übrig und verkleben wieder alles...

Tscha... 

"Was tun", sprach Zeus "die Götter sind besoffen"...
Völlig auseinander nehmen? Schaun' mer mal.

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
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#8
Guten Abend zusammen ,

ja , eigendlich muss der gesamte Verschluss inkl. des Meterganges zerlegt werden . Ich reinige diese Teile dann in Reinigungsbenzin
grob im Ultraschallbad . Anschliessend werden die Verschlusslamellen mit Wundbenzin oder besser mit Äther gereinigt . Das wird absolut fettfrei . Die Blendenlamellen inkl. der Mechanik / Blende ist meist sauber , da muss man nie viel machen , ausser sie sind wirklich ölig .
Der Verschluss selbst ist ja nun zerlegt und so wird das Hemmwerk nochmal in sauberen Reinigungsbenzin im ultraschallbad gereinigt ,
schön trocken gepustet und ganz , ganz vorsichtig mit feinem harzfreiem Feinmechanikeröl an den Zapfen der feinen Zahnrädern
abgeölt .
Verschluss wieder schön zusammengebaut , Metergang mit feinem Fett neu eingestrichen und fertig .
Verschlusszeiten , wenn möglich ausgemessen .
Es bleibt immer in den Metergängen / Gewinde altes Fett drin was dann wieder klebt . Metergang muss immer zerlegt werden ,
alles andere bringt nichts .
Viele Grüsse Uwe 
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#9
Servus Uwe,

(17.01.2022, 21:40)Uwe-BB schrieb: ...Reinigungsbenzin ... Metergängen / Gewinde altes Fett drin ... muss immer zerlegt werden ... alles andere bringt nichts...

Reinigungsbenzin - ah, sowas habe ich aus einer Apotheke noch da. Danke! Smile

Nur für mich zum Verständnis: "Metergang" = die Mechanik mit dem Hebel für die Entfernungseinstellung, was ich als so "sch***e schwer gehend" beschrieb, richtig?

Gruß Michael
Gruß Michael

Penthode?
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#10
Guten Abend Michael,

ja mit Metergang ist der grobe Gewindegang gemeint , welcher den Verschluss , und hier auch die obere Optik , hin und her
fährt . Man muss beim Zusammenbau wiederum auf den genauen Gang achten  weil dieser Entscheidend ist für das
Auflagemaß = unendlich .
Je nach Mechanik haben die Metergänge mehrere Gewinderillenanfänge , bei einer Schraube z.B . nur Einen .
Und je nach dem wie man es ansetzt hat man dann am Ende / Anschlag = Unendlich unter Umständen es noch nicht erreicht den Verschluss bis zur Unendlichschärfe gedreht zu bekommen  .
Was auch gut funktioniert, nehme ich immer , ist das Reinigungsbenzin von Drogerie Müller . Es heisst Velind - Reinigungsbenzin vom PCK und ist nicht so teuer wie das aus der Apotheke .
Viele Grüsse Uwe 
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#11
(18.01.2022, 21:10)Uwe-BB schrieb: ...Velind - Reinigungsbenzin...

Herzlichen Dank für den Tipp! Der sollte für alle Nachahmer hier irgendwie konserviert werden! Smile
Gruß Michael

Penthode?
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#12
Servus Freunde der analogen Photographie,

Zwei Tage badete der Verschluss in Alkohol. Im Ergebnis war nun tatsächlich alles an Fett in Lösung gegangen. Das Fokusgewinde ("Metergang") lief nun auch nach dem Trocknen leicht. Zu leicht. Da komme ich später drauf zurück.

Was schlußendlich aus der Mechanik alles raus kam und übrig blieb, seht Ihr hier. Ich habe mal die Glasschale fotografiert:

   

   

Die Schale war vorher blitzsauber!

Ich war beeindruckt und machte mich ran, den Verschluss vorsichtig mit Uhrmacheröl zu ölen. An dieser Stelle: Vagabund und Uwe-BB, nochmals ganz lieben Dank für Eure wertvollen Hinweise bezüglich der zu verwendenden "Öl- und Schmiermaterialien". Ich habe sie nicht ignoriert, sondern ganz bewußt nur das Uhrmacheröl ausprobiert; im Gewissen, dass das ja "nur mein Spielverschluß" ist. Sollte ich hier und jetzt scheitern, dann gehe ich zumindest so nicht weiter an den Verschluß der eigentlichen Kamera ran - wie ich schon schrieb.

Sollte ich hier scheitern... Ja, fast war es soweit. Ich benetzte bei abgenommenem Ring mit meiner Öllanze die Gelenke des Verschlusses wirklich nur hauchdünn. Aber schon das reichte: Es wurde so flutschig, dass mir sofort zwei Teile abfielen. Nämlich der Auslösehebel und eine zugehörige Sperrklinke. So sah es aus (markierter Bereich, Spannring schon abgenommen):

   

Und ich schaute ziemlich bedröppelt in die Gegend. Schei**e mit Reisse.

Denn ich wußte weder, wie die Federn sitzen müssen, noch, wie das eingebaut war. Drei weitere Hände zum Zusammenbauen und Festhalten hatte ich auch keine. Also erst einmal alles beiseite legen und sacken lassen. Dann in Ruhe studieren: Geht das vielleicht erst einmal ohne den Spannring? Dann sieht man mehr? Also nahm ich auch den Ring mit dem Spannhebel ab, auf dem noch ein Federring liegt. Die Feder (markierter Bereich, voriges Foto) lässt sich gut aushaken. Nun lag alles vor mir auf dem Tisch:

   

Tja. Jetzt aufgeben?

Aber ich hatte ja noch mein Bild aus #3. Und es gibt da eine geradezu ausgezeichnete Seite über Zentralverschlüsse im DDR-Kamerabau. Und auf der wird unser' Vebur-Verschluss in einer schönen Großaufnahme gezeigt. Ich erlaube mir, dieses Bild hier vorzustellen:


.jpg   DSC01688.JPG (Größe: 162,56 KB / Downloads: 208)

(Quelle: eben genannten Link.)

Wunderbar. Anhand der Lage der Federn und der zwei abgefallenen Teile konnte ich jetzt meinen Vebur-Verschluss wieder zusammenbauen. Die Lamellen des Verschlusses und der Blende reinigte ich anschließend vorsichtig mit Testbenzin. Die Uhrmacherlupe offenbarte: Nichts, kein Stäubchen, nichts mehr.

Deckel drauf, Federring rauf, Objektiv drauf, dessen Linsen ich ebenso wie die Hinterlinse der Verschlußmechanik mit Alkohol gereinigt und dann poliert habe. Stellt man den Verschluß auf B und hält ihn fest (der Schwoab sagt: "hebt ihn fescht"), so kommt man an die Innenseite der Hinterlinse zum Reinigen gut ran. Blitzanschluß rauf, Isolierungen nicht vergessen, wieder aufzustecken bzw. anzukleben. Abdeckung aufgeschraubt, anschließend mit schwarzem Edding den Abrieb der schwarzen Originalfarbe etwas nachkoloriert.

Erster Test. Bin begeistert: Sieht aus wie neu, läuft wie eine Eins, läuft wie am ersten Tag. Kein Hängen des Verschlusses, nichts mehr. 

   

Man beachte die Vergütung des Objektives: zeigte sie sich zu Beginn meines Beitrages noch in einem milchigen, hellen Blau, so ist sie jetzt klar und dunkler. Das Gewinde des Meterganges habe ich mit Ballistol-Mehrzweckfett behandelt. Jetzt läuft es über den Einstellhebel ruckfrei, geschmeidig und satt.  Smiley53

Ich freue mich: Die Arbeit hat sich gelohnt!

Gut Licht!
Gruß Michael

Penthode?
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#13
Nur noch eine Impression. Schließlich sind wie ja hier im Photographica-Bereich.

Und hier darf man mit der Blende und dem daraus resultierenden Schärfentiefenbereich / Tiefenschärfenbereich / Schiefen Tärfenbereich spielen:   Big Grin

   

   

Nun habe ich ein bereits bestens funktionierendes "Zentralorgan" (der SED - nein, Scherz...  Big Grin )...

...für die Reflekta II: Objektiv mit Verschluss und Blende. Das heißt, ich kann mich nun in aller Ruhe der Wiederherstellung bzw. Aufarbeitung dieser Mechanik der zweiten Kamera widmen, um dann sozusagen aus "The best of" der Teile beider Kameras eine zu machen.

Gut Licht!
Gruß Michael

Penthode?
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#14
Hallo Michael,

allzeit gut Licht!
Für mich ist das "Raketentechnik". Ich bewundere jeden, der mit Werkzeug umgehen kann, welches kleiner ist als mein dünnstes Haar  Smiley32 
Bei einer Reparatur eines Messgerätes ist mir letztens der Zeiger abgefallen. Den wieder dran zu bekommen, hat mich mehrere Jahre meines Lebens gekostet. Ich wusste ja gar nicht, wie stark meine Hände zittern. 

Insofern habe ich großen Respekt vor diesen feinmechanischen Arbeiten. Danke für diesen tollen Bericht samt sehr guter Bilder (wobei diese ja in diesem Themenbereich erwartbar sind, oder  Wink?).
Es genügt nicht keinen Gedanken zu haben: man muß ihn auch ausdrücken können. (Karl Kraus)
—-
Viele Grüße!
Shy Steffen
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#15
Guten Abend Michael ,

super das alles geklappt hat .   Smiley34 Auch das mit den Federn . Was bin ich manchmal auf dem Fussboden mit einem Lautsprechermagneten rumgekrochen und hatte alles dran kleben , nur nicht meine Feder oder Kugel . Smiley7 

Die Reflektas , Weltas  ect. waren schon tolle Teile zu ihrer Zeit . Imposant und ein Hingucker zugleich .

Auch das NSW baute , Rollei sowieso und ich habe noch eine Yashica 625 und eine Russische Horizont . Alles mehr als Deko .

Ich hatte letztens für eine Freundin eine Perfekta II  wieder schick gemacht , wo sogar noch ein NP 20 drin war . Mal schauen ob da

noch was drauf ist oder völlig trübe - nebelig .

einen schönen Sonntag noch ......
Viele Grüsse Uwe 
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#16
Zum Thema Weltaflex, Vorgängerin der Reflekta:
Die Weltaflex ist leider eine andere Baustelle, als die Reflekta, da etwas komplizierter aufgebaut. Die Archillesferse der Weltaflex ist ihr Zählwerk, welches die Reflekta nicht besitzt. Die Reflekta ist da etwas einfacher gebaut, allerdings spielen bei der Reflekta die einzelnen Blechkulissen eine entscheidende Rolle.
Zurück zur Weltaflex. Ihr Bildzählwerk und gleichzeitig die Blockierung jedes Bildes wird bei der Weltaflex über ein Rad aus Plastik gebildet, was buchstäblich dank des Alters und jahrelanger Berührung mit Schmierstoffen zerbröckelt.
Mit so einer hatte ich erst kürzlich zu kämpfen.

   

Erschwert wird das anze noch durch die Tatsache, dass man an diese Mechanik nicht so einfach ohne Weiteres heran kommt, sondern die ganze Kamera zerlegen muss. Das ist bei anderen Kameras oft viel einfacher gelöst.

Die Reflekta II verhält sich da viel einfacher und ist, wenn man einige Dinge beachtet, eigentlich eine sehr gutmütige Kamera mit „Käfertechnik“.
Michael macht seine Sache gut, wird Spaß dran finden, aber auch Erfahrungen sammeln.

Die Reflekta II kann aber auch gute Fotos machen. Ich weiß nicht, ob ich die Bilder schon zeigte. Ich hatte mit meiner ersten gar keinen Film geknipst, mit meiner letzten allerdings tat ich das. Schwäche ist die dunkle und spiegelnde Mattscheibe.
Die Unschärfe kommt von der Kompression beim Hochladen.

   
Viele Grüße 
Philipp
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#17
Guten Abend Phillip ,

ja leider werden Spiegel der Kameras matt und trübe und damit das Sucherbild dunkler .
Gute Erfahrung habe ich mit Spiegeln der Pentacon six gemacht . Ein Freund von mir sagte
mir einmal , die Spiegel der einfachen Polaroid´s sollen auch gut passen und gehen .
Hab ich aber noch nie gestestet .
Viele Grüsse Uwe 
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#18
Meine Reflekta II hatte einen neuen Spiegel der Firma MediaLas.
Diese gibt es für diese neu und passend zu kaufen.
Sucherbild war im Vergleich trotzdem zappenduster.
Viele Grüße 
Philipp
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#19
Servus,

(23.01.2022, 15:05)paulierwitte schrieb: ... Ich wusste ja gar nicht, wie stark meine Hände zittern...

Als Gitarrespieler beneide ich immer hingebungsvoll alle diejenigen, die solche "Spinnenpfoten" haben, die anatomisch da sonstwohin greifen können... Meine jünste Anschaffung, nämlich dieser alte "Brotkasten" hier:

   

verlangt zum Glück nicht nach "Flitzefingern".

Denn ja - ich wusste nämlich auch nicht, was ich für offenbar riesige Klopfoten habe, als ich mit Uhrmacherlupe und Pinzette versehen, diese zwei Teile wieder versuchte, in den Verschluss reinzupfriemeln... Alleine nur das Vorspannen der Feder für den bzw. im Verschlußauslösehebel hat eine ganze Weile gedauert und ich lernte überdies erstaunt dazu, wie scheußlich groß solche hundsordinären Pinzetten sein können. Ich habe tatsächlich versucht, mir vorzustellen, wie wohl vermutlich geschickte Frauenhände (?) in welcher Reihenfolge vorgehen, um solche Teile zu montieren. Das hat mir etwas geholfen.

Meditation ist allerdings wohl was anderes.  Big Grin

(23.01.2022, 15:05)paulierwitte schrieb: ... Danke für diesen tollen Bericht samt sehr guter Bilder...

Dankeschön!  Smile

(23.01.2022, 17:45)Uwe-BB schrieb: ...Was bin ich manchmal auf dem Fussboden mit einem Lautsprechermagneten rumgekrochen und hatte alles dran kleben , nur nicht meine Feder oder Kugel...

Genau deshalb habe ich mir diese Unterlage aus diesem Marshall-Bespannstoff hingelegt. Die Schrauben fliegen nicht über den Tisch mit anschließendem, rettungslosen Verlust, wenn sie mal aus der Pinzette flutschen. Sie werden sofort durch die Maschen gestoppt. Und so ganz nebenbei kann man sie mit dem Uhrmacherschraubenzieher in den Maschen gut aufrichten und dann lassen sie sich sehr gut mit der Pinzette greifen.

- -

Ja, das Sucherbild ist ziemlich dunkel. Kein Vergleich mit dem "Monitor" einer PentaconSix. Einen neuen Spiegel werde ich mir noch anschaffen. Große Freude: In den Kleinanzeigen wurde eine originale Bedienungsanleitung so einer Reflekta II angeboten und wenn es klappt, dann ist sie bald auf dem Weg zu mir. Gehört zu so einer Kamera irgendwie dazu, finde ich.

Mir ist noch etwas aufgefallen, was ich bislang noch nicht wusste. Beim Wiedereinschrauben des Sucherobjektives stellte ich fest, dass das mit dem Pfeil markierte Etwas lediglich ein Ring ist:

   

Der lässt sich fein verdrehen und dient ganz offensichtlich für die exakte Justage der Übereinstimmung Sucherbild vs. Filmbild in der Schärfe. Blöderweise habe ich den Ring etwas verdreht, weil ich zunächst annahm, es wäre nur ein Gewindeaufsatz... Aber ich denke, das kann man mittels Transparentpapier o. Ä. nachjustieren.

Gut Licht!
Gruß Michael

Penthode?
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#20
Die untere Optik kann mittels Haarmethode und zweiter Kamera mit Schnittbildindikator auf unendlich justiert werden. Die obere Optik wird dann per Lupe auf unendlich analog zur unteren eingestellt.
Viele Grüße 
Philipp
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