Themabewertung:
  • 2 Bewertung(en) - 5 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Nachbau des Schumann Merula SK 451
#1
Markus  und ich waren die letzten Monate ja ziemlich "leise" hier im Forum, dafür hinter den Kulissen umso aktiver da wir eine Idee hatten, die wir gemeinsam umsetzen wollten. Natürlich ging es dabei um das Tefifon KC1, unserem Lieblingskind. Ausgangspunkt war das Problem der zum allergrößten Teil defekten Tonabnehmer.  Zwar ist es, nicht zuletzt dank Markus´Click-Halterung, kein Problem mehr den Tonabnehmer gegen ein China-System zu tauschen, und mit etwas Bastelarbeit lassen sich auch noch andere Systeme implantieren, aber es bleibt doch immer ein optisches Ärgernis weil es einfach schon auf den ersten Blick als Fremdkörper zu erkennen ist.
So war der Wunsch geboren, ein originales TA System, nach Möglichkeit in allen Details, so nachzubauen, dass es als Fälschung nicht sofort zu identifizieren ist. Die Wahl fiel auf das Schumann Merula SK451. Zum einen weil es sehr häufig im KC1 anzutreffen ist, zum anderen weil es einfach das hübscheste System ist das Tefi verbaut hat.

Varianten der SK Systeme - alle defekt
   

Über den Werdegang von der Idee bis zur Fertigstellung wollen wir euch nun berichten.
Interessant für uns beide war dabei, unsere unterschiedlichen Techniken zu erproben, zu vergleichen und zu kombinieren um zu einem möglichst guten Ergebnis zu gelangen. Dabei zeigte sich ziemlich schnell dass weder der "analoge" noch der "digitale" Weg alleine seligmachend ist und die ganze Sache war für uns damit sehr lehrreich. Aus meinen früheren Erfahrungen mit den Elac KST Systemen wusste ich, dass ein einfaches Austauschen des zersetzten Weinsäurekristalls gegen einen Keramikstreifen scheitern muss, da die mechanische Anlenkung beider Materialien zu unterschiedlich ist.
Grundgedanke war daher, ein komplettes Fremdsystem in das Gehäuse des SK451 zu implantieren und da kam eigentlich nur wieder das bewährte China-System in Frage. Erstens hat es sich gut bewährt, der Klang ist ok und es ist als einziges in großen Stückzahlen und spottbillig zu haben.

Zunächst galt es aber in einem Handversuch zu erproben, ob das Vorhaben überhaupt Aussicht auf Erfolg haben konnte und ob das Innenleben des Chinasystems überhaupt darin Platz finden würde. Dazu wurde das Gehäuse eines defekten Systems komplett ausgeräumt und bis auf eine Wandstärke von wenigen 10tel mm ausgefräst und das Chinasystem mit Klebewachs provisorisch fixiert.

   

Zu unserer Freude ließen sich damit bereits einwandfrei Töne entlocken und so konnten wir nun richtig loslegen. Als erstes begann ich rein analog, das sah so aus, dass von einem Originalgehäuse eine zweiteilige Silikonform hergestellt wurde, daraus ein Duplikat gewonnen , dieses dann ausgeschliffen und mit Modellierwachs die Halterungen des Chinasystems aufmodelliert wurden. Das musste alles unter dem Mikroskop geschehen da der Platz gerade mal so dafür ausreichte. Schön wurde das natürlich nicht, aber es funktionierte und von innen würde man das Gehäuse später ja nie wieder sehen.

Das aufmodellierte Duplikatgehäuse
   

Als das im Detail fertig war wurde für jede Gehäusehälfte eine zweiteilige Form erstellt und diese mit passend eingefärbtem PU-Harz in Schichten ausgegossen. In Schichten deshalb, weil man hier beim Schließen der Formen stets gegen den Einschluss winziger Luftblasen kämpft, die in dem dünnflüssigen Harz nach oben steigen und sich an der Oberfläche sammeln. Einer der gravierenden Nachteile der "analogen" Methode.

Die Formen fertig zum Ausgießen
   


Aufpinseln der ersten Schicht
   


Auffüllen mit Überschuss und Beschweren der Form um Pressfahnen zu minimieren
   

Geöffnete Form nach dem Aushärten
   


Gehäusehälften nach dem Entformen
   

Die Technik ist mit allerlei Tücken verbunden, führt aber durchaus zum Ziel. Gegenüber der "digitalen" Methode, also des 3-D Drucks hat sie in diesem Fall einige Nachteile, aber auch einen Vorteil. Die Nachbearbeitung des Gehäuses ist wesentlich einfacher und schneller. Dennoch überwiegen die Nachteile, vor allem was Fehleranfälligkeit und die Präzision betrifft.
Aus diesem Grund haben wir uns beim Gehäuse für die digitale Variante entschieden, weswegen ich hier das analoge Vorgehen nicht weiter ausführen möchte und hier kommt nun Markus ins Spiel der an dieser Stelle übernehmen wird.
Zitieren
#2
Achim, vielen Dank für den analogen Aufschlag zu diesem spannenden Projekt!

Bevor ich gleich noch meine digitale Fortsetzung dazu poste hier noch ein Hinweis: Ich habe einen separaten, begleitenden Thread Diskussion zu "Nachbau des Schumann Merula SK 451" erstellt. Bitte alles an Kommentaren und Fragen zum Thema dort posten! So bleibt dieser Projekt-Thread hier übersichtlich.

Schöne Grüße
Markus
Zitieren
#3
Als Achim mir von seiner Idee des SK451-Nachbaus erzählt hat, hat es mich sofort gereizt, das Projekt mit meinen 3D-Techniken zu unterstützten. Zumal ich sowieso schon länger mal die Innereien eines China-Systems in ein anderes Gehäuse verpflanzen wollte: Es gibt schließlich eine ganze Reihe an Tonabnehmersystemen, die in der benötigten Bauform nicht mehr produziert werden - gerade bei den verschiedenen Tefifon-Varianten. Da wären alternative Nachbauten oftmals Gold wert…

Ein neues 3D-Projekt besteht immer aus zwei Teilen:
  • Das digitales Design erstellen
  • Das digitale Design durch Druck in ein reales Ergebnis überführen

Bei so einem kleinen Objekt wie dem SK451 ist der erste Teil der einfachere: Die digitale Modellierung kennt keine Auflösungsgrenzen, so dass man zumindest am Computer noch alles nach Herzenslust mikrometergenau designen kann. Der Druck ist dann aber die eigentliche Herausforderung - doch dazu weiter unten dann mehr.

3D-Modellierung

Für die 3D-Modellierung gibt es verschiedene Software, um das jeweilige Objekt zu designen. Die meisten Maker werden sicher mit Fusion 360 einsteigen - und wahrscheinlich ist das auch die Software, die man generell empfehlen sollte. Ich selbst habe jedoch noch nie damit gearbeitet, sondern nutze seit vielen Jahren sehr erfolgreich OpenSCAD. Damit „programmiert“ man die Designs, indem man per Skript aus einfachen Objekten wie Zylindern, Quadern, etc. schrittweise die Designs aufbaut. Diese Herangehensweise liegt mir durch meinen Informatik-Hintergrund sehr viel mehr. Außerdem habe ich über die Jahre hinweg so viel Erfahrung mit der Software gesammelt, dass mir damit auch sehr komplexe Designs gut gelingen. Neben der Erfahrung damit ist natürlich auch der Aufbau eigener Bibliotheken entscheidend: Komplexe Teile, die immer wieder mal gebraucht werden können, landen in Bibliotheken und sind dann bei Bedarf sekundenschnell wieder in neue Designs integriert.

Das Nachmodellieren des SK451-Gehäuses hat natürlich ein paar Stunden in Anspruch genommen: Ich versuche dazu stets am Original geometrische Formen wie Zylinder, Kugeln oder Kreisbögen zu erkennen und die wichtigsten Maße zu ermitteln. Dann skripte ich das Ganze stückweise als 3D-Modell nach. Am Bildschirm sieht man den erreichten Stand als Vorschau und kann ihn immer wieder gegen das Original vergleichen:

   

Hier wird jetzt so lange ergänzt und an den Parametern geschraubt, bis das Ergebnis dem Original möglichst gut entspricht.

Zunächst habe ich das Gehäuse als ganzes modelliert und mir um die Trennung in Halbschalen und die einzupflanzenden Innereien keine Gedanken gemacht. Hier das Zwischenergebnis im Vergleich:


.jpg   2_complete-case.jpg (Größe: 65,74 KB / Downloads: 325)

Natürlich nutzt man für die Modellierung Symmetrien aus: Hier genügt es zum Beispiel lediglich ein Viertel des Gehäuses zu modellieren, der Rest ergibt sich durch Spiegelungen.

Für dieses nicht gerade triviale Modell musste ich knapp 200 Zeilen an Quelltext produzieren, bis ich zufrieden war. Hier mal ein Ausschnitt daraus, für einen kleinen Eindruck, wie sowas bei mir aussieht, zusammen mit der Vorschau des damit beschriebenen Teils des Designs:

   

Als nächstes folgt das Auftrennen in zwei Halbschalen und das Schaffen von Platz für die Innereien aus dem China-System. Das zu modellieren ist wieder recht einfach, da man von dem Gehäuse lediglich wieder Quader, Zylinder, etc. in der richtigen Größe abziehen muss. Bei diesem Schritt spielt das digitale Design wieder alle Joker aus: Denn auch das China-System und sogar die SK451-Nadel habe ich recht genau nachmodelliert. Mithilfe dieser „Digital-Twins“ lässt sich die Positionierung der Innereien im Gehäuse mit allerhöchster Präzision optimieren. Ziel war es, die Gummiaufnahme des Systems mittig im Loch zu positionieren und das System so nahe wie möglich an die Nadel heranzuführen:

   

Zu guter Letzt wurden die Halbschalen noch um Nasen bzw. Löcher als Passung zum Zusammenfügen ergänzt. Die freie Fläche an den Halbschalen wurde auch noch für eine Typen- und Versions-Markierung genutzt:

   

Auch das Röhrchen als Verbindung zwischen der Nadel und dem Gummi zur Kraftübertragung auf die Keramiken wurde 3D-modelliert. Die genaue Länge und Abmessungen, sowie die optimale Form wurden durch eine Versuchsreihe ermittelt:


.jpg   6_tubes.jpg (Größe: 89,18 KB / Downloads: 325)

Schließlich galt es noch die Klammer zu modellieren. Durch die geometrisch sehr klare Form war dies nicht mehr allzu schwer. Hier gibt es jetzt einmal die Variante mit zwei getrennten Teilen, um diese wie im Original nach der Produktion mit einer Niete selbst zu verbinden, und einmal das gesamte Design am Stück, falls man es direkt so drucken möchte:

   

3D-Druck

Beim 3D-Druck gibt es für Hobbyisten derzeit im Wesentlichen nur zwei Verfahren, die sich ganz grundlegend unterscheiden:
  • FDM-Druck (Filamentdruck): ein meist 1,75mm dicker Kunststofffaden wir aufgeschmolzen und durch eine i.d.R. 0,4mm große Düse gedrückt, wodurch das Druckobjekt Schicht für Schicht aufgebaut wird
  • SLA-Druck (Resindruck): ein flüssiges Harz wird Ebenen-weise mit UV-Licht belichtet und härtet an den belichteten Stellen aus. Auch hier geschieht der Druck in Ebenen, allerdings mit viel kleineren Schritten und viel größerer Auflösung

Ich selbst habe mich voll und ganz auf den FDM-Druck spezialisiert. Damit sind auch sehr große Modelle möglich, wie ich sie häufig brauche. Auch ist das Arbeiten damit sehr einfach und sauber. Schwieriger wird es bei dieser Drucktechnik aber bei kleineren Modellen wie diesem hier. Die realisierbare Auflösung kommt da schnell an seine Grenzen. Daher hatte ich zunächst nicht geglaubt, damit überhaupt ein funktionierendes SK451-Gehäuse produzieren zu können. Doch wie dieses Beweisfoto zeigt, ist das zumindest für den Prototypenstatus doch gerade noch so gelungen:

   

Hier sind nochmal alle Teile zu sehen, so wie ich sie mit dem FDM-Verfahren produzieren kann:

   

Links sieht man das komplette Gehäuse als Testdruck ohne Nachbearbeitung. Ganz rechts eine Halbschale noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Hier sieht man auch schon die geringe Genauigkeit. Das lag hier aber auch mit am gewählten Filament: Im Sinne der Farbtreue kommt hier Filamentum Extrafill Light Ivory PLA zum Einsatz, welches farblich besser passt, aber nicht die hohe Präzision aufweist wie zum Beispiel Prusament Vanilla White PLA, welches eine etwas transparentere Alternative sein kann.

Im obigen Bild in der Mitte ist das Gehäuse nochmal als Ganzes zu sehen, nachdem es Achim in den Fingern hatte: Er hat es ein bisschen aufpoliert und damit auch zum Glänzen gebracht. Das hat mir die Augen geöffnet, wie viel mehr man aus 3D-gedruckten Teilen herausholen kann, wenn man sie schleift und poliert. Ich bin daher inzwischen auch in diese Nachbearbeitungstechnik eingestiegen. Mehr dazu werde ich bald in einem längeren Bericht über die Restaurierung eines Tefi HS-Chassis berichten.

Auch die Klammer des Merula lässt sich erstaunlicherweise noch mit dem FDM-Verfahren drucken. Man kann die Orientierung beim Druck ausnutzen, und den entscheidenden Teil so positionieren, dass hier lange Fäden gedruckt werden, die damit auch entsprechend stabil sind. Hier der Druck in bronzefarbenem PETG einmal mit Stützstrukturen (Supports), so wie das Teil vom Druckbett kommt, und einmal ohne:

   

Die Teile müsste man jetzt noch etwas nachbearbeiten, und mit anderem Filament wären auch noch etwas schönere Ergebnisse möglich. Bei den Fotos solltet Ihr immer auch beachten dass es sich um sehr starke Vergrößerungen handelt: Im Original wirken die Teile für das Auge i.d.R. wesentlich schöner, als es bei den Detailaufnahmen rüberkommt. Die Kamera ist da meist sehr ungnädig...

Das Röhrchen für die Verbindung zur Nadel hingegen ist so klein, dass mir ein Druck per FDM unmöglich erscheint. Für erste Versuche mit dem Prototypen habe ich mir daher stattdessen einfach eine Schablone gedruckt, auf der ich Schrumpfschlauch auf die benötigten Maße schrumpfen kann:


.jpg   11_shrinktube.jpg (Größe: 111,85 KB / Downloads: 325)

Das erstaunlich gut passgenaue Ergebnis hat zwar funktioniert, lieferte klanglich aber ein wesentlich dünneres Ergebnis als mit den später produzierten Röhrchen.

Insgesamt betrachtet muss ich sagen, dass ich für dieses Projekt mit dem FDM-Druck immerhin funktionierende Prototypen drucken kann. Um ein SK451* (so nenne ich den Nachbau) für den produktiven Einsatz herzustellen, ist die Technik aber nicht potent genug: Man braucht einfach eine höhere Auflösung!

Hier kommt dann schließlich der Resin-Druck ins Spiel: Mit ihm sind deutlich größere Auflösungen möglich, so dass Details wie die Verbindungsnasen der Halbschalen oder kleine Teile wie das Röhrchen zuverlässig produziert werden können. Ich selbst habe momentan keine Lust dazu, mich in Richtung Resin-Druck weiterzuentwickeln. Aber haltet Euch fest: Achim ist das Thema ganz unerschrocken angegangen hat sich für das Projekt einen solchen Drucker zugelegt! Über seine Erfahrungen damit und den genauen Prozess für das Sk451* wird er dann selbst noch berichten.

Hier mal zum Vergleich meine frühen FDM-Prototypen (links im Bild - man sieht auch dass die Wandstärke teilweise zu dünn war, um gedruckt zu werden) und Achims sehr viel detailliertere SLA-Halbschalen (rechtsim Bild):

   

Die Auflösung reicht dann auch aus, um feine Details wie z.B. Texte zu ergänzen:

   

Ich habe mich dann also im weiteren Verlauf des Projekts darauf konzentriert, Achim mit 3D-Modellen zuzuarbeiten. Dadurch dass ich die Modelle in den OpenSCAD-Skripten beliebig modifizieren kann, war es für mich ein Leichtes, auf Achims Anforderungen einzugehen und optimierte Modelle zur Verfügung zu stellen. So haben wir uns iterativ an das optimale Design herangetastet.

Folgende Optimierungen und Ergänzungen waren wichtig und zeigen wieder mal, wie praktisch es ist, das digitale Modell beliebig anpassen zu können:
  • Die Optimierung der Nadelträger-Aussparung. Die ideale Größe lässt sich nur experimentell ermitteln. Außerdem hat Achim noch eine etwas anders geformte Drittanbieter-Nadel gefunden, die möglichst auch passen sollte.
  • Das Aufbiegen der Klammer um einen kleinen Winkel, so dass sich das Metallteil danach leichter montieren lässt. Wo ich schon dabei war, habe ich für Achim auch gleich noch einen Gusskanal mit angebracht:


.png   12_clamp-angle.png (Größe: 12,06 KB / Downloads: 325)
  • Beim Polieren des Gehäuses wird das Material an erhabene Stellen stärker abgetragen als an anderen. Daher war es sinnvoll, die Stege in der Mitte des Gehäuses für den Druck etwas zu überhöhen:

   
  • Das Designen einer Halterung, um jeweils zwei Halbschalen nach dem Druck für das Nachhärten zu fixieren (ist wohl notwendig, damit sich keine Verformungen ergeben, die das bündige Zusammenfügen verhindern). Die Modellierung der Halterung war trivial, da ich für das Design lediglich die vorhandene Gehäuseform von der Halterung abziehen musste:

   

Abschließend kann ich noch sagen dass das Projekt wahnsinnig viel Spaß gemacht hat: Die Kombination so vieler verschiedenen Techniken eröffnet einfach ungeahnte Möglichkeiten - zumal wenn man Achims Erfahrungsschatz und meinen digitalen Tatendrang in einen Topf wirft und einmal umrührt. Ich habe auch in diesem Projekt wieder erstaunlich viel dazugelernt, was ich dann auch in anderen Projekten wieder anwenden kann. An dieser Stelle sei nochmal die Restauration eines Tefi HS-Chassis erwähnt, die ich bald auch im Forum dokumentieren werde.

Jetzt übergebe ich aber erstmal wieder an Achim, damit er berichten kann, wie er mit den digitalen Modellen und dem Resin-Druck weiter verfahren ist.

Schöne Grüße
Markus
Zitieren
#4
Nachdem der Druck des Gehäuses mit dem Filamentdrucker prinzipiell zwar sehr gut funktioniert hat, doch bei weitem nicht präzise genug war, interessierten mich die Ergebnisse mit einem
Kunstharzdrucker natürlich dann doch. Und so lieferte der Amazon-Bote 2 Tage später einen Elegoo Mars 2 ins Haus. Diese Drucker sing gar nicht mehr teuer, nehmen nur minimal Platz weg und sind von der Bedienung her super einfach. Die Wahl fiel deshalb auf diesen Drucker weil er mit einem 2k Monochrome Display eine relativ hohe Auflösung und sehr kurze Belichtungszeitem hat.

Für alle die, wie ich, von diesen Druckern zunächst mal null Ahnung haben umreisse ich mal ganz kurz die Funktionsweise. Im Grunde ist das Druckprinzip sehr primitiv. Der Drucker besteht aus einem waagrecht angebrachten Display auf dem eine Schale mit durchsichtigem Boden steht.
In diese Schale wird das lichthärtende Kunstharz eingefüllt das in etwa die Konsistenz von Schlagsahne hat. Hinter der Schale befindet sich eine senkrechte Säule mit einer Spindel. Ein Schrittmotor dreht die Spindel die wiederum eine waagrechte Metallplatte auf- und an bewegt. Die Platte ist etwas kleiner als die Schale mit dem Harz.
Nehmen wir an, wir wollen einen kleinen Zylinder drucken mit 1cm Durchmesser und 5cm Länge.
Der Zylinder wurde zuvor in der Software in lauter kleine Scheibchen geschnitten, jedes einzelne 0,05mm dick.
Zum Druck wird nun die Platte in die Schale abgesenkt bis sie ca. 1/10mm Abstand zum Boden der Schale hat. Nun erscheint auf dem Monitor das Bild des ersten Scheibchens
des Zylinders, also schlicht ein heller Kreis mit 1cm Durchmesser. Dieses Bild wird etwa 3s lang gezeigt und härtet das Harz durch den durchsichtigen Boden der Schale
bis zu der Platte aus. In dem Fall entsteht also ein Scheibchen mit 0,1mm Dicke. Anschließend wird die Platte um 0,05mm nach oben gefahren. dabei haftet das Scheibchen
an der Metallplatte und löst sich vom durchsichtigen Boden der Schale. In den entstandenen Zwischenraum fließt frisches Harz und füllt ihn aus.
Nun wird wieder der Kreis gezeigt und ein weiteres Scheibchen wird ausgehärtet das sich nun mit dem bereits vorhandenen verbindet. Dieser Vorgang wiederholt sich so lange, bis
der gewünschte Zylinder "gedruckt" ist. Nach Beendigung des Druckvorgangs fährt die Platte ganz nach oben und man kann das gedruckte Objekt einfach von der Platte lösen.
Da es noch total mit flüssigem Harz verschmiert ist, muss es in Alkohol vom Harz befreit werden, was aber völlig problemlos ist. Anschließend stellt man den Druck in UV Licht um ihn endgültig auszuhärten. Das ist aber gar nicht in allen Fällen erforderlich, manchmal sogar kontraproduktiv.
Auf diese Art und Weise kann man fast jedes beliebige Objekt drucken - vorausgesetzt man hat es zuvor auch konstruiert und genau da liegt der Hase im Pfeffer.
Davon hab ich auch jetzt noch keinerlei Ahnung, aber Markus hat auf alle Änderungswünsche blitzschnell reagiert und mit die nötigen Dateien geschickt.
Wie er das macht ist mir nach wie vor ein Rätsel. Er beherrscht das einfach perfekt.
Das Schöne an diesen Druckern ist, dass sie als Stand Alone Geräte nicht mal einen PC brauchen. Die STL Datei wird am Rechner in einer einfachen Software in das Druckformat
umgerechnet, auf USB-Stick kopiert, im Drucker in einem einfachen Menü aufgerufen und zu Druck freigegeben. Das ist alles.
Meine Erfahrungen sind zu 100% positiv, es gab keinerlei Probleme obwohl ich von den Standardvorgaben, was die Harze betrifft, stark abweichen musste.
Zitieren
#5
Zunächst musste die optimale Lage des Gehäuses auf der Grundplatte gefunden werden. Für die ersten Probedrucke wurde ein Standardharz verwendet, denn es waren noch viele Änderungen im Detail notwendig. Das fing beim Zentrieren des Innenlebens an und hörte bei Korrekturen der Verschlüsselungselemente der beiden Gehäusehälften noch nicht auf.

Austesten der optimalen Lageposition
   


Anpassungen der Details
   


Fehlersuche Spaltbildung
   
   


Irgendwann passte dann aber alles und nun kam der schwierigere Teil, nämlich das richtige Harz in der richtigen Farbe zu finden. Von den mechanischen Anforderungen her ist das in dem Fall ja völlig unproblematisch, aber Farbintensität, Opazität und Helligkeit müssen genau stimmen.  Schnell zeigte sich dass es da am Markt gar nichts passendes gibt.
Überhaupt hatte ich bei meinen Recherchen den Eindruck dass mit Resin Druckern anscheinend nur Überraschungsei-Figuren gedruckt werden. Berichte oder Videos
über technische Objekte hab ich fast gar nicht gefunden. Die Harze sind alle durch die Bank für unseren gedachten Zweck viel zu transluzent. Also war mal wieder Mischen angesagt. Immerhin lässt sich, im Gegensatz zum Filamentdruck, der Kunststoff überhaupt individuell einfärben. Gerade bei unserem Hobby ist das ein ganz wesentlicher Vorteil wenn man z.B. an Tasten und Knöpfe denkt.
Nun hab ich da im Gegensatz zu PU-Harzen gar keinen Erfahrungsschatz und es musste erst mal experimentell herausgefunden werden welche Farbkonzentrate und Pigmente sich mit den fotosensitiven Harzen vertragen. Hinzu kommt dass sich die Helligkeit beim Nachhärten in UV-Licht in Richtung dunkel verändert. Das hat alles etwas gedauert, aber schließlich war ein viertel Liter angemischt und ein mehrfaches davon für Versuche drauf gegangen. Jedenfalls konnte nun die Produktion der Gehäuse beginnen.

Das erste finale Gehäuse
   
   


Wie man an den Beschriftungen sieht, löst der Drucker im Grunde sehr fein auf. Man sieht aber auch sehr deutlich die Stufen die durch die Pixelsprünge entstehen.
Auch wenn es nur 0,05mm sind, sieht und fühlt man das sehr deutlich. Hier ist wiederum das analoge Verfahren im Vorteil weil es solche Probleme gar nicht kennt.
Da ist eben eine Rundung eine Rundung und kein Vieleck. Dennoch überwiegen bei der Gehäuseherstellung die Vorteile des Drucks ganz klar.

All diese Stufen müssen nun an den sichtbaren Stellen entfernt werden. Mit einfachem "Polieren" geht das in keinster Weise, das muss alles manuell ausgeschliffen werden.
Zu dem Zweck wurden kleine, passende Feilen auf GFK-Streifen und 400er Schleifpapier angefertigt. Das Papier kann man prima mit Klebestift mit dem GFK verkleben.

GFK-Feilen
   

Ist die Feile verschlissen, was bei dem sehr harten Kunststoff schnell geht, kann das Schleifpapier mit warmem Wasser entfernt und ersetzt werden.
Mit Bimsstein und Leinenschwabbel am Poliermotor würde das viel schneller gehen, aber dabei würden alle Kanten zerstört und die Form verwaschen werden.
Nach dem Ausschleifen wird dann mit 800er Papier nachgeschliffen und schließlich am Poliermotor mit Schleifpaste und letztlich mit Polierpaste bis zum Hochglanz poliert.
Damit wäre die Anfertigung des Gehäuses abgeschlossen und wir kommen zum nächsten Schritt,
Zitieren
#6
Nächste Herausforderung war die Anfertigung der Originalklammer die das Gehäuse im vorderen Bereich zusammen hält und über einen aufgenieteten Winkel mittels einer Zylinderkopfschraube M2 die Verbindung zur Wippe des KC1 herstellt.
Je nach Gerät weicht dieser Haltewinkel ab, weshalb die Zweiteilung ausgesprochen Sinn macht.

Originalklammer mit aufgenietetem Winkel
   

Bei dem Original handelt es sich vermutlich um ein einfaches Stanzteil das maschinell gestanzt und gebogen wird. Das Material ist Messing verzinkt.
Welche Möglichkeiten des Nachbaus ergeben sich da nun für den Amateur?
Möglich wäre das Aussägen aus Messingblech und anschließendes manuelles Biegen. Vor allem das Aussägen wäre ein immenser Aufwand wenn das einigermaßen gerade und wínklig werden soll. Vorteil wäre allerdings die optimale Materialgüte mit perfekt porenfreier Oberfläche bei einem gewalzten Blech.
Stanzen scheidet mangels Stanzwerkzeugen aus, ebenso Wasserstrahl- oder Laserschneiden. Vermutlich würde kein Betrieb so einen Kleinstauftrag zu vertretbaren Preisen übernehmen und mein kleiner Laser kann kein Metall schneiden.
Begnügte man sich mit einer Klammer aus Kunststoff, so käme narürlich wieder der 3D-Druck in Frage. Da der Nachbau dem Original aber möglichst nahe kommen sollte, war das keine Option.
Im Grunde bleibt damit wieder mal nur der Metallguss nach dem Prinzip der verlorenen Form.
Das heisst, man benötigt ein Ausgangsmodell das in allen Details genau dem Original entsprechen muss. Dieses Modell wird dann in einen feuerfeste Masse eingegossen die dann nach dem Erstarren erhitzt und damit das eingebettete Modell ausgebrannt wird. In den entstandenen Hohlraum wird dann flüssiges Metall gegossen.
Der Vorteil dieser Methode ist, dass praktisch beliebig geformte Teile hergestellt werden können.  Der Erfolg dieses Verfahrens hängt aber von sehr vielen Variablen ab. Zunächst braucht man natürlich erst mal ein einzubettendes Modell und zwar für jeden einzelnen Guss ein neues, da es ja verbrannt wird. Ebenso muss die Einbettmasseform jedes mal neu hergestellt werden.

Nun hätten wir prinzipiell mit dem 3D-Druck die ideale Methode solche Modelle in beliebig Zahl ohne weiteren Aufwand herzustellen.
Das Problem ist nur, dass diese Modelle absolut rückstandslos verbrennen müssen. Es darf keinerlei Asche zurückbleiben, weil sich die ansonsten hinterher in Form von Fehlstellen im Guss wiederfindet.
In der Zahntechnik wurde dieses Verfahren im Laufe vieler Jahrzehnte immer weiter perfektioniert, so dass hier optimal aufeinander abgestimmte Werkstoffe zur Verfügung stehen. Die hierfür entwickelten Wachse und Kunststoffe brennen perfekt aus, sind aber für den 3D-Druck natürlich nicht verwendbar. Die Recherche ergab aber, dass es hierfür inzwischen auch Druckharze gibt die angeblich ausbrennen und sich "Castable Resins" nennen. Die Preise dafür sind heftig. Chinesische Produkte kosten um die 100 Euro/Liter, es werden aber auch Harze für bis zu 400 Euro/Liter angeboten.
Also wurden 0,25 Liter eines chinesischen Herstellers bestellt. Markus hatte Klammer und Winkel wie immer in kürzester Zeit konstruiert und mir die Dateien geschickt, so dass der erste Probedruck erfolgen konnte, der auch sehr gut verlief und ein einwandfreies Ergebnis lieferte.

   

Die Ergebnisse nach dem Guss im Standardprozess waren aber verheerend. Einschlüsse, Fehlstellen und Porositäten ohne Ende, absolut unbrauchbar. Ich hatte das ja fast befürchtet, denn in der Zahntechnik sind fotosensitive Harze seit Jahrzehnten in Gebrauch, aber bis heute ist es keinem Hersteller gelungen die wirklich ausbrennfähig zu gestalten. Deshalb wird hier immer noch fast ausschließlich mit Wachsen und Kunststoffen auf PMMA Basis gearbeitet.
Von daher wurde die Möglichkeit es Drucks erst mal verworfen und eine Alternative gesucht.
Die Idee war, die Teile "plattgewalzt" in einem Zeichenprogramm zu erstellen und dann aus einer dünnen Kuststoffplatte mit dem Laser auszuschneiden, dann zu gießen und schließlich manuell in die Endform zu biegen.
Doch auch hier gab es Probleme. Diese Diodenlaser mit 7 Watt können nur schwarze Kunststoffe schneiden und natürlich muss es ein ausbrennfähiger Kunststoff auf PMMA Basis sein. Aber hier bietet der Markt abermals absolut nichts an, so dass die Kunststoffplatte selbst hergestellt werden musste.
Zitieren
#7
Dazu wurden zwei Glasplatten mit einem Wachstrennmittel isoliert und dann ein typischer, seit über 50 Jahren bewährter PMMA Kunststoff schwarz eingefärbt und zwischen zwei Glasplatten gegossen, sie durch Einlegen von 0,6mm starken Scheibchen auf Distanz gehalten wurden. Nach 20h Polymerisationszeit ergab das eine perfekt ebene und glatte Kunststoffplatte.

   
   
   
   

Aus dieser Platte konnten nun die Teile mit dem Laser ausgeschnitten werden
   

Parallel dazu liefen aber die versuche mit dem 3D-Druck weiter und es wurde ein weiteres Resin getestet das aber die gleich schlechten Gussresultate und dazu noch ein schlechteres Druckergebnis lieferte.

   

Da ich aber nicht aufgeben wollte, versuchte ich es mit diversen Abwandlungen was das Vorwärmen und Ausbrennen betrifft. Dazu musste aber erst mal eine bezahlbare Eibettmasse aufgetrieben werden, denn die dentalen Einbettmassen sind für diese Zwecke unbezahlbar. Fündig wurde ich im Bereich der Schmuckherstellung. Hier gab es eine Eibettmasse die als 25kg Sackware für 60 Euro gehandelt wird. Dentale Massen kosten ein vielfaches davon. Für einen Guss werden 120g benötigt, so wurden erst mal einige Tage damit verbracht die 25kg in Einzelportionen zu 120g abzufüllen und in Folie einzuschweissen, da angebrochene Sackware sehr schnell Wasser zieht und dann unbrauchbar wird.

Nun hatten wir also unsere eigene Tefifon Einbettmasse  Big Grin
   

Die Abwandlungen des Ausbrennprozess zeigten allmählich Erfolge, die Güsse wurden besser, wenngleich nicht annähernd so wie ich das beruflich gewohnt bin. Irrwitzige 15h dauert der Prozess nun, dafür ist im Schnitt jeder zweite Guss mit Einschränkungen brauchbar.
Von daher liefen jetzt erst mal beide Verfahren nebeneinander weiter, einen Sieger gab es zu dem Zeitpunkt nicht.

Hier sieht man nun die lasergeschnittene  und die gedruckte Klammer nebeneinander auf dem Muffelboden, fertig zum Einbetten.
   

Es folgt Einbetten, Vorwärmen und Gießen. Bei der Legierung hab ich mich für eine Bronze entschieden. Die mechanischen Eigenschaften sind mit Messing vergleichbar und der Guss ist mit Bronze wesentlich angenehmer weil durch den Wegfall des Zinks die weißen Rauchschwaden entfallen.

   
   
   
   
   
   
   
Zitieren
#8
Nach dem Abkühlen, Ausbetten und Sandstrahlen hält man dann den Rohguss in Händen.
Hier kann man schon in Ansätzen die glattere und homogenere Gussoberfläche des PMMA Modells erkennen

   

Typischer Gussfehler in Form von Ascheeinschluss bei der gedruckten Version. Damit ist diese Guss hinfällig.
   

Grundsätzlich muss jeder Guss nachbearbeitet werden. Ab besten geschieht das in dem Fall der Klammer Durch abziehen auf Schleifpapier. Da wird es nun erst spannend, ob und wie stark Gussfehler in Form von Porositäten zum Vorschein kommen.
Für ein gutes Ergebnis muss das möglichst makellos sein. Im geschliffenen Zustand sind Fehler noch nicht so augenfällig, nach dem Verzinken später treten sie aber umso stärker hervor.

   

Das Abziehen der gedruckten Version ist natürlich durch die vielen Einzelflächen und Rundungen erheblich aufwändiger, dafür spart man sich das manuelle Biegen.


Nach dem Schleifen mit Sandpapier. Hier sind auf der Innenseite der lasergeschnittenen Klammer noch normale Unregelmäßigkeiten der Oberfläche zu sehen. Das restlose Abschleifen kann man sich hier sparen, da die Innenseite später ja nicht sichtbar ist.
Die gepunkteten Flächen sind Stellen an denen der Laser das Material für leichteres Biegen etwas reduziert hat und gleichzeitig markiert es die richtigen Biegestellen.
   

Für leichteres Biegen wurde ein Gehäuse komplett gedruckt und als Vollkörper gegossen. Hier offenbart sich durch die große Materialmenge die miserable Gussqualität durch Restasche besonders deutlich. Als Biegehilfe aber dennoch brauchbar.
   

Nun kann die Klammer über dem Bronzemodell gebogen vorgebogen und dann mit Zangen in die endgültige Form gebracht werden.
   

Hier nun die gebogene und gedruckte Klammer im Vergleich. Im Endeffekt sind die Ergebnisse vergleichbar. Wäre nicht das Gussproblem mit den Resins, so wäre die gedruckte Variante in der Summe der Sieger. Aber so schenkt sich das vom Aufwand her eigentlich nichts.
   
Zitieren
#9
Anders sieht das bei dem Winkel aus. In der Summe aller Umstände ist hier die lasergeschnittene Variante der bessere Weg.
Aber ausschließlich deshalb, weil sie als ebene Platte sehr gut abzuziehen geht und erst ganz zum Schluss gebogen wird.
Von der Form her ist die gedruckte Variante um Längen besser, vor allem im Bereich der Kabelklemmung, die man manuell gebogen nicht annähernd so gut hinbekommt wie es der Druck ermöglicht. Hätte man die Möglichkeit direkt in Metall zu drucken, oder gäbe es ein Verfahren der Nachbearbeitung für diese verwinkelten, kleinen Flächen, dann wäre der Druck eindeutiger Sieger.
Es sei denn man würde diese raue Gussoberfläche akzeptieren. Aber man sollte sich da nicht täuschen lassen. Auf dem Foto sieht das nach dem Sandstrahlen ganz gut aus, nach dem verzinken ist es ein optischer Gau.

   

Die geschnittene Version ist da von der Oberfläche her schon um Welten besser.
   

Hier noch einmal das Ergebnis der Gegenüberstellung der digitalen und der analogen Methode am Beispiel der Klammer.
   


Da Klammer und Winkel nun soweit fertig sind ist es an der Zeit sie zu verzinken. Dazu müssen sie aber zuvor noch feingeschliffen werden. das Abziehen auf Schleifpapier reicht da nicht.
Das geschieht in der Poliertrommel mit Dreiecksteinchen, Wasser und Polierseife und dauert etwa 24h.

   
   

Das Ergebnis nach dem Schleifen sind seidenmatt glänzende Oberflächen mit herrlich entgrateten Kanten.
   


Nun kann verzinkt werden. Die Teile werden zuerst in Ultraschall gereinigt, dann elektrolytisch entfettet und schließlich verzinkt.
Das Verzinken erfolgt bei 0,6Volt Spannung für 20 Minuten.

   

Entfettung
   

Verzinken
   

Nach dem Verzinken sieht das alles andere als schön aus. Es ist ein weitere Arbeitsschritt erforderlich. Die verzinkten Teile müssen poliert werden damit das Zink metallisch zu Tage tritt.
   

Das geschieht wieder in der Poliertrommel, diesmal mit Zirkonoxidkügelchen. Gegenüber Stahlkugeln ergibt das eine homogenere Oberfläche. Das Polieren dauert diesmal nur rund 2 Stunden.
   
   

Das Ergebnis nach dem Polieren ist ganz annehmbar. Man sieht aber nun deutlich, dass auch die allerkleinste Porosität und der kleinste Kratzer deutlich zu Tage treten.
   
Zitieren
#10
Der Winkel muss nun noch gebogen werden. Um da möglichst keine Macken in die Oberfläche zu bringen braucht man eine Zange mit glatten, am besten polierten Innenflächen. So ein Teil hab ich bei Amazon gefunden. Zuerst wird der 90 Grad Winkel gebogen und anschließend die Zungen der Kabelhalterung mit einer schmal geschliffenen Flachzange. Das geht nach einiger Übung ganz gut, erreicht aber nicht annähernd das professionelle Erscheinungsbild der gedruckten Version. Man hat hier immer nur die Wahl zwischen Pest und Cholera.

   
   
   

Das Ergebnis aller Bemühungen
   

Nun müssen Klammer und Winkel noch verheiratet, sprich vernietet werden und da lauerte das nächste Problem. Die erforderlichen Hohlnieten mit 2,5mm Aussendurchmesser waren zwar aufzutreiben, aber die dafür erforderlichen Vernieteinsätze wurden nirgends angeboten. Die Standardnietzangen mit den passenden Einsätzen gibt es in jedem Baumarkt, aber leider nur mit einem Durchmesser von 4,5mm.
Markus hatte dann die geniale Idee diese Einsätze nachzukonstruieren und dann auf 2,5mm herunter zu skalieren. Dann Drucken und gießen und fertig wäre der Nieteinsatz. leider hat das nicht geklappt. Der Guss mit dem Resin war wieder mal viel zu schlecht, der Umweg über eine Abformung des Drucks in Silikon mit anschließendem Ausgießen in Wachs scheiterte an der Unvertäglichkeit des Silikons mit dem 3D-Kunststoff. Es traten massive Vernetzungsstörungen auf, so dass wir diese Möglichkeit leider verwerfen mussten.
letztlich blieb nur der analoge weg über die Drehbank und nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum  wurde so lange experimentiert bis eine geeignete Geometrie für den Vernieteinsatz gefunden war.
Nun konnte endlich vernietet werden.

   

Das Ergebnis kann sich im vergleich mit dem original sehen lassen, auch wenn der Nietkopf sich deutlich unterscheidet. Aber diese Nieten waren nicht aufzutreiben.
   
   
Zitieren
#11
Somit hätten wir alle wesentlichen Teile zusammen und es geht an die Montage. Zuerst wird das Innenleben des China-Systems entnommen. Dazu wird die Nadel entfernt und die kleine Nase vorn mit einer Flachzange aufgebogen. Nun können die Keramikstreifen mit den Gummilagern und dem Nadellager als Einheit entnommen werden.
   
   

Die Steckanschlüsse werden mit einer Trennscheibe unmittelbar hinter den Keramikstreifen abgetrennt.

.jpg   03_Kontakte angetrennt.jpg (Größe: 35,46 KB / Downloads: 153)

Es folgt das Verlöten der Anschlüsse mit möglichst dünnen Drähtchen
   

Für die Lötpunkte hinten am Gehäuse werden Hohlnieten mit 1,3 mm verwendet die auf die Drähtchen aufgefädelt werden.
Die Erfolgsqoute beträgt ca. 1:5, d.h. von fünf Nieten landen 4 am Fussboden und einer auf dem Drähtchen  Big Grin
   

Nun kann verlötet werden. Das sollte möglichst schnell passieren damit der Kunststoff nicht unnötig leidet.
   

Die Hohlnieten und die Gummilager werden genau ausgerichtet und mit ein paar winzigen Tröpfchen Buchbinderleim in ihrer finalen Position fixiert. Da der Leim transparent auftrocknet ist er kaum zu erkennen.
   

Wenn das einigermaßen fest ist, werden die Hohlnieten noch mal zusätzlich mit richtigem Harz von unten her verklebt. Schließlich muss da später noch dran gelötet werden und da dürfen sie sich nicht lockern.
   

Anschließend wird das Verbindungsröhrchen zur Nadel aufgesteckt und mit einer winzigen Menge Buchbinderleim verklebt.
Dabei darauf achten dass das Röhrchen in allen Richtungen sauber zentriert ist.
   
   
   

Die originale Vernietung hinten am Gehäuse wird durch zwei Fake-Nieten ersetzt. Für einen durchgehenden Niet ist einfach kein Platz und in der benötigten Länge gibt es die auch gar nicht. Die verwendeten Nieten haben 0,9mm Durchmeser und sind 2,5mm lang. Andere gab es nicht und da sie zu lang sind müssen sie etwas gekürzt werden. Das geschieht am besten auf einer sehr feinen Sonde, da der Innendurchmesser nur knapp 0,4mm beträgt und da kaum was anderes reinpasst. Mit der Hand halten geht nicht, dazu ist der Niete einfach zu klein.
   

Die Nieten werden nun ins Gehäuse gesetzt und von innen her mit Harz fixiert.
   
   

Im nächsten Schritt werden die Gehäusehälften im äusseren Kontaktbereich ganz dünn mit Harz bestrichen, zusammengefügt und mit einer Federklemme bis zum Aushärten fixiert. Überstände müssen sofort entfernt werden.
   
   
   

Als letzter Schritt wird nun die Klammer mit dem vernieteten Winkel aufgeschoben und mit einer Zange mit Kunststoffbacken zusammengedrückt.
   
   
   

Zum Abschluss wird noch das Kabel angelötet, mit der Kabelklemme des Winkels fixiert und die geplotteten Schildchen angebracht.
Das SK451 ist nun fertig und kann sich im direkten Vergleich mit dem Original durchaus sehen lassen. In dem Fall ist es noch minimal zu hell, was sich aber durch Nachbelichten korrigieren lässt. Ich hab das absichtlich nicht gemacht weil sich erst noch zeigen muss ob das Gehäuse durch das Tageslicht nicht noch von selbst etwas nachdunkelt.
   
   


Ich möchte mich an dieser Stelle bei Markus vielmals ausdrücklich bedanken. Ohne ihn wäre dieses Projekt in der Form nicht möglich gewesen.
Der Austausch über einen Messenger klappte hervorragend und ging oft bis tief in die Nacht hinein und sein Enthusiasmus hat mich immer wieder mitgerissen. Nicht zuletzt hat es uns auch gezeigt dass man in einem Team schneller und besser voran kommt. Uns hat das sehr viel Spaß gemacht, auch wenn es im Detail immer wieder Rückschläge und Frust gab.

Viele Grüße,
Achim

Moderationshinweis: Bitte nicht hier auf das Thema antworten, sondern hier: https://radio-bastler.de/forum/showthrea...#pid217037
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Diskussion zu "Nachbau des Schumann Merula SK 451" mageb 25 4.327 11.01.2022, 18:18
Letzter Beitrag: mageb

Gehe zu: