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Graetz Kurfürst F44
#1
Hallo Fernsehfreunde

Für alle, denen sich bei einer kompletten Austauschaktion von Kondensatoren der Magen umdreht, sie sollten ab hier nicht weiter lesen  Wink Es ist nun mal so, das man bei einem 65 Jahre alten Fernsehgerät nicht rumexperimentiert, ob der eine oder andere Kondensator noch funktioniert und ob man vielleicht nach alter Schule, nur die durch Überalterung mangelhafter Bauteile hervorgerufenen Fehler behebt. ( Mußte ich jetzt mal los werden ) Es finden sich auch nach so einem Komplettaustausch noch genügend Fehler, da muß man sich wirklich nicht noch mit einem durchgeschlagen Elko, oder ähnlichen herumärgern. Wie bei meinen letzten Reparaturberichten gehe ich auch hier wieder systematisch vor, so das auch ein anderen F44 Besitzer diesen Bericht als Wegweiser für die erfolgreiche Reparatur anwenden kann.
Wie immer bei solchen Geräten erfolgt eine technische Vorstellung und alles was irgendwie wichtig ist, versuche ich gerade hier mit in den Text einzufügen. Und für alle Technik Freaks, die Reparatur führe ich ohne aufwendige Oszillogramme durch. Diese sind m.M. nur bei spez. Störungen im Funktionsablauf eines TV notwendig. Hier bei diesem Projekt erscheint mir das überflüssig, da die meisten Bauteile, die man ja bei einer solchen Störungssuche einkreist, ohnehin ersetzt werden. Und abgesehen davon versuchen viele Fernsehbesitzer von solchen älteren Geräten, diese wieder ohne diese Hilfsmittel zu reparieren. Spannungen sollten, wie seinerzeit, mit einem Röhrenvoltmeter gemessen werden. Wobei die Messungen im sensiblen Hochspannungsbereich, sofern Notwendig, mit äußerster Vorsicht durch geführt werden müßen. Ein Regeltrenntrafo ist Pflicht bei der Reparatur von Allstromgeräten, zu denen Fernseher gehören. Hilfreich ist auch ein Röhrenprüfgerät, um schadhafte Stücke von vorherein auszusondern.

   
Im Mai 2018 habe ich diesen Fernseher bereits unter Gerätevorstellung präsentiert. Es fehlte der Platz, das ich mich um das Fernsehgerät kümmern konnte. So stand er fast 3 Jahre in meinem Außenlager. Nun ist der Platz schon lange vorhanden, diesen Graetz Kurfürst Fernseher wieder zu beleben. Und ich denke, es wird mir ein Kurfürstliches Vergnügen sein, die Reparatur dieses sehr schön erhaltenen Kurfürsten zu beschreiben, dessen Produktionsdatum vom 5.12.1957 ist.

Technische Daten aus der Serviceanleitung, die als Original vor mir liegt.
Das Baujahr des Gerät ist 1957 produziert wurden diese Apparate in der Zeit 1957 bis 1958. Das besondere an diesem Standgerät ist die Radio - Fernseh Kombination.


Schaltungsmerkmale:
Fernsehteil : Super mit Vorstufe in Kaskodenschaltung, vierstufiger Bild ZF Verstärker, Differenzträger – Tonverstärkung, zweistufiger Ton – DF – Verstärker, Ratiodetektor mit Germaniumdioden, getastete Regelung, Amplitudensieb mit Störselbstunterdrückung, Schwungradsynchronisierung mit symmetrischem Phasendiskriminator, Auftaströhre. Hochspannungsstabilisierung und Bildbreitenautomatik.
Radioteil : FM Super mit Zwischenbasis Vorstufe 5,5 MHz Zwischenfrequenz, Ratiodetektor mit Germaniumdioden, zweistufiger ZF Verstärker.
AM Bereich ist als Super konzipiert.

Sind zu den angeführten Technischen Details Fragen, so beantworte ich sie gern, soweit es meine Kenntnisse erlauben.
 
Das Gerät hat folgende Kreise : 18 Bild 5 Ton 12 FM und 7 AM
23 Röhren beherbergt der Kurfürst! Ferner 6 Germaniumdioden und zwei Selengleichrichter.
Die Röhrenbestückung und Diodenbestückung:
Fernsehteil :
Eingangs und Mischteil PCC 88 und PCF 80
Bild ZF 4 x EF 80
Bildgleichrichter und Videoteil OA160 (OA159) PL 83
Tonteil UCH 81 UBF 80 2 x OA 172 UF 89
Amplitudensieb EH 90 ECC 82
Taströhre PCF 80
Vertikal – Ablenkung ECC 82 PCL 82
Horizontalablenkung und Hochspannungserzeugung PL 36 PY 81 PY 83 EY 86
Bildbreitenautomatik PCF 80
Bildröhre AW 53-80
Radioteil:
FM Teil UKW : UCC85
Tonteil UCH 81 UBF 80 2 x OA 172 UF 89 UM 80 UL 84
AM Teil: UCH 81 UBF 80 UF 89 UM 80 UL 84
Netzteil : Selengleichrichter E 250 C 350 und E 250 C 130
Allstromausführung
Sprechleistung ca. 6 Watt
Lautsprecherbestückung 1 x Ovallautsprecher 195 x 310 mm 1 x Hochtonlautsprecher 100mm Durchmesser 1 x Schallkompressor alle Lautsprecher permanent dynamisch
Höhen und Bassregler getrennt zusätzlich Sprache – Musik Taste.
Störimune Kurzzeitregelung durch getastete Regelautomatik
Kontrastregler Videoseitig wirkend
Klarzeichner drei Schaltstellungen
Wellenbereiche: Fernsehteil 10 Kanäle VHF + 1 Reservekanal
UKW 87,5 – 100 MHz
KW 12,78 – 5,9 MHz
MW 1650 – 510 KHz
LW 365 – 140 Khz

Bildgröße 480 x 380 mm
Gewicht ca. 60 Kg

   
Um in den Besitz eines solchen außergewöhnlichen Fernsehgeräts zu kommen, mußte man also ca. 1568 DM auf den Tisch legen. Somit war so ein Luxusgerät nur für die Besserverdiener erschwinglich. Abgesehen davon, das die Masse an Bürgern 1957 ohnehin nur von einem Fernsehgerät träumen konnten.


Diese Angaben dürften für die Vorstellung genügen, weitere detaillierte Angaben folgen im nächsten Teil, wo ich das Blockschaltbild und den Schaltplan, sowie die Funktionsbeschreibung vorstelle.




Quellennachweis : Original Graetz Service Unterlagen und Original Graetz Werbung
Radiogrüße Detlef

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#2
Hallo Detlef,
ich bin schon gespannt, wie es mit dem Gerät weitergeht und werde interessiert mitlesen.
VG
Hans
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#3
Hallo Fernsehfreunde

Heute geht es weiter mit der Graetz Kurfürst Beschreibung.

   
   
Die Funktionsbeschreibungen des Graetz Kurfürsten aus dem Serviceheft stelle ich als Foto ein, da sie sehr Interessant sind. Vieles ist auch mit den Geräten aus früherer Produktion identisch. So hat sich z.B. am Radioteil wenig verändert.
Mit dem Blockschaltbild beginnt die Beschreibung des Fernseher. Danach erfolgt die von dem Rundfunkteil.

   
   
   
Letzte Informationen über den TV Betrieb findet man dann in dem Serviceheft vom F37 F41 F43 und F45 dort sind vier Seiten über die technische Beschreibung. Das Blockschaltbild allerdings beinhaltet ja nur die reinen Fernsehempfänger.

   
Der Original Schaltplan des Graetz Kurfürst

   
   
Die Serviceanleitungen enthalten neben Stücklisten auch Abbildungen der Chassis Ober- und Unterseite. Schön bei solchen Abbildungen, man kann bei den Arbeiten immer wieder einen Blick auf diese Bilder werfen, um sich unter dem Chassis zu Orientieren.
Hinweisen möchte ich meinen Eindruck zu der Schaltung des Kurfürst. Wenn man sich die Serviceanleitung dieses Geräts anschaut, findet man keinerlei Spannungsangaben und Oszillogramme, außer Spannungsangaben für den Radioteil. Um hier auch etwas Klarheit zu schaffen muß man sich die F44 Serviceanleitung genau durchlesen und den Schaltplan des Graetz Kornett F 37 zur Hilfe nehmen, wie es in der F44 Anleitung empfohlen wird. Wer sich die Schaltpläne genau anschaut, wird erkennen, das der Kurfürst genau aus dieser Gerätekonstruktion hervorgeht. Wobei ich anmerken möchte, wenn man sich an Hand der Bildröhrengröße hält trifft es eigentlich zu, das die Modelle F41 Burggraf und F43 Kalif eher dem des Kurfürst entsprechen, nur das man noch einen Radioteil eingebaut hat. Dieses wiederum stammt laut einer Zeitgenössischen Werbung, aus dem Graetz Reichsgraf.
So muß bei der Reparatur und auch bei der Überprüfung der Spannungen der andere Schaltplan zur Hilfe genommen werden.

   
   
   
   
   
Die Schaltplanausschnitte mit Spannungsangaben aus F37 F41 F43 und F44


Mal schauen, ob es wirklich ein Kurfürstliches Vergnügen wird, diesem Apparat wieder zum laufen zu bringen. Erfahrung mit Kombinierten Radio/Fernsehgeräten habe ich durch die Clivia und den Graetz Landgraf. Wobei natürlich die Spannungsüberprüfungen, die man im Anschluß einer Reparatur durchführt, durch die Schrank Version sehr umständlich sind. Da komme ich später nochmals darauf zurück. Man kann sich da ganz einfach helfen.
Einen Funktionstest, wie bei anderen Geräten habe ich nicht vorgenommen. Da gibt es einige Gründe, die sehr lange Standzeit und das durch die Nichtbenutzung gelittenen Bauteile , wie Elkos, Kondensatoren und spez. der Hochspannungsteil, der ja Optisch nicht unbedingt Vertrauenswürdig aussieht.

Man kann, wenn die Angaben des Vorbesitzers stimmen, davon ausgehen, das der Kurfürst etwa Ende der 70er Jahre zumindest mit dem Radioteil noch in Betrieb war. Dann stand der Fernseher in einem Abstellraum. Da Platz genug im Haus war, landete er nicht auf dem Sperrmüll. Die Bildröhre hatte ich gleich nachdem ich ihn bekommen habe gemessen. Sie tut es noch, bekommt vielleicht noch eine Auffrischung mit dem Müter. Irgendwann wird mir noch passender Ersatz für die Bildröhre über den Weg laufen. Meist verändern sich die Werte einer älteren Bildröhre aber auch, wenn sie im Betrieb ist. Bei dem Landgraf hat das wiederholte benutzen etwas gebracht, ob das beim F44 auch der Fall ist, kann ich ja später, wenn er wieder funktioniert, nachprüfen. Momentan ist sie leider nach Müter - Angabe noch so eben brauchbar. Eine MW 43-64 aus einem Schrottgerät hatte sogar nach etwas längerer Heizzeit mit dem Müter und dem vorsichtigen abklopfen des Röhrenhals bereits nach 5 min. schon wieder eine gute Emmission von 0,75 mA. Schlechte Werte zu beginn einer Bildröhrenprüfung muß nicht unbedingt was bedeuten. Aber zunächst sind andere Dinge wichtiger.

   
Etwas verstaubt, die Messingleiste links ist lose, aber sehr wenige Kratzer und Beschädigungen.

   
Seine Durchlaucht hat die Türen geöffnet und gibt den Blick frei, auf den Bildschirm und die schöne Skala.

   
Nicht ganz so vornehm geht es im inneren zu. Staub der Jahrzehnte bedeckt alles. Trotzdem erscheint das Innenleben in einem gut erhaltenen Zustand. Kein Rost, nichts zerfleddert und vor allem nahezu noch Original.

   
Nur hier unten hat unser Hochwohlgeboren eine sehr schmuddelige Abteilung. Die arg verstaubte Beschallungseinrichtung , sie macht Neugierig auf den Klang, wenn der Kurfürst wieder spielt.

   
Die AW 53-80 beherrscht den Innenraum, für den Transport in meine Werkstatt wird die Bildröhre vorsichtshalber ausgebaut.

   
Unter der Decke ist die Radioantenne und die Fernsehantenne. Die Fernsehantenne ist für Ortssender wohl ausreichend. Auch hier finden sich reichlich Staub und Spinnenweben.

   
Das Chassis ist ausgebaut und befindet sich schon in meiner Werkstatt. Gut gelöst ist die Steckverbindung des Chassis zu den seitlichen Drucktasten. Auch die Lautsprecher haben eine Steckverbindung. Natürlich muß man erwähnen, das ein Standgerät nicht unbedingt Servicefreundlich sind. Hier kann man nicht mal eben die Spannungen im Betrieb messen, ohne irgendwelche Adapterkabel, die es laut Auskunft eines Radiotechnikers für solche Geräte gab, bzw. in den Werkstätten selbst gebaut wurden. Mit Hilfe dieser Verlängerungskabel, konnte man das Chassis außerhalb des Gehäuse stellen und so die Messungen vornehmen.


Fortsetzung folgt


Quellennachweis: Original Graetz Service Anleitungen
Radiogrüße Detlef

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#4
Hallo Fernsehfreunde

Heute geht es mit der Bestandsaufnahme des Chassis weiter.

   
Das Chassis steht nun auf dem Werktisch. Der Drehkondensator für den Radioteil AM und FM sitzt fest. Das hatte ich ja bei dem Landgraf auch und dürfte eine sehr adelige Macke bei diesen Geräten nach langer Standzeit sein. Ferner fällt bei weiteren Testen auf, das das Poti für die Bilddurchlaufkorrektur fest sitzt. Das sind die kleinen Potis, die hinter den Bohrungen der Skala zugänglich sind. Sie dienten für den Servicetechniker zur Grundeinstellung des Geräts beim Kunden. Eigentlich benötigt man diese nicht, da ja von einer Automatik die Rede ist. Es sind auch noch die Verbindung Lautstärke/Drehkondensator, sowie das senkrechte Bilddurchlaufpoti fest. Klar ist, das die anderen Potis durchgemessen und überprüft werden, wie sauber die Schleifbahn arbeitet. Ferner wird sich dann wie immer im Betrieb feststellen, was sonst noch an Potis defekt ist.

Zwischenzeitlich habe ich auch eine Original Bedienungsanleitung bekommen.
   
Die Bedienungsanleitung des Graetz Kurfürst

   
Ein erster Blick unter das Hochherrschaftliche Kleid offenbart einen noch fast Originalen Zustand. Es sind nur wenige Kondensatoren ersetzt worden, sie befinden sich alle im Hochspannungsteil der Schaltung. Allerdings dürften diese nun auch schon wieder das zeitliche gesegnet haben. Auffällig und in seiner Kapazität völlig überhöht ersetzt, ist der auffällige 0,47µF Wima ! Hier gehört ein 0,025µF Kondensator eingebaut. Wie man also sieht, darf man nicht alles an Werten übernehmen und immer wieder mit dem Schaltplan vergleichen, was dort wirklich hin gehört.

   
Man findet überwiegend ERO Papier Kondensatoren, sowie Eroid Folien Kondensatoren, wobei die bunten auch nicht mehr zu empfehlen sind. Bei den liegenden Elkos kann man davon ausgehen, das sie trocken sind und jegliche Wiederbelebungsversuche vertane Zeit sind.

   
Die Widerstände sind meist noch in unbedenklichen Zustand, dennoch sollte man bei der Reparatur, so wie ich hier vorgehe testen wo immer es geht. Es gibt immer welche, die ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen. Das gilt auch für alle Potis.

   
Im Hochspannungsbereich fällt der verbrannte Widerstand auf. Auch hier sollte unbedingt Ersatz eingebaut werden. Das der Selengleichrichter für den Fernsehteil nur noch bedingt Einsatzfähig ist, wird sich spätestens bei der ersten Inbetriebnahme zeigen. Vorerst bleibt er an seinem Platz und so wie ich diese Gleichrichter kenne, geben sie nicht mehr die gewünschte volle Spannung ab, die bei den ersten Test sicherlich auch von Vorteil sind. Und sie ziehen Strom! Meist geht bei Ersatz die Stromaufnahme sofort zurück. Wie gesagt, nach dem ersten Test kann man ihn ersetzen, entweder mit einem Original Selengleichrichter, oder Dioden. OA210 OA214 BY127 oder ähnliche eigenen sich dafür.

   
   
   
Detaillierte Aufnahmen wie diese sind unerlässlich bei einer Reparatur mit meiner Methode. Ich denke, die drei Fotos genügen, wie solch eine Fotodoku aussehen muß. Es gibt dann noch vier weitere Fotos, aber das würde wieder nur den Rahmen sprengen.

   
Hier im oberen Bildbereich, sieht man den Einweggleichrichter für den Radioteil, der wird ohne Überprüfung ersetzt. Ich habe noch Originale Neuteile, die haben sich bewährt. Das geschieht aber wirklich erst zum Schluß der gesamten Reparatur.

   
Unter der Blechhaube befindet sich der Trommelwähler des Fernsehers. Auch dieser wird erst zum Schluß der Reparatur gereinigt.

   
Nun ist die Chassisoberseite an der Reihe. Hier auf dem Bild sieht man die typischen Dominit Elkos. Wenn man sich diese von unten anschaut, kann bereits schon einige Stellen erkennen, wo das Elektrolyt ausgetreten ist. Und wie schon unlängst im Landgraf Bericht erwähnt, es lohnt sich nicht diese zu formieren. Hier kommen neue Becher Schraubelkos an ihren Platz

   
Hier im Fürstenhaus ist einiges im Argen! Der Hochspannungswickel hat Schäden an der Isolierung. Ob er bereits Durchschlägt könnte man bei den späteren Tests heraus finden. Jedoch wird so was hier grundsätzlich erneuert. Das mag ich so nicht in Betrieb nehmen, da habe ich gute Gebrauchtteile, die werden hier eingebaut. Der Zeilentrafo selbst macht auf den ersten Blick noch einen guten Eindruck. Zwar bin ich Anfangs wegen dem Wachs etwas skeptisch gewesen, nach der Reinigung sah das allerdings einigermaßen vertrauensvoll aus. Aber immer wieder schaue ich doch etwas nachdenklich auf den Trafo.

   
Zeilentrafo Nr. 65215 ! dieser ist also Original und ich finde sogar in meinen Beständen noch einen fast neuwertig aussehenden Zeilentrafo, dieser hat jedoch am Eisenkern einen Riss. Das erklärt, warum er nie verbaut wurde, oder vorschnell ausgetauscht wurde. Also für den Fall der Fälle bin ich vorbereitet.

   
In der Serviceanleitung der F37 findet man auch eine Abbildung des Zeilentrafo. Dort sind die Anschlüsse gekennzeichnet. Also fällt ein Umbau leichter, da die Kennzeichnungen auch im Plan zu finden sind.

   
Der UKW Tuner mit seinem eingebauten Drehkondensator und der AM Drehkondensator, der eine Abdeckung aus Pappe besitzt.

   
Der Fernsehtuner mit seinem Trommelwähler.

   
Hinter dem Fernsehtuner findet man noch zwei Becherelkos und wie immer reichlich Staub

   
Noch mal der Zeilentrafo mit den Röhren PL 36 und PY 83 dahinter das verfärbte Trafopapier, das mich doch langsam Nachdenklich macht.

   
Fürstliches Gruselkabinett mit Wachs und Staub

   
Nach der gründlichen Reinigung zeigte sich das vornehme Innere wieder in schönen Zustand. Der Zeilentrafo hat seinen ersten Schrecken wegen des äußerlichen Zustand verloren. Das ist alles machbar, da wird es keinerlei Probleme geben. Aber man muß damit rechnen, das der Trafo Schrott ist. Probleme , auch den eines anderen Fabrikats einzubauen erkenne ich nicht. Auch die Konkurrenz kocht nur mit Wasser. Bei Philips gab es ähnliche Konstruktionen mit den rechteckigen Eisenkernen, wo die Trafowicklung nicht einzeln austauschbar ist. Bei anderen Herstellern war das wesentlich Servicefreundlicher gelöst. Da konnte man den Trafo von dem Eisenkern nehmen.

   
Jetzt sind bereits die Röhren gezogen und die Skala habe ich abgebaut. Auf der Blende findet sich noch etwas Staub, der wird auch noch entfernt und die Blende auch abgebaut.

   
Die Röhren sind alle im Funke 4 /3 geprüft, alle die nicht mehr brauchbar sind bekommen eine rote Markierung. Ersatz liegt bereit. Die Röhren hatten leider zum Teil keine guten Werte bei der Prüfung im Funke. Es ist ja auch nur ein grober Funktionstest, der eigentlich nicht viel aussagt.
Trotzdem führe ich mal die Testergebnisse auf:
Rö. 101 PCC 88 beide Systeme gut
Rö. 102 PCF 80 beide Systeme gut
Rö 201 – 204 alles EF 80 hier zeigt das Funke Emissionsschwäche an, die müßten also ersetzt werden Die Angaben lagen bei 4mA
Rö 205 PL 83 12mA Betrieb möglich, allerdings mit ?
Rö 206 PCF 80 beide Systeme gut
Rö 001 UCC 85 8mA ?
Rö 301 UCH81 verbraucht
Rö 302 Alle Systeme noch gut.
Rö 303 UM 80 Test erst bei Betrieb möglich
Rö 401 EH 90 Gut
Rö 402 ECC 82 beide Systeme gut
Rö 403 ECH 81 1. Syst. 3,5mA 2 . Syst. 2 mA ?
Rö 404 PL 36 Sehr gut, wie meistens bei diesem Röhrentyp
Rö 405 PY 83 Sehr gut
Rö 406 EY 86 defekt, sie fiel auseinander, als ich die Kappe abzog.
Rö 407 PCL 82 beide Systeme gut
Rö 501 UF 89 verbraucht
Rö 502 UL 84 Gut

Die Bildröhre hat leider nicht sehr gute Werte, aber sie dürfte noch funktionieren. Zur Not wird eben der Müter für einen kleinen Schubser sorgen.

Fortsetzung folgt
Radiogrüße Detlef

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#5
Hallo Fernsehfreunde

Nach gründlichen einweichen mit WD 40 sind auch die Drehkondensatoren wieder leichtgängig. Man muß nur Geduld haben und immer wieder einweichen und durchdrehen des Drehko. Das ging hier sogar besser, wie bei dem Landgraf.


Erste Austauscharbeit sind die Becherelkos. Immer wenn etwas Zeit ist, nehme ich mir das Chassis auf die Werkbank. Was sich hier im Bericht zügig liest, zieht sich über viele Wochen hin. Auch bei den Becherelkos dauerte es etwas länger. Das hindert mich allerdings nicht, auch davon Fotos zu machen.
 
   
   
   
Hier ist so ein Kandidat! Trocken und deshalb muß ich da auch nicht zaghaft sein beim Ausbau. Die Laschen werden zur Not auch abgeknipst und die wie immer verlöteten Laschen lassen sich nur mühsam mit Entlötpumpe vom Zinn befreien. Danach sieht man die Einschränkung der Bohrung, das muß auf das Maß des Schraubelko gebracht werden. Grundig hat auch solche Gemeinheiten mit den Schränklaschen Elkos gemacht. So ein Umbau , wie bei diesem Elko, dauert etwa eine Stunde.


   
Hier sieht man , wie der Elko schon undicht war.
 
   
Die Elko Ausbeute: Im Schaltbild sind die Elkos über die gesamte Schaltung verteilt. Vorteilhaft ist, wenn man sich vor dem Ausbau einen Überblick verschafft, wo z.B. der Elko C 703 sitzt und welcher noch im selben Gehäuse ist , nämlich C 515
Auf dem Foto sind also C 703 C 515 ( Becher ) C 708 C 709 ( Becher ) C 710 C 711 ( Becher ) C 712 C 713 Becher, dieser ist ein 100 + 50 µF , hier habe ich einen 3 x 50µF verwendet. Weitere Elkos sind C 416 C 444 C 431 C 436 C 512 C 507 und C 228 Alles was an Widerständen bei diesem Austausch in der Nähe war wurde geprüft!


   
So sieht das nun von oben aus. Damit ist der Austausch aller Elkos abgeschlossen, halt, zwei fehlen noch, am Lautsprecher und der ist erst an der Reihe, wenn ich das Gehäuse in meiner Werkstatt habe, sowie der C 406 5µF dieser sitzt im Bereich Zeilendiskriminator und Sinus Oszillator, im Schaltbild in der Nähe der ECH81

Weiter geht es mit der Bestandsaufnahme und Austauscharbeiten im nächsten Teil
Radiogrüße Detlef

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#6
Hallo Fernsehfreunde

Nun kommt die mühevolle Arbeit, die Kondensatoren zu kennzeichnen, bevor sie ausgebaut werden. So macht man sich mit dem Schaltplan vertraut, weil man dazu ja die Teile im Chassis mit dem Plan vergleichen muß. Nach dieser Methode wird einem die Schaltung vertrauter und man muß nicht mehr lange suchen, nach bestimmten Bauteilen.
Das geht am einfachsten, wenn man sich nach dem Blockschaltbild durch das Chassis arbeitet. So habe ich zunächst die Kondensatoren im Radioteil ersetzt.
Wie so eine Kennzeichnung aussieht, erkläre ich in den nächsten Fotos.

 
   
Die Kondensatornummer wird mit Filzschreiber auf dem Kondensator gezeichnet. Hilfreich ist auch von unten die Röhrenfassung zu kennzeichnen, damit man immer die Übersicht behält. Man bekommt mit der Zeit Übung darin, so das nicht jeder Kondensator um z.B. einer Röhre gekennzeichnet werden muß.

 
   
   
   
Hier die Bezeichnung der Röhre 407 und die Röhre 402 und der Schaltplanausschnitt


   
Auch die NSF Folien prüfe ich in den kritischen Bereichen
 
   
   
   
   
Es geht weiter beim Austausch der Kondensatoren. So langsam verschlingt der Kurfürst ein kleines Vermögen an Kondensatoren. Die Elkos haben schon ordentlich Geld gekostet und die kleinen Kondensatoren sind ja auch nicht ohne. Zum Schluß mache ich mal eine Gesamtrechnung aller Teile, die für den Wiederaufbau benötigt wurden. Billig ist die Reparatur eines alten Fernseher nicht. Und billige Bauteile kommen hier auch nicht rein.

 
   
Hier wurde ein 470nF Kondensator als Ersatz für den 22nF Boosterkondensator ersetzt. Ich frage mich, war das Absicht? Oder war nichts anderes greifbar? Solche Umbauten bringen nicht viel, wie ich im Landgraf gemerkt habe. Abgesehen davon hatte der Kondensator auch seinen Zenit überschritten.


   
   
Der 2,3 Kohm Widerstand , der an der Anode der PY83 sitzt ist verbrannt. Ursache ? Vermutlich Überlastung. Dort wo er sitzt macht mich das noch nachdenklicher, hinsichtlich der Funktion vom Zeilentrafo, er könnte dadurch gelitten haben. Auf dem 2. Bild der Ersatz, den ich hier verwendet habe.
 
   
   
   
Im Ratiokasten sind noch einige Kondensatoren. Wird gern übersehen, das es auch in den verdeckten Bereichen noch kritische Bauteile sind. Von oben ist dort alles unauffällig. Der weitere Austausch der Kondensatoren ging zügig voran. Man nähert sich dann schon dem Ende der Arbeiten. Aber noch steht mir der Zeilentrafo bevor.

 
   
Könnte evtl. als Ersatz für die vergammelte Hochspannungsspule dienen. Diese hier stammt aus einem Philips Zeilentrafo. Allerdings stellte sich dann heraus , das das Anschlußkabel der EY86 für den Einbau im Graetz Trafo zu kurz ist.


   
   
Gute Fotos sind wichtig vor dem Ausbau. Auch wenn ich mich wiederhole, hier fällt die dunkle Umhüllung des Trafos stärker auf. Hoffentlich taugt der noch was. Ehrlich gesagt, das gute Gefühl schwindet allmählich, da ja unterhalb schon der durchgebrannte Widerstand aufgefallen ist. Das gute Stück muß ordentlich belastet gewesen sein.

   
   
Am liebsten würde ich diesen Äußerlich noch gut erhaltenen Zeilentrafo einbauen, nur hier ist der Eisenkern durchgebrochen. Ich werde den Eisenkern wieder mit Sekundenkleber befestigen. Hauptsache da ist kein Luftspalt. Er bleibt als Reserve in Griffnähe.
 
   
Seine Durchlaucht hat hier gebruzzelt, das sieht überhaupt nicht gut aus. Trotzdem ist die Spule noch heil und ich kann sie durchmessen. 226 Ohm hatte der Wickel. Der äußere Zustand dieser Wickelspulen kommt mir sehr bekannt vor. Hatte ich doch Anfang der 70er Jahre etliche Graetz auf dem Tisch und bei allen war hier bei dem Hochsapnnungswickel der Wurm drin. Ich habe beim Ersatz nicht auf den Widerstandswert geachtet. Es wird sich zeigen, wie das ganze funktioniert.


   
Letztendlich finde ich eine gute Spule, sie stammt auch von einem Philips Zeilentrafo. So wie der Trafo gebaut ist, aus einem Raffael. Optisch sieht das schon schön aus, aber ob das ganze auch funktioniert und dort alles nach Plan abläuft, werde ich erst bei einem Test sehen.
 
   
   
   
Ich bereite das Chassis für den ersten Test vor. Wichtig ist das die Skalenscheibe gründlich gereinigt wird und vor allem die Knöpfe vom Schmadder befreit werden.


Im nächsten Teil wird das Gehäuse vorbereitet und das Chassis für den ersten Test eingebaut.
Radiogrüße Detlef

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#7
Zitat: Der 2,3 Kohm Widerstand , der an der Anode der PY83 sitzt ist verbrannt. Ursache ? Vermutlich Überlastung. Dort wo er sitzt macht mich das noch nachdenklicher, hinsichtlich der Funktion vom Zeilentrafo, er könnte dadurch gelitten haben. Auf dem 2. Bild der Ersatz, den ich hier verwendet habe.

Das ist der Schirmgitter-Vorwiderstand der PL36 Zeilenendstufen-Röhre und was da von dir als „Anschluss an der Anode der PL83“ gedeutet ist, ist eigentlich nur der Anschluss an die Betriebsspannung aus dem Netzteil an der Stelle.

Wenn der Widerstand derartig überlastet wurde, liegt das meist an einer vollkommen falschen Ansteuerung der PL36. Eigentlich sollte deren Steuergitter eine hohe negative Vorspannung haben und wenn das aber durch Defekte so nicht ist, lauft der Schirmgitterstrom und der Anodenstrom der PL36 hoch, was zum verbrannten Widerstand und Zeilentrafowickel führt. Vor der ersten Inbetriebnahme sehr vorsichtig sein oder besser erstmal ohne die PL36 und eventuell mit Ersatzwiderstand für deren Heizung, damit die Heizspannungskette nicht unterbrochen ist.
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#8
das Ding hab ich auchnoch im Keller, zur rep.
erst Denken dann Arbeiten

Josef
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#9
Wenn so ein Widerstand dermaßen verbrennt, so deutet das m.M. auf einen durchgeschlagenen Boosterkondensator. Das führte dann wohl zu dem Supergau. Warum dann noch eine grobe Reparatur vorgenommen wurde, mit einem 470nF Kondensator kann ich nicht nach vollziehen. Der Zeilentrafo hat nicht umsonst ein dunkles Aussehen und ob er noch funktioniert, wird sich zeigen. Die verbrannte Hochspannungsspule deutet ebenfalls auf so eine Überlastung hin.
Das ist meine Theorie.
Radiogrüße Detlef

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#10
Detlef, Deine Berichte sind gleich Anleitung! Sehr gut finde ich, Deine jeweiligen Schritt-für-Schritt-Anleitungen, die Du dann auch mühevoll mit Fotos dokumentiert. Insbesondere für noch unerfahrene User i. S. TV Restaurierung ist das ganz besonders wertvoll. Vielen Dank dafür!
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#11
Hallo,
sehr spannend hier mitzulesen, Detlef!
Danke für die hervorragende Aufarbeitung der Schritt für Schritt Aufarbeitung des Gerätes.
Gut finde ich auch die Nummerierung auf den ausgebauten Komponenten. Da kann man auch im Nachhinein noch Erkenntnisse über die Auswirkungen von fehlerhaften Bauteilen z.B. auf Röhren gewinnen. Ich überlege diese Nummerierungen auch bei etwas komplexeren Radiogeräten anzuwenden.
Was mich ein wenig wundert: Zeilentrafo und Boosterkondensator sind bei diesem Gerät wohl defekt. Trotzdem zeigt die PL36 nach deinen Messungen noch gute Werte. Dies finde ich erstaunlich. Oder ist die Röhre schon Ersatzbestückung?
Bin auf den weiteren Bericht gespannt und hoffe, dass sich bald ein Erfolg deiner Arbeit einstellt.

Grüße
Frank
Grüße

Frank
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#12
Ja, mich hat es auch gewundert, das bei der Röhrenprüfung die PL36 so gut abschnitt. Nun sollte man davon ausgehen, das seinerzeit, wo der Boosterkondesator erneuert wurde, die vermutlich auch gestorbene PL36 mit ersetzt wurde. Leider kann man das nicht nachvollziehen, wie z.B. bei einem Radio. Dort findet man gelegentlich die Bestückungsliste mit den Röhrennummern. Da hat man dann eine Übersicht, ob schon jemand Röhren ersetzt hat.
Radiogrüße Detlef

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#13
(25.01.2022, 00:38)Radionar schrieb: Wenn so ein Widerstand dermaßen verbrennt, so deutet das m.M. auf einen durchgeschlagenen Boosterkondensator. Das führte dann wohl zu dem Supergau. Warum dann noch eine grobe Reparatur vorgenommen wurde, mit einem 470nF Kondensator kann ich nicht nach vollziehen. Der Zeilentrafo hat nicht umsonst ein dunkles Aussehen und ob er noch funktioniert, wird sich zeigen. Die verbrannte Hochspannungsspule deutet ebenfalls auf so eine Überlastung hin.
Das ist meine Theorie.

Hallo Detlef,

lese noch mal meinen vorherigen Post zu dem verbrannten Widerstand. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit einem durchgeschlagenen Boosterkondensator zu tun. Zu hoher Schirmgitterstromfluss der PL36, den der Widerstand begrenzen soll, kann nur durch falsche Steuergitterspannung der PL36 oder/und unterbrochenen Anodenanschluss entstehen. Bei unterbrochenem Anodenanschluss würde gar kein Strom durch den Zeilentrafo fließen. Ansonsten sind die Zeilenendstufen-Pentoden sehr leidensfähig und kann sie bis zum Glühen der Anodenbleche (sogenannte „rote Backen“) treiben und wenn das nicht all zu lange dauert, hat die PL36 noch immer gute Werte.

Gruß

(Reflex-)Kalle
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#14
Deinen Post habe ich gelesen. Wenn der Anodenanschluß der PL36 unterbrochen wäre, wird das auch so wie Du schreibst der Fall sein. Wenn nun aber der Boosterkondensator mit einem Kurzschluß schlagartig versagt, so liegen an dem 2,3Kohm kurzzeitig 750 Volt Spannung an. Da sehe ich eher die Ursache.
Ob der Zeilentrafo eine Unterbrechung hat, kann ich ja mal durchmessen. Ist ja auch kein Problem das schnell zu machen. Eine Unterbrechung müßte man ja an den Lötösen e d und a sowie an den Anschlüssen des Bildbreiteschalter messen können.
Zerstörte Teile im Bereich des Steuergitter der PL36 waren nicht zu finden.
Radiogrüße Detlef

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#15
Die Booster-Spannung ist die Betriebsspannung vom Netzteil um die Spannung am Bossterkondensator aufgestockt/summiert. Wenn der Boosterkondensator einen Kurzschluss hat, bricht die Booster-Spannung sofort auf die Betriebsspannung ein. Im schlimmsten Fall würde kurzzeitig die Booster-Diode PY83 überlastet, was ich aber nicht glaube. Auf die Schirmgitterspannung, die direkt über den strombegrenzenden Widerstand, der verbrannt ist, aus der Betriebsspannung zugeführt wird, hat die Boosterspannung darauf gar keinen Einfluss. Lass dich nicht verwirren, dass der Widerstand da mit der Anode der Boosterdiode verbunden ist, weil die Anode der Boosterdiode eben auch direkt mit der Betriebsspannung aus dem Netzteil verbunden ist. Beide, Schirmgitterwiderstand und Boosterdiode, haben keinerlei funktionellen Zusammenhang.

Die prinzipielle Funktion der Horizontalendstufe ist ja, dass die Endpentode für ca. die halbe Zeilenzeit voll durchgeschaltet wird und die Booster-Spannung über der Primärinduktivität (inklusive der Indiktivität des Ablenksystems) des Zeilentrafos liegt und einen sägezahnförmigen Stromfluss durch die Induktivität bewirkt. Während der anderen Zeilenzeithälfte ist dann die Pentode gesperrt und über die Boosterdiode wird die gespeicherte magnetische Energie zum Teil wieder im Booster-Kondensator gespeichert.
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#16
Ja, das ist sehr gut erklärt und einleuchtend. Vielen Dank !

Die eigentliche Ursache des verbrannten Widerstand bleibt also im dunkeln. Aber ich habe noch eine Theorie, weshalb man bei dem vorgefunden Zustand des Chassis nichts weiteres auffälliges findet.
 
Wie soll man bei einem Fernsehgerät, das 40 Jahre in einem Abstellraum stand, nachvollziehen, was seinerzeit bei der Reparatur gemacht wurde? Vielleicht war ja tatsächlich der Zeilentrafo gehimmelt und der Reparateur hat einen gebrauchten eingebaut. Warum er den verbrannten Widerstand im Gerät gelassen hat? Vermutlich weil er noch funktionierte und er keinen passenden hatte. Den Boosterkondensator hat er ersetzt, so gut es eben ging. Da hat er vermutlich auch nichts anderes gehabt. So oder so ähnlich kann sich das doch abgespielt haben. Wir wissen es nicht und sehen ja nur den vorgefunden jetzigen Zustand, der ja nicht durch mein zutun entstanden ist und auch kein Beweis des Originalzustands ist. In den 70er Jahren habe ich auch nur gebrauchte Teile gehabt und eingebaut. Entweder es funktionierte , oder nicht, dann wurde weiter gebastelt, bis die Flimmerkiste lief. Und meistens liefen sie wieder und erfreuten meinem Bekanntenkreis, denen ich die Geräte für kleines Taschengeld abgab. Es müßen dutzende von Fernsehern gewesen sein, die ich damals mit primitiven Mitteln wiederbelebte.

Womöglich taucht zufälligerweise so ein Gerät aus meiner 70er Jahre-Bastelwerkstatt mal auf und wir schauen auch wieder auf dubiose Teile und deren Zustand. Aber ich denke, die meisten dieser Fernseher sind nun doch schon den Irdischen Weg gegangen und hatten nicht so viel Glück wie der Kurfürst hier in dem Bericht. Aber man soll ja nie Nie sagen und vielleicht taucht mal ein schöner Neckermann oder ein kleiner Nora Fernseher auf, an die habe ich nur gute angenehme Erinnerungen, weil es dankbare und einfach zu reparierende Geräte waren.
Aber das waren nur Wunschgedanken, die unrealistisch sind.
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
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#17
Vielen herzlichen Dank für diesen tollen Faden! Smile

Liest sich ja wie ein Krimi. Wenn ich daran denke, wie unbedarft ich als Jungendlicher früher so
an den alten S/W Fernsehgeräten herumgebastelt habe, ohne die Funktion jemals halbwegs verstanden zu haben.
Ojehhh...

Das schärfste war damals der "ALEX", davon hatte ich mit anderem Radiokram zwei Stück aus einer
Fernsehwerkstatt geschenkt bekommen.
Da habe ich irgendwann beschlossen in einem ist die Bildröhre defekt, die habe ich dann fix mal
mit der anderen getauscht, ist gott sei Dank nix passiert, aber diese "Krücke" ging nach dem
aufwendigen Tausch dann natürlich trotzdem nicht. =)

Heute wäre das nicht mehr möglich, damals in den 70/80ern ging es mit dem Handwagen los
und schon hatte man genügend Bastelmaterial, sofern man einen netten Radio/Fernsehmonteur
gefunden hatte, der solche von ehemaligen Kunden unabgeholte Altbestände loswerden wollte.

Grüße
Karli
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#18
Hi Detlef,

dazu

Zitat:Zerstörte Teile im Bereich des Steuergitter der PL36 waren nicht zu finden.

noch was, was ich gestern noch nicht richtig im Schaltplan deuten konnte. Bei dem TV wird die negative Steuergitterspannung für die PL36 mit der Triode einer PCF80 als gesteuerter Gleichrichter aus einem Zeilenrücklaufimpuls des Zeilentrafos erzeugt. Wenn dieser Schaltungsteil nicht ordnungsgemäß funktioniert, fehlen die ca. -60V an der Anode der Triode der PCF80 und damit auch die die PL86 sperrende Steuergitterspannung, so dass es zu einer Überbelastung des Zeilentrafos und des Schirmgittervorwiderstands kommt. Die Funktion der Steuergitterspannungserzeugung kann man nur im Betrieb der Zeilenendstufe messen (wollen), wenn die dafür notwendigen Zeilenimpulse vom Zeilentrafo geliefert werden. Also bei einer Inbetriebnahme mit allen Röhren, die wenigstens als gut geprüft sein müssen/sollten vorsichtig sein und auf jeden Fall die Steuergitterspannung der PL36 bzw. Der Anodenspannung der Triode der PCF80 von Anfang an messen. Wenn die Spannung nicht in den erforderlichen negativen Bereich läuft, wieder ausschalten. Was man vorab prüfen/messen kann, sind nur die Bauteile der Schaltung rund um die Triode der PCF80 bis zum Steuergitter der PL36(und die Röhren). Ist leider so, dass man da vorsichtig vorgehen muss.

Gruß

(Reflex-)Kalle
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#19
Da die Röhre 206 PCF80 auch als gut gemessen wurde, gehe ich davon aus, das auch diese seinerzeit ausgetauscht wurde. Wie schon gesagt, nachvollziehen, was da im Argen lag, läßt sich leider nicht mehr. Um die Spannungen zu prüfen löte ich Messstrippen an. Bei dem Schrankgerät kommt man ja leider nicht so bequem an die Messpunkte. Das hatte ich ohne hin vor an der Netzversorgung. Da kommt es auf zwei oder mehr Strippen auch nicht darauf an.

Danke für den Hinweis
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
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#20
Hallo Fernsehfreunde

Vielen Dank für das Interesse an dem Reparaturbericht des Kurfürst. Sicherlich ist es ein langer Weg, bis so ein altes Fernsehgerät wieder zufriedenstellend spielt und der Weg ist noch nicht zu Ende. Ähnlich wie ich bei der Reparatur mit den Problemen der gealterten Bauteile zu tun habe, ergeht es auch anderen und ich hoffe, jeder der mal vor einem kniffligen Fehlerhaften Fernseher sitzt und darüber grübelt, wie er das in den Griff bekommt, gelingt dann auch die Reparatur. Das gilt für Hans seinen Alex genauso, ich hatte die Gelegenheit ihn im Sommer 2021 besuchen zu dürfen, wo ich seinen Alex-TV in der Werkstatt gesehen habe, wie hier für den Kurfürst oder unseren anderen Kollegen Hans, mit seinem AEG Visavox. Das sind ja die Fernseher, die momentan hier im Forum beschrieben werden. Ein äußerst hartnäckiger Fall wartet ja auch noch in meiner Sammlung, ein Philips Leonardo. Der, falls ich daran scheitere, hoffentlich durch die mithilfe der Spezialisten wieder zum spielen gebracht wird.

Zurück zum Kurfürsten

Das Gehäuse ist zwar in einem sehr guten Zustand, aber es macht trotzdem Arbeit. Der Transport aus meinem Außenlager war durch die ausgebauten Komponenten wie Chassis und Bildröhre sehr einfach. Unhandlich war es aber trotzdem und jeden Tag möchte ich solche Gehäuse nicht durch die Gegend tragen.


   
   
Das Kurfürstliche Gewand wird in meiner Garage gründlich gereinigt. Den Staub möchte ich nicht mit ins Haus nehmen.

 
   
Die Oberflächen sehen hervorragend aus, die Lautsprecherblende werde ich auch noch ausbauen und säubern.

 
   
   
   
Die gelockerte Messingleiste muß angeleimt werden. Das mache ich mit Weißleim und klemme zwei Latten in den Rahmen, so das die Leiste kräftig angedrückt wird. Im Hintergrund wartet die nächste Arbeit auf mich, ein Stassfurt Iris 17B, den ich von Hans aus Dessau bekommen habe, da freue ich mich schon, den wieder zum spielen zu bringen.

 
   
   
Die beiden Schalteinheiten und auch die Blende vorn unter der Skala baue ich noch aus zum reinigen. Hier im Hintergrund wartet noch ein Leonardo von Philips mit einem ganz fiesen Fehler auf die Wiederbelebung. Das wäre evtl. mal ein Fall für Spezialisten hier im Forum.
 
   
   
   
Das Gehäuse wird nun aufpoliert, auch in den kleinsten Ecken wird es gesäubert. Die Messingleisten werden poliert.

   
   
   
   
   
Na, das sieht doch schon sehr gut aus. Der Kurfürst wird wieder ein Schmuckstück.

   
   
   
Die Bildröhre wird gesäubert, ein ganz schöner Brocken, wenn so eine Röhre vor einem auf dem Tisch liegt. Die Mattscheibe war nicht sehr stark mit Nikotin verfärbt, wie man das häufig bei alten Fernsehgeräten vorfindet. Auch die Schutzscheibe war nicht sehr stark verschmutzt. Vermutlich war der Kurfürst in einem Nichtraucher Haushalt.

   
Um die Bildmaske kommt Schaumgummi. Das alte war völlig zerbröselt.

   
Die Lautsprecher bekommen bei der Gelegenheit einen neuen Elko und die Bildmaske bekommt auch einen neuen Kondensator.

   
Nachdem die Lautsprecher eingebaut sind, wird die Sicherheitsglasscheibe eingelegt und die Bildmaske darüber. Vorher sind schon die seitlichen Schalter und die Blende unterhalb der Skala eingebaut worden. Die Bildröhre liegt in den Gummiaufnahmen der Bildmaske, nur noch die Haltebügel müßen eingebaut werden. Bei dem Landgraf hatte ich erklärt, wie man das macht. Und wie immer größte Vorsicht und Sicherheitsmaßnahmen für Gesicht, Hals und Hände !

   
Der Kurfürst ist bis auf das Chassis wieder zusammen gebaut. Es wird langsam spannend.

   
Den ERO fand ich beim saubermachen, eingeklemmt bei der Bildmaske. Vermutlich bei der Produktion irgendwie in dem Gehäuse vergessen worden.

     
So gefällt mir das Chassis , sauber mit Skala und hoffentlich, wenn auch mit Einschränkungen, funktionsfähig. Einschränkungen deshalb, weil wie immer irgendwelche weiteren defekten Teile festgestellt werden. Vor dem Einbau werden noch Messstrippen an den wichtigsten Stellen angelötet, natürlich farblich unterschiedlich. Bei der Überprüfung der Spannungen kommt man ja sehr schlecht an die Messstellen.

     
Das Chassis ist wieder eingebaut. Hier und da fallen noch einige Dinge auf, wie zu schwergängige Potis, abstände der Bedienknöpfe zum Einbaurahmen usw. Alles Feinarbeit. Das Radio hat von Anfang an keine Probleme bereitet, es spielt und was für einen Klangvolumen der Kurfürst hat. Ich bin erstaunt vom Klang und das auf Anhieb alle Wellenbereiche funktionieren. Nur das magische Auge ist sehr schwach, da werde ich mal in der Bucht suchen, ein gutes gebrauchtes genügt. Leider ist die Anodenspannung , wie schon erwartet , zu gering. Da muß also der Gleichrichter noch getauscht werden. Normalerweise müßte ich das Chassis vor dem TV Test noch mal ausbauen, wegen dem festsitzenden Poti und dem schwergängigen Poti. Naja, für den ersten Test sollte das schon noch gehen und ich starte den ersten Versuch. Die Neugierde ist stärker. Wahrscheinlich finden sich noch viele kleine Fehler, dann lohnt sich der Ausbau.

War der Radiotest ein voller Erfolg, so ist der TV Test sehr ernüchternd. Hier zeigt sich, das Hochwohlgeboren überhaupt keine Anstalten macht, ein Bild zu erzeugen. Alle Röhren glühen, der Ton, eingespeist vom Bildmustergenerator ist da. Schwarz bleibt die Bildröhre! Der adelige Herr schmollt! Ich prüfe als erstes ob überhaupt Hochspannung erzeugt wird. Das Ergebnis ist niederschlagend. Noch nicht mal ein Fünkchen kann ich erkennen. Auch alle gemessenen Spannungen sind jenseits aller Angaben, ähnlich wie bei dem Radioteil, der trotz der niedrigen Spannung gut funktioniert. Zunächst müßte ich also das Netzteil auffrischen. Und am besten auch gleich den anderen Zeilentrafo Fit machen. Mit dem jetzigen mag ich eigentlich gar nicht mehr weiter experimentieren, denn etwas mehr Wumms kann man auch von einem schwachen Zeilentrafo und niedriger Anodenspannung erwarten. Mangelnde Hochspannung ist meist einem fehlerhaften Zeilentrafo zu zuordnen.
So sehen die Ergebnisse aus: Boosterspannung 525 Volt und nur lächerliche 200 Volt Anodenspnnung am Gleichrichter. An der Bildröhre messe ich am G3/G5 55 Volt G2 320 Volt und an der Katode 45 Volt . Die negative Gitterspannung an der PL36 beträgt -38 Volt Ua2 178 Volt am Schirmgitter PL36 130 Volt. Das wird so nichts, ist aber als Ergebnis dieses Test hilfreich.


Also das Chassis wieder ausbauen und weiter verfeinern.


Fortsetzung folgt
Radiogrüße Detlef

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