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Das Deutsche Fernsehen - Teil 3: Unterm Hakenkreuz
#1
Vorwort
Als bei der Reichstagswahl im November 1932 die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) stärkste Partei wurde, ernannte Reichspräsident Hindenburg am 30. Januar 1933 den Führer der NSDAP, Adolf Hitler zum Reichskanzler.

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Berliner Abendblatt vom 30.1.1933 | Kabinett Hitler

Das "Kabinett Hitler" bestand aus (auf dem Bild von links nach rechts):
  • Franz Seldke (Arbeitsminister)
  • Günter Gereke (Kommissar für Ostsiedlung)
  • Lutz Graf Schwerin von Krosigk (Finanzminister)
  • Hermann Göring (Wirtschaftsminister)
  • Wilhelm Frick (Innenminister)
  • Adolf Hitler (Kanzler)
  • Werner von Blomberg (Wehrmacht)
  • Franz von Papen (Außenminister)
  • Alfred Hugenberg (Landwirtschaft, Ernährung)
Hitler und seine Gefolgsleute errichteten ohne Verzögerung ein autoritäres System, das wie es bei solchen Systemen üblich war und ist, die Bevölkerung gleichschaltet und weitestgehend entmündigt, um seine "Ziele" zu erreichen. Die Nationalsozialisten, insbesondere der sehr bald nach der sogenannten Kabinettbildung ernannte Reichspropagandaminister Josef Goebbels erkannten sofort die suggestive Macht und den Einfluss von Rundfunk und Fernsehen. Sowohl die Rede, als auch der bildliche Auftritt waren dem gedruckten Text in der Zeitung absolut überlegen.

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Reichspropagandaminister Josef Goebbels "in verschiedenen Rollen"

Fernsehen unterm Hakenkreuz
Nachdem 1933 das neu geschaffene Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda die Verfügungsgewalt über das Fernsehen übernommen hatte, wurde 1935 die Zuständigkeit für das Fernsehwesen neu festgelegt. Es waren zuständig:
  • Reichsluftfahrtministerium (später Luftwaffe) für Sicherung der Luftfahrt (einschl. Funktechnik), Luftschutz und Landesverteidigung
  • Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda für darstellerische Gestaltung von Fernsehsendungen
  • Reichspostministerium für die technische Entwicklung und Bereitstellung der Fernsehtechnik
Was sich nun noch Nennenswertes in der Zeit der nationalsozialistischen "Regierung" tat und noch nicht in der vorherigen Folge (Das Deutsche Fernsehen - Teil 2: Der Beginn) erwähnt wurde, wird in dem folgenden Video von Spiegel TV sehr anschaulich gezeigt. Das Video ist 54 Minuten lang und trägt den Titel "Fernsehen unterm Hakenkreuz". Auf die Inhalte des Videos hatte der Verfasser dieser Abhandlung keinen Einfluss. Die Kommentare entsprechen nicht zwangsläufig der Meinung des Verfassers. Die Darbietung des Videos verfolgt ausschließlich den Zweck der historischen Bildung.


Natürlich wird eine solch revolutionäre Technik mit ihren Möglichkeiten nicht nur zur Information und Unterhaltung des Volkes genutzt. Auch das Militär hatte sofort die Verwertbarkeit erkannt. Die deutschen Firmen der Fernsehindustrie waren verschieden intensiv mit der Entwicklung militärischer Fernsehtechnik befasst. Vor dem Kriegsbeginn 1939 war zum Einen noch ausreichende zivile Nachfrage an Rundfunk- und Fernsehgerätschaften und zum Zweiten war nicht jeder Hersteller an militärischen Erzeugnissen interessiert.

Das änderte sich jedoch schlagartig bei Kriegsbeginn. Danach konnten die Firmen nicht mehr allein über ihr Fertigungsprogramm bestimmen. Sogenannte kriegswichtige Güter bestimmten per Diktat die Produktion. Gesteuert wurde dies vom Architekt Hitlers und Rüstungsorganisator Albert Speer. 1942 wurde Speer zum Reichsminister für Bewaffnung und Munition ernannt. Er wurde in den Nürnberger Prozessen als Kriegsverbrecher zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt, die er bis auf den letzten Tag (1966) im Kriegsverbrechergefängnis Berlin-Spandau absaß (die letzten Jahre als dort vorletzter Häftling im gesamten Gefängnis; der letzte Häftling war dort bis 1987 Hitlers Stellvertreter Rudolf Hess).

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Hitler und Albert Speer (1905 - 1981)

Entwicklungen in der Kriegstechnik
Natürlich gab es auch Firmen, die Rüstungsentwicklungen früh aufgriffen. Die in Fernseh GmbH umgewandelte Fernseh AG zählte zu den Firmen, die Rüstungsentwicklungen in ihr Programm integrierte.
1940 gelang es der Fernseh GmbH, ein für die Zwecke der Luftaufklärung geeignetes Fernsehbild mit 1029 Zeilen bei 25 Bildwechseln zu schaffen. Das Bild wurde versuchsweise sowohl drahtlos mit einem 10 W-Sender, als auch über ein 30 Meter langes Kabel übertragen. Der Empfänger arbeitete mit einer Zwischenfrequenz von 40 bis 70 MHz.
Es gelang der Deutschen Reichspost jedoch nicht, den damaligen Generalluftzeugmeister Ernst Udet vom militärischen Wert einer solchen Luftaufklärung durch Fernsehbilder mit hoher Auflösung zu überzeugen.

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Ernst Udet  (1896 - 1941)

Im Labor der Reichspost-Fernsehgesellschaft (RFG) , deren eigentliche Aufgabe die Betreuung der zivilen Fernsehtechnik war, arbeitete 1940 an einem Nachtjäger-Leitverfahren. Das Bild einer transparenten Karte, "Seeburg-Tisch" genannt, auf der Position und Flugrichtung feindlicher Flugzeugverbände immer aktuell durch Projektoren abgebildet wurden, sollte mit einer Fernsehkamera aufgenommen und zu einem entfernten Befehlsstand übertragen werden.
   
Seeburg-Tisch bei einer Leitstelle

Aus heute unbekannten Gründen blieb es bei einer in Frankreich erprobten Versuchsanlage. Die Fernseh GmbH erweiterte später das Verfahren, indem man die Position des Nachtjägers mit Flugrichtung in das Fernsehbild hinein projizierte, mit einer zweiten Fernsehkamera aufnahm und zum Flugzeug übertrug. 1943 wurden die diesbezüglichen Arbeiten eingestellt.
Man begnügte sich später damit, die Luftlagebilder vom Seeburg-Tisch mit einer darüber hängenden Fernsehkamera aufzunehmen und an einen 3,5 km entfernten Leitbunker zu übertragen.

Nachdem der Versuch, Bomben durch eine einfache, kostengünstige Fernseh-Zielsteuerung zu versehen, nicht befriedigend ausging, wandten sich die Fernseh GmbH und die Forschungsanstalt der Deutschen Reichspost der Entwicklung einer wesentlich kostspieligeren Fernseh-Lenkeinrichtung zu. Sie hatte die Bezeichnung Zielweisungssendegerät "Tonne"

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Zielweisungssendegerät Tonne, Foto: Radiomuseum Luzern

Die "Tonne" war für den Einbau in die von dem österreichischen Konstrukteur Herbert Wagner und Konrad Zuse entwickelte Gleitbombe Henschel HS 293 vorgesehen.

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Herbert Wagner (1900 - 1982) | Konrad Zuse (1910 - 1995) | Gleitbombe HS 293

Die Fernseh-Kamera der Tonne war ein von der Fernseh GmbH gebautes Super-Iconoscope, die nur 16 x 16 x 40 cm groß. Die Blende des Objektivs (F 2,8, 35 mm) stellte sich in Abhängigkeit vom Photokathodenstrom automatisch ein. Durch Einführung der Schwarzsteuerung mit nachfolgender selbsttätiger Verstärkerregelung steuerte man unabhängig von der Helligkeit des Zielobjekts stets den ganzen Modulationsbereich aus. Für die Kamera waren 29 Röhren des Wehrmachtstyps RV12 P2000 und RL12T1 erforderlich. Ein eingebauter Muttergenerator lieferte die Frequenz für die Bildröhre. Als Stromquelle für die etwa 6 Minuten dauernde Flugzeit diente ein batteriegespeister 500 Hz Umformer. Die Kamera kostete etwa 32.000 Reichsmark. Das dazugehörige Empfangsgerät EB NFE/3 hieß "Seedorf".

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Empfangsgerät Seedorf, Foto: Radiomuseum Luzern

Es gab noch weitere militärische Entwicklungen, die sich die Fernsehtechnik zunutze machten/machen wollten. Arbeitstitel wie Sprengpanzer Goliath, Flakrakete Schmetterling, Bildwandler Seehund usw. erweckten falsche Hoffnungen. Bevor von einem nennenswerten Einsatz des Deutschen Fernsehens für militärische Zwecke im  zweiten Weltkrieg die Rede sein konnte, war dieser durch die robustere Radar-Impulssichtungstechnik der alliierten Streitkräfte entschieden.

Am Ende dieses unsinnigen und unmenschlichen Krieges mußte die Zivilbevölkerung die Zeche zahlen.
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Danksagung, Quellen und Anmerkung

Vielen Dank für Informationen und Bilder/Videos aus Wikipedia, YouTube, dem Archiv für das Post- und Fernmeldewesen, dem Deutschen Fernsehmuseum professionell, Dipl. Ing. Göbel, dem Industriesalon Berlin-Schöneweide, der Foundation for German communications and related Technologies, der Berliner Feuerwehr und dem Radiomuseum Luzern.
Niemandes Herr, Niemandes Knecht,
so ist es gut, so ist es recht

von Fallersleben
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