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Bedeutung von Stempeln auf Tefi-Schallbandkassetten
#1
Tefi Schallbänder werden bei der Produktion mit einem Stempel-Code versehen. Die Stempel werden i.d.R. auf der Unterseite der Kassette angebracht. Hier zum Beispiel an einer großen sogenannten "Normalkassette" (4h-Band):
   

Hier auf der "Kleinkassette" (1h-Band):

.jpg   kleinkassette.jpg (Größe: 114,47 KB / Downloads: 247)

Und schließlich auf einer "18-Minuten-Kurzband"-Kassette:

.jpg   18-minuten-kleinkassette.jpg (Größe: 83,04 KB / Downloads: 247)

Bei den seltenen 3-Minuten-Kurzbändern konnte ich bisher keine Stempel ausfindig machen.

Die Stempel fallen in der Praxis kaum jemandem auf, zumal die Farbe meist entweder schon verblasst ist oder ohnehin nur mit sehr wenig Farbe gestempelt wurde. Seitdem mich jedoch jemand darauf hingewiesen hat, schaue ich mir die Stempel ganz genau an und erfasse sie dann auch für meine komplette Sammlung. Die Kombination aus Schallbandnummer, Gehäusefarbe, Teller-Farbe und Stempel ist wie eine Art Fingerabdruck, mit dem ich auch bei Duplikaten jede einzelne Kassette eindeutig identifizieren kann - zumindest dann, wenn der Prüfstempel auch noch entziffert werden kann. Aber das nur nebenbei.

Die Frage nach dem Sinn und Zweck des Prüfstempels

Das große Geheimnis ist natürlich die Bedeutung der Stempel-Codes. Bisher wurde keine Dokumentation dazu entdeckt und man kann inzwischen wohl auch niemanden mehr dazu befragen. Es bleibt also nichts anderes übrig, als selbst Theorien aufzustellen und diese durch statistische Mittel und logische Schlüsse zu untermauern oder zu widerlegen. Die naheliegendste Vermutung scheint mir, dass durch die Stempel-Codes Mängel nachvollzogen wurden: Wenn bei einer Kassette ein Fehler gefunden wird, dann kann es sein dass die gesamt Charge betroffen ist - oder dass die zukünftige Produktionen auf der betreffenden Maschine nicht in ausreichender Qualität gewährleistet ist. Der Fehler liegt dann vielleicht in der Matrize, die dann ausgetauscht werden muss, oder liegen andere Serienfehler in der Produktionskette vor. Es scheint mir also sehr sinnvoll, dass über den Stempelcode Rückschlüsse auf die Produktion geschlossen wurden.

Dieser Thread ist der Auftakt dazu, den Stempelcodes möglichst viele Geheimnisse zu entlocken.

Empirische Beobachtungen - Stempel in meiner Schallbandsammlung

In aufwändiger und akribischer Kleinarbeit habe ich für alle mir zugänglichen Schallbänder die Stempel - soweit möglich - erfasst. Im Folgenden möchte ich die Beobachtungen daraus wiedergeben. Betrachtet werden hierbei ausschließlich Bänder mit 19cm/s Wiedergabegeschwindigkeit. Von den Vorgängern, den Schnellläufer-Kassetten, liegen mir bisher viel zu wenige Exemplare vor, als dass ich sie mit betrachten könnte. Die wenigen Schnellläufer haben aber augenscheinlich auch bereits dasselbe Stempel-System genutzt.

Aufbau des Prüfstempels

Ein Prüfstempel besteht i.d.R. aus einer Ziffer, sowie 2 bis 5 Buchstaben. Letztere können Groß- oder Kleinbuchstaben sein. Die Position der Ziffer ist unterschiedlich. Meist steht sie an erster Stelle, etwas seltener an zweiter und gelegentlich auch an letzter Stelle. Der kürzeste von mir erfasste Prüfstempel ist 3 Zeichen lang, der längste 6.

Ziffern

Eines der offensichtlichsten Merkmale des Stempel-Codes ist, dass fast immer genau eine Ziffer enthalten ist. Wenn man die Erscheinungsjahre der Bänder kennt und sie mit den Ziffern vergleicht, ist sehr schnell klar, dass durch diese Ziffer die Jahreszahl codiert ist: Eine "4" bedeutet also, dass die Kassette 1954 produziert wurde. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle erwähnt, dass dieser Zusammenhang nicht mir selbst aufgefallen ist, sondern schon vorher durch andere Tefianer erkannt wurde. 

Warum reicht nun eine einzige Ziffer aus, um das Jahr abzuleiten? Das liegt daran, dass 19cm/s-Kassetten von 1954 bis vermutlich 1963 produziert wurden. Daher reicht diese eine Ziffer immer aus, um das Produktionsjahr exakt zu bestimmen. Schade dass wir nicht mehr erfahren werden, was sich die Ingenieure für die Zeit ab 1964 überlegt hätten, wenn die eine Ziffer nicht mehr ausreicht: Denn um 1963 herum wurde die Firma aufgelöst. Wer weiß - vielleicht ist die Firma Tefi ja an genau der Frage zugrunde gegangen, wie man mit diesem großen Problem denn verfahren wolle? Wink

Wie bei vielen Schreibmaschinen aus der Zeit üblich, hat man auch bei den Stempeln keinen Unterschied zwischen "O" und "0" gemacht:

.jpg   O_statt_0_2.jpg (Größe: 35,16 KB / Downloads: 246)
Das muss man also beim Dekodieren von Prüfstempeln aus dem Jahr 1960 beachten.

Zwei Ziffern kamen auch vor - aber seltener. Aufgefallen sind mir sehr viele Stempel aus 1961: Hier wurde die "1" in den allermeisten Fällen nicht nur zu Beginn, sondern zusätzlich auch ans Ende des Codes angefügt:  1Gbh1, 1ed1, 1Fad1, 1Gab1, 1Gbd1, 1Dba1, 1Faf1 1Fbg1, 1Gc1. Wurde die Jahreszahl da als so wichtig erachtet, dass man sie lieber doppelt enthalten haben wollte? Leider gibt es gelegentlich auch die Kombination "1" und "2", auf die ich mir keinen rechten Reim machen kann:


.jpg   zwei_ziffern_abgesetzt1.jpg (Größe: 19,64 KB / Downloads: 246)
.jpg   zwei_ziffern_abgesetzt2.jpg (Größe: 27,96 KB / Downloads: 246)
.jpg   zwei_ziffern_integriert.jpg (Größe: 21,84 KB / Downloads: 246)
Die zweite Ziffer ist hier wohl mindestens in zwei der Fälle nachträglich angebracht worden. Ich vermute dass die erste Ziffer die Jahreszahl wiedergibt und dass wir das Geheimnis der zweiten Ziffer nicht mehr lüften können.

Sonderstempel

Neben dem Prüfstempel aus Ziffern und Buchstaben gibt es noch ein paar andere Stempel-Markierungen.

Sonderstempel "K":

Auf 6% meiner Kassetten findet sich das K als zusätzlicher Stempel:

.jpg   k.jpg (Größe: 51,56 KB / Downloads: 246)
Auffällig ist, dass sich die Schriftart vom normalen Prüfstempel unterscheidet. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich um einen Kontrollstempel handelt, der anzeigt dass das Band einer ausführlichen Kontrolle unterzogen wurde.

Sonderstempel "E":

Wesentlich seltener als das "K" findet man gelegentlich ein "E" als separate Markierung. Von meinen Kassetten sind weniger als 2% mit diesem Zusatz versehen. Hier ein Beispiel, bei dem man auch gleich noch gut sehen kann, dass man solche Stempel auch schnell mal übersehen kann:

.jpg   e.jpg (Größe: 56,06 KB / Downloads: 246)

Und hier noch das "E" einmal direkt in Kombination mit dem "K" (lediglich eine Kassetten trägt beide Stempel in Kombination):

.jpg   k_und_e.jpg (Größe: 43,82 KB / Downloads: 246)

Das "E" wird mit denselben Typen gestempelt, wie der normale Prüfstempel. Die Bedeutung ist mir unklar. Ich habe eine vage Vermutung: Bänder mit Mängeln wurden nicht einfach verworfen, sondern nach Möglichkeit repariert. Bei "E"-gestempelten Kassetten könnte sich um solche Reparaturen handeln. 

Sonderstempel "B51":

Auf zwei meiner Kassetten befindet sich diese Markierung. Einmal zusammen mit einem normalen Prüfstempel aus dem Jahr 1957:

.jpg   B51_und_code.jpg (Größe: 44,12 KB / Downloads: 246)

Und hier einmal ohne erkennbare sonstige Markierung:

.jpg   B51_pur.jpg (Größe: 16,41 KB / Downloads: 246)

Die Schriftart bei diesem Stempel unterscheidet sich ganz deutlich von den anderen Typen. Dieser Stempel ist sehr mysteriös: B51 ist die Typenbezeichnung des ersten, ab 1950 in Serie gefertigten Tefifon-Chassis. Da das Chassis ausschließlich zur Wiedergabe von Schnellläufer-Bänder geeignet ist, ist ein direkter Querbezug zu der Markierung auf den untersuchten Kassetten auszuschließen. Vielleicht hatte das Werk diesen Stempel einfach noch übrig und hat ihn dann als allgemeinen Prüf-Stempel (analog zum "K") zweckentfremdet? Auch das wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben.

Sonderstempel "Archiv":

Offenbar gab es ein Archiv, in dem einzelne Schallbänder vorgehalten wurden. Wie umfangreich diese Archivierung war ist nicht bekannt. Der Archiv-Stempel kennzeichnet offenbar Bänder, die für die Archivierung vorgesehen waren und sollte vermutlich sicherstellen, dass die Kassetten nicht fälschlicherweise aus dem Archiv in den Verkauf gelangten oder sonstwie verloren gingen. Dass wir heute an Bänder aus dem Archiv herankommen liegt vermutlich daran, dass nach der Auflösung der Firma alles verramscht wurde was nicht niet- und nagelfest war. In meiner Schallbandsammlung befinden sich 3 Kassetten mit Archiv-Stempel. Bezeichnenderweise stammen diese allesamt aus einem größeren Konvolut, das ich in Köln-Porz (!) erstehen konnte. Über die genaueren Umstände, wie der Vorbesitzer an die Bänder herangekommen ist, konnte ich nur wenig erfahren. Angeblich gab es aber keine direkte Beziehung zu den Tefi-Werken, sondern die Bänder wurden einfach privat vor Ort erstanden. Dass Bestände aus Firmenauflösungen dann in der Nähe ihre Abnehmer gefunden haben, ist naheliegend.

Der Archiv-Stempel ist im Gegensatz zum normalen Prüfstempel und den anderen Sonderstempeln auf der Vorderseite des Etiketts angebracht:

.jpg   archiv.jpg (Größe: 52,11 KB / Downloads: 244)

Meine 3 Kassetten mit Archiv-Stempel haben entweder keinen erkennbaren Prüfstempel auf der Rückseite, oder der Prüfstempel ist zusätzlich mit einem zweiten Archiv-Schriftzug überstempelt:

.jpg   archiv_ueber_code.jpg (Größe: 44,49 KB / Downloads: 244)

Bedeutung der Buchstaben im Prüfstempel

Das größte Rätsel ist die Bedeutung der Buchstabenkombinationen. Wenn überhaupt, dann kommt man diesem Rätsel nur mit großen Stichprobenmengen und statistischen Mitteln auf die Spur. Fürs Erste habe ich hier mal alle erfassten Buchstaben in einen großen Topf geworfen und unabhängig von Groß- und Kleinschreibung gezählt:

.png   tabelle_buchstaben.png (Größe: 8,64 KB / Downloads: 237)

Es gibt hier bereits mehrere Auffälligkeiten:
  • Eine extreme Häufung bei "a" und "b"
  • c bis l sind oft vertreten, und jeweils untereinander auch ähnlich oft
  • Das k wurde ausgeklammert, da es wohl mit dem Kontrollstempel kollidieren würde
  • m bis z sind quasi nicht vertreten - vielleicht handelt es sich sogar um Fehl-Ablesungen oder fehlerhafte Stempelcodes
 
Mit der momentan noch zu geringen Stichprobenmenge kommt man hier noch nicht viel weiter. Daher will ich zunächst zwei Sachen sammeln: Noch mehr Stempel-Codes zum Einen und mögliche Hypothesen für deren Bedeutung zum Anderen.

Hypothesen für mögliche Inhalte des Buchstaben-Codes

Bislang habe ich folgende Ideen, was in den Buchstaben codiert sein könnte. Da es nur wenige Buchstaben auf einer Kassetten sind, werden von den Möglichkeiten wohl viele am Ende auszuschließen sein:
  • Die Nummer des Schallbands: Das kann nicht sein, da derselbe Code schon auf verschiedenen Bändern gefunden wurde. Auch wäre das redundant, weil die Nummer bereits auf dem Etikett enthalten ist.
  • Der für die Produktion verantwortliche Mitarbeiter oder Prüfer: Zumindest ein Namenskürzel ist auszuschließen, da die Hälfte des Alphabets in den Codes nicht vorkommt
  • Die Nummer des Matrizenbandes: Das Matrizenband, das zum Prägen der Schallbänder genutzt wird, unterliegt einem gewissen Verschleiß und musste bei umfangreichen Produktionen vermutlich auch erneuert werden.
  • Die Nummer der Produktionsstraße: Vermutlich gab es nicht nur eine einzige Maschine zum Prägen des Bandes. Und vermutlich wurden die Rohbänder nach der Prägung auch in mehreren Linien parallel weiterverarbeitet

Für weitere Hinweise, was in dem Code sonst noch enthalten sein könnte, wäre ich sehr dankbar!

Sammlung weiterer Stempel-Codes

Um bei den Stempel-Codes noch mehr statistische Auswertungen machen zu können, brauche ich auf jeden Fall eine deutlich größere Datenbasis. Daher bitte ich Euch, mir beim Sammeln weiter Codes zu helfen. Es gibt zwei Richtungen, in denen man mir mit der Zusendung von Stempel-Codes helfen kann:
  • Bei den häufig vorkommenden Bändern "TD/S 2175 Frohe Weihnachten" und "TD/S 2180 Frei Weg Marschmusik" möchte ich besonders viele Codes sammeln. Diese Bänder wurden über viele Jahre hinweg immer wieder aufs Neue produziert, so dass sich zeitliche Entwicklungen der Codes innerhalb einer Serie gut ablesen lassen sollten.
  • Und ansonsten halt ein möglichst großer Querschnitt Querbeet: Alles an Codes, das sich in diversen Sammlungen und Konvoluten so finden lässt, hilft!


Codes könnt Ihr mir direkt per PN schicken - es ist nicht sinnvoll, diesen Thread damit zu fluten. Aber bitte schickt mir ausschließlich solche Codes, bei denen Ihr Euch beim Entziffern allen Zeichen einigermaßen sicher seid. Ohne mein geliebtes 10-fach Okular wäre ich hier auch aufgeschmissen gewesen. Und schickt mir bitte keine Codes von Schnellläufer-Kassetten, sondern lediglich von 19cm/s-Kassetten.

Wenn ich neue Erkenntnisse zu der Thematik habe, werde ich sie hier veröffentlichen.

Schöne Grüße
Markus
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#2
Super Beitrag, Markus, danke.
Für mich war bisher Stempel einfach Stempel. Hab mir da nie Gedanken darüber gemacht. An dieser akribisch-logischen Analysearbeit zeigt sich der Informatiker.
Am Ende muss ich alle Kassetten neu labeln ?

Gruß,
Achim
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#3
Also Achim, wenn Du die Originalstempel Deiner restaurierten Kassetten noch nachschauen kannst, dann ist es wohl das einzig richtige, alle Etiketten nochmal mit dem richtigen Stempel neu zu produzieren Smile

Aber noch sehr viel wichtiger wäre, dass Du mir eine Tabelle mit Codes schickst für meine Statistik!  Big Grin

Schöne Grüße
Markus
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