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Der „Telehor“ von 1930
#1
Ein befreundeter Radio- und Fernsehgerätesammler bat mich vor einiger Zeit, dass ich mir einmal seinen Nipkowscheiben-Fernseher ansehe, um ihn zum Spielen zu bringen.
Es handelt sich um den „Telehor“ Fernsehbausatz von der Firma TeKaDe Nürnberg, der ab 1929 bis Mitte der 30er Jahre zum Kauf angeboten wurde. Der Bausatz besteht aus allen mechanischen Teilen, dem Tonrad für die Synchnonisation und einer Flächenglimmlampe. Entsprechend beigefügter Bauanleitung mit Stückliste und Schaltplan konnte der Bastler das komplette Gerät aufbauen.
Der Bildaufbau geschieht mit (nur!) 30 Zeilen und 12,5 Bildern pro Sekunde.
Im Internet gibt es von der „narrow-bandwidth television association“ Video2NBTV Software, mit der man aus einer beliebigen Videodatei ein 30 Zeilen Bild für die Nipkowscheibe erzeugen kann.
Der Versuchung konnte ich nicht widerstehen und sagte zu. Smiley26

   
   
   
   

Leider musste ich feststellen, dass der Bausatz wohl in den 1980er Jahren von Jemandem zusammengebaut wurde, der die Funktion nicht recht verstanden hat.
Die Stromversorgung mit der Glimmstabilisierung war falsch dimensioniert und der Synchro-Oszillator für die 375Hz Zeilenfrequenz erzeugte kein Signal. Außerdem war die Motordrehzahl doppelt so hoch, wie gefordert. Zur Korrektur habe ich eine kleinere Riemenscheibe hergestellt.
Die schlimmste Erkenntnis kam dann noch. Das Tonrad, bestehend aus 30 Stahllamellen in Zink eingegossen, war von der Zinkpest befallen. Für die exakte Funktion darf der Luftspalt zwischen den Stahllamellen und den gegenüberstehenden Magnetspulen nicht größer als 0,5mm sein. Das Rad hat aber bereits 1,5mm Rundlaufabweichungen.
Die Bausätze wurden damals mit zwei unterschiedlichen Nipkowscheiben ausgeliefert. Einmal mit Löchern für das horizontale 4:3 TeKaDe-Format und zum anderen für das englische, vertikale 3:7 Baird-Format.
Im vorliegenden Gerät war natürlich die englische Version eingesetzt.
Die richtige Scheibe habe ich dann aus 1mm Alumiumblech hergestellt. Smiley47

Dank der Unterstützung von DiRu konnte ich einen authentischen Kabelbaum aus den damals verwendeten, mehrfarbigen LSL (Lack-Seide-Lack) Drähten herstellen. Mein erster Kabelbaum nach 40 Jahren Pause!
   
   

Hier das von Zinkpest befallene Tonrad
   

Das neue Tonrad wurde mittels Drahterosion schwalbenschwanzförmig geschlitzt und die neuen Stahllamellen eingepresst.
   

Mit dem neu hergestellten Tonrad war dann auch der Abgleich der Synchronisation auf 375Hz möglich.
   


Das 30 Zeilen Videosignal ist im niederfrequenten, hörbaren Bereich. Die Video2NBTV-Software erzeugt aus dem Film eine Stereo-Audiodatei. Der linke Kanal enthält das Videosignal und die Synchronimpulse, der rechte Kanal den Ton.

   

Das Kernstück des Ansteuergerätes ist ein DFPlayer mini, der auf Knopfdruck jeweils eine WAV-Datei von der SD-Speicherkarte abspielt. Ton- und Bildsignal gebe ich jeweils auf die niederohmige Wicklung eines Lautsprecherübertragers, die hochohmige Wicklung liegt an den Ausgangsbuchsen.
An die Lautsprecherbuchsen kann ein hochohmiger Trichter- oder Freischwinger-Lautsprecher angeschlossen werden.
Das Videosignal wir durch diesen „umgedrehten“ Übertrager auf den notwendigen Spannungshub von ca. 80V gebracht.

   
   

Die Helligkeit der Flächenglimmlampe ist nicht sehr hoch und durch die 1mm Löcher betrachtet ergibt sich ein sehr schwaches Bild. Dies hier ist Charlie Chaplin mit Tanz und Gesang „Titine“.

       

Historische Quellen schreiben, dass Paul Nipkow 1928 beim Betrachten des nach seinem Patent gebauten Gerätes enttäuscht war. Das kann ich jetzt direkt nachvollziehen.
Gruß Gerald
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