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Totalrestaurierung Tefifon HS (Teil 1)
#21
Da die Tonköpfe alter Tefifon ohnehin öfter mal fehlen oder defekt sind, habe ich die Not zur Tugend gemacht und anstelle eines System-Adapters ganz einfach einen neuen Tonkopf designt:
   
.png   ta2.png (Größe: 35,04 KB / Downloads: 200)

So konnte ich die Halterung für das China-System direkt im Tonkopf integrieren und das System dabei auch gleich auf die richtige Höhe absenken. Das Design war nicht ganz ohne, aber soweit doch ganz gut machbar. Wie eigentlich alle Teile von Tefi besteht das Design aus lauter Kreisabschnitten. Hat man die Radien erstmal korrekt beisammen, steht das Design auch schon fast.

Gedruckt habe ich da Ganze wieder mit dem Filament, dessen Farbe am ehesten zu den Teilen am Tefi passt: Filamentum Extrafill Light Ivory PLA. Das Filament ist von der Durchmessertoleranz her leider kein Präzisionsmaterial, aber Farbe und sonstige Qualität stimmen.

Gedruckt wird kopfüber mit Supports, also mit Stützstrukturen, die man danach herausbrechen muss:

.jpg   supports.jpg (Größe: 96,28 KB / Downloads: 199)
.jpg   peel.jpg (Größe: 110,65 KB / Downloads: 199)

Das macht zwar nicht so richtig Spaß, ist aber letzten Endes nur der Aufwand von ein paar Minuten. Das Ergebnis ist mit der Vorgehensweise auch wesentlich besser, als das zweiteilige Design ohne Supports, das ich zuvor probiert hatte.

Hat man das Tonkopfgehäuse innen bereinigt, so kann das China-System einfach eingeklippst werden. Für die Tonarmleitung habe ich sogar eine Zugentlastschelle vorgesehen:

.jpg   result_top.jpg (Größe: 123,5 KB / Downloads: 199)

Die 4-adrige Tonarmleitung habe ich übrigens von Pollin. Die ist ganz ok, aber es gibt sicher auch noch wesentlich bessere. Etwas mehr Flexibilität kann bei diesen Leitungen ja nie schaden. Und ja: Ich habe das System Stereo-verdrahtet. Warum auch nicht. So wird dieses HS das vermutlich allererste super-universal-Tefifon, mit dem wirklich alle seit dem B 51 produzierten Schallbänder korrekt wiedergegeben werden können - auch die wenigen Stereo-Bänder.

Die Funktionalität ist mit diesem Druckteil schon vollständig erreicht - jetzt müssen wir aber an das Erscheinungsbild nochmal ran. Im direkten Vergleich mit dem Original sieht man klar den Handlungsbedarf:
   

Die Oberfläche muss noch geglättet werden. Dass der Durchmesser des Filaments bezüglich Durchmesser-Toleranz nicht optimal ist, sieht man übrigens ganz gut an dem Schaft: Wäre das Filament präzise gefertigt, dann würde der Durchmesser des Schafts nicht so unruhig schwanken. Da wir aber sowieso zum Schleifpapier greifen müssen, ist das nicht so schlimm.

Mit Wasserschleifpapier wird der Tonkopf sorgfältig von Körnung zu Körnung glatter geschmirgelt. Die erste Stufe ist am aufwändigsten, weil dabei alle Strukturen durch den Ebenen-weisen Druck und durch das unpräzise Filament entfernt werden müssen. Danach geht es dann schneller. Ich glaube ich hing etwa eine Stunde dran. Man darf hier aber auf keinen Fall schludern. Das Zwischenergebnis sieht dann schon ganz gut aus:

.jpg   geschmirgelt.jpg (Größe: 73,27 KB / Downloads: 200)

Ab jetzt macht die Arbeit dann so richtig Spaß: Denn mit Polierpaste kommt sehr schnell und von Minute zu Minute immer besser der Glanz hervor, der einen fast schon die ganze Mühe vergessen lässt:

.jpg   polieren.jpg (Größe: 46,46 KB / Downloads: 200)

Somit haben wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Das China-System hat die ideale Halterung für das HS gefunden und Tonköpfe mit Genickbruch können ersetzt werden. Und die Nadel ist durch das präzise Design auch auf der richtigen Höhe:

.jpg   nadelhoehe.jpg (Größe: 41,78 KB / Downloads: 200)

Durch entsprechende Anpassungen des 3D-Modells werde ich dieses Design vermutlich in naher Zukunft auch noch auf das HS 19/HS-AT (dünnerer Schaft) bzw. auf das B 51/STS (kürzerer Tonkopf) übertragen.
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#22
An dieser Stelle nochmal der Hinweis, dass ich in meiner Beschreibung in manchen Belangen nicht der Reihenfolge nach vorgehe, wie die Schritte nacheinander auszuführen sind. Ich orientiere mich vielmehr an den verschiedenen Einzelkomponenten und -Aspekten der Restaurierung. Die Reihenfolge beim Zusammenbau wählt man am besten exakt in umgekehrter Reihenfolge beim Zerlegen.

Wo wir schon beim Tonkopf sind, schauen wir uns auch gleich noch an, wie er am Parallelgestänge befestigt wird. Beim HS ist die entsprechende Stelle am Parallelgestänge zweiteilig ausgeführt: In einem Metallrohr ist ein Kunststoffteil fest eingequetscht:

.jpg   basis.jpg (Größe: 86,18 KB / Downloads: 180)

Durch das Kunststoffteil hindurch wird das Tonabnehmerkabel auf die Unterseite des Chassis gefädelt. Der Tonkopf wird dann oben aufgesteckt und von oben mit einer M3 x 6mm Senkkopfschraube befestigt:

.jpg   aufsatz.jpg (Größe: 80,04 KB / Downloads: 180)

Eigentlich reicht diese eine Schraube vollkommen aus. Dr. Karl Daniel hat aber zusätzlich noch eine M2 x 6mm Schraube vorgesehen, die seitlich in die Achse geschraubt wird und den Tonkopf gegen Verdrehen sichert:

.jpg   schraube.jpg (Größe: 89,34 KB / Downloads: 180)

Fertig montiert sitzt der Tonkopf dann perfekt auf dem Parallelgestänge:

.jpg   montiert.jpg (Größe: 76,51 KB / Downloads: 180)

Diese seitliche M2-Schraube ist eines der nervigsten Teile am HS! Was ich wegen der schon geflucht habe, bis die nach vielen Anläufen endlich im Gewinde gelandet ist. Etwas geholfen hat mir dieses China-Werkzeug, das man mit den Suchbegriffen "piercing greifer" finden kann:

.jpg   werkzeug.jpg (Größe: 61,54 KB / Downloads: 180)

Noch besser wäre ein Schraubendreher mit eingebautem Greifer. Ich bin mir sicher, dass ich sowas schon mal gesehen habe. Wenn jemand weiß, wo man sowas herkriegt, dann möge er oder sie bitte einen Hinweis in den Diskussionsthread posten. Dort ist derzeit noch ganz viel Platz für Kommentare, Anmerkungen, Tipps und Fragen!
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#23
Zu Beginn des Berichts hatte ich geschrieben, das Genickbruch ein häufiges Problem des Tonkopfs beim HS wäre. Inzwischen bin ich mir da gar nicht mehr so sicher. Denn bei HS hat der Schaft am Tonkopf mit 13mm noch einen ganz guten Außendurchmesser. Beim HS-AT hingegen (und damit wohl bei allen vom HS-19 abgeleiteten Tefis) ist der Schaft auf 8mm geschrumpft. Dort wird er nämlich direkt innen in die Metallhülse des Parallelgestänges gesteckt:

.jpg   hs-at.jpg (Größe: 92,92 KB / Downloads: 175)

Die Sollbruchstelle ist damit klar vorgegeben. Erschwerend kommt noch hinzu, dass der Tonkopf durch eine M2 x 12mm Schraube (im Foto bereits entfernt) gesichert wird, durch die die Metallhülse weiter zusammengezogen wird. Mir ist es jetzt auf die Schnelle nicht gelungen, den Rest des Tonkopfschafts aus der Hülse zu schieben. Das heißt: selbst wenn der Tonkopf dort noch heile wäre, bestünde die Gefahr ihm bei der Demontage das Genick zu brechen. Hier war das HS also noch ein bisschen besser als seine Nachfolger.
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#24
Ein Detail hätte ich bei meiner Arbeit fast übersehen bzw. am Ende vergessen. Zum Glück habe ich aber genügend Fotos gemacht, so dass es mir doch noch aufgefallen ist: Der Tonarm würde nämlich beim Abschwenken von der Bandrolle in seine Ruheposition hinten ans Metall anschlagen. Daher gab es hier einen Schwammgummi, der den Aufprall des Tonkopfs dämpft:

.jpg   intakt.jpg (Größe: 61,5 KB / Downloads: 164)

Das Material ist inzwischen so porös, dass es beim Versuch es abzuziehen einfach zerbrochen ist:

.jpg   zerfallen.jpg (Größe: 60,65 KB / Downloads: 164)

Ich habe ein bisschen darüber nachgedacht, ob ich es in Original-Optik wiederherstelle. Bauschaum in ein entsprechendes Rohr gespritzt und dann in Scheiben geschnitten, gelocht etc. - das würde vermutlich eine relativ ähnliche Optik ergeben. Da hatte ich dann aber irgendwie keine Lust dazu. Und bei einem gelben Spülschwamm hätte ich Sorge, dass der nicht lange halten wird...

So habe ich dann doch einfach ganz pragmatisch zu einem Stück Moosgummi gegriffen, das gerade herumlag. Ein Streifen mit 5mm Dicke ist mit einem scharfen Cuttermesser schnell abgeschnitten. Die weitere Bearbeitung erfolgt mit einem Locheisen mit ca. 19mm Durchmesser und einem mit ca. 5mm:

.jpg   produktion.jpg (Größe: 63,79 KB / Downloads: 164)

Das Ergebnis hat zumindest mal die Form des Originals und erfüllt dessen Aufgabe erstmal wieder perfekt:

.jpg   ergebnis.jpg (Größe: 104,2 KB / Downloads: 164)

Auch hier wieder ein kurzer Blick auf dieselbe Lösung in der Folgegeneration - hier beim HS-AT Schrottchassis:

.jpg   hs-at.jpg (Größe: 56,58 KB / Downloads: 164)

Hier wurde dann einfach ein Stück Schaumstoff festgenietet. Das ist natürlich zum Auswechseln eine wesentlich schlechtere Lösung. Für die ersten Jahrzehnte war das aber sicher besser als das Teil beim HS.
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#25
Nachdem wir mit dem Tonkopf ein aufregendes Thema hinter uns gelassen haben, wenden wir uns nun einer wesentlich unspektakuläreren Komponente zu: Dem

Tonkopf-Anschwenk-Mechanismus

Auf der Oberseite des Chassis befindet sich rechts unten dieser Drehknopf:

.jpg   drehsknopf.jpg (Größe: 67,46 KB / Downloads: 132)

Durch Drehen den Knopfs kann man den Tonkopf an die Bandrolle anschwenken bzw. ihn wieder in seine Ruheposition zurückführen. Dahinter verbirgt sich dieser einfache - um nicht zu sage triviale - Mechanismus:

.jpg   detail_vorher1.jpg (Größe: 61,65 KB / Downloads: 132)

Der Drehknopf dient also dazu, einen Metall-Hebel herumzudrehen.
Auf den Hebel ist ein Gummischlauch aufgeschoben, der längst ausgehärtet, spröde und teilweise schon abgebröckelt ist. Er wird einfach abgezogen:

.jpg   detail_vorher2.jpg (Größe: 72,29 KB / Downloads: 132)

Als Ersatz werden 2 Schrumpfschläuche übereinander aufgeschrumpft. Und schon ist der Hebel wieder einsatzbereit und kann montiert werden:

.jpg   detail_nachher.jpg (Größe: 109,75 KB / Downloads: 132)

Hier der restaurierte Anschwenk-Mechanismus in der Gesamtschau:

.jpg   eingebaut.jpg (Größe: 68,39 KB / Downloads: 132)

Die große Feder, die man im Bild sieht, ist auf der Achse des Parallelgestänges für den Tonkopf. Sie drückt den Tonkopf in Richtung Bandrolle. Der Anschwenk-Hebel lässt dies entweder zu, oder drückt den Tonkopf wieder zurück in seine Ruheposition. So einfach kann man diese Aufgabe lösen.
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#26
Doch halt - jetzt hätte ich dem Anschwenk-Mechanismus doch beinahe Unrecht getan. Da gibt es nämlich noch zwei Details, die noch erwähnt werden wollen. Zunächst mal sind hier zwei Einrastpunkte vorgesehen, die durch eine Feder eine gute Haptik schaffen:

.jpg   rastung.jpg (Größe: 109,61 KB / Downloads: 120)

Und schließlich hat der Mechanismus noch eine zweite Aufgabe: Er dient auch dazu, die beiden Führungsrollen an die Bandrolle anzuschwenken. Dies geschieht durch diesen Führungsrahmen, der bei der Drehbewegung entlang des Langlochs verschoben wird:

.jpg   kulisse.jpg (Größe: 115,14 KB / Downloads: 120)

In der "An"-Position kann die Feder auf der Oberseite des Chassis (rechts im Bild) die Führungsrollen an die Bandrolle heranziehen:

.jpg   führungsrollenmechanik.jpg (Größe: 117,17 KB / Downloads: 120)
In der "Ab"-Position zieht der Rahmen über einen Bolzen die Führungsrollen wieder zur Seite.

Von der Bewegung der Mechanik auf der Unterseite des Chassis habe ich ein kurzes Video aufgezeichnet:

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#27
Hier geht's weiter zum zweiten Teil des Berichts.
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