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Staßfurter T4 im Puppenkleiderschrank
#1
Angeregt durch einen Beitrag über bunt angemalte Radiogehäuse möchte ich hier einen Zwischenstand zum Neuaufbau eines Staßfurter T4 von 1924 vorstellen.
Ausgangssituation war ein originales Gehäuse mit Buchsenplatte, Typenschild und RTV-Stempelung, dass mit weißer Ölfarbe gestrichen und zu einem Puppenkleiderschrank umfunktioniert wurde. Bestimmt eine tolle Weihnachtsüberraschung für das Kind aber doch etwas schockierend für den Sammler historischer Technik.
   
Die Ölfarbe habe ich mit einem Abbeizer entfernt, allerdings ist das Eichenfurnier sehr grobporig. In tagelanger Kleinarbeit habe ich mit einem Skalpell alle weißen Farbreste aus den Poren heraus seziert. Anschließend mit wasserlöslicher Beize nachgebeizt, in die groben Poren etwas Bimsmehl eingerieben und mit Schelllack lackiert und poliert.
   
Nachdem das Gehäuse einige Jahre im Regal stand, habe ich durch einen glücklichen Zufall eine Schachtel mit Originalteilen von genau so einem Gerät bekommen.
Die Frontplatte war im originalen Gerät aus 10mm dickem Ebonit, einer hart vulkanisierten Kautschuk-Mischung. Als Ersatz habe ich eine Sperrholzplatte schwarz lackiert und alle vorhandenen Originalteile montiert. Im Inneren fehlen jetzt "nur" noch die Spulen und die komplette Verdrahtung.
   
Wenn es an der Zeit ist, werde ich über den weiteren Fortgang berichten.
Gruß Gerald
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#2
Meine Hochachtung für diese Arbeit.

Gruß
Wilhelm
Niemandes Herr, Niemandes Knecht,
so ist es gut, so ist es recht

von Fallersleben
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#3
wow sieht der klasse aus!!
Gruß,
Jupp
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was du baust ist immer mit dir verbunden
(Lego)

Einsamkeit ist nur ein Mangel an Technologie
(@beetlebum)
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#4
Oh ja, das gefällt mir auch!!!

Viele Grüße,
Rolf
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#5
Ein wahrlich seltenes und schönes Gerät! Welche Röhren waren da original verbaut? RM.org kennt zwar das Modell, kennt aber weder Schaltplan, noch Röhrenbestückung.

Die "Zwischennutzung" als Puppenmöbel hat immerhin dafür gesorgt, dass das Gehäuse erhalten geblieben ist. Ansonsten wäre es vermutlich im Ofen gelandet, wie altes Holz früher halt immer.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#6
Gut dass Du nach der Röhrenbestückung fragst, dazu gibt es nämlich ein interessantes Detail.
Die erste Röhrenbestückung Anfang 1924 bestand aus vier Wolframröhren RE11 mit 500mA Heizstrom.
Schon kurz danach waren so genannte Sparröhren mit geringerem Heizstrom verfügbar.
Zum Einen die Oxydfadenröhren RE84/RE86 und zum Anderen die RE78/RE83 mit thoriumdotierten Wolframfaden.
Für den T4 sind ausschließlich Röhren mit dem 4-poligen Telefunkensockel (4 Stifte im Quadrat) vorgesehen.


.jpg   Röhren.jpg (Größe: 37,33 KB / Downloads: 156)

Im Gegensatz zu den RE11 haben die nachfolgenden Röhren einen längeren Glaskolben, wodurch sich die Türen der Eichenschatulle nicht mehr verschließen ließen. Damit die Gehäuse weiter verwendet werden konnten, wurden nachträglich Abstandsleisten angebracht und der Anschlag für die Türen versetzt. Die Kugelraste zum Festschnappen der Türen wurde dadurch unwirksam.

   
   

Die Schaltung des T4 entspricht genau den Einzelgeräten HF+A+NFD des Staßfurter "D-Zuges", die hier als Luxusausführung in einem Gehäuse zusammengefasst und durch ein Messinstrument zur Kontrolle der Heizspannungen ergänzt wurden.
Hier die Schaltung von Audion und NF-Verstärker, die HF-Stufe muss ich noch aufbereiten:

   
Gruß Gerald
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#7
Lt. Internet handelt es sich bei der Schaltung um ein Telefunken Patent. Offenbar hat Stassfurt seinerzeit sowohl Eigenentwicklungen produziert, als auch mit Telefunken Patenten gearbeitet. Erstaunlich, dass es das schon in dieser frühen Entwicklungszeit der Radios gab.
Bemerkenswert finde ich auch den von Dir beschriebenen Umstand der Gehäuseumarbeitung, um die Röhren mit etwas längerem Glaskolben verwenden zu können. Daran erkennt man auch die Bedeutung eines solchen Apparates in der damaligen Zeit. Das war ja schon ein recht hoher Aufwand.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
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#8
Jeder Hersteller, der nicht in einen teuren Patentstreit mit Telefunken geraten wollte, musste Patentgebühren zahlen. Die Geräte vom einfachen Kristalldetektor bis zum Exquisit-Röhrenradio erhielten dann alle ein Schildchen mit der Aufschrift "Nach Telefunken Patenten" oder so ähnlich. Allein schon für die Röhrenfassungen wurden Zahlungen fällig. Es ist also nichts Außergewöhnliches und auch mit ein Grund, dass die Anzahl der Radiofirmen bis 1925 rapide abnahm.
Gruß Gerald
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#9
Hallo Gerald,
Absolut KLASSE geworden das Radio :‐)

Mit freundlichem Gruß Heiko
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