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Identifikation von ELCOMA Röhren
#1
Harald Giese, Ver.27.April 2022

Typ - Identifizierung von Elektronenröhren

Dieses Thema zeigt, wie man eine Elektronenröhre identifizieren kann, selbst wenn deren Beschriftung nicht mehr lesbar ist.

Ein altbekanntes Problem im Kreis der Radio – Enthusiasten, HiFi – Verstärker- Liebhaber und Röhrensammler ist die Identifikation einer Elektronenröhre, wenn deren Stempelung erwischt oder schlimmstenfalls vollkommen verschwunden ist.  In manchen Fällen lässt sich anhand des Röhrensystem – Aufbaus, des Röhrensockels und durch Messung der Heizungsparameter der Typ recht genau eingrenzen, aber dazu gehört schon sehr viel Sachkenntnis.
Interessanterweise gibt es aber eine zuverlässige Identifikationsmethode, die auf eine von PHILIPS initiierte Standardisierung der Röhrenkennzeichnung zurückgeht: 
In den fünfziger Jahren entschloss sich PHILIPS den Unternehmensbereich ELCOMA ("Electrical Components and Materials") ins Leben zu rufen: Das war der Bereich, der sich mit der Produktion von Elektronischen Komponenten beschäftigte. Ab diesem Zeitpunkt trugen nur noch Haushaltsgeräte oder Laborausrüstung den Namen PHILIPS.
Diesem neuen Unternehmensbereich schlossen sich bald andere namhafte Elektronikunternehmen wie SIEMENS, MULLARD und AMPEREX an. Natürlich stellt man sich die Frage wo der Vorteil dieses Joint – Venture lag. Immerhin handelte es sich ja um Konkurrenten auf dem Elektronikmarkt.
Die Antwort ist ganz einfach: Einige der Firmen hatten ihre Produktionsprozesse auf bestimmte Röhren oder Halbleiter optimiert. Anstatt bei größerer Marknachfrage eines bestimmten Röhren – oder Halbleitertyps die ganze Produktionsstraße umzubauen, ließ man den Typ einfach bei einem Partner des ELCOMA Verbunds fertigen, schliff oder wusch danach die Typkennzeichnung ab und brachte den eigenen Stempel auf. Das hätte natürlich leicht zu einem unüberschaubaren Chaos geführt, hätte man nicht eine unverwischbare Stempelung, den so-genannten Ätzcode (etch – code) erfunden, der folgende Informationen beinhaltet: Röhrentyp, Bauform, Hersteller innerhalb des Konzerns und Zeitpunkt der Herstellung. Eine Übersicht


http://www.pauls-roehren.de/downloads/Ph...ListAB.pdf

Anfangs hat man die Codes auf den Röhrenboden gedruckt (da konnten sie schon mal nicht mehr versehentlich abgewischt werden),  später hat man sie in den Glaskörper der Röhren geätzt. Daher auch die Bezeichnung "Etch-Code". Das war keine so eine tolle Idee, denn die Ätzbilder sind teilweise nur noch geradeso mit einer Uhrmacherlupe zu erkennen.
ABER IMMERHIN ERKENNT MAN MEISTENS, UM WELCHE RÖHRE ES SICH HANDELT

Hier ein paar Beispiele, bei denen zufällig die Beschriftung noch erkennbar ist - so kann man überprüfen ob's stimmt:

Eine DL96:
Code UE1 - L8D: Röhrentyp DL96 Bauform 1, Hergestellt von MBLE (MAZDA) Brüssel, 1958 Monat D= April
       

Eine EL86:
Code MI3 - D9A: Röhrentyp EL86 Bauform 3, Hergestellt von VALVO Hamburg, 1959 Monat A= Januar
       

Eine EL84: (Ätzcode steht auf dem Kopf!)
Code kM1 - B5G1: Röhrentyp EL84 Bauform 1, Hergestellt von Mullard / Blackburn Enterprises, GB, 1965 Monat G= Juli 1. Woche
       

Eine ECC83:
Code I62 - "ungleich" 4D: Röhrentyp ECC83 Bauform 2, Hergestellt von SIEMENS München, 1954 Monat D= April
       

Eine ECH81:
Code YD7 - "ungleich" 6J: Röhrentyp ECH81 Bauform 7, Hergestellt von SIEMENS München, 1956 Monat J= Oktober
       

Eine EC81
mit umgekehrter Codierung-> Röhrentyp und Bauform stehen in der 2. anstatt in der 1. Zeile :
Code ?3 - Y2A: , Hergestellt von ?, Jahr 1953?, Röhrentyp EC81 Bauform A
       

usw.
Mit einer guten Lupe, etwas Phantasie und den in Internet vorhandenen Tabellenwerken findet man eigentlich fast immer heraus, was man da in den Händen hält.

Man könnte nun die durchaus berechtigte Frage stellen:
Woher weiß man, dass es sich um eine ELCOMA Röhre handelt und was tut man, wenn man nun keine Identifikation findet?

Hier ist die Antwort:

(i) ELCOMA Codes bestehen immer aus einem Zweizeiler. Man findet sie erst ab etwa Anfang -- Mitte der fünfziger Jahre.

(ii) Ist auf einer Röhre der Firmenstempel PHILIPS, VALVO oder MULLARD … noch entzifferbar aber der Typstempel verschwunden und auch kein Ätz - Code auffindbar, so kann es sein, dass die Röhre in Wirklichkeit von RFT, TUNGSRAM oder TESLA produziert wurde – und diese Unternehmen verwendeten keine ELCOMA – Ätzcodes.
Wenn man dann den Typ nicht entziffern kann, hat man PECH! Dann kann man sich nur noch genau das System anschauen, auch wie viele Gitterstege durch die Glimmerplättchen stoßen, wo die Heizungsanschlüsse liegen, wie hoch die Heizspannung wohl sein könnte, indem man bei 4V anfängt, langsam erhöht, und den Heizstrom registriert.

(iii) Findet man keinen ELCOMA - Zweizeiler aber zwei Buchstaben nebeneinander, so wie z.B. „ys" auf einer RENS1284, so kann es sich sehr gut um eine TELEFUNKEN-Röhre vom Januar 1935 handeln.
Für diese von TELEFUNKEN verwendeten, aus zwei Buchstaben bestehenden Codes zum Produktionszeitpunkt findet man im Internet als Freeware eine Decodiertabelle vom Prof. Künzel an der Fachhochschule Ulm:

   

Grundsätzlich wurde dieser Typ der Codierung von TELEFUNKEN auch noch nach Einführung der Allglasröhren verwendet, jedoch stand hier der Herstellungszeitpunkt hinter dem Fabrikationsort: B=Berlin, U=Ulm:
Hier eine ECC81 vom Januar 1958 "nb", hergestellt in Berlin:

       

Später weitete TELEFUNKEN die Codierung aus. Sie begann zwar immer noch mit dem Fabrikationsort B für Berlin, U für Ulm, wurde jetzt aber fortgesetzt mit einer langen Zahlenkombination - manchmal gefolgt von weiteren Buchstaben. Siehe folgendes Beispiel einer ECC83 aus Berlin:

       
Diese Röhre wurde produziert: in Berlin am 14.10. 1966.

Der Code liest sich folgendermaßen:
Erste und zweite Ziffer ergeben umgedreht den Tag der Produktion: 14 (Umkehrung von 41).
Dritte und fünfte Ziffer ergeben den Monat der Produktion: 10 -> Oktober
Die vierte Ziffer ergänzt „196x“ zum Jahr der Produktion: 1966. 

Und dann gibt es noch Röhren, bei denen die Metallisierung verschwunden ist, passiert z.B. oft bei einer RENS1284. Da kann man fast immer unter Schräglicht noch einen Relief-ähnlichen Abdruck der Stempelung in der auf der Röhre verbliebenen Haftschicht sehen, oder man hat eine Allglasröhre bei der überhaupt nichts mehr zu sehen ist. Dann wird's ernst. Da hilft nur: Lupe ans Auge und grübeln. Wie oben schon gesagt, gibt einem die Heizung und die Anzahl der Gitter und der Elektrodensyteme eine erste Aussage.

VIEL ERFOLG!

Grüße aus Karlsruhe,
Harald Giese


Angehängte Dateien
.pdf   PhilipsCodeListAB.pdf (Größe: 151,47 KB / Downloads: 1)
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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