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IMPERIAL 50 GW, ein selten anzutreffender Kleinsuper von 1949
#1
Hallo !

Ich hatte mir ja vorgenommen, immer dann, wenn ich eines meiner lange im Abstellmodus befindlichen Röhrenradios zwecks technischer Durchsicht auf die Werkbank hieve, einen kleinen Bericht zu verfassen. Vorrangig soll dies natürlich bei Geräten geschehen, die eher selten in die öffentliche Wahrnehmung rücken, bzw. bislang auch eher sparsam dokumentiert sind.
Um ein solches Radio soll es hier gehen.

   

   


Das ist, wie die Überschrift verrät, ein Radio, das noch in die Kategorie der Währungsreformradios fällt. Zunächst einige technische Daten:

Hersteller:          Continental Rundfunk GmbH, Osterode / Harz
Baujahr:             1949
Preis                   295 DM
Gehäuse:            Holz, zweifarbig, Größe 420 x 285 x 230 mm
Prinzip:               5-Kreis-Super
Wellenbereiche: LW, MW, TA, einstellbar über Drehknopf rechte Gehäuseseite
Röhren:              UCH5, UCH5, UBL3, UY3, 1 Skalenbirnchen 6,3V/0,3 A
Lautsprecher:    Permanent-dynamisch, 17 cm
Spannung:         220 Volt Allstrom, umschaltbar auf 110 Volt. Zur Umschaltung muss gelötet werden, dazu eine Anleitung auf der Innenseite der Rückwand
Klangregelung:  Rückseitig, Kippschalter hell/dunkel. Zudem Gegenkopplung von der Primärseite des AÜ ausgehend
Rückseitige Anschlüsse:     Antenne, Erde, TA



Der Hersteller ist vielen Sammlern eher unter dem Firmennamen "Stassfurter Imperial" bekannt. Dabei handelt es sich dann allerdings meist um Radios, die vor 1945 produziert wurden. Nach dem Krieg lag der Firmenort in der sowjetischen Besatzungszone, so dass im Westen eine Neugründung erfolgte und die Geräte nur noch unter dem Namen "Imperial" firmierten. Gleichsam wurden auch im Osten noch Radios am bisherigen Standort produziert. Allerdings soll die Firmengeschichte an dieser Stelle nicht vertieft werden.

Wenden wir uns also wieder dem Radio zu. Zunächst der Schaltplan:

https://nvhrbiblio.nl/schema/Imperial_50GW.pdf

Der ist weitestgehend stimmig mit der im Radio vorgefundenen Beschaltung, wobei es zu erwähnen gilt, dass mir das Radio vor sehr vielen Jahren (1979?) aus Ersthandbesitz und bis dato unrepariert geschenkt wurde. Einen etwas genaueren Plan kann der interessierte Betrachter bei radiomuseum.org herunterladen.
Dazu ergänzend die bereits erwähnte Anleitung zur Spannungsumschaltung, die sich zusammen mit der Lage der Abgleichpunkte auf der Rückwandinnenseite findet:

   
   

Schaut man sich den Schaltplan genauer an, so sieht man eine Besonderheit.
Es fehlt ein sog. Heißleiter, d.h. Skalenbirnchen und Röhren werden unmittelbar nach dem Einschalten ohne Schutz bestromt. Damit das Skalenbirnchen dabei keinen Schaden nimmt, wurde es etwas unorthodox in den Gesamtstromkreislauf geschaltet, d.h. es wird neben dem Heizstrom auch vom Anodenstrom der Röhren durchflossen. Das funktioniert ganz brauchbar, allerdings muss man sich mit einer etwas schwachen Ausleuchtung der Skala zufrieden geben. Der Vorteil liegt einerseits in der Einsparung des Heißleiters, andererseits konnte die gleiche Skalenbirne verwendet werden, die man auch in Wechselstromradios mit 6,3 V - Heizung findet. Der Hersteller weist das Birnchen zugleich als Gerätesicherung aus.

Desweiteren sieht man den simplen Klangschalter, der allerdings den Anodenklangfarbenkondensator unmittelbar gegen Masse schaltet. Das ist hier nicht anders lösbar, da dieser simple Schalter einen seiner Kontakte unmittelbar am Metallchassis hat.
Auffällig ist die im Plan verzeichnete Gegenkopplung, die bereits in der Serie modifiziert wurde. Das hier vorgestellte Radio trägt die Seriennummer 4926, besitzt also die geänderte Schaltung.

Genug Text, hier nun weitere Fotos:

   

Die Wellenbereichumschaltung ist simpel gehalten. Die "Striche" finden sich auf der Skala wieder, so dass die Wellenbereiche zugeordnet werden können.

Zur Innenansicht geht's hier entlang:

   
   

   
   
   


Etwas ungewöhnlich wirkt der rechteckige Heizvorwiderstand.
Zur Rückwandbedruckung eine kleine Kuriosität: Mein hier gezeigtes Radio trägt die Typenbzeichnung "50 GW". Bei radiomuseum org ist ein Gerät gleichen Typs abgebildet, bei dem die Rückwand die Typenbezeichnung mit "GW 50" vermerkt: https://www.radiomuseum.org/r/imperial_j50gw.html
Da wurde also mal 'Feintuning' betrieben.

Der Innenraum insgesamt wirkt aufgeräumt, und spätestens jetzt erkennt der versierte Sammler, dass wir hier im Grunde einen "Standardsuper der britischen Zone" vor uns haben. Heißt zwar nicht so und war mit einem Verkaufspreis von DM 295,- auch erklecklich teuer, trägt aber den Standardspulensatz und die erst 1948 von VALVO Hamburg bemusterte U-Röhrenserie.
Einen Unterschied gibt's allerdings: Es ist nur ein 5-Kreiser, d.h. zum für mein Befinden recht happigen Verkaufspreis hat man das Gerät schaltungsseitig "downgesizt", wie es im Neudenglisch heißt. Ein Jahr später, d.h. 1950, bot z.B. GRUNDIG mit dem Typ 165 einen deutlich preiswerteren AM-Super mit 2 Wellenbereichen und 6 Kreisen an.


Reparaturen:
Das ist hier nicht die Sparte für Geräterestaurierungen, daher beschränke ich mich zur Schilderung der Gerätehistorie auf die Knackpunkte.

Das Radio kam recht gut erhalten in meinen Besitz. Allerdings hat die ab Werk gewählte Art der Stoffbespannung einen handfesten Nachteil. Der Bereich um die vorderen Bedienknöpfe ist hier in besonderem Maße dem Handschmutz und Abrieb ausgesetzt. Das war nicht mehr zu reinigen und verdarb die Freude am instandgesetzten Radio. Deshalb wendete (!) ich seinerzeit den Originalstoff, so dass die Dreckränder nach innen wandern konnten. Die 2 kleinen Flecke im Lautsprecherausschnitt blieben leider; sie stammen vom metallenen Typenschild.

Technischerseits machte das Radio nach einigen Jahren in der Sammlung durch einen massiven Leistungseinbruch auf sich aufmerksam, dem über Spannungs-/Strommessung nicht beizukommen war. Der AÜ war defekt geworden, vermutlich Windungsschluss.

Eine sog. 'Kondensatorkur', d.h. die Entfernung aller defekt gewordenen Problemkondensatoren und deren Ersatz, wurde vor sehr langer Zeit bereits vollzogen, da das Radio "spielen" sollte. Im Zuge einer technischen Durchsicht habe ich dieser Tage allerdings einige der damals verbauten Kondensatoren ersetzt, da sie heute als mittlerweile problemverursachend gelten (z.B. EROFOL).
Allerdings möchte ich auf eine Modifikation meinerseits kurz eingehen. Die oben im Schaltplan gezeigte Gegenkopplung aus 2k / 0,1µF wirkt nach meinem Geschmack zu sehr klangverdunkelnd. Ich habe daher den C auf 0,01 µF verkleinert und dies im Schaltplan vermerkt.


Gesamturteil:
Es handelt sich vorliegend gehäuseseitig wie vom betriebenen technischen Aufwand um ein schnörkelloses Radio. Es ist einfach zu bedienen und im Betrieb zuverlässig. Seine Empfangsleistung genügt den durchschnittlichen Ansprüchen an ein Mittelklassegerät der damaligen Zeit. Der Klang ist angenehm dank des recht großen Lautsprechers und des Holzgehäuses.
Dank seiner Nähe zu den genannten Standardsupern sind technische Ersatzteile beschaffbar.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#2
Hallo Klaus,

ein interessantes Radio. Noch dazu aus meiner ehemaligen Heimat. Imperial - wie du schon angegeben hast - produzierte damals in Osterode (OT Freiheit). Ich kenne das Werk noch aus meinen Kindertagen. Das war schon recht groß. Es war auch ein guter Arbeitgeber in der Region. Schaut mal hier: https://www.osterode-freiheit.de/index.p...hwerk-gmbh

Natürlich danke für Deine ausführliche Vorstellung des Gerätes.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#3
Am besten hat mir gefallen das du auf die idee gekommen bist den stoff umzudrehen.
Auf sowas muss man erst mal kommen.
Viele Grüße, Juan
Printed on recycled Data
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#4
Vielen Dank, Andreas, für die Kurzchronik. Kannte ich noch nicht.
Das Radio bekam ich seinerzeit im 3er Pack (!) aus einem Haushalt:  Neben dem vorgestellten 50 GW gab's noch einen späten Großsuper IMPERIAL 611T Stereo (Bj. 1962/63, schon KUBA), sowie einen (markentechnisch nicht passenden) ERRES von 1936.

Juan: Ja, ich bin selbst erstaunt, dass das Stoffwenden damals so gut funktionierte.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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