10.07.2020, 12:56
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 09.09.2022, 21:54 von saarfranzose.)
Hallo Freunde,
ich durfte schon zweimal bei Sammlertreffen die Schellack-Bearbeitung von Radiogehäusen vorführen. Diese Vorführungen sind stets auf großes Interesse gestoßen. Wir haben heute wesentlich mehr Mitglieder, die noch nicht viel Erfahrung mit dieser Verarbeitungstechnik haben. Das Forum bekommt immer wieder Anfragen über die Anwendung dieser Technik.
Wir haben hier viele Radiofreunde, die ihren Gehäusen wieder ein schönes Aussehen verleihen wollen. Es gibt 'zig Möglichkeiten, dies wieder zu erreichen. Ich möchte hier zunächst mal auf das Thema Schellack-Politur eingehen.
Vielfach herrscht ja die Meinung vor, dass die Uralt-Radiogehäuse etc. mit Schellack poliert wurden. Nein, das ist nicht der Fall. Die Gehäuse wurden damals schon gespritzt. Nur kommt die Schellack-Politur dieser Lackierung am nächsten. Schellack-Politur wurde nur an wertigen Möbeln verarbeitet. Die Radios wären einfach zu teuer geworden.
Im Gegensatz zu den anderen Lacken ist der Schellack ein Naturprodukt. Schellack gibt es in Plättchenform und als fertige Mischung in der Flasche. Gebrauchsfertig ist dieser Schellack aber nicht. Er muss noch verdünnt werden. Und zwar für die jeweilige Anwendung. Laßt uns später darauf zurückkommen.
Die wichtigste Vorbereitung für eine Schellack-Politur ist grundsätzlich das Schleifen des Gehäuses. Wenn man ein altes Radiogehäuse bearbeiten will, dann wäscht man zweckmäßigerweise den Altlack mit Nitro-Verdünnung ab. Wie das geht, wurde hier bereits öfter erörtert.
Hat man dann ein nacktes Gehäuse vor sich, gilt es, dieses für eine gute Schellack-Politur aufzubereiten. Man muss zunächst sehen, ob das Gehäuse von sämtlichen Lackresten befreit wurde. Ist dies der Fall, dann wird das Gehäuse zunächst einmal mit 240er Schleifpapier angeschliffen. Bitte sparsam schleifen, Furnier ist sehr schnell durchgeschliffen.
Danach wird das Schleifpapier immer feiner. Es folgt dann 400er und dann 600er Schleifpapier. Ich verwende zum Schluss noch feinste Stahlwolle 000. Nun wird das Gehäuse auf mechanische Beschädigungen untersucht. Dies sind Risse, Schrammen, Löcher usw.. Der Anfänger holt sich am Besten vom Baumarkt einigermaßen passenden Holzspachtel. Wie stellt man die Farbe fest? Man benetzt einen Lappen mit Verdünnung und geht über einen Punkt des Furniers. Jetzt sieht man, wie das Furnier nach der Politur aussieht. Den Spachtel kauft man stets etwas dunkler als zu hell. Auf zu helle Stellen blickt das Auge eher. Nach dem Spachteln wird schön die gespachtelte Stelle verschliffen. Den Spachtel ruhig 1-2 Tage trocknen lassen. Manchmal fällt er etwas ein. Man kann natürlich auch Holzwachs o. Ä. nehmen.
Jetzt wird das Holzgehäuse sehr sorgfältig entstaubt.
Nun kann es losgehen. Aber wie? Noch bis vor kurzen hätte ich zu einem Grundanstrich mit stark verdünntem Schellack geraten.
Unser Radiofreund Uli hat etwas neues ausprobiert. Er trägt zunächst Grundieröl auf das Gehäuse auf. Ich habe das ausprobiert. Dieses Verfahren bewirkt zweierlei. Das Grundieröl ist etwas dickflüssiger. Nach dem 3. Auftrag sind die Holzporen schon fast unsichtbar. Das Furnier wird wunderschön angefeuert.
Holzporen - was ist das? Holzporen sind kleinste Kanäle im Holz, die früher den Baum bewässert haben. Würde man diese Holzporen unbehandelt lassen, dann bekommt man natürlich keinen vernünftigen Glanz. Oft wird verlangt, dass die Holzporen noch etwas sichtbar sind. Gut, dann werden sie nicht vollständig verfüllt. Dann ist der Glanz aber auch nicht so extrem.
Was ist beim Auftragen des Grundieröls zu beachten? Man trägt das Öl mit einem weichen Pinsel auf. Die Überstände müssen unbedingt nach so etwa 10 Minuten mit einem weichen Tuch abgewischt werden. Sollte man zu lange warten, klebt das Öl nach. Es wird Muskelarbeit, diese Fläche wieder glatt zu bekommen. Also aufpassen, wie das Öl "anzieht". Danach sollte man das Gehäuse mindestens 24 Stunden in Ruhe lassen.
Ich bin mir sicher, wer das drei Mal gemacht hat, überlegt schon, ob er das Gehäuse evtl. so lässt. Es bekommt einen seidenmatten Glanz und die Holzporen sind kaum noch sichtbar. Dasselbe kann man natürlich auch mit Hartöl machen. Alle Ölarten haben gemeinsam, dass das Furnier sehr schön "angefeuert" wird.
Wem das jetzt noch nicht reicht, der greift zur Schellack-Politur. Hier nochmal der Hinweis: Will man Hochglanzpolitur, verwendet man Bimsmehl. Hinweis!!!! Niemals nach einer Ölbehandlung Schnellschliffgrund verwenden. Alles wäre sonst ruiniert. Das Öl und der Schnellschliffgrund reagieren sehr aggressiv. Das Gehäuse wird weißlich und ist versaut. Sprich - alles auf Anfang.
Zum Bimsmehl ist zu sagen: Es gibt das Mehl z. B. in der Apotheke. Die Körnung ist recht grob. Bei z.B. ebay gibt es Bimsmehl super-fein. Das wollen wir nehmen.
Bimsmehl wird mit einem Ballen und stark verdünntem Schellack (1 : 10 - 1 Teil Schellack und 10 Teile z. b. Isopropanol) aufgebracht. Womit? Mit einem Ballen.
Den kann man sich kaufen. Aber auch selbst herstellen. Man kann in einen alten Socken etwas Polierwatte oder z. B. Schafswolle geben. Den Wattebausch tränken wir mit etwas verdünntem Schellack. Den Socken verdrehen. Hier kommt etwas Bimsmehl drauf. Dann verwenden wir ein Stück T-Shirt Stoff etc. Weich und fusselfrei muss es sein.
Das legen wir stramm um unseren Socken-Ballen. Schön stramm drehen und den Ballen jetzt mit der Hand kneten. Nun wird kreuz und quer eine Seite nach der anderen mit Schellack und Bimsmehl versorgt. Bei unseren Furnieren reicht das, wenn man es 3 mal durchführt. Auch hier gilt mindestens 24 Stunden trocknen lassen. Und immer mal wieder etwas Bimsmehl auf den Socken geben.
Ich habe früher sofort mit Bimsmehr die Poren verfüllt. d. h. ohne Grundieröl. Es passiert folgendes: Der Alkohol entweicht aus den Holzporen und das Bimsmehl wandert in die Holzporen. D. h. am anderen Tag sind die Holzporen wieder sichtbar. Nach 3 Anwendungen sollte sich das aber stabilisiert haben. Diese Erscheinung beobachte ich nicht bei der vorherigen Anwendung von Grundieröl. Deshalb arbeite ich jetzt grundsätzlich mit Grundieröl vor.
Übrigens ist eins noch sehr wichtig. Bevor man diese Bimsmehl-Prozedur durchführt, sollte das Grundieröl einige Tage Zeit haben zum Trocknen. Fängt man zu früh mit der Bimsmehl-Behandlung an, dann kann es sein, dass das Öl noch etwas "gast". Verfärbungen könnten dann evtl. sichtbar werden. Denkt dran, auf die alten Radios wartet keiner mehr und wir haben Zeit.
Niemals Bimsmehl einfach auf die Holzoberfläche streuen. Das wird schnell zu viel. Das verhärtet zu kleinen Inseln und wird wie Beton. Unschöne Schleifarbeiten wären die Folge.
Jetzt ist unser Gehäuse schon mal auf einem guten Weg. Wir gehen leicht mit 000 Stahlwolle über den gesamten Gehäusekorpus. Und dann.....
machen wir Pause.
Im nächsten Teil beschreibe ich Euch dann das weitere Schellack-Polieren. Über 50 % der Arbeit ist so geschafft. Ganz wichtig, den Bimsmehl-Ballen nach der abgeschlossenen Arbeit wegwerfen. Die Poren von dem Socken und auch der Überzug sind nach diesen Anwendungen verklebt und taugen dann nichts mehr.
Zur weiteren Schellack-Politur darf k e i n Bimsmehl mehr zur Anwendung kommen.
ich durfte schon zweimal bei Sammlertreffen die Schellack-Bearbeitung von Radiogehäusen vorführen. Diese Vorführungen sind stets auf großes Interesse gestoßen. Wir haben heute wesentlich mehr Mitglieder, die noch nicht viel Erfahrung mit dieser Verarbeitungstechnik haben. Das Forum bekommt immer wieder Anfragen über die Anwendung dieser Technik.
Wir haben hier viele Radiofreunde, die ihren Gehäusen wieder ein schönes Aussehen verleihen wollen. Es gibt 'zig Möglichkeiten, dies wieder zu erreichen. Ich möchte hier zunächst mal auf das Thema Schellack-Politur eingehen.
Vielfach herrscht ja die Meinung vor, dass die Uralt-Radiogehäuse etc. mit Schellack poliert wurden. Nein, das ist nicht der Fall. Die Gehäuse wurden damals schon gespritzt. Nur kommt die Schellack-Politur dieser Lackierung am nächsten. Schellack-Politur wurde nur an wertigen Möbeln verarbeitet. Die Radios wären einfach zu teuer geworden.
Im Gegensatz zu den anderen Lacken ist der Schellack ein Naturprodukt. Schellack gibt es in Plättchenform und als fertige Mischung in der Flasche. Gebrauchsfertig ist dieser Schellack aber nicht. Er muss noch verdünnt werden. Und zwar für die jeweilige Anwendung. Laßt uns später darauf zurückkommen.
Die wichtigste Vorbereitung für eine Schellack-Politur ist grundsätzlich das Schleifen des Gehäuses. Wenn man ein altes Radiogehäuse bearbeiten will, dann wäscht man zweckmäßigerweise den Altlack mit Nitro-Verdünnung ab. Wie das geht, wurde hier bereits öfter erörtert.
Hat man dann ein nacktes Gehäuse vor sich, gilt es, dieses für eine gute Schellack-Politur aufzubereiten. Man muss zunächst sehen, ob das Gehäuse von sämtlichen Lackresten befreit wurde. Ist dies der Fall, dann wird das Gehäuse zunächst einmal mit 240er Schleifpapier angeschliffen. Bitte sparsam schleifen, Furnier ist sehr schnell durchgeschliffen.
Danach wird das Schleifpapier immer feiner. Es folgt dann 400er und dann 600er Schleifpapier. Ich verwende zum Schluss noch feinste Stahlwolle 000. Nun wird das Gehäuse auf mechanische Beschädigungen untersucht. Dies sind Risse, Schrammen, Löcher usw.. Der Anfänger holt sich am Besten vom Baumarkt einigermaßen passenden Holzspachtel. Wie stellt man die Farbe fest? Man benetzt einen Lappen mit Verdünnung und geht über einen Punkt des Furniers. Jetzt sieht man, wie das Furnier nach der Politur aussieht. Den Spachtel kauft man stets etwas dunkler als zu hell. Auf zu helle Stellen blickt das Auge eher. Nach dem Spachteln wird schön die gespachtelte Stelle verschliffen. Den Spachtel ruhig 1-2 Tage trocknen lassen. Manchmal fällt er etwas ein. Man kann natürlich auch Holzwachs o. Ä. nehmen.
Jetzt wird das Holzgehäuse sehr sorgfältig entstaubt.
Nun kann es losgehen. Aber wie? Noch bis vor kurzen hätte ich zu einem Grundanstrich mit stark verdünntem Schellack geraten.
Unser Radiofreund Uli hat etwas neues ausprobiert. Er trägt zunächst Grundieröl auf das Gehäuse auf. Ich habe das ausprobiert. Dieses Verfahren bewirkt zweierlei. Das Grundieröl ist etwas dickflüssiger. Nach dem 3. Auftrag sind die Holzporen schon fast unsichtbar. Das Furnier wird wunderschön angefeuert.
Holzporen - was ist das? Holzporen sind kleinste Kanäle im Holz, die früher den Baum bewässert haben. Würde man diese Holzporen unbehandelt lassen, dann bekommt man natürlich keinen vernünftigen Glanz. Oft wird verlangt, dass die Holzporen noch etwas sichtbar sind. Gut, dann werden sie nicht vollständig verfüllt. Dann ist der Glanz aber auch nicht so extrem.
Was ist beim Auftragen des Grundieröls zu beachten? Man trägt das Öl mit einem weichen Pinsel auf. Die Überstände müssen unbedingt nach so etwa 10 Minuten mit einem weichen Tuch abgewischt werden. Sollte man zu lange warten, klebt das Öl nach. Es wird Muskelarbeit, diese Fläche wieder glatt zu bekommen. Also aufpassen, wie das Öl "anzieht". Danach sollte man das Gehäuse mindestens 24 Stunden in Ruhe lassen.
Ich bin mir sicher, wer das drei Mal gemacht hat, überlegt schon, ob er das Gehäuse evtl. so lässt. Es bekommt einen seidenmatten Glanz und die Holzporen sind kaum noch sichtbar. Dasselbe kann man natürlich auch mit Hartöl machen. Alle Ölarten haben gemeinsam, dass das Furnier sehr schön "angefeuert" wird.
Wem das jetzt noch nicht reicht, der greift zur Schellack-Politur. Hier nochmal der Hinweis: Will man Hochglanzpolitur, verwendet man Bimsmehl. Hinweis!!!! Niemals nach einer Ölbehandlung Schnellschliffgrund verwenden. Alles wäre sonst ruiniert. Das Öl und der Schnellschliffgrund reagieren sehr aggressiv. Das Gehäuse wird weißlich und ist versaut. Sprich - alles auf Anfang.
Zum Bimsmehl ist zu sagen: Es gibt das Mehl z. B. in der Apotheke. Die Körnung ist recht grob. Bei z.B. ebay gibt es Bimsmehl super-fein. Das wollen wir nehmen.
Bimsmehl wird mit einem Ballen und stark verdünntem Schellack (1 : 10 - 1 Teil Schellack und 10 Teile z. b. Isopropanol) aufgebracht. Womit? Mit einem Ballen.
Den kann man sich kaufen. Aber auch selbst herstellen. Man kann in einen alten Socken etwas Polierwatte oder z. B. Schafswolle geben. Den Wattebausch tränken wir mit etwas verdünntem Schellack. Den Socken verdrehen. Hier kommt etwas Bimsmehl drauf. Dann verwenden wir ein Stück T-Shirt Stoff etc. Weich und fusselfrei muss es sein.
Das legen wir stramm um unseren Socken-Ballen. Schön stramm drehen und den Ballen jetzt mit der Hand kneten. Nun wird kreuz und quer eine Seite nach der anderen mit Schellack und Bimsmehl versorgt. Bei unseren Furnieren reicht das, wenn man es 3 mal durchführt. Auch hier gilt mindestens 24 Stunden trocknen lassen. Und immer mal wieder etwas Bimsmehl auf den Socken geben.
Ich habe früher sofort mit Bimsmehr die Poren verfüllt. d. h. ohne Grundieröl. Es passiert folgendes: Der Alkohol entweicht aus den Holzporen und das Bimsmehl wandert in die Holzporen. D. h. am anderen Tag sind die Holzporen wieder sichtbar. Nach 3 Anwendungen sollte sich das aber stabilisiert haben. Diese Erscheinung beobachte ich nicht bei der vorherigen Anwendung von Grundieröl. Deshalb arbeite ich jetzt grundsätzlich mit Grundieröl vor.
Übrigens ist eins noch sehr wichtig. Bevor man diese Bimsmehl-Prozedur durchführt, sollte das Grundieröl einige Tage Zeit haben zum Trocknen. Fängt man zu früh mit der Bimsmehl-Behandlung an, dann kann es sein, dass das Öl noch etwas "gast". Verfärbungen könnten dann evtl. sichtbar werden. Denkt dran, auf die alten Radios wartet keiner mehr und wir haben Zeit.
Niemals Bimsmehl einfach auf die Holzoberfläche streuen. Das wird schnell zu viel. Das verhärtet zu kleinen Inseln und wird wie Beton. Unschöne Schleifarbeiten wären die Folge.
Jetzt ist unser Gehäuse schon mal auf einem guten Weg. Wir gehen leicht mit 000 Stahlwolle über den gesamten Gehäusekorpus. Und dann.....
machen wir Pause.
Im nächsten Teil beschreibe ich Euch dann das weitere Schellack-Polieren. Über 50 % der Arbeit ist so geschafft. Ganz wichtig, den Bimsmehl-Ballen nach der abgeschlossenen Arbeit wegwerfen. Die Poren von dem Socken und auch der Überzug sind nach diesen Anwendungen verklebt und taugen dann nichts mehr.
Zur weiteren Schellack-Politur darf k e i n Bimsmehl mehr zur Anwendung kommen.
Es grüßt Euch aus Peine
Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.