Themabewertung:
  • 1 Bewertung(en) - 5 im Durchschnitt
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
Wega Diana 467 W1
#61
Was es doch für gemeine Fehler gibt... Gut dass wir hier Experten wie Dich haben Harald, Chapeau!
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
Zitieren
#62
Na, so ein Fehler gehört auch in die Rubrik 'Fehler, die die Welt nicht braucht'.


Viele Grüße

Martin
Zitieren
#63
Hallo Harald,

den Fehler hätte ich garantiert nie gefunden. Dazu habe ich einfach viel zu wenig Ahnung von den Zusammenhängen in der Röhrentechnik und auf dem ersten Bild sieht es auch nicht so aus, als wäre der mal krumm gebogen gewesen. Das wäre auch per "Ferndiagnose" wohl kaum zu finden gewesen. Es ist doch schön, wenn es noch so Könner gibt, die selbst sowas finden. Thumbs_up
Was manchmal doch ein 'kleiner' Fehler für enorme Auswirkung haben kann.

Waren die Keramikröhrchen damals eigentlich zu teuer, oder warum hat man da Papierwickelkondis eingesetzt?

Schönen Gruß aus OWL
Martin
Zitieren
#64
Hochspannungsfeste Dielektrika, die die Fertigung von Röhrchen - Kondensatoren mit hohen Kapazitätswerten bei kleiner Bauform ermöglichten, kamen erst im Lauf der Fünfziger Jahre auf. Davor nahm man eben Wickelkondensatoren. Die Entwickler wussten schon, was man da in der Schirmgitter - Neutralisation nehmen kann.... ich nicht. Deswegen nehme ich lieber gleich Röhrchen.

Ein Röhrchen mit 5 mm Durchmesser und 20 mm Länge hat eine Induktivität von 8,5 nH. Also nur halb soviel wie ein Stück Schaltdraht gleicher Länge. Damit kann man leben.

Inzwischen habe ich mit den Arbeiten für den 10,7 MHZ Abgleich begonnen. Leider waren die Spulenkerne nicht nur mit einer Kernbremse versehen, sondern auch noch ausgiebig mit Wachs gesichert. Das führte dann auch dazu, dass beim 2. ZF - Filter beide Kern - Schlitze ausbrachen. Alles nicht so schlimm.

Die Kerne haben M8 metrisches Feingewinde. Auf einer Seite einen Schltz (der aufgrund des weichen Materials leicht ausbricht) , auf der anderen Seite ein SW4 mm Sechkant. Der Schlitz hat für das Ausüben einer Kraft 2 Anlageflächen. Beim Lösen eines festsitzenden Kerns wird die Kraft also auf zwei kleine Flächen verteilt, beim Sechskant aber auf 6 Flächen. Die Punktlast ist beim Sechskant also kleiner - die Bruchwahrscheinlichkeit daher auch!

Nun muss man nur noch sehen, wie man an den Sechskant herankommt. Ganz einfach: man nimmt eine Laubsäge und sägt den Spulenköroer durch. Schon kann man die Kerne problemlos mit einem Steckschlüssel herausdrehen.

   

Das kleine Bruchstück habe ich mit einem Tropfen Sekundenkleber wieder an den betreffenden Kern geklebt.

Nun wurde das Wachs aus den Kerngewinden und den Spulenkörper - Innenseiten mit Benzin ausgewaschen. Mit einem stramm passenden Stück Isolierschlauch wurde der Spulenkörper wieder zusammengesetzt und ein Kern so weit eingedreht, dass er in beide Spulenkörperhälften sauber eingriff. Das ist natürlich dann der Fall, wenn die Enden der beiden Spulenkörperhälfte einen Abstand (ca. 0,5 mm) haben, der der Stärke des Laubsägeblattes entspricht, mit dem man die ursprüngliche Trennung vorgenommen hatte.

Nun wird der Isolierschlauch mit etwas Kleber am Trolitul - Spulenkörper fixiert. FERTIG!

   

Die Sechskant - Enden der Spulenkörper schauen jetzt natürlich nach außen. Ich habe mir mal einen passenden Abstimmschlüssel aus Rund - PVC gefertigt. Auf der Drehbank ein 4 mm Loch hineingebohrt und einen heißen 4mm Stahl - Imbusschlüssel hineingedrückt.

Den 10,7 MHz ZF - Abgleich habe ich zunächst nach der Vorgabe auf dem Schaltbild vorgenommen:

   

Die Kern - Nummern habe ich im Schaltbild zusätzlich durch rote Ziffern ergänzt.

Die Signalinjektion erfolgte per Aufblaskappe auf die ECH42.

Nach erfolgreichem Abgleich funktioniert das Gerät nun auch auf UKW sehr schön. Allerdings muss man sich ins Gedächtnis zurückrufen, dass die Mischsteilheit der ECH42 im UKW - Bereich um ca. einen Faktor 3 unterhalb der einer Triode (z.B. EC92, ECC85) liegt. Die Empfindlichkeit ist also viel geringer als bei späteren Geräten, die durchweg mit Trioden - Mischung arbeiteten.

Abschließend werde ich die Durchlasskurve und Dirkriminatorkennlinie noch einmal durchwobbeln. Im Prinzip ist das garnicht nötig, da man beim Durchstimmen bereits jetzt sehr schön erkennt, dass die Umkehrpunkte der S - Kurve symmetrisch um den Bereich klarer Wiedergabe liegen. Aber man ist eben Perfektionist...
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
Zitieren
#65
Wer kann, der kann...
Hut ab!
Schönen Gruß
Martin

~ Plattenspieler-Schrauber ~
Zitieren
#66
(17.08.2023, 19:14)MaxB schrieb: Wer kann, der kann...
Hut ab!
Genau!!! Ob ich mir so eine OP zugetraut hätte? Eher nicht. Thumbs_up Thumbs_up Thumbs_up
Gruß,
Ivan
Zitieren
#67
Ja Freunde,
kommen wir mal langsam zum Schluss.

Nach erfolgtem Abgleich der 10,7 MHz ZF habe ich das Radio wieder zusammengebaut. Es stand im Wohnzimmer und erfreute uns mit seinem schönen Klang.

   

Dann fiel mir auf, dass es nach dem Einschalten während des Warmlaufens der Röhren für eine Weile knisterte. Also solange an den Bauteilen der Anodenspannungsversorgung noch die Leerlaufspannung von ca. 400 V lag.

Knistern ist ein Zeichen für sogenannte Teilentladungen. Irgendwo reichten die 400 V aus, um solche Teilentladungen zu zünden. Solche Entladungen, die auch als Corona - Entladungen oder erstickte Entladungen bezeichnet werden, unterscheiden sich von Durchschlagsentladungen (Bogenentladungen) dadurch, dass kein durchgehend leitender Entladungspfad aufgebaut wird. Es gibt nur irgendwo eine metallische Spitze, in deren Nähe die elektrische Feldstärke so hohe Werte erreicht, dass im Nahfeld kleine Elektronenlawinen starten - also kleine Sprühentladungen. Im Prinzip noch kein Problem. Unglücklicherweise erodieren diese Sprühentladungen das sie umgebende Material. Zunächst isolierende Materialien, insbesondere Kunststoffe, werden durch Zerstörung der Polymerisatketten und der Bildung mikroskopischer Fäden von Kohlenstoffatomen nach einer Weile leitend und es bildet sich ein durchgehender leitender Kanal - also ein Kurzschluss.

Und so kam es dann auch. Nach mehmaligem Ein - und Ausschalten, knisterte es nicht mehr, sondern rauchte. Wieder einmal hatte es den 2 KOhm Widerstand in der Anodenleitung der ECH42 erwischt.

   

Also wurde das Gerät wieder zerlegt und das von Martin reparierte Koaxkabel von der Anode der ECH42 zum Umschalter inspiziert. Hier noch einmal ein Bild, das Martin vom ursprünglichen Zustand, also vor seiner Reparatur aufgenommen hatte:

   

Nach Beseitigung von Martins angeflickten Leitungsteil zeigte sich, dass sich die Seele des Koaxkabels nun etwas weiter "stromaufwärts" in Richtung der ECH42 - Anode seinen Weg durch den Isolator zum Abschirmmgeflecht gebahnt und dort einen neuen Kurzschluss gebildet hatte. Also wurde das Geflecht nun etwas weiter zurückgeschoben, und ein passendes Stück Teflonschlauch über die Kaugummi - artige Isolation des Koax - Kabels geschoben, aus dessen Ende nur noch ca. 1 mm der ursprünglichen Seele herausschaute. Über das Ganze wurde das Abschirmgeflecht eines geschlachteten Koaxkabels RG58A/U gezogen. Nun kommt der wichtige Teil:

Man darf dieses neue Geflecht auf gar keinen Fall mit dem Geflecht des originalen Kabels verlöten. Der Wärmeeintrag beim Lötprozess führt zu vollkommen unvorhersehbarer Verlagerung der Kabelseele im weichen Kaugummi - Isolator.

Eine zuverlässige Verbindung zwischen den beiden Kabelgeflechten wurde über einen großzügigen Leitsilber - Auftrag hergestellt. Auch die Verbindung zwischen dem neuen Kabelgeflecht und dem Massedraht erfolgte mit Leitsilber.

Seitdem ist kein Kurzschluss mehr aufgetreten.

Zum Schluss noch einige Bilder vom jetzigen Zustand der Verdrahtung. Wie man sieht hatte Martin keinen Wert darauf gelegt, die neuen Wickelkondensatoren in den alten Pappehülsen zu verbergen.

           

Die Elkos im Netzteil (16 und 50 µF) habe ich noch einmal gemessen und festgestellt, dass die sie eigentlch noch recht ordentlich waren. Also habe ich die von Martin "fliegend" eingebauten modernen Elkos wieder entfernt. Wenn's mit der Zeit doch zu sehr brummt, kann man sie ja immer noch wieder einbauen.

Ein Punkt der mir noch aufgefallen war: Die im Gerät vorgefundene EL41 war extrem mikrophonisch! Man klopfte irgendwo ans Chassis, und aus dem Lautsprecher kam ein fürchterliches Getöse. Nach Austausch gegen eine neue Röhre war der Effekt vollkommem beseitigt.

Nach einem Jahr (der erste Post erschien am 7.8.2022!) ist die Geschichte nun doch zu einem glücklichen Ende gekommen.
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
Zitieren
#68
Hallo Harald,

tja, wenn der absolute Fachmann da Hand anlegt und uns hilft, was kann da noch schief gehen. Das Gerät gefällt mir optisch auch sehr gut. Hier kann man sagen, was lange währt, wird endlich gut. Und für uns gab es wieder viele wertvolle Tips. In dem Sinne - danke Harald. Thumbs_up
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
Zitieren
#69
Ein aussagekräftiger Bericht mit vielen, tollen Praxistipps! Wer denkt z. B. schon daran, dass sich beim Verlöten einer Abschirmung solche Folgekrankheiten einstellen können, die optisch i. D. R. kaum wahrgenommen werden können.

Danke Harald für die Sorgfalt und Mühe die Du Dir gibst, um uns teilhaben zu lassen. Ganz großes Kino! Smiley32
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
Zitieren
#70
Hallo Harald,

diese besch...eidene Gummi-Klebe-Grütze-Isolierung...
Hoffentlich drückt sich die Seele mit der Zeit in der Kurve zum Röhrensockel nicht auch noch durch die Isolierung.
   
Die Leitung komplett zu tauschen wäre nämlich eine absolute Strafarbeit.

Was mich aber etwas wundert, ist der 50er Becherelko. Bei meiner Messung damals (übrigens begann die Reparatur erst Ende März - also 'nur' 5 Monate...) lieferte mir mein Messgerät keinen Kapazitätsmesswert, sondern einen Widerstand von wenigen Ohm, also quasi einen 'Kurzen'. Aber wenn er doch noch Dienst tut, gerne.

An dieser Stelle dir auf jeden Fall schon mal ein ganz dickes DANKESCHÖN !!!
Schönen Gruß
Martin

~ Plattenspieler-Schrauber ~
Zitieren
#71
Hallo,

Diana ist wieder bei mir und spielt wieder richtig schön.
Am Kabel ist der Empfang ausgezeichnet.
Ich habe ihr zeitgenössisch mal den Elac PW6 zur Seite gestellt und spiele gerade einen Stapel Schellacks (Man müsste nochmal 20 sein, Heimweh, Radetzkimarsch, Hoddi-Hock) ab - ach, klingt das authentisch.  Rolleyes

Harald, nochmals: tolle Arbeit. Smiley53

   
Schönen Gruß
Martin

~ Plattenspieler-Schrauber ~
Zitieren
#72
Nabend,

ich freu mich auch über solche Geschichten !

Mit den schönen Fotos kann man sich dann auch gleich mal die 10,7MHz-Bandfilter selbst aufbauen, sogar die Windungszahlen lassen sich ermitteln.

Gruß Ingo
Zitieren
#73
... ein toller Thread,
wieder etwas dazugelernt.
und das Duo kann sich sehen lassen...

Viele Grüße,
Rolf
Zitieren
#74
(27.08.2023, 10:59)Bastelbube schrieb: ... ein toller Thread,
wieder etwas dazugelernt.
und das Duo kann sich sehen lassen...

Viele Grüße,
Rolf

Zu der Meinung von Rolf schließe ich mich gerne an. Thumbs_up
Gruß,
Ivan
Zitieren
#75
Hallo nochmal,

es zeigt sich im Betrieb, das der 50er Becherelko doch raus muss...

   

Diana kommt also nochmal auf die Werkbank.
Schönen Gruß
Martin

~ Plattenspieler-Schrauber ~
Zitieren
#76
Hallo,
Danke für diesen tollen und lehrreichen Bericht und Glückwunsch zur erfolgreichen Reparatur dieses schönen Geräts.

Viele Grüße
Klaus
Zitieren


Möglicherweise verwandte Themen…
Thema Verfasser Antworten Ansichten Letzter Beitrag
  Röhrenbestückung Wega Herold 54 Peter2K 3 1.129 07.02.2022, 14:50
Letzter Beitrag: Bastelbube
  Antenne an einem Wega Herold 54 Peter2K 3 1.230 06.02.2022, 20:52
Letzter Beitrag: Peter2K
  Wega 530 Empfangsproblem Ralfi 7 1.382 22.01.2022, 18:22
Letzter Beitrag: Ralfi
  Wega Carina II - Reparaturhilfe Region Schwerin gesucht Rolli 22 3.675 11.01.2022, 01:24
Letzter Beitrag: anton
  Wega 220 - Anodenspannungen zu hoch Andy75 18 4.296 06.11.2021, 22:28
Letzter Beitrag: Andy75

Gehe zu: