Hallo in die Runde.
Der letzte Bericht zum Radio befasste sich mit dessen Vorstellung und lieferte Fotos sowie Schaltpläne:
https://radio-bastler.de/forum/showthread.php?tid=21731
Nunmehr folgt ein Bericht zur Reparatur. Sachverhalte, die sich bei nahezu jedem Radio dieses Alters wiederholen, erwähne ich nur kurz.
Zur Einstimmung ein Foto des reparierten Radios samt zeitgenössischem Lautsprecher in heimischer Wohnumgebung. Die von meiner Frau selbstgefertigten Teddybären sind ein Tribut dafür, daß diese 'hochmoderne Empfangsanlage' im Wohnzimmer ihren Platz finden kann :
Zum Einsatz kommt ein Philips Type 2015 L, der sich auch im Radiokatalog Prohaska von 1930/31 findet. Dieser Lautsprecher klingt am Radio wirklich gut, verwendet ist eine Endröhre RE134 im Empfänger. Hier ist seine Maserung besser zu sehen:
Was wurde am Radio gemacht?
Das Gehäuse reinigte ich nur mittels Wasser und Seife, kleinere Schäden an der Oberseite der Holzhaube füllte ich mit etwas Lack. Versuche, die Farbe des Metallsockels zwecks Tupfens vorhandener kleiner Macken zu mischen, erfüllten in puncto Farbton nicht in Gänze meine Erwartungen. Für eine komplette Neulackierung erschien mir das Chassis andererseits zu gut. Ich beließ es also (vorerst) bei dessen bloßer Reinigung.
Die Rückwand erhielt ein Netzkabel samt passendem "Bügeleisenstecker", das durch die vorhandenen Löcher gefädelt und im Inneren mittels eines kleinen Metallbügels, wie er sich in Schukosteckern findet, festgelegt wurde.
Natürlich wurden der geplatzte Blockkondensator neu befüllt, in Form gebracht und die nicht bedruckten Seiten mit etwas Silberlack eingenebelt. Ich verwendete Folienkondensatoren mit einer Belastbarkeit von 560 V DC, die ich mal bei einem Elektronikversand erstanden hatte, der mit P beginnt und auf Ollin endet.
Diese Spannungen kommen im Regelfalle im Radio nicht vor, allerdings muß man in Betracht ziehen, daß die direkt geheizte RE 134 vielleicht einmal durch eine umgesockelte PL 95 ersetzt wird. Verwendet man dann noch anstelle der RGN 354 ein Ersatzkonstrukt aus Diode + Widerstand im Sockel einer defekten Röhre, so lassen sich in der Aufheizphase der Röhren Spannungsspitzen bis 410 Volt messen (!).
Und damit sind wir bei den Röhren angelangt. Ich habe Verschiedenstes ausprobiert. Rm.org listet eine Originalbestückung von
RGN 354
RE 134
REN 1104
REN 804
und benennt den 1931er Katalog von Radio-Arlt als Quelle. Den besitze ich nicht. Zum Gerät hinterlegte Schaltpläne listen auch die Röhren REN 1004 sowie REN 904.
Probieren war also angesagt, der Bestand gab folgendes her:
Reihe oben: RE 134, RES 094 (A und G2 verbunden, wie in einer Kriegsausgabe der Funkschau mal beschrieben), sowie jeweils umgesockelte PL 95, 3 B 4, RL 2 P 3 (Umsockelung auf "RES164d", mit Widerständen gem. rm.org).
Reihe Mitte: REN 1104, REN 1004, REN 904, REN 804
Reihe unten: RGN 354 (defekt) mit 1N4007 + R180 im Sockel, umgesockelte 1876, 4 Y 35
Der Endröhrenersatz beinhaltet insoweit ein Problem, als die Originalfassung im Radio nur Röhren mit 4 Steckstiften vorsieht. Nicht einmal ein Mittelloch ist in der Fassung vorhanden, so daß hier von mir eine virtuelle RES 164d vorgesehen wurde. Ein Kondensator von 0,15 µF + ein Widerstand von in diesem Falle 90 k stellten die klassische RC-Kombination für Gitter 2 dar und wurden unter dem Chassis versteckt. Kabel und Anschlussöse für G2 ließen sich durch einen Hohlniet der originalen Röhrenfassung führen.
Derzeit werkeln im Radio: Die modifizierte RGN 354, eine regenerierte RE 134, eine REN 1004 sowie als Audion eine schon recht "angebrauchte" REN 904. Das funktioniert gut, man darf allerdings keine Empfangswunder vom Empfänger erwarten.
Die Spannungen im Radio schienen mir, nach dessen Instandsetzung, etwas mager, trotz heute deutlich höherer Netzspannung. Die Anodenspannung pegelt sich (im Falle einer guten, originalen RGN 354) bei rund 190 Volt ein, bei stärkerer Endröhre rund 5 Volt weniger. Die Heizspannung der Gleichrichterröhre liegt bei knapp über 4 Volt, die Empfängerröhren nur bei 3,8 Volt - 3,9 Volt, nach ca. 30 Minuten Betriebszeit. Einen ungewöhnlichen Sekundärstromfluß habe ich nicht gemessen, der Trafo wird dabei nur leicht warm, scheint also intakt. Ich habe daher für die REN- und RE-Röhren 3 zusätzliche Heizwindungen aufgebracht, womit die Heizspannung bei 4 - 4,1 Volt liegt. Das wäre problemlos reversibel.
Unterm Chassis war wenig zu tun. Natürlich wurden die beiden Kippschalter sorgfältig gereinigt. Zwei Widerstände waren defekt, der einst hineinoperierte Schraubwiderstand wurde ebenfalls ersetzt (hier: grüne Linien im Foto):
Die roten Linien zeigen originale Flachkondensatoren, die nicht mehr sehr werthaltig waren. Sie wurden allesamt ersetzt und im Gerät verwahrt.
Blieben als schon beschriebenes Problemkind die geflickten und veränderten Spulen (hier im Fundzustand):
Ich habe nicht herausfinden können, warum dieser Eingriff vollzogen wurde, auch originale Wickeldaten konnte ich nicht eruieren. Versuchsweise wickelte ich die Rückkopplungsspule ab, oben im Foto direkt neben den Drehko zu sehen.
Verwendet ist, wie bei allen Spulen im Radio, fadenumsponnener CuL-Draht (keine Litze) von ca. 0,3 - 0,4 mm Stärke. Das Abwickeln brachte keine verwertbaren neuen Erkenntnisse, 71 Windungen wurden gezählt, wobei die herbeigeführte Unterbrechung nebst Drahtverzwirbelung 8 Windungen vor dem oberen Ende erfolgte. Das Abwickeln der anderen, dickeren Spulen habe ich mir erspart. Ich kann leider nicht mit Induktivitätswerten dienen, mein jahrelang zuverlässiger Kleintester hat den Geist aufgegeben .
Ich beschloß also, die verzwirbelten Flickstellen ordentlich zu verlöten und den Wickelzapfen zu kürzen.
Das Radio funktioniert damit gut, abends können an Langdrahtantenne einige Sender empfangen werden. Auf Frequenzvergleiche ob der Übereinstimmung mit der Skala verzichtete ich, das Radio besitzt eine ungeeichte Zahlenskala (0 - 100).
Und da der Empfänger mittels eines eingespeisten Signals sehr gut mit dem oben gezeigten Lautsprecher läuft, wurde die Reparatur des Radios vorerst als beendet erklärt.
Ich hoffe, Euch hat der Gesamtbericht gefallen.
(Falls nicht: Wenigstens ist dieses in den zeitgenössischen Radiokatalogen kaum zu findende Radio hier im rbf nunmehr einigermaßen umfänglich dokumentiert worden ).
Der letzte Bericht zum Radio befasste sich mit dessen Vorstellung und lieferte Fotos sowie Schaltpläne:
https://radio-bastler.de/forum/showthread.php?tid=21731
Nunmehr folgt ein Bericht zur Reparatur. Sachverhalte, die sich bei nahezu jedem Radio dieses Alters wiederholen, erwähne ich nur kurz.
Zur Einstimmung ein Foto des reparierten Radios samt zeitgenössischem Lautsprecher in heimischer Wohnumgebung. Die von meiner Frau selbstgefertigten Teddybären sind ein Tribut dafür, daß diese 'hochmoderne Empfangsanlage' im Wohnzimmer ihren Platz finden kann :
Zum Einsatz kommt ein Philips Type 2015 L, der sich auch im Radiokatalog Prohaska von 1930/31 findet. Dieser Lautsprecher klingt am Radio wirklich gut, verwendet ist eine Endröhre RE134 im Empfänger. Hier ist seine Maserung besser zu sehen:
Was wurde am Radio gemacht?
Das Gehäuse reinigte ich nur mittels Wasser und Seife, kleinere Schäden an der Oberseite der Holzhaube füllte ich mit etwas Lack. Versuche, die Farbe des Metallsockels zwecks Tupfens vorhandener kleiner Macken zu mischen, erfüllten in puncto Farbton nicht in Gänze meine Erwartungen. Für eine komplette Neulackierung erschien mir das Chassis andererseits zu gut. Ich beließ es also (vorerst) bei dessen bloßer Reinigung.
Die Rückwand erhielt ein Netzkabel samt passendem "Bügeleisenstecker", das durch die vorhandenen Löcher gefädelt und im Inneren mittels eines kleinen Metallbügels, wie er sich in Schukosteckern findet, festgelegt wurde.
Natürlich wurden der geplatzte Blockkondensator neu befüllt, in Form gebracht und die nicht bedruckten Seiten mit etwas Silberlack eingenebelt. Ich verwendete Folienkondensatoren mit einer Belastbarkeit von 560 V DC, die ich mal bei einem Elektronikversand erstanden hatte, der mit P beginnt und auf Ollin endet.
Diese Spannungen kommen im Regelfalle im Radio nicht vor, allerdings muß man in Betracht ziehen, daß die direkt geheizte RE 134 vielleicht einmal durch eine umgesockelte PL 95 ersetzt wird. Verwendet man dann noch anstelle der RGN 354 ein Ersatzkonstrukt aus Diode + Widerstand im Sockel einer defekten Röhre, so lassen sich in der Aufheizphase der Röhren Spannungsspitzen bis 410 Volt messen (!).
Und damit sind wir bei den Röhren angelangt. Ich habe Verschiedenstes ausprobiert. Rm.org listet eine Originalbestückung von
RGN 354
RE 134
REN 1104
REN 804
und benennt den 1931er Katalog von Radio-Arlt als Quelle. Den besitze ich nicht. Zum Gerät hinterlegte Schaltpläne listen auch die Röhren REN 1004 sowie REN 904.
Probieren war also angesagt, der Bestand gab folgendes her:
Reihe oben: RE 134, RES 094 (A und G2 verbunden, wie in einer Kriegsausgabe der Funkschau mal beschrieben), sowie jeweils umgesockelte PL 95, 3 B 4, RL 2 P 3 (Umsockelung auf "RES164d", mit Widerständen gem. rm.org).
Reihe Mitte: REN 1104, REN 1004, REN 904, REN 804
Reihe unten: RGN 354 (defekt) mit 1N4007 + R180 im Sockel, umgesockelte 1876, 4 Y 35
Der Endröhrenersatz beinhaltet insoweit ein Problem, als die Originalfassung im Radio nur Röhren mit 4 Steckstiften vorsieht. Nicht einmal ein Mittelloch ist in der Fassung vorhanden, so daß hier von mir eine virtuelle RES 164d vorgesehen wurde. Ein Kondensator von 0,15 µF + ein Widerstand von in diesem Falle 90 k stellten die klassische RC-Kombination für Gitter 2 dar und wurden unter dem Chassis versteckt. Kabel und Anschlussöse für G2 ließen sich durch einen Hohlniet der originalen Röhrenfassung führen.
Derzeit werkeln im Radio: Die modifizierte RGN 354, eine regenerierte RE 134, eine REN 1004 sowie als Audion eine schon recht "angebrauchte" REN 904. Das funktioniert gut, man darf allerdings keine Empfangswunder vom Empfänger erwarten.
Die Spannungen im Radio schienen mir, nach dessen Instandsetzung, etwas mager, trotz heute deutlich höherer Netzspannung. Die Anodenspannung pegelt sich (im Falle einer guten, originalen RGN 354) bei rund 190 Volt ein, bei stärkerer Endröhre rund 5 Volt weniger. Die Heizspannung der Gleichrichterröhre liegt bei knapp über 4 Volt, die Empfängerröhren nur bei 3,8 Volt - 3,9 Volt, nach ca. 30 Minuten Betriebszeit. Einen ungewöhnlichen Sekundärstromfluß habe ich nicht gemessen, der Trafo wird dabei nur leicht warm, scheint also intakt. Ich habe daher für die REN- und RE-Röhren 3 zusätzliche Heizwindungen aufgebracht, womit die Heizspannung bei 4 - 4,1 Volt liegt. Das wäre problemlos reversibel.
Unterm Chassis war wenig zu tun. Natürlich wurden die beiden Kippschalter sorgfältig gereinigt. Zwei Widerstände waren defekt, der einst hineinoperierte Schraubwiderstand wurde ebenfalls ersetzt (hier: grüne Linien im Foto):
Die roten Linien zeigen originale Flachkondensatoren, die nicht mehr sehr werthaltig waren. Sie wurden allesamt ersetzt und im Gerät verwahrt.
Blieben als schon beschriebenes Problemkind die geflickten und veränderten Spulen (hier im Fundzustand):
Ich habe nicht herausfinden können, warum dieser Eingriff vollzogen wurde, auch originale Wickeldaten konnte ich nicht eruieren. Versuchsweise wickelte ich die Rückkopplungsspule ab, oben im Foto direkt neben den Drehko zu sehen.
Verwendet ist, wie bei allen Spulen im Radio, fadenumsponnener CuL-Draht (keine Litze) von ca. 0,3 - 0,4 mm Stärke. Das Abwickeln brachte keine verwertbaren neuen Erkenntnisse, 71 Windungen wurden gezählt, wobei die herbeigeführte Unterbrechung nebst Drahtverzwirbelung 8 Windungen vor dem oberen Ende erfolgte. Das Abwickeln der anderen, dickeren Spulen habe ich mir erspart. Ich kann leider nicht mit Induktivitätswerten dienen, mein jahrelang zuverlässiger Kleintester hat den Geist aufgegeben .
Ich beschloß also, die verzwirbelten Flickstellen ordentlich zu verlöten und den Wickelzapfen zu kürzen.
Das Radio funktioniert damit gut, abends können an Langdrahtantenne einige Sender empfangen werden. Auf Frequenzvergleiche ob der Übereinstimmung mit der Skala verzichtete ich, das Radio besitzt eine ungeeichte Zahlenskala (0 - 100).
Und da der Empfänger mittels eines eingespeisten Signals sehr gut mit dem oben gezeigten Lautsprecher läuft, wurde die Reparatur des Radios vorerst als beendet erklärt.
Ich hoffe, Euch hat der Gesamtbericht gefallen.
(Falls nicht: Wenigstens ist dieses in den zeitgenössischen Radiokatalogen kaum zu findende Radio hier im rbf nunmehr einigermaßen umfänglich dokumentiert worden ).
_____________
Gruß
klaus
Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.
Gruß
klaus
Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.