Liebe Radiofreunde,
diese Rubrik soll Geschichtliches und auch Anekdotisches zum Rundfunk wiedergeben, auch mit Bezug zu historischer Literatur.
Ich will nun den Spagat vollziehen und eigene Jugenderfahrungen in unserem Hobby mit einem Artikel aus einer mehr als 90 Jahre alten Ausgabe der Zeitschrift Funkschau zusammenführen. Um es gleich vorweg zu sagen: Erfunden ist nichts davon !
Es mag so Ende der 70er oder Anfang der 80er Jahre gewesen sein, da überkam mich der Wunsch, meine 30er Jahre-Radios auch mal mittels Kopfhörerempfang zu nutzen. Mittelwelle war damals noch ein gut ausgelegter Wellenbereich mit vielfältigem Programm, und im Zuge der frühen Sammel- und Bastlertätigkeit hatten sich bereits etliche Geräte angesammelt, die auch wieder spielfähig gemacht worden waren. Überflüssig zu erwähnen, daß man als nicht in der Rundfunktechnik ausgebildeter Jungmensch weder über tiefes Fachwissen und Erfahrung, noch über das zu dieser Zeit noch nicht erfundene Internet verfügte.
Vielleicht inspirierte mich auch eine damals im Fernsehen ausgestrahlte Folge von Kempowskis "Tadellöser & Sohn", in der der heranwachsende Filius der Familie Jazzplatten über den heimischen Grosssuper mittels Kopfhörern genoß.
Jedenfalls besaß ich spielfähige Vorkriegsradios, und ein hochohmiger Kopfhörer war ebenfalls vorhanden, warum also nicht mal Radio Luxemburg (deutsch) über Kopfhörer genießen?
Gesagt getan, die AL4 des 1937er Supers klang auch auf diese Weise gut, denn störverseucht durch fernöstlichen Elektronikklimbim war die Mittelwelle damals noch nicht. Die Muscheln des hochohmigen Kopfhörers waren übrigens ganz aus Kunststoff, das Zuleitungskabel kunststoffisoliert, denn es war eine neuere Ausführung, d.h. nicht aus Bakelit.
So genoß ich also vor mich hin, wobei die Kopfhörer hinsichtlich ihres Tragekomforts doch etwas unangenehmer waren, als gedacht. Egal.
Jedenfalls fingen die Ohren an zu schwitzen unter den Plastikmuscheln. Es wurde auch irgendwie wärmer. Also den Vorgang beendet und festgestellt, daß meine Ohren entweder im Gegensatz zum Rest des Körpers eine Körpertemperatur von mindestens 50 Grad C aufweisen mußten, oder aber die Kopfhörer eine eingebaute Heizung besaßen.
Ersteres wies ich von den Hand, letzteres überprüfte ich auf der Werkbank.
Hmmmmm, die Spulen der Kopfhörerkapseln sahen irgendwie etwas angeschmolzen aus (es war ja kein Bakelit, wie eingangs beschrieben). Also den neuzeitlichen 2000 Ohm - Kopfhörer als "Schund" klassifiziert und das Kopfhörerradiohören b.a.w. nicht fortgesetzt. Es musste halt ein besserer Kopfhörer her, basta.
In der Sammlung gab es auch damals schon ältere Radio , wie einen SABA S35 oder einen Telefunken 40W, und es fanden sich auf Flohmarkten richtig alte hochohmige Originalkopfhörer. Der SABA besaß eine RES 164 als Endröhre, und trotz fehlender Klangeinstellungsmöglichkeit ließ sich auch mit ihm ganz gut Mittelwelle hören. Die Originaluraltkopfhörer wurden auch nicht wirklich warm. Vorkriegsqualität halt ! Konnte ja gar nicht anders sein.
Das Interesse an dieser Art des Musikgenusses ging verloren, man wurde älter, das Fachwissen wuchs an. Jedenfalls habe ich in den letzten mindestens 35 Jahren dieser Art des Radiohörens nicht mehr gefrönt.
Und dann stieß ich kürzlich auf einen Artikel in der Zeitschrift Funkschau aus dem Jahre 1931. Viele Exemplare dieser Zeitschrift sind dank der Initiative eines fleißigen Radiobastlers mittlerweile digitalisiert und frei im Internet verfügbar:
https://www.bastel-radio.de/2022/funksch...ktroniker/
Der Beginn der 1930er Jahre war geprägt von einer zunehmenden Elektrifizierung Deutschlands und der stetigen Zunahme von Netzempfängern, auf die viele Radiohörer umstiegen, denen bislang ein Batterieempfänger gute Dienste geleistet hatte. In der Ausgabe Nr. 31 des Jahrgangs 1931 findet sich dann folgender Artikel:
Funkschau 1931 Heft 31 Kopfhörer am Netzempfänger.png (Größe: 324,83 KB / Downloads: 307)
Holla die Waldfee ! Da hatten doch wohl glatt vor mehr als 90 Jahren noch mehr Radiohörer die Idee, ihre alten Kopfhörer an den neuzeitlichen Netzempfänger zu stöpseln. Irgendwie auch naheliegend, da die meisten Empfänger einen externen Lautsprecher benötigten und Kopfhörer die Nerven von Familienangehörigen und Nachbarn zu schonen vermochten.
Ok., "heiße Ohren" dürften wohl angesichts der damals verbreiteten Endröhren in den wenigsten Fällen aufgetreten sein, die enthaltene Botschaft ist dennoch unmißverständlich (!).
Wollte ich Euch nicht vorenthalten, manchmal finden sich in diesen alten Zeitschriften ja durchaus Beiträge, die nicht so formelbelastet sind, daß sie nur ggü. dem Rundfunkmeister ihre ganze Qualität zu entfalten vermögen. Es paßt ja irgendwie auch ganz gut in diese Rubrik des rbf.
Obwohl...... so einen dort gezeichneten Vorsatz könnte man ja mal nachbauen .......oder lieber doch nicht.
Dennoch, die dort eingezeichneten "10.000 Ohm" des Widerstandes sind mir nicht ganz plausibel, wenn ich einen Anodenstrom zeitgenössischer Netzempfängerendröhren von 10 mA unterstelle.
Eure Anmerkungen zum Funkschau-Artikel ?
diese Rubrik soll Geschichtliches und auch Anekdotisches zum Rundfunk wiedergeben, auch mit Bezug zu historischer Literatur.
Ich will nun den Spagat vollziehen und eigene Jugenderfahrungen in unserem Hobby mit einem Artikel aus einer mehr als 90 Jahre alten Ausgabe der Zeitschrift Funkschau zusammenführen. Um es gleich vorweg zu sagen: Erfunden ist nichts davon !
Es mag so Ende der 70er oder Anfang der 80er Jahre gewesen sein, da überkam mich der Wunsch, meine 30er Jahre-Radios auch mal mittels Kopfhörerempfang zu nutzen. Mittelwelle war damals noch ein gut ausgelegter Wellenbereich mit vielfältigem Programm, und im Zuge der frühen Sammel- und Bastlertätigkeit hatten sich bereits etliche Geräte angesammelt, die auch wieder spielfähig gemacht worden waren. Überflüssig zu erwähnen, daß man als nicht in der Rundfunktechnik ausgebildeter Jungmensch weder über tiefes Fachwissen und Erfahrung, noch über das zu dieser Zeit noch nicht erfundene Internet verfügte.
Vielleicht inspirierte mich auch eine damals im Fernsehen ausgestrahlte Folge von Kempowskis "Tadellöser & Sohn", in der der heranwachsende Filius der Familie Jazzplatten über den heimischen Grosssuper mittels Kopfhörern genoß.
Jedenfalls besaß ich spielfähige Vorkriegsradios, und ein hochohmiger Kopfhörer war ebenfalls vorhanden, warum also nicht mal Radio Luxemburg (deutsch) über Kopfhörer genießen?
Gesagt getan, die AL4 des 1937er Supers klang auch auf diese Weise gut, denn störverseucht durch fernöstlichen Elektronikklimbim war die Mittelwelle damals noch nicht. Die Muscheln des hochohmigen Kopfhörers waren übrigens ganz aus Kunststoff, das Zuleitungskabel kunststoffisoliert, denn es war eine neuere Ausführung, d.h. nicht aus Bakelit.
So genoß ich also vor mich hin, wobei die Kopfhörer hinsichtlich ihres Tragekomforts doch etwas unangenehmer waren, als gedacht. Egal.
Jedenfalls fingen die Ohren an zu schwitzen unter den Plastikmuscheln. Es wurde auch irgendwie wärmer. Also den Vorgang beendet und festgestellt, daß meine Ohren entweder im Gegensatz zum Rest des Körpers eine Körpertemperatur von mindestens 50 Grad C aufweisen mußten, oder aber die Kopfhörer eine eingebaute Heizung besaßen.
Ersteres wies ich von den Hand, letzteres überprüfte ich auf der Werkbank.
Hmmmmm, die Spulen der Kopfhörerkapseln sahen irgendwie etwas angeschmolzen aus (es war ja kein Bakelit, wie eingangs beschrieben). Also den neuzeitlichen 2000 Ohm - Kopfhörer als "Schund" klassifiziert und das Kopfhörerradiohören b.a.w. nicht fortgesetzt. Es musste halt ein besserer Kopfhörer her, basta.
In der Sammlung gab es auch damals schon ältere Radio , wie einen SABA S35 oder einen Telefunken 40W, und es fanden sich auf Flohmarkten richtig alte hochohmige Originalkopfhörer. Der SABA besaß eine RES 164 als Endröhre, und trotz fehlender Klangeinstellungsmöglichkeit ließ sich auch mit ihm ganz gut Mittelwelle hören. Die Originaluraltkopfhörer wurden auch nicht wirklich warm. Vorkriegsqualität halt ! Konnte ja gar nicht anders sein.
Das Interesse an dieser Art des Musikgenusses ging verloren, man wurde älter, das Fachwissen wuchs an. Jedenfalls habe ich in den letzten mindestens 35 Jahren dieser Art des Radiohörens nicht mehr gefrönt.
Und dann stieß ich kürzlich auf einen Artikel in der Zeitschrift Funkschau aus dem Jahre 1931. Viele Exemplare dieser Zeitschrift sind dank der Initiative eines fleißigen Radiobastlers mittlerweile digitalisiert und frei im Internet verfügbar:
https://www.bastel-radio.de/2022/funksch...ktroniker/
Der Beginn der 1930er Jahre war geprägt von einer zunehmenden Elektrifizierung Deutschlands und der stetigen Zunahme von Netzempfängern, auf die viele Radiohörer umstiegen, denen bislang ein Batterieempfänger gute Dienste geleistet hatte. In der Ausgabe Nr. 31 des Jahrgangs 1931 findet sich dann folgender Artikel:
Funkschau 1931 Heft 31 Kopfhörer am Netzempfänger.png (Größe: 324,83 KB / Downloads: 307)
Holla die Waldfee ! Da hatten doch wohl glatt vor mehr als 90 Jahren noch mehr Radiohörer die Idee, ihre alten Kopfhörer an den neuzeitlichen Netzempfänger zu stöpseln. Irgendwie auch naheliegend, da die meisten Empfänger einen externen Lautsprecher benötigten und Kopfhörer die Nerven von Familienangehörigen und Nachbarn zu schonen vermochten.
Ok., "heiße Ohren" dürften wohl angesichts der damals verbreiteten Endröhren in den wenigsten Fällen aufgetreten sein, die enthaltene Botschaft ist dennoch unmißverständlich (!).
Wollte ich Euch nicht vorenthalten, manchmal finden sich in diesen alten Zeitschriften ja durchaus Beiträge, die nicht so formelbelastet sind, daß sie nur ggü. dem Rundfunkmeister ihre ganze Qualität zu entfalten vermögen. Es paßt ja irgendwie auch ganz gut in diese Rubrik des rbf.
Obwohl...... so einen dort gezeichneten Vorsatz könnte man ja mal nachbauen .......oder lieber doch nicht.
Dennoch, die dort eingezeichneten "10.000 Ohm" des Widerstandes sind mir nicht ganz plausibel, wenn ich einen Anodenstrom zeitgenössischer Netzempfängerendröhren von 10 mA unterstelle.
Eure Anmerkungen zum Funkschau-Artikel ?
_____________
Gruß
klaus
Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.
Gruß
klaus
Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.