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Funkeninduktor der Physikalische Werkstätten AG
#1
Ich beschreibe nun die Reparatur des zweiten, kürzlich von Alfons_L erworbenen Gerätes, eines Funkeninduktors des Herstellers "Physikalische Werkstätten AG" in Göttingen - später PHYWE. Herstellungszeitraum könnte um 1930 sein - vielleicht früher, bin mir da aber nicht sicher.

Funkeninduktoren bestehen aus einem Transformator mit sehr hohem Übersetzungsverhältnis (hier 1 : 1000) und einem durch das Magnetfeld des Transformators betriebenen Zerhacker. Ähnlich einer einfachen Klingel, unterbricht der Zerhacker periodisch den Stromfluß durch die Primärwicklung des Transformators. Das Unterbrechen des Stromflusses führt zum Zerfall des Magnetfelds und in dessen Folge zum Aufbau einer hohen Spannung an den Enden der Primärspule.
Ein zur Primärspule parallel geschalteter Kondensator (Funkenlöschkondensator) wird zunächst mit dieser Spannung aufgeladen, entlädt sich aber sofort wieder in die Primärspule. Primärspule und Kondensator bilden also einen Schwingkreis, dessen Strom im Transformator zu einem periodischen schwankenden Magnetfeld führt. Dieses wiederum erzeugt in der Sekundärwicklung eine um das Transformationverhältnis erhöhte Spannung.
Durch die Kreisverluste in Primärspule und Kondensator ist die Schwingung stark gedämpft und klingt schon nach wenigen Schwingungen wieder auf Null ab, bis sie beim nächsten Öffnen des Primärstromkreises erneut angefacht wird.

Mit Funkeninduktoren kann man somit Hochspannungspulse erzeugen, um z.B. Geissler - Röhren zu betreiben oder Hochfrequenzexperimente durchzuführen.

Zunächst ein Bild des Ausgangszustands:

   

Nach Abnehmen der Bodenplatte sieht man den archaisch anmutenden Funkenlöschkondensator mit einem Wert von 0,25 µF.

   

Der hölzerne Spulenkörper wurde von 2 Schrauben gehalten. Nach deren Lösen konnte man die Anschlussdrähte der Primärspule durch den Gehäuseboden herausziehen.

   


Unglücklicherweise fiel daraufhin eine der beiden Seitenscheiben des Transformators ab. Alles war nur durch Kolophonium zusammengeklebt. So eine Konstruktion habe ich noch nie gesehen.

   

Ich habe dann die ehemalige Durchführung des vom Hochspannungswickel kommenden Litzendrahtes in der Seitenscheibe etwas aufgeweitet. Die mit Gewinde versehene Bananenstecker - Buchse herausgedreht, an den noch verbliebenen Drahtstummel ein Stückchen Litzendraht anglötet, diesen durch das Loch und den Sitz der Buchse nach draußen gefädelt und die Buchse wieder eingedreht.

Eine weitere Kontaktierung zwischen Litzendraht und Buchse gab es auch im Originalzustand nicht!

Danach wurde die Seitenscheibe  wieder auf den Transformator aufgepresst und die Berührungsstelle mit Wachs vergossen. Das ursprünglich aus dem Transformator herausgequollene Kolophoniun ließ sich zwar mit dem Heißluft - Fön erhitzen und verflüssigen, lief aber nicht ausreichend tief in die Trennstelle zwischen Spulenkörper und Seitenwand. Wachs aus alten Blockkondensatoren wurde viel dünnflssiger und füllte den Spalt sehr gut aus, sodass eine gute mechanische Verbindung entstand.

Der Funkeninduktor wurde, wie auf dem Typenschild angegeben, mit Spannungen zwischen 4 und 8 V betrieben und funktionierte einwandfrei. Die gefurchte Oberfläche sieht zwar nicht sehr attraktiv aus, tut der Funktion aber keinen Abbruch. Vieleicht fülle ich die Furchen noch mit Wachs auf und schleifen den gesamten Körper über.

Ich habe damit begonnen, die Holzwurmlöcher mit CLOU Möbelwachs zu fluten (Möbelwachs mit dem Lötkolben verflüssigen und in die Löcher tropfen). Geht ganz gut.
Das vollkommen vom Holzwurm perforierte Bodenbrett wurde aus 5mm Sperrholz neu angefertigt.

Hier einige Fotos vom Endzustand und beim Betrieb mit einer KOSMOS - Geisslerröhre und einer britischen CV264

       

           

https://www.radiomuseum.org/tubes/tube_g...osmos.html

https://www.radiomuseum.org/tubes/tube_cv264.html
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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#2
Hallo Harald
Ich finde, das Teil sieht ja wieder wirklich super aus (Ich weiß ja wie es vorher war...)
Wegen der Originalität würde ich die Spule so lassen, wie sie jetzt ist.
Bin wirklich froh, dass die Sachen in so gute Hände gekommen sind.
Nette Grüße - Alfons
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#3
Hallo Alfons,

einen Funkeninduktor wollte ich schon immer mal haben. Da musste der natürlich auch wieder schön werden!

Als ich noch ins Gymnasium ging (vor über 60 Jahren) und der Physiklehrer mir die Ehre zuteil werden liess, die Physiksammlung zu betreuen und für die Unterrichtsstunden die geplanten Versuche aufzubauen, kam auch mal der Funkeninduktor auf den Tisch. Allerdings ein viel größerer, mit dem man so wunderbare Funkenexperimente machen konnte.

Seitdem wollte ich auch so ein Ding besitzen, um endlich mal meine Geissler - Gasentladungsröhren auszuprobieren. Jetzt, kurz vor meinem achtzigsten Geburtstag hat sich mein Wunsch erfüllt. Natürlich kann man diese Röhren auch mit einem Fernseher HV - Trafo betreiben... sogar besser als mit dem Induktorium, weil die Taktfrequenz viel höher ist.

Sieht aber bei weitem nicht so hübsch aus wie die altmodisch gerändelten Schrauben! Smiley20
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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#4
Nur zur Infomation: Ich habe den Funkeninduktor auch als Modell in RMorg angelegt.

https://www.radiomuseum.org/r/phywe_funk...ammer.html

Und, man glaubt es kaum, schon hat ihn ein anderes Mitglied in einem spanischen PHYWE - Katalog von 1929 gefunden.

   
Grüsse aus Karlsruhe,
Harald
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#5
Hallo Harald,

und wieder wurde ein historisches Gerät gerettet und sogar katalogisiert. Danke dafür und für den Bericht.

Ich kann mich an meine Schulzeit erinnern, wo der Funkeninduktor öfter zum Einsatz kam. Heute sind diese Geräte eher selten im Einsatz, da beim Auftreffen der Elektronen auf die Anode Röntgenstrahlung entsteht. 
Wenn ein Elektron stark abgebremst wird, emittiert es die sogenannte Bremsstrahlung. Ein Teil dieser Strahlung ist bei diesen Spannungen oberhalb des UV-Lichts zu finden (also Röntgenstrahlung).
Bei der Röntgenröhre wird dieser Effekt bspw. genutzt, um durch Elektronenbeschuss (also deutlich mehr Energie als beim Funkeninduktor) Röntgenstrahlung zu erzeugen. 

Die beim Funkeninduktor emittierte Strahlung ist extrem gering, aber vorhanden.
Es genügt nicht keinen Gedanken zu haben: man muß ihn auch ausdrücken können. (Karl Kraus)
—-
Viele Grüße!
Shy Steffen
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