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Loewe Opta Zwergsuper: 30 Jahre sind nicht genug
#1
Liebe Radiofreunde/innen,

Weihnachten naht, und da dachte ich mir, ich könnte mal eine (wahre) Geschichte erzählen über den Niedergang und die Wiederauferstehung eines kleinen Radios.


Es handelt sich um diesen kleinen Kerl:


   

Ein Loewe Opta Zwergsuper 3516 GW.
Baujahr 1947/48
6 - Kreiser LMK mit TA
Röhren: UCH 11, UBF11, UCL11, UY11
pdyn Lautsprecher

Größe (oder besser: Kleinheit): 35 x 20 x 25 cm
Holzgehäuse

Wer lesen möchte, was man alles anrichten kann und wie doch noch ein Happy end nahte, ist hier richtig aufgehoben.
Wer nur Fotos sehen möchte, darf jetzt wegzappen Wink .

Es folgt ein Schauspiel in 5 Akten. Der Begriff "Drama" ist zunächst nicht fehl am Platze, und - Achtung ! - es sind autobiografische Erlebnisse und Handlungen des Autors enthalten.



Vorhang auf, Akt 1

Es muss um 1977 gewesen sein.
Ein junger Radionachwuchsbastler fährt nach der Schule die heimische Kleinstadt auf seiner Kreidler nach Sperrmüll ab.
Der junge Mann befasst sich erst seit 1 Jahr mit Röhrenradios, gegen den Willen seiner Eltern. Die Sammlung ist winzig, das Wissen um die Materie steht dem nicht nach.
Wir leben in einer Zeit ohne Internet und eb...
Röhrenradios werden zunehmend weggeworfen, für ihre Reparatur interessiert sich niemand mehr und die örtlichen Radiogeschäfte wollen sich auch nicht mehr damit befassen.
Was in diesem Fall egal wäre, denn der junge Mann kann gerade den Sprit der Kreidler finanzieren, aber keine Reparaturstunden an Radios.

In einem Sperrmüllhaufen dieses etwas regnerischen Tages findet sich also der kleine Zwergsuper.
Die Rückwand fehlte, der Lautsprecher war auch ausgebaut, 1 Bedienknopf fehlte, das Gehäuse etwas ramponiert, aber noch brauchbar, die Röhren drin, Skala und Stoff intakt,
Aus heutiger Sicht beste Voraussetzungen.

Juhu.
Schnell den Zwergen in der Packtasche des Mopeds verstaut und ab ging's nach Hause.

Eigene Werkstatt besaß der Schüler noch nicht, der Zwerg wurde also auf den Küchentisch gepackt. Was natürlich immer einen gewissen Zeitdruck mit sich brachte, da die Küche auch Esszimmer war.

Flugs einen Lautsprecher angeschlossen, ein Stück Antennenkabel rein, ein Verlängerungskabel zur nächsten Steckdose....und los ging's. Smiley47

Der Begriff "Allströmer" sagte nicht jedem etwas, bisherige Bastelobjekte waren reine Wechselströmer mit "richtigem" Trafo, aber das Schicksal meinte es gut mit unserem jungen Mann.

Nur leider tat sich ...nichts.
Das Birnchen fehlte. Was zunächst ebenfalls niemanden störte.
Hmmmm.

Nach einer Weile Herumgebastel, Gewackel an Röhren und Herumgestochere (unter Netzanschluss) wurde der Netzschalter als potentieller Übeltäter identifiziert. Also Ausbau des Chassis und atemberaubende Überbrückung von vermeintlichen Unterbrechungen.

Irgenwann gab der Patient keine Geräusche, aber wenigstens Rauchzeichen von sich. Cool
Die weitere Wiederbelebung blieb erfolglos...und überhaupt, das machte ja gar keinen Spass! Und der Küchentisch musste auch geräumt werden.

Also ab in die sprichwörtliche Ecke damit !
Schließlich bot der Sperrmüll Radios und Hülle und Fülle, da musste man seine Zeit doch nicht mit einem solchen Widerwärtling vertrödeln.

Ein weiterer Versuch einige Zeit später führte immer noch nicht zum Erfolg, womit das Schicksal des Geräts besiegelt schien.

Als 17 jähriger lagert man nichts ein, was man in 40 Jahren reparieren möchte.
Immerhin war der Zwerg klein und wurde erstmal am ganzen Stück dem Ersatzteilfundus einverleibt.
Die Röhren wurden gezogen und extra verstaut, die UCL11 gleich weggeworfen !! -> Nein, sie wurde nicht geprüft, der Sockel war lose, die Abschirmung blätterte großflächig ab, das reichte zum Entsorgen Smiley26 ,

Ende des 1. Aktes.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#2
Das kann ja noch lustig werden Smiley32
M.f.G.
harry


--------------------------------------------------------------------
Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen.
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#3
Da bin ich auch mal gespannt.....
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#4
Ich lese gespannt mit, diese Geschichte könnte das Radio schon erzählen... super! Sowas liebe ich...
Ein Buch mit so Radiogeschichten wäre mal eine Idee für die Forumskasse...
Viele Grüße 
Philipp
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#5
Vorhang auf zum 2. Akt: Der Niedergang

Was nun folgt, ist nichts mehr für sensible Gemüter. Ehefrauen mögen also ihre sensiblen radiosammelnden Männer nun zu Bett schicken.



Einige wenige Jahre sind ins Land gegangen, der kleine Loewe fristet sein Dasein und verstaubt.

Zwischenzeitlich sind dem Jungbastler 2 identische Philips-Allstrom-Kleinsuper (nur M) mit U..40-Bestückung und Bakelitgehäuse zugelaufen. Beide spielen, einer bis heute in der Sammlung, einer jedoch mit schlechtem Gehäuse.
http://www.radiomuseum.org/r/philips_bx135u70.html



Der Loewe wirkt optisch immer noch attraktiv, steht jedoch nicht mehr auf der Reparaturliste.

Da könnte man doch....Smiley37 .. ein Werkstattradio basteln. Aus 2 mach 1, also ein "Loewips".
Gesagt getan Smiley47 .

Nun wird aus dem Loewe alles herausgerissen, was im Wege steht.
Also Drehschalter, Spulen, einfach alles .....und bis auf wenige Teile wie AÜ, Netzdrossel und LS-Poti... entsorgt !
Smiley26

Es bleibt das Chassis mit Drehko und Skalenantrieb, in das nun stehend das Philips - Chassis BX135U transplantiert wird. Das wird so angeschlossen, dass der Skalenantrieb funktioniert, die LS von vorne regelbar ist, und -da der Philips nur 1 Wellenbereich hat- wird der 3. Knopf des Loewe mit einem Drehschalter versehen, für Hell-Dunkel. Die Originalskala ist ja noch drin, von vorne wirkt das alles nun stimmig, sogar eine Rückwand wird gebaut.
Und es funktioniert.
Juhu.

A propos "Knopf". Wir erinnern uns, dass dem Loewe im Fundzustand 1 Knopf fehlte. Und wir wissen, dass hier auch jetzt immer noch ein Allstromradio vorliegt.

EGAL ! Was man nicht weiß, macht einen nicht heiß !
Dort wird nun ein optisch passender Knopf neuerer Herstellung angebracht, aus schwarz lackierten ALU (!).

Uih.

Ab und an fällt bei Nutzung des Geräts und Einstellung eines Senders ein "Kribbeln" in der Hand auf. Das sich noch verstärkt, wenn der Kleine "Loewips" für Arbeiten in der Garage nach draußen wandert und der Radiooperateur im Sommer verschwitzt ist.

Hmmm. Smiley21

Ein anderer Knopf schafft Abhilfe, aber die Lust am Eigenbau verlischt recht rasch, da auch andere Geräte von sammelwürdigem Zustand in die Sammlung geraten, denen es besser ergeht. Und außerdem steht unser junger Bastler ja mittlerweile am Anfang seines Berufslebens, da kann man sich nicht um alles kümmern.

Wer nun meint, es könnte nicht mehr schlimmer kommen, möge sich den 3. Akt ersparen.

Ende des 2. Aktes
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#6
Bitte weiterschreiben, sofort! SmileSmile

Ich will unbedingt wissen, wie es weitergeht.
~~~Es gibt nichts Gutes, außer man tut es (Erich Kästner)~~~
Die einzige, falsche Entscheidung die du treffen kannst ist, keine Entscheidung zu treffen.
Ich bin nicht DICK, ich bin nur zu KLEIN für mein Gewicht  Big Grin
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#7
(Kurze Pause, der Bauchladenverkäufer geht um....)
"Ozelottmilch, frische Otternasen... - probieren sie, solange sie noch heiß sind...!" :d :d
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#8
Auf - auf - ich bin ebenso gespannt auf die Fortsetzung des Dramas vom "Kleinen Zwergloewe und seinem Bändiger" hin zur Tragikomödie mit Happy End !
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#9
Mannomann, das ist echt eine spannende "Weihnachts"~Geschichte
.gif   maus-smilies-0002.gif (Größe: 3,02 KB / Downloads: 415)

Hoffe sehr, Fortsetzung folgt alsbald??!! Smiley61

Danke Klaus, und beste Grüße, von Peter
~~~~~ DE - MV  /  Connected ~~~~~
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#10
Hallo Klaus,

ja, das ist in der Tat sehr interessant zu lesen. Es erinnert mich an meine Jugenjahre. Am Anfang war ich genau mit einer solchen Unsensibilität am Werk. Was nicht ging, wurde gangbar gemacht. Allstrom, da wurde noch ein Plattenspieler dran gehängt oder auch ein netzgebundenes Meßgerät. Verdammt - warum hat es gerade geknallt. Ja - von sachgemäßer Reparatur waren wir meilenweit entfernt. Aber - ehrlich - mir hat es Spaß gemacht! Man darf nicht vergessen, wir hatten nur die Bücher von Heinz Richter, kein Internet. Wir konnten damals keinen fragen. In der Radiowerkstatt meiner Wahl wurde nur sehr widerwillig Auskunft gegeben.
Es grüßt Euch aus Peine
     
     Andreas
Nicht nur die Röhren sollen glühen.
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#11
(15.12.2014, 02:19)Andreas_P schrieb: In der Radiowerkstatt meiner Wahl wurde nur sehr widerwillig Auskunft gegeben.

Ja Andreas da hast du recht. Wenn die Techniker ins Haus kamen waren die immer so Geheimnisvoll, Still und Leise. Und wenn man fragte schauten die verdutzt.
Das ist heute beim Innungsmeister hier anders. Wenn ich da rein komme erzählt er immer Geschichten über die alten Geräte die er gerade macht.

Bitte weiter mit dieser Geschichte, Danke Klaus.
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#12
Das freut mich, liebe Radiofreunde, dass die Geschichte gefällt. Sie ist tatsächlich wahr, auch das, was jetzt noch folgen wird.



Vorhang auf zum 3. Akt: "Schlimmer geht immer"

Die Verwüstung der Originalsubstanz hat ja schon beachtliche Ausmaße erreicht.
Eb.. und Internet sind (immer) noch nicht erfunden, wir befinden uns Anfang der 80er Jahre.
An einen Wiederaufbau des Loewe-Zwergs ist jetzt schon nicht mehr zu denken.

Nachdem der Loewips-Eigenbau langweilig wurde, wird auch dieses Konstrukt einer rigorosen Ersatzteilverwertung zugeführt und zerlegt.

Vom Loewe sind jetzt noch Gehäuse, Skala, Stoff, 2 Originalknöpfe vorhanden, zudem ein zerbohrtes, verhunztes, nacktes Chassis ohne Röhrenfassungen. An eingelagerten Originalteilen fänden sich noch die UBF11 und UCH11, beides keine „Mohrenköpfe“, sondern westdeutsche Glasproduktion mit silberner Metallisierung. Das ist wichtig.
Außerdem der AÜ sowie die Netzdrossel, das gerettete LS-Poti erwies sich als defekt.
Das Schicksal der UY11 ist nicht überliefert.

Immerhin wird das Gehäuse nicht weggeworfen, man könnte es ja noch brauchen.


Nachdem wieder etwas Zeit verstrichen ist, reift der Gedanke, aus dem Rest-Loewe doch eine Lautsprecherbox zu bauen (!).
Sowas wird ja immer gebraucht. Confused
Gesagt, getan. Die Skala wird entfernt und eingelagert, zusammen mit dem Originalstoff. Erstaunlicherweise wird sogar das malträtierte nackte Chassis verwahrt.

Wir haben nun ein Gehäuse mit Schallwandöffnung und Mittelsteg.

Dort hinein wird nun mit Pattex ein quietschgelber Stoff geklebt und ein Ovallautsprecher von innen ins Gehäuse verschraubt.
Eine der Befestigungsschrauben dringt oberhalb der Skalenöffnung leicht nach draußen durchs Gehäuse… Cool also kürzere Schraube rein.

Das über die Jahre nicht besser gewordene Gehäuse wird immerhin abgewaschen und neu lackiert.
Nein, nicht in einer grellbunten Farbe. Sowas tut man doch nicht.

Klarlack aus dem elterlichen Haushalt wird verstrichen. Leider war der schon etwas zäh geworden, so dass das Ergebnis nicht berauschend ist. Jede Menge Knubbel (Bläschen von nicht mehr verlaufenem Lack) und etwas striemig. Schade.
Immerhin funktioniert die Box.


Die Box wird dann wider Erwarten doch nicht so sehr gebraucht. Wachsende optische Ansprüche verhindern zudem ihren Einsatz.

Ein Intermezzo lässt, nachdem dem jungen Bastler etwas Literatur zum
Selberbau eines Röhrenradios in die Hand gefallen war, die traurigen Reste noch einmal kurz als Montage-Plattform für einen Geradeaus-Selbstbauempfänger nützlich erscheinen...

....der aber nicht funktioniert.


Der Tiefpunkt des Loewe ist nun erreicht:

- Gehäuse versaut
- Chassis leergeräumt und zerbohrt, sowie mit funktionsuntüchtigen Radioeinbauten versehen
- Alle Original-Spulen und -Drehschalter, -Widerstände etc. sind weggeworfen.

Dem Gerät scheint kein Glück auf dieser Welt beschieden.

Ende des 3. Aktes.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#13
Wenn ich diese Lektüre so lese kann ich nicht glauben das das Radio oben eben jenes sein soll. Auf den vierten Akt ist sehr gespannt.......ich
mit freundlichen grüßen aus Dielfen (Siegerland)
Dietmar
Wenn einer dem anderen hilft ohne daraus Profit schlagen zu wollen dann sind wir auf einem guten Weg
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#14
Hallo Klaus
Ja, solche schönen Geschichten sind einer der Gründe, das ich nun hier auch meinen Senf dazu gebe. Ich bin gespannt, auf den nächsten Teil der Geschichte.
Radiogrüße Detlef

Sie können schlafen gehen, es gibt nichts mehr zu sehen
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#15
Sehr schöne Geschichte Klaus, Du solltest ein Buch schreiben Smile
Jedenfalls kann es ab jetzt für den armen Löwen nur noch aufwärts gehen - Chassis eingeschmolzen, Gehäuse verfeuert und aus dem Lautsprecherstoff Socken gehäkelt hast Du ja wohl nicht Wink
Gruß,
Uli
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#16
oh jee oh jee
Uli, ob du da recht hast? Es folgen noch zwei Akte,
na ich bin gespannt wie es weiter geht.
Alles ist gut
Andrea

Röhren(Radios,Verstärker) - ich brauch sie nicht, so sprach der Rabe,
es ist nur schön wenn ich sie habe.
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#17
Liebe Radiofreunde/-innen,

keine Sorge, es geht ab jetzt aufwärts.
Vielleicht darf ich dem 4. Akt noch etwas vorwegschicken.

Ich sammle seit 1976 Röhrenradios und habe mir alles, was ich heute weiß, dazu selbst beigebracht. Gerade in den Jahren 1976-79 habe ich mit dem Moped regelmäßig den örtlichen Sperrmüll abgefahren, und die Zeiten waren damals sehr ergiebig.
Was will ich sagen? Ungezählte Radios habe ich damals nach Hause gekarrt, von denen ich viele noch immer besitze, wie den Telefunken T40W, den SABA S35W, den Imperial 48W, den Imperial 60W, den Telefunken 755W etc. etc.
Keines dieser Radios wurde auch nur annähernd "verbastelt", d.h. keinem ging es so schlecht, wie dem hier vorgestellten Zwergen (!). Ein Einzelschicksal.
Es war halt einfach, wie der Bayer sagen würde, a oarme Sau.

Und nun weiter mit unserer Story.



Vorhang auf zum 4. Akt: „Reue“

Aus dem Jungbastler ist zwischenzeitlich ein ernsthafter Sammler geworden. Etliche Jahre sind vergangen, es wurde geheiratet. Die Sammlung wuchs stetig. Die beste aller Ehefrauen steht dem Hobby Ihres Gatten bis heute geduldig und positiv gegenüber. Es werden gemeinsam Elektronikmärkte besucht und Radios nicht mehr auf dem Sperrmüll gefunden, sondern auf Flohmärkten gekauft.
Wir befinden uns in der 1. Hälfte der 90er. Eb.. ist immer noch nicht erfunden (das dauert vielleicht !! Dodgy ). Internet ist noch nicht flächendeckend bekannt, die Zahl der Heimcomputerbesitzer gering.

Reparierte und restaurierte Radios sind Teil der Wohnungseinrichtung des jungen Paares geworden. Einen PC gibt’s dort (noch) nicht, andere Sammler nicht wirklich bekannt, Radioforen natürlich noch nicht erfunden.

Unser Loewe-Fragment verstaubt auf einem Kellerregal im elterlichen Haus zusammen mit allerlei anderem Radioschlachtkrimskrams.

Dem jungen Paar läuft um 1995 auf einem Flohmarkt in der Nähe von Aachen dieser Bursche zu:

   

   

Auch ein Zwergsuper 3516GW, aber die gesuchte Variante mit Türchen. Komplett, unverbastelt und wirklich sehr gut erhalten. Leicht 3-stelliger DM-Bereich, aber gut erschwinglich. Die Beste aller Ehefrauen verliebt sich sofort in dieses Teil.
Das Gerät wird sorgfältigst instand gesetzt (ja, das geht mittlerweile !).
Es handelt sich um ein Gerät aus Berliner Fertigung; es hat als UCH11 und UBF11 die bekannten „Mohrenköpfe“.
Ich sage das, weil es von den Zwergsupern 3516 GW die unterschiedlichsten Ausführungen gibt. Googelt ruhig mal.

Nun hat also doch noch ein Zwergsuper Eingang in die Sammlung gefunden.
Ende gut, alles g…
nein, nicht alles gut !

Da war ja noch der verstoßene Bruder. Oder besser: die klägliche Ruine.
Erste Zeichen von Reue und einsetzender Sentimentalität (-> damals, als ich mit der Kreidler den Sperrmüll abfuhr) fangen unseren Bastler ein. Knapp 20 Jahre sind mittlerweile vergangen, die Erinnerung an die Fundumstände des Geräts ist aber plötzlich hellwach.

Eigentlich ist die Variante ohne Türen ja auch „knuffig“.

Irgendwann wird das verhunzte Gehäuse hervorgekramt.
Nun ist Schluss mit Pfusch !

Die Wende.

Der quietschbunte Stoff war schon für den gescheiterten Eigenbau herausgerissen worden, indes hängt das Gehäuse innen voller Klebstoffreste mit gelben Flusen. Pattex klebte damals gut, und der Stoff war von innen nicht nur an die Schallwand geklebt worden, sondern, da etwas zu groß, auch noch überlappend an die Seitenwände geklebt, so weit er reichte. Das Ganze schaut verheerend aus.
Eine Sisyphus – Arbeit, das wieder ansehnlich zu machen.

Das Gehäuse wird vorsichtig abgeschliffen, Gott sei Dank wurde der striemige Klarlack nur auf die dunklen Gehäuseflächen aufgetragen, nicht auf den helleren Frontrahmen. Dann wird leicht nachgebeizt, verleimt und neu lackiert. Diesmal ordentlich.
Da das Gehäuse hinten oben beidseitig gerissen und verformt war (schon beim Fund), werden zusätzliche kleine Metallwinkel zur Stabilisierung angebracht, man wird sie später auf einem Foto sehen können.
Skala und Originalstoff wandern an ihren Platz, eingewürgte Schraubbohrungen im Gehäuse werden verschlossen etc.
Ein erster Schritt, der aber viele Arbeitsstunden verbrauchte.

Das Gehäuse wäre nun wieder wohnzimmerfähig gewesen.
Keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Wo ein Schlachtgerät herkommen sollte. Die Flohmärkte und Elektronikmärkte bleiben unerwartet unergiebig.

Den Kleinen nun mit Fremdbandfiltern etc. wieder aufzubauen war keine Option.


Ende des 4. Aktes.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#18
(16.12.2014, 22:31)Uli schrieb: Sehr schöne Geschichte Klaus, Du solltest ein Buch schreiben Smile

Den Gedanken habe ich, mal alle Geschichten zusammen zu sammeln und ein Buch heraus zu geben. Das wäre mal so eine richtig schöne Lektüre für Nachttisch und Musikzimmer.

(17.12.2014, 17:59)klausw schrieb: Die beste aller Ehefrauen steht dem Hobby Ihres Gatten bis heute geduldig und positiv gegenüber. Es werden gemeinsam Elektronikmärkte besucht und Radios nicht mehr auf dem Sperrmüll gefunden, sondern auf Flohmärkten gekauft.

So ein Exemplar habe ich mir nach einigen wenigen Billig-Zugängen auch zugelegt. Ich sag ja, wer sich auf billig einlässt, der hat doppelte Arbeit. Lieber gleich gescheit und man hat seine Ruhe. Smiley34

Schöne Geschichte, ich bin schon wieder mal gespannt, wie es weiter geht. Diese Geschichte wäre definitiv schon im Buch drin. WEITER! SCHNELL! MEEEHR!
Viele Grüße 
Philipp
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#19
Vorhang auf zum 5. Akt: „Geduld und Glück braucht der Sammler“

Endlich gibt‘s eb..!

Und sogar ein Laptop steht im Haushalt. Radios und Ersatzteile werden seit einigen Jahren zunehmend online „geschossen“.
Die Mitgliedschaft in Radioforen hat sich indes noch nicht eingestellt.

Im Zuge der Sammeltätigkeit sind unserem Bastler sogar einige baugleiche Bedienknöpfe in die Hände gefallen, d.h. der fehlende 3. Knopf wäre nun auch da.

Natürlich wuchs auch der Röhrenbestand stetig, d.h. UCL 11 und UY11 wären natürlich verfügbar.

Wir hätten also auf der Haben-Seite:

- (Wieder) gutes Originalgehäuse
- Gute Originalskala
- 3 intakte Originalknöpfe
- Intakter Originalstoff
- Die originalen Telefunken-UCH11 und UBF11 (wir erinnern uns: westdt. Glasvariante, mittlerweile auf W19S geprüft und noch gut)
- Original-AÜ und Originalnetzdrossel
- Zeitgenössische Ausführungen von UCL11 und UY11
- Zahlreiche sonstige, theoretisch passende, zeitgenössische Radioteile, wie z.B. Lautsprecher, Widerstände…
- Das verhunzte Originalchassis, das aber die Produktionsnummer hat.


Es mag so um 2009 gewesen sein, genau weiß ich das nicht mehr.

Da war es !!!!!!!!!!!!!!!!!!

In eb… !!!!!!!!!!!!!!!

Ein Zwergenchassis!!!!!!!!!!!
Kein Gehäuse, mit Lautsprecher, aber ohne Röhren. Zwar auch mit 3 Knöpfen, die aber andere waren. Eh‘ wurscht, ich hatte ja originale.

Als Bieterobjekt, also bangen.
Tatsächlich wagten es doch einige andere „Fritzen“, auch zu bieten. Frechheit ! Das musste doch meiner werden.




Zuschlag ! Jubel - Hops – Freu ! Smiley34

Jetzt musste das Teil nur noch heil ankommen.


Bestandsaufnahme:

Weitestgehend komplett. Technisch lokal stark beschädigt: unterm Chassis hatte es im Bereich Netzteil / NF-Teil mal ordentlich gebrannt (!). Nicht „gekokelt“, nein: gebrannt.
Älterer Schaden, da sich an den Brandstellen bereits Rost gebildet hatte.

Alle Spulen vorhanden und intakt.

Und das Schönste: die Produktionsnummern lagen nicht weit auseinander. Ich meine: ca. 200 Nummern, soweit ich mich noch erinnere (das vermurkste Originalchassis ist zwischenzeitlich entsorgt).

Natürlich wurde probiert, ob das Chassis auch in das doch sehr kleine Gehäuse passte, denn:
Vom Zwergen wurden, wie man im Netz sieht, ja doch recht verschiedene Gehäuseformen gebaut. Da hätte es ja sein mögen, dass auch die Chassis etwas unterschiedlich geraten waren.
Passte aber. Puuuh.

In fast fiebriger Eile Smiley47 Smiley47 (eigentlich der verkehrte Begriff, denn es obwaltete natürlich Sorgfalt) wurde das Chassis wieder gebrauchstüchtig gemacht:
Kondensatoren, defekte Wiederstände, Seilzug etc. etc., das volle Programm.
Ein Schaltplan war ja über die Jahre beschafft worden.

Einbau der Originalteile.
Ok, AÜ und Netzdrossel waren beim Fundchassis intakt und blieben, man muss es nicht übertreiben.
Aber die Knöpfe wurden hervorgekramt und: die originalen UCH11 und UBF11, die 1977 im Sperrmüll-Gerät steckten. Ich hatte in meinem Fundus kein 2. Paar dieser Glasbaureihe, so dass die Identifizierung zweifelsfrei war.

Im Probebetrieb zeigte er wieder „Leben“.

Feintuning, d.h. Anpassung an die heute erhöhte Netzspannung. Wenn schon, denn schon.

Leider erfüllte der mitersteigerte Originallautsprecher nicht die Erwartungen: trotz aller Reparaturmaßnahmen blieb er in der Leistung unbefriedigend (Schwingspule verzogen, Magnetismus schien zudem schwach geworden, Membran „porös“).
Es wurde also – notgedrungen- auf einen Ersatzmann zurückgegriffen.
Es kommt ja drauf an, dass das in dem sehr engen Gehäuse -der Lsp. ist mit dem Chassis verschraubt- alles auch a) passt und b) sauber funktioniert.
Natürlich wurde die Ersatzlösung 100%ig reversibel eingebaut, also kein Pfusch mehr. Smiley37

Was soll ich sagen:
Der Zwerg macht ordentlich Lärm. Man traut ihm die Leistung gar nicht zu.
Und heiß wird er. Wie manches kleine Nachkriegsgerät aus der Währungsreformzeit.
UCL 11, UY 11 und die Heizwiderstände sitzen beisammen, und das Gehäusedach ist nah‘.


Schööööön. Das sind, zumindest bei mir, die Highlights der Sammeltätigkeit !

Hier nun weitere Ansichten unseres wiedererstandenen Zwergen:

   
Man sieht die westdeutschen Glasausführungen der UCH 11 und UBF11: Telefunken, Röhrenwerk Ulm. Diese Bauart taucht nicht allzu häufig auf, zudem gibt's sowas auch mit dunkelgrauer Abschirmung.



   
Hier von oben. Die Kamera ist nicht allzu gut, dennoch dürfte erkennbar sein, dass das Gehäuse wieder "brauchbar" wurde.



   

Die Fußleisten mussten neu gefertigt werden, sie fehlten anscheinend schon beim Fund. Der Zwerg mit Türen lieferte die Bauvorlage.


Wer mitgezählt hat weiß, dass noch etwas fehlt: die Rückwand.
Die habe ich bis heute nicht auftreiben können. Ein Ersatzbau tut Dienst.

Vielleicht hat mal wer eine über.


Ende gut, Zwerg gut.


Schlussvorhang.
_____________

Gruß
klaus


Was ich geschrieben habe, darf widerlegt werden.
Was ich nicht geschrieben habe, braucht nicht widerlegt zu werden.


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#20
. . . und weil er nicht gestorben ist - spielt er noch heute ! Einwandfrei - wird ins Radio-Märchenbuch aufgenommen (von Philipp ?)
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